Deutsche Expatriates in Hongkong und Thailand haben eine Reihe von Anliegen und Sicherheitsbedürfnissen, die aus der je spezifischen Situation resultieren, in der sie sich befinden. Dazu zählen Aspekte wie Kommunikation und der Zugang zu Informationen, der Schutz der körperlichen Unversehrtheit, die Teilnahme an Wahlen aus der Ferne und die Vertretung in politischen Organen ganz allgemein, die Bereitstellung von Renten- und Krankenversicherungsleistungen, Steuerregelungen, Bildungs- und Beschulungsfragen sowie Angelegenheiten, die mit einer Rückkehr nach Deutschland verbunden sind. Als deutsche Staatsangehörige sehen sie den deutschen Staat in der Pflicht, sich um diese Anliegen und Bedürfnisse zu kümmern. Einige dieser Anliegen sollen im Folgenden vorgestellt werden, wobei das oben skizzierte Konzept menschlicher Sicherheit als Bezugspunkt und Rahmen für die Einordnung dieser Bedürfnisse herangezogen wird.
Zugang zu Informationen und der Schutz körperlicher Unversehrtheit
Im Zusammenhang mit der Dimension der Sicherheit der Gemeinschaft sowie dem Aspekt politischer und persönlicher Sicherheit stehen Schwierigkeiten deutscher Expats in Hongkong und Thailand hinsichtlich des Zugangs zu relevanten Informationen, die ihre Lebenssituation betreffen. Dies wird durch die folgende Aussage eines in Hongkong lebenden Befragten illustriert:
Es wär irgendwie schön, wenn’s n bisschen was gäbe von Seiten des deutschen Staates hinsichtlich der Frage wo man Informationen kriegt, die wichtig sind für uns Expats und ich denke, es ist nicht zu viel verlangt, solche Informationen zu kriegen, ohne da jetzt lange nach suchen zu müssen.
Deutschland stellt seinen Bürgern im Ausland Informationen über eine Vielzahl verschiedener Einrichtungen und Behörden zur Verfügung. Allerdings haben es Ratsuchende nicht leicht, die gewünschten Informationen zu finden, da es sehr viele verschiedene Datenbanken und Websites gibt. Natürlich steht jede/-r Einzelne in bestimmtem Maße selbst in der Pflicht, sich Informationen zu beschaffen. Dennoch sollte von Regierungen und ihren Ämtern erwartet werden können, dass sie Informationen in zugänglicher und verständlicher Art und Weise zur Verfügung stellen. Ein Blick nach Australien zeigt, dass dies möglich ist. So unterhält die Regierung dort Webseiten (vgl. Abb. 4) für die verschiedenen sozialen Gruppen des Landes, die einen einfachen Zugang zu Informationen und Dienstleistungen ermöglichen sollen – ohne dass Nutzer genau wissen müssen, an welche Einrichtung sie sich für welche Information zu wenden haben.
Neben den Schwierigkeiten bezüglich des Zugangs zu relevanten Informationen werden besonders in Thailand Bedenken über Informationswege und die Hilfeleistungen für Expats in politischen Krisenzeiten geäußert. Deutschland stellt im Rahmen seines konsularischen Services ein Warnsystem bereit, das sich an die deutschen Expats richtet und das Ziel verfolgt, schnelle und effektive Unterstützung in Krisen- und Notsituationen zur Verfügung zu stellen. Ein Schlüsselelement dieses Systems – das in erster Linie von den verschiedenen deutschen Auslandsvertretungen vor Ort verwaltet wird und auf einer freiwilligen Einschreibung durch die Expats beruht – ist das Verschicken von E-Mails mit Sicherheitswarnungen. Während dieses Warnsystem von einigen deutschen Expats in Thailand als ein wichtiges Element der Bemühungen Deutschlands zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit im Ausland lebender Staatsangehöriger wertgeschätzt wird, wird es andererseits für seine Abhängigkeit vom Internet kritisiert. Dieses sei immer noch zu langsam für eine Warnungsübermittlung im Notfall. In bestimmten Krisensituationen stehe es auch möglicherweise gar nicht zur Verfügung. Befragte Expats schlugen daher vor, dass die deutsche Regierung darüber nachdenken solle, zukünftig das Warnsystem um die Versendung von SMS an die Betroffenen zu ergänzen, um so die beschriebenen Schwächen des E-Mail-Systems zu überwinden.
Politische Interessenvertretung und Wahlen aus dem Ausland
Ein immer wiederkehrendes Anliegen deutscher Expats in Hongkong und Thailand, das Elemente politischer Sicherheit und der Sicherheit der Gemeinschaft berührt, ist die Teilnahme an politischen Wahlen vom Ausland aus. Diese sei zu kompliziert und zu aufwendig und stehe möglicherweise sogar im Widerspruch mit dem Grundrecht auf eine demokratisch-gewählte Interessenvertretung, da es keinen speziellen Wahlbezirk für Auslandsdeutsche gebe. Auslandsdeutsche könnten somit keine Vertreter/-innen ihrer eigenen speziellen Interessen wählen.
Es ist so: Wenn wir einen separaten Wahlkreis für Auslandsdeutsche hätten, dass derjenige oder diejenige, die die Auslandsdeutschen repräsentieren würde, natürlich dann auch ne Politik betreiben müsste, die den Interessen der Auslandsdeutschen entspräche. … Sicherlich macht unter den momentanen Bedingungen niemand eine solche Politik. Von daher fallen die Interessen der Auslandsdeutschen unter den Tisch.
Unter der derzeitigen Gesetzeslage obliegt es der persönlichen Verantwortung aller im Ausland lebenden deutschen Staatsangehörigen, die keinen Wohnsitz in Deutschland mehr haben und an Wahlen teilnehmen möchten, sich in ein Wahlregister eintragen zu lassen, damit sie ihre Stimme aus der Ferne abgeben können. Beim zuständigen Wahlbüro muss anschließend ebenfalls persönlich der endgültige Wahlschein beantragt werden, und zwar nach dem Erhalt der Wahlbenachrichtigung. Der Wahlschein wird an die offiziell registrierte Adresse im Ausland übersandt, bevor er dann rechtzeitig vom Wähler wieder zurückgeschickt werden muss. Allgemein gilt, dass außerhalb des Landes lebende deutsche Staatsangehörige ihre Stimme in dem Wahlkreis abgeben, in dem sie zu-letzt in Deutschland gemeldet waren.
Um die Teilnahme an Wahlen aus dem Ausland heraus zu vereinfachen, forderten befragte deutsche Expats, dass die deutsche Regierung ihre Anstrengungen hinsichtlich elektronischer Wahlverfahren intensivieren solle. Zudem wurde vorgeschlagen, einen separaten Wahlbezirk für Auslandsdeutsche einzurichten. Somit könnten die Interessen dieser speziellen Gruppe besser gebündelt und repräsentiert werden.
Die Bereitstellung von Renten- und Krankenversicherungsleistungen
Die Bereitstellung von Rentenleistungen und Krankenversicherungsschutz ist ein wichtiges Thema für deutsche Expatriates in Thailand. Es entspricht dem Bedürfnis nach wirtschaftlicher oder genauer finanzieller und gesundheitlicher Sicherheit. Befragte verwiesen darauf, dass Rentenzahlungen in Deutschland zwar nicht zu niedrig seien, dass aber die allgemeinen Lebenshaltungskosten zu hoch wären, um sich im Rentenalter einen annehmbaren Lebensstandard zu erhalten. Dies sei in Ländern mit niedrigen Lebenshaltungskosten viel eher möglich.
Viele deutsche Rentner in Thailand besitzen allerdings keinen gültigen Krankenversicherungsschutz. Das deutsche gesetzliche Krankenversicherungssystem schließt Personen, die in Staaten leben, mit denen kein offizielles Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen wurde (wie etwa Thailand), vom Versicherungsschutz aus, selbst wenn diese in Deutschland Anspruch auf entsprechende Leistungen hätten.
