Migrantenselbstorganisationen können aus sehr verschiedenen Perspektiven – z.B. als Interessenverbände, als Mittel der Einwandererintegration in eine Ankunftsgesellschaft, als Mechanismen ethnischer Segregation oder als Form der Partizipation von Interessengruppen im politischen System – analysiert werden. Zusammengefasst legen die vorhandenen Studien zu MSOs in Deutschland nahe, keinen pauschalen Grundsatzstreit über deren Funktion als "Integrationsbrücke" oder als "Integrationsfalle" zu führen, sondern sie als multidimensionale, multifunktionale und sich im Zeitverlauf stark wandelnde Organisationen zu betrachten, die in aller Regel in Herkunfts- und Ankunftsländern verankert sind.
In welchem Mischungsverhältnis die verschiedenen Funktionen auftreten und welche Wirkungen sie entfalten, hängt nicht nur von den Organisationen selbst ab, sondern in starkem Maße auch von der gesellschaftlichen Umwelt, in der sie agieren. Ihre internen Strukturen, Prozesse und Strategien können nur im Wechselspiel mit den sie umgebenden Migrationsregimen und organisationalen Feldern verstanden und erklärt werden. Außerdem sollten MSOs immer in einer systematischen Perspektive auf die wechselseitige Beeinflussung und die Austauschbeziehungen zwischen Herkunftsland und Ankunftsland (und die entsprechenden Migrationsregime und organisationalen Felder im Herkunftsland) betrachtet werden. Nachdem die allgemeine gesellschaftliche Relevanz von MSOs seit etwa einem Jahrzehnt breiter anerkannt wird, ist das empirisch gesicherte Wissen in einer differenzierten und erweiterten Perspektive mit den entsprechenden Ressourcen auszubauen.
Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers