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Irland | bpb.de

Irland

Lisa Breford

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In Bezug auf die Migrationsbewegungen innerhalb der Europäischen Union stellt Irland ein besonderes Beispiel dar, weil Irland erst seit 1996 eine langanhaltende Phase der Zuwanderung erlebte. Es war damit das letzte EU-Mitgliedsland, das zu einem Land mit positivem Wanderungssaldo wurde (Ruhs, überarbeitet von Quinn 2009).

Abb. 1: Irland - Wanderungssaldo, 1987-2012 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Bis zu diesem Zeitpunkt war Irlands Erfahrung mit Migration von Auswanderung geprägt (vgl. Abb.1). Vor diesem Hintergrund beeinflusste die Erweiterung der EU im Jahr 2004 und die darauf folgende Zuwanderung von Bürgern aus den neuen Mitgliedstaaten die Migrationserfahrungen des Landes zu Beginn des 21. Jahrhunderts nachhaltig. Im Jahr 2004 war Irland einer der drei EU-Mitgliedstaaten, die sich dafür entschieden, die Zuwanderung aus den neuen Mitgliedstaaten nicht zu beschränken (Kahanec et al. 2010, S. 4). In der Folge trugen vor allem die vielen polnischen Arbeitsmigranten dazu bei, dass die Zuwanderung die Abwanderung stark überstieg. Im Jahr 2007 registrierte Irland die bis dahin höchsten Zuwanderungsziffern.

Abb. 2: Vergabe von Personal Public Service Nummern (PPSN) an polnische Staatsangehörige, 2003-2009 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Ablesen lässt sich der Umfang der Zuwanderung aus Polen nach Irland an der Vergabe der Personal Public Service Numbers (PSSN). Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Anzahl der zwischen 2003 und 2009 jährlich an polnische Staatsangehörige vergebenen PPS-Nummern. Wie Abbildung 2 zeigt, hatten Polens EU-Beitritt und die Freizügigkeit für Polinnen und Polen eine unmittelbare Auswirkung auf die Vergabe der PPS-Nummern. Ihre Zahl stieg von nur 3.824 im Jahr 2003 auf mehr als siebenmal so viele (27.292) im folgenden Jahr. Dieser Trend setzte sich bis zum Jahr 2006 mit 93.615 vergebenen PPS-Nummern fort. Danach begann die Zahl zu sinken, wobei der stärkste Rückgang zwischen 2008 (42.475) und 2009 (13.765) beobachtet werden kann.

Während diese Zahlen einen allgemeinen Eindruck davon vermitteln, wie viele polnische Migranten ursprünglich nach Irland kamen, liefern sie keine Angaben darüber, wie viele dieser Zuwanderer im Land geblieben sind oder sich dazu entschieden haben, es wieder zu verlassen, insbesondere nach dem Beginn der Rezession im Jahr 2008.

Irland war besonders hart von der Rezession betroffen. Dies zeigt sich unter anderem in der Arbeitslosenquote die von 4,7% im Jahr 2007 auf 14,8% im Jahr 2012 anstieg (Central Statistics Office 2012b). Insgesamt waren Migrantinnen und Migranten in größerem Ausmaß von dem Konjunktureinbruch betroffen als gebürtige Iren; in den meisten Sektoren verloren sie häufiger ihren Arbeitsplatz als einheimische Arbeitskräfte (Barratt und Kelly 2012, S. 12). Die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation führte zu einem Anstieg der Abwanderung von EU-12-Staatsangehörigen (vgl. Abb. 3) aber auch von Irinnen und Iren, was im Jahr 2010 zu einer Rückkehr zu negativen Wanderungsbilanzen führte (vgl. Abb. 1). Während die Abwanderung von EU-12-Staatsangehörigen im Jahr 2009 ihren Höchststand erreichte, stiegen die Abwanderungszahlen irischer Staatsbürger von 2007 (12.900 Emigranten) bis 2012 (46.500) kontinuierlich an (Central Statistics Office 2012a, Tabelle 3) (vgl. Abb. 4). Die Hauptzielländer irischer Auswanderer sind Australien , Kanada und das Vereinigte Königreich (Gilmartin 2012, S. 12).