Gefordert wurde daher der Abschluss weiterer Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Ländern außerhalb Europas. Dadurch würde eine flächendeckende Ausweitung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems sichergestellt. Befragte Rentner und betroffene Familienmitglieder brachten zur Sprache, dass eine solche Erweiterung des Krankenversicherungsschutzes nur fair gegenüber jenen Personen sei, die ihren wirtschaftlichen Beitrag erbracht und jahrelang in das Sozialsystem eingezahlt hätten. Sie sollten im Ruhestand unabhängig vom Wohnort ein Recht auf Unterstützungsleistungen haben.
Besteuerung
Zwischen Deutschland und Hongkong besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen. Dies führt dazu, dass das Einkommen deutscher Expats, die durch ein Unternehmen dorthin entsandt worden sind, ihren Wohnsitz in Deutschland aber behalten wollen, sowohl in Deutschland als auch in Hongkong besteuert wird. Einige Befragte beklagten, dass dies zu hohen finanziellen Belastungen führe. Neben entsandten Angestellten äußerten auch Freiberufler in Hongkong finanzielle Sorgen. So müssen beispielsweise Architekten, weiterhin in berufsspezifische Sozialkassen in Deutschland einzahlen, wenn sie die Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation und damit die Möglichkeit nach einer Rückkehr nach Deutschland wieder in ihrem Hauptberuf zu arbeiten nicht verlieren wollen. Gleichzeitig müssen sie aber auch Aufwendungen für die soziale Absicherung vor Ort entrichten. Dieses Anliegen betrifft die Bereiche wirtschaftliche Sicherheit und Sicherheit der Gemeinschaft.
Beschulung und Ausbildung
Einige deutsche Expats in Hongkong und Thailand thematisierten die hohen Gebühren an Auslandsschulen und damit ebenfalls Dimensionen wirtschaftlicher Sicherheit und Sicherheit der Gemeinschaft. Sie hatten das Gefühl, dass diese es ihnen nicht erlaubten, ihren Kindern die gewünschte Ausbildung zukommen zu lassen. Die Sorgen deutscher Eltern bezogen sich aber auch auf den Aspekt, dass die lokalen Sprachen Thailändisch und Chinesisch keinen ausreichenden Stellenwert in den jeweiligen Unterrichtscurricula einnehmen würden und ihren Kindern so optimale Möglichkeiten des Kontakts mit der Gesellschaft des Aufnahmelandes verwehrt blieben. Die deutsche Regierung übernimmt derzeit rund 30 Prozent der Kosten ihrer Auslandsschulen. Die restlichen 70 Prozent müssen die Schulen aus privaten Mitteln aufbringen, unter anderem durch die Erhebung von Schulgebühren.
Rückkehr nach Deutschland
Ein Hauptanliegen, das in die Bereiche politische Sicherheit und Sicherheit der Gemeinschaft fällt und insbesondere deutsche Expats in Thailand mit einheimischen Lebens- oder Ehepartnern betrifft, ist die Deutschprüfung, die von den meisten nicht-deutschen Personen, die in Deutschland eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen, absolviert werden muss. Dieser Sprachtest sei, so wurde viel-fach angemerkt, für Personen aus Schwellenländern wie Thailand (insbesondere für Frauen) zu schwierig und verletze den im Grundgesetz verankerten Schutz der Ehe. Der Fall eines deutschen Expats, der mit seiner thailändischen Frau, mit der er 17 Jahre verheiratet war, nach Deutschland zurückkehren wollte, illustriert diese Bedenken:
Unter dem Mantel der Integration hat sich irgendein Bürokrat diesen Sprachtest ausgedacht: ''Ja, der ist doch ganz einfach'', sagen sie. Aber für jemanden wie meine Frau ist das nicht der Fall, weil sie nur dreieinhalb Jahre zur Schule gegangen ist. … So wird meine Ehe zerstört.
Der Sprachtest ist in Deutschland nicht unumstritten. Es hat bereits einige Klagen gegeben, die bis zu den obersten Gerichten getragen wurden.
Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers