Das Wahlrecht ist ein wichtiges politisches Recht, weil es Zugang zur Bildung politischer Macht verschafft und die Gesetzgebung und Politiken der Kommune oder des Landes beeinflusst, in dem man lebt. Das Wahlrecht ist außerdem von symbolischer Bedeutung: Es ist ein Zeichen dafür, dass Zuwanderer als gleichwertige Mitglieder der civitas (Bürgerschaft), angesehen werden, die zur Teilnahme an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen berechtigt ist. In der Vergangenheit spielten beide Elemente – politische Macht und Anerkennung als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft – immer dann eine wichtige Rolle, wenn das Wahlrecht auf neue Personengruppen übertragen wurde: Männer ohne Land oder Einkommen, männliche Arbeiter, Frauen, junge Menschen und ausländische Staatsangehörige. Einige dieser Ausweitungen des Wahlrechts waren das Ergebnis langer sozialer und politischer Kämpfe, die von den betroffenen Personen ausgetragen wurden. Andere Erweiterungen wiederum wurden im allgemeinen Interesse oder aus parteipolitischen Interessen von "oben" durchgesetzt, ohne dass dem lange Kämpfe von "unten" vorausgegangen waren.
Wahlrecht für Ausländer: von Exklusion zu Inklusion
Der traditionellen Auffassung im internationalen Recht zufolge dürfen politische Aktivitäten von ausländischen Staatsangehörigen beschränkt werden. Diese Idee geht auf die Zeit der zunehmenden Herausbildung und Stärkung von Nationalstaaten im 19. Jahrhundert zurück: Nur Staatsangehörige durften aufgrund ihrer exklusiven rechtlichen Beziehung zum Staat (Staatsbürgerschaft) an Wahlen und politischen Entscheidungsprozessen teilnehmen. Ausländische Staatsangehörige wurden als nicht zugehörig betrachtet und daher von politischer Mitsprache ausgeschlossen. Die beiden Weltkriege und der damit einhergehende starke Nationalismus verfestigten diese Idee. Das erklärt auch, warum es in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) von 1950 eine spezielle Klausel (Artikel 16) gab, die besagte, dass die Bestimmungen zur freien Meinungsäußerung und Versammlungs- sowie Vereinigungsfreiheit die Hohen Vertragsparteien nicht in ihrem Recht einschränken sollten, politische Aktivitäten von Ausländern zu beschränken. Regierungen durften daher politische Reden oder Schreiben von ausländischen Staatsangehörigen einschränken, ihre Mitgliedschaft in politischen Parteien verbieten und diejenigen Ausländer ausweisen, die streikten oder anderen "unerwünschten politischen Aktivitäten" nachgingen.
Mit zunehmender europäischer Integration und steigender Zuwanderung wurde diese Sichtweise zunehmend problematisch.
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