Die Tatsache, dass die Rezession einen enormen Einfluss auf die Migration aus Ostmittel- und Osteuropa nach Irland hatte, wird auch im Hinblick auf die PPS-Nummern deutlich, die an Migranten aus diesen Ländern vergeben wurden. Die Daten zeigen hier, dass die Aktivitätsrate von Migranten aus den EU-10-Staaten, von denen polnische Staatsangehörige die größte Gruppe bilden, bedeutend gesunken ist (Central Statistics Office 2011). Für die Personen aus der EU-10, die im Jahr 2007 nach Irland gekommen waren, fiel sie von 68% auf 46% im Jahr 2009 (Central Statistics Office 2011). Das weist darauf hin, dass einige osteuropäische Migranten während dieser Zeit das Land verlassen haben. Solch eine Vermutung wird des Weiteren von offiziellen Schätzungen über die Abwanderung aus dem Jahr 2012 unterstützt (Central Statistics Office 2012a). Insgesamt wird vermutet, dass die Abwanderung von Migranten aus allen EU-12-Ländern im Jahr 2009 mit 30.500 Emigrantinnen und Emigranten ihren Höchststand erreichte, 2012 lag sie bei ca. 14.800 (vgl. Abb. 3). Gleichzeitig wird geschätzt, dass die Zuwanderung von EU-12-Staatsangehörigen seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2007 von damals 85.300 Zuzügen auf 10.400 Zuzüge im Jahr 2012 gesunken ist. Der Wanderungssaldo liegt daher seit 2009 wieder im negativen Bereich (vgl. Abb. 3). Während der Konjunktureinbruch vermutlich der Hauptgrund für diese Entwicklungen ist, könnten verbesserte Arbeitsmarktbedingungen in Polen und die Tatsache, dass sich der Pool potenzieller Auswanderer in Polen verringert hat, weitere Erklärungen darstellen (Krings et al. 2013, S. 90). Außerdem entfielen die Arbeitsmarktbeschränkungen in anderen Mitgliedstaaten wie z.B. Deutschland im Jahr 2011, was dazu geführt haben könnte, dass Polen eher in diese Länder auswanderten als nach Irland (Office for National Statistics 2012, S. 12). Trotz der sinkenden Zuwanderungs- und steigenden Abwanderungszahlen bilden polnische Staatsbürger die größte Zuwanderergruppe in Irland. Laut der Volkszählung im Jahr 2011 stellen sie 2,7% (112.585) der Gesamtbevölkerung (Central Statistics Office 2012c, S. 33). Der Zensus zeigte außerdem, dass die Geschlechterzusammensetzung der polnischen Zuwandererbevölkerung im Vergleich zur letzten Schätzung aus dem Jahr 2006 ausgeglichener geworden ist. Ein Grund dafür könnte sein, dass weibliche Familienangehörige nach Irland nachziehen (Familienzusammenführung) (Central Statistics Office 2012c, S. 30).

Abb. 3: Geschätzte Zu- und Abwanderung von EU-Bürgern, 2006-2012 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Abb. 4: Geschätzte Abwanderung nach Nationalität, 2006-2012 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/



Übersetzung ins Deutsche: Maren Mikulla

Literatur

Barrett, A./Kelly, E. (2010): The Impact of Ireland’s Recession on the Labour Market Outcomes of its Immigrants. ESRI Working Paper, Nr. 355, September 2010.
Externer Link: http://www.esri.ie/UserFiles/publications/WP355/WP355.pdf (Zugriff: 7.1.2013)

Central Statistics Office (2011): Foreign Nationals: PPSN Allocations, Employment and Social Welfare Activity, 2009. 27. Mai 2011.
Externer Link: http://www.cso.ie/en/media/csoie/releasespublications/documents/labourmarket/current/ppsn.pdf (Zugriff: 13.1.2.2012)

Central Statistics Office (2012a): Population and Migration Estimates April 2012 (with revisions from April 2007 to April 2011). 27. September 2012.
Externer Link: http://www.cso.ie/en/media/csoie/census/documents/populationestimates2012/popmig_2012.pdf (Zugriff: 12.12.2012)

Central Statistics Office (2012b): Seasonally Adjusted Standardised Unemployment Rates (SUR).
Externer Link: http://www.cso.ie/en/statistics/labourmarket/principalstatistics/seasonallyadjustedstandardisedunemploymentratessur/ (Zugriff: 7.1.2013)

Central Statistics Office (2012c): This is Ireland – Highlights from Census 2011, Part 1. März 2012.
Externer Link: http://www.cso.ie/en/media/csoie/census/documents/census2011pdr/Census%202011%20Highlights%20Part%201%20web%2072dpi.pdf (13.12.2012)

Gilmartin, M. (2012): The Changing Landscape of Irish Migration, 2000–2012. NIRSA Working Paper, Nr. 69, Oktober 2012.
Externer Link: http://www.nuim.ie/nirsa/research/documents/WP69_The_changing_face_of_Irish_migration_2000_2012.pdf (Zugriff: 7.1.2013)

Kahanec, M./Zaiceva, A./Zimmermann, K. F. (2010): Lessons from Migration after EU Enlargement. In: Kahanec, M./Zimmermann, K. F. (Hg.): EU Labour Markets After Post-Enlargement Migration. Berlin: Springer, S. 3–45.

Krings, T./Bobek, A./Moriarty, E./Salamońska, J./Wickham, J. (2013): Polish Migration to Ireland: Free Movers’ in the New European Mobility Space. Journal of Ethnic and Migration Studies, Jg. 39, Nr. 1, S. 87–103.

Office for National Statistics (2012): Migration Statistics Quarterly 2012, Report November 2012, Statistical Bulletin. Externer Link: http://www.ons.gov.uk/ons/dcp171778_288105.pdf (Zugriff: 11.12.2012)

Ruhs, M./updated by Quinn, E. (2009): Ireland: From Rapid Immigration to Recession, Migration Information Source, Country Profiles. September 2009.
Externer Link: http://www.migrationinformation.org/Feature/display.cfm?ID=740 (Zugriff: 10.12.2012)

Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers Interner Link: "Bewegt die Krise? EU-Binnenmigration und wirtschaftliche Disparitäten in Europa".

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die Personal Public Service Number (etwa: Persönliche Nummer für staatliche Dienstleistungen) wird von den irischen Behörden an Einzelpersonen vergeben und zu Identifikationszwecken genutzt, d.h. sie wird z.B. benötigt, um Steuern zu zahlen oder um Sozialhilfeleistungen bzw. das öffentliche Gesundheitswesen in Anspruch zu nehmen zu können (Gilmartin 2012, S. 8).

  2. Wie bereits erwähnt, können PPS-Nummern Auskunft über die Zuwanderung von Personen geben, die in Irland arbeiten oder staatliche Dienstleistungen wie z.B. das staatliche Gesundheitssystem oder Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollen. Sobald eine PPS-Nummer jedoch vergeben ist, gibt es kein System, das den Behörden erlauben würde, zu verfolgen, ob eine Person das Land verlässt oder nicht, da eine Abmeldung in solchen Fällen nicht erforderlich ist. Der einzige Anhaltspunkt, ob PPSN-Inhaber das Land verlassen haben, ist die Betrachtung der Aktivitätsrate der PPS-Nummern, d.h. ob jemand Serviceleistungen in Anspruch nimmt, Steuern zahlt oder eben nicht. Falls eine Nummer inaktiv ist, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass ihr Inhaber das Land verlassen hat. Jedoch gibt es auch andere Umstände, die dazu führen, dass Nummern (zeitweise) inaktiv sind, z.B. zirkuläre Migration. Insgesamt verdeutlichen diese Einschränkungen, dass der Aussagewert der Daten von PPS-Nummern in Bezug auf die Analyse von Migrationsbewegungen beschränkt ist.

  3. Ein Großteil der irischen Migration nach Australien geschieht auf der Basis von sogenannten Working Holiday Visa. Es handelt sich dabei um eine temporäre Migration, da dieses Visum den Aufenthalt auf eine bestimmte Zeitspanne begrenzt (Gilmartin 2012, S. 12).

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Lisa Breford für bpb.de

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Lisa Breford ist Doktorandin am Department of Politics and Public Administration an der University of Limerick, Irland. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Migrationsbewegungen im europäischen Raum, nationale und europäische Integrations- und Migrationspolitik sowie Theorien transnationaler Migration. Mail: E-Mail Link: Lisa.Breford@ul.ie