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Klein ist nicht immer besser: Über das romantische Bild vom Kleinbauern

Jost Maurin

/ 3 Minuten zu lesen

Kleine Höfe sind tatsächlich oft besser für Tiere und Umwelt. Aber es gibt gravierende Ausnahmen. Deshalb taugt das Kriterium Betriebsgröße nicht viel, wenn es darum geht, Agrarsubventionen zu verteilen.

Kleine Bauernhöfe in der nahen Umgebung gewinnen an Beliebtheit. Ob dieser Hahn einen Namen hat? (CC, 2010-05-22 06-05 Schweden 0573 Ystad von Allie_Caulfield Shop ; Externer Link: Allie_Caulfield ) Lizenz: cc by/2.0/de

Wir Verbraucher lieben die kleinen Bauernhöfe. Die, auf denen die Tiere noch Namen haben. Wo die Mitarbeiter zur Familie gehören. Und die Felder klein und schnuckelig sind. Doch sind kleine Betriebe wirklich "besser" für Tiere und Umwelt als große?

In der Statistik stehen Höfe mit vergleichsweise wenigen Tieren und kleinen Landflächen tatsächlich besser da – zumindest im Durchschnitt. Kleinere Betriebe haben statistisch gesehen mehr Auslauf, mehr Haltung auf Stroh und mehr Zeit für das einzelne Tier. Besonders deutlich sind die Unterschiede, wenn es darum geht, ob Milchkühe nicht nur im Stall, sondern auch auf der Weide gehalten werden. Auf Höfen mit weniger als 200 Kühen durften im Jahr 2009 zwischen 40 und 50 Prozent der Tiere auf die Weide. In Betrieben mit 500 und mehr Tieren waren es lediglich 7 Prozent, wie das Externer Link: Statistische Bundesamt für seine alle 10 Jahre stattfindende Landwirtschaftszählung errechnet hat.

Die offizielle Agrarstatistik zeigt auch, dass kleine Betriebe im Schnitt pro Hektar weniger Pestizide und Kunstdünger benutzen. Im Wirtschaftsjahr 2014/15 gaben Höfe mit 50 bis 100 Hektar 45 Prozent weniger für Externer Link: Pflanzenschutzmittel aus als Betriebe mit mehr als 250 Hektar. Sowohl diese Pestizide als auch Kunstdünger tragen dazu bei, dass Pflanzen- und Tierarten aussterben.

Was sagt der Durchschnitt wirklich aus?

Doch von den Durchschnittszahlen weichen viele Betriebe gravierend ab. Ein Beispiel ist die Anbindehaltung von Rindern, die es vor allem auf kleinen Höfen gibt. Dabei sind die Tiere an einem Platz im Stall fixiert – zum Beispiel durch einen Metallrahmen, in dem ihre Köpfe stecken. Betriebe mit dieser tierquälerischen Haltung hatten 2010 im Schnitt nur 29 Tierplätze - also weit weniger als der Mittelwert aller Rinder-Höfe, der bei 55 Tieren lag. Klein ist also nicht automatisch tierfreundlicher.

Groß bedeutet auch nicht zwingend, dass mehr Chemie eingesetzt wird. Ausgerechnet der größte Ackerbaukonzern Deutschlands, Externer Link: KTG Agrar, ist auch der europaweit wichtigste Anbieter von Bio-Marktfrüchten. Im Ökolandbau sind chemisch-synthetische Pestizide und Kunstdünger verboten.

Ein kleiner Hof kann Tiere quälen, ein großer die Natur schützen. Es kommt eben auch auf die Einstellung an, auf das Know-how. Ist es also überhaupt sinnvoll, dass der Staat kleine Höfe stärker subventioniert als große, wie es Kritiker der EU-Agrarpolitik fordern? Aus Umwelt- und Tierschutzsicht kaum. Allerdings sollen die jährlich 53 Milliarden Euro, die Brüssel für die Subventionierung der Landwirtschaft zahlt, auch die soziale Gerechtigkeit fördern und verhindern, dass immer mehr Menschen die ländlichen Regionen verlassen. Kleine Betriebe bieten pro Hektar mehr Arbeitsplätze auf dem Land als große – auch wenn nur wenige solcher Höfe genügend Geld verdienen, um eine Familie zu ernähren, wie der Agrarökonom Ludwig Theuvsen von der Universität Göttingen feststellt. Ungerecht ