Rechtspopulisten bedrohen mit ihrer Politik gegen liberale Demokratie, kulturelle Vielfalt und offene Grenzen in vielen Ländern Europas den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ihr politischer Einfluss hängt nicht nur davon ab, ob sie eine starke Parlamentsfraktion oder die Regierung in einem Land stellen.
In Frankreich ist die rechtsextreme Partei Front National (FN) nach den Parlamentswahlen 2017 mit acht von 577 Sitzen in der französischen Nationalversammlung vertreten, obwohl die Partei bei den Wahlen knapp 13 Prozent der Wählerstimmen erhalten hatte. Dies liegt am französischen Mehrheitswahlrecht, bei dem für jedes einzelne Mandat im Wahlkreis eine Mehrheit errungen werden muss. Jahrzehnte galt dieses Wahlsystem als republikanischer Schild. Die parlamentarische Schwäche des FN täuscht leicht darüber hinweg, wie groß die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ist. Die Präsidentschaftswahlen machen dies deutlich: Marine Le Pen, die Kandidatin des FN, bekam in der ersten Runde mit 21,3 Prozent fast so viele Stimmen wie Emmanuel Macron. In der Stichwahl wählte ein Drittel Le Pen, während Macron mit zwei Dritteln der Stimmen gewann. Zwar verhindert eine die Mehrheit der Franzosen, dass die Rechtsextremen mehr Einfluss bekommen. Das Ergebnis in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl aber zeigt, dass politische Probleme sich durch ein Wahlrecht allein nicht lösen lassen.
Macht ohne Verantwortung
Ein Blick über den Ärmelkanal zeigt, wie sehr eine rechtspopulistische Partei die Politik bestimmen kann, ohne eine nationalen Parlamentsfraktion zu stellen. Auch in Großbritannien gibt es ein Mehrheitswahlrecht. Die United Kingdom Independence Party (UKIP) hat auch deshalb ihre Machtbasis seit Ende der 1990er Jahre im Brüsseler EU-Parlament, nicht im Londoner Westminster, wo aktuell kein Abgeordneter der UKIP vertreten ist. Dennoch nahm ihr politischer und medialer Einfluss auf der Insel stetig zu. Die konservative Regierung unter Premierminister David Cameron versuchte 2016 mit dem Brexit-Referendum, den rechten EU-Gegnern um die UKIP und den rechten Flügel der Konservativen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die
Gefährliche Strategie
In vielen nationalen Parlamenten in Europa sitzen rechtspopulistische Parteien fraktionsstark in der Opposition. Dies ist derzeit etwa in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Norwegen oder Italien der Fall. Oftmals versuchen andere Parteien den Rechtspopulisten entgegenzuwirken, indem sie deren Sprache und politisches Programm teilweise übernehmen. Diese Strategie kann den Rechten mittelfristig die Tür in die Regierungspolitik öffnen, wie z.B. die Entwicklungen in Dänemark und Österreich zeigen.
Seit Anfang der 2000er ließen sich rechtsliberale dänische Regierungen von der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DF) dulden. Ohne selbst politische Verantwortung zu tragen, bestimmte die DF die politische Agenda mit, vor allem beim Thema Einwanderung. Um ein erfolgreiches Abschneiden der Rechtspopulisten bei den Dänischen Parlamentswahlen 2015 zu verhindern, übernahmen fast alle Parteien im Wahlkampf eine schärfere Haltung in der Einwanderungs- und Asylpolitik, Externer Link: auch die Sozialdemokraten (SD). Mit den Stimmen der DF Externer Link: verschärfte das dänische Parlament Anfang 2016 das Asylrecht. Im österreichischen Parlamentswahlkampf 2017 bediente sich vor allem die konservative Volkspartei (ÖVP) um Sebastian Kurz an der rechten Rhetorik der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Der "Externer Link: Stopp der illegalen Migration" rückte ins Zentrum der Kampagne der ÖVP. Die FPÖ legte trotzdem um fünf Prozent zu und regiert nun in Österreich in einer Koalition mit der ÖVP.
Wenn Populisten regieren
Beteiligen sich Rechtspopulisten an Regierungskoalitionen, scheitern sie bisher oft. Beispiele sind die Liste Pim Fortuyn in den Niederlanden 2002, die FPÖ in Österreich in den Jahren 2000 bis 2006 oder Die Finnen in Finnland zwischen 2015 und 2017. In allen Fällen kam es zu Parteispaltungen. Die FPÖ war seinerzeit in Korruptionsaffären verstrickt, Externer Link: ein Verfahren gegen den ehemaligen FPÖ-Finanzminister Karl-Heinz Grasser läuft noch. Bei den Wahlen zum finnischen Parlament 2015 bekam die rechtspopulistische Partei Die Finnen 19 Prozent der Stimmen. Nach der Wahl bildete sie zusammen mit der Zentrumspartei und der Nationalen Sammlungspartei eine Regierungskoalition. Die Partei brach seitdem in Wahlumfragen Externer Link: um die Hälfte ein, aktuell steht die Kandidatin der Finnen, Laura Huhtasaari, bei 4%. Weil sie nach der Wahl eines neuen Vorsitzenden im Juni 2017 noch weiter nach rechts rückte, kündigte Ministerpräsident Juha Sipilä (Zentrumspartei) die Zusammenarbeit auf, woraufhin die Partei Externer Link: sich spaltete.
Stellen Rechtspopulisten selbst den Regierungschef und kontrollieren damit in der Regel auch die parlamentarische Mehrheit, kann dies demokratischen Systemen schweren Schaden zufügen. Dies gilt besonders, wenn im Parlament eine Mehrheit für Verfassungsänderungen zustande kommt -
In Polen verfügt die PiS-Partei um den Parteichef Jarosław Kaczyński zwar nur über eine einfache Parlamentsmehrheit, dennoch ist es ihr gelungen, das Verfassungsgericht als zentrales Organ demokratischer Gewaltenteilung zu entmachten. Für die EU-Kommission Grund genug, wegen dieser als verfassungswidrig In allen genannten Fällen ist die Kultur- und Medienpolitik zentral für rechtspopulistische Regierungen. Sie nutzen parteinahe oder staatlich kontrollierte Medien und Kampagnen, um die eigenen Unterstützer gegen vermeintliche Bedrohungen von außen aufzubringen, zum Beispiel Externer Link: gegen Flüchtlinge und Externer Link: die EU. Die Externer Link: Kampagne der ungarischen Regierung gegen den Investor und Finanzier zivilgesellschaftlicher Organisationen George Soros trug gar antisemitische Züge. Vielfach erschweren rechtspopulistische Parteien zudem die Externer Link: Arbeit von Medien oder Externer Link: Kultureinrichtungen, die nicht im Sinne ihrer Regierung handeln.