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Medien und Feindbilder | Medienkritik | bpb.de

Medien und Feindbilder

Daniel Bax

/ 3 Minuten zu lesen

Medien können durch ihre Berichterstattung und Sprache dazu beitragen, dass Feindbilder entstehen. Inzwischen sind manche Medien und Journalisten aber selbst zu einem Feindbild geworden, wie sich am "Lügenpresse"-Vorwurf ablesen lässt.  

(opposition24.de/Flickr/bearbeitet) Lizenz: cc by/2.0/de

Medien können dazu beitragen, Stereotype zu festigen und Feindbilder zu produzieren. Das liegt nicht zwingend an bösem Willen, sondern in der Logik begründet, nach der sie ihre Nachrichten auswählen und Themen aufgreifen. Denn Medien berichten viel über negative Ereignisse und das, was alles schiefgeht: über Kriege und Konflikte, über Terroranschläge und andere Verbrechen. Der unspektakuläre Alltag bleibt meist ausgeblendet. Länder, in denen Krieg und Elend herrschen, dominieren die Schlagzeilen. So zeichnen Medien unfreiwillig ein verzerrtes Bild von ganzen Weltregionen, während Länder, in denen es friedlich zugeht, praktisch unsichtbar bleiben. 

Arabische Familienclans und gutbürgerliche Roma

Auch über Minderheiten im Inland berichten sie häufig nur im Zusammenhang mit Konflikten – also, wenn es um Integrationsprobleme, Kriminalität und Extremismus geht oder um Diskriminierung und Rassismus. Gruppen, die als besonders problematisch betrachtet werden, stehen besonders im Fokus. Über arabisches Leben in Deutschland wird beispielsweise fast nur berichtet, wenn es um kriminelle arabische Familienclans geht. Auch über Sinti und Roma wird fast ausschließlich im Zusammenhang mit Armutsmigration und Kleinkriminalität berichtet – über alteingesessene deutsche Sinti und Roma, die ein bürgerliches Leben führen, dagegen fast nie. Das kann zu dem falschen Eindruck führen, der Alltag in einer Einwanderungsgesellschaft sei per se konfliktreich. Oder bestimmte Bevölkerungsgruppen seien per se kriminell, gewaltbereit oder nicht integrierbar, was nicht der Fall ist. 

Bestimmte Medien leben auch von Skandalberichterstattung, denn es gibt ein Publikum, das nur zu gerne seine Befürchtungen und Vorurteile immer wieder aufs Neue bestätigt sehen möchte und nach Berichten verlangt, die diese vermeintlich belegen. 

Emotionen machen Geld

Nicht nur die so genannten Boulevardmedien setzen oft auf einfache Botschaften und einseitige Schwarz-Weiß-Malerei, auf plakative Behauptungen, tendenziöse Übertreibungen bis hin zu Halbwahrheiten, weil das hohe Auflagen und Quoten verspricht. Auch in manchen Qualitätsmedien ist ein Hang zur "Boulevardisierung" zu beobachten.

Eine plakative Bildsprache und pauschalisierende Formulierungen wie "die Flüchtlinge" oder "der Islam", mit denen vielfältige Phänomene auf einen Nenner gebracht werden, tragen ihren Teil dazu bei, komplexe Sachverhalte unzulässig zu verkürzen. Mit Metaphern wie "Flüchtlingsströme" oder "Flüchtlingswelle" werden Menschen und deren Schicksale als amorphe Masse dargestellt und in die Nähe einer Naturkatastrophe gerückt. Leider werden damit auch oft niedrige Instinkte und rassistische Vorurteile angesprochen. Man muss nur schauen, welche Artikel und Berichte aus etablierten Medien auf rechten Webseiten mit einem triumphierenden "Hab’ ich’s nicht immer gesagt?" geteilt und verbreitet werden, um davon einen Eindruck zu erhalten.  

Vielfältigere Berichterstattung durch mehr Vielfalt in den Redaktionen

Viele Medien sind sich jedoch ihrer Verantwortung bewusst. Sie bemühen sich in den vergangenen Jahren verstärkt, differenzierter über die Vielfalt in der deutschen Gesellschaft zu berichten, auch positive Entwicklungen abzubilden und die Perspektive von Einwanderern, Minderheiten oder Flüchtlingen stärker zu berücksichtigen und einzubeziehen. Das lässt sich zum Beispiel an der Tatsache ablesen, dass Leitmedien wie Spiegel und Zeit und der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den vergangenen Jahren Externer Link: erkennbare Anstrengungen unternommen haben, mehr Journalistinnen und Journalisten mit Migrationshintergrund einzustellen, die ihre eigenen Kompetenzen und teilweise auch andere Blickwinkel mitbringen. 

Ein neues Feindbild

Gerade diese Medien sind für all jene, die lieber ihre Vorurteile bestätigt sehen wollen, nun selbst zu einem Feindbild geworden. Daraus ist eine Art Gegenbewegung entstanden, die sich in Internetforen oder "Lügenpresse"-Rufen auf der Straße artikuliert. Darin äußert sich eine pauschale Wut über "die Medien", die alle gleichermaßen undifferenziert über einen Kamm geschert werden. Die Unterstellung lautet: "Gekaufte Journalisten" (so der Titel eines Buchs des Verschwörungstheoretikers Udo Ulfkotte) verschwiegen angeblich "die Wahrheit", redeten aus "falscher Toleranz" oder "politischer Korrektheit" gesellschaftliche Fehlentwicklungen schön und stellten Gegner der deutschen Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik angeblich zu Unrecht in eine rechte Ecke, statt deren euphemistische Selbstbezeichnung "Asylskeptiker" zu übernehmen. Dabei zeigt sich bei vielen "Lügenpresse"-Rufern nicht nur ein unverhohlener Rassismus gegenüber Flüchtlingen und Muslimen, sondern eine pauschale Verachtung von Politikern, Medien und demokratischem Rechtsstaat.

Kennenlernen hilft

Persönlicher Kontakt mit Einwanderern oder Andersgläubigen und Erfahrung mit gesellschaftlicher Vielfalt kann helfen Vorurteilen entgegenzuwirken. Es ist kein Zufall, dass Vorurteile etwa gegen Einwanderer oder Muslime gerade in jenen Gegenden und Regionen besonders verbreitet sind, in denen kaum welche leben. Denn dort mangelt es an Gelegenheiten, eigene Vorurteile mit der Realität abzugleichen und gegebenenfalls zu überdenken.

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Daniel Bax ist Journalist und schreibt für die taz über Migration, Integration und Minderheiten. Sein Buch "Angst ums Abendland" beschäftigt sich mit Vorurteilen gegenüber Muslim_innen und dem Islam in Europa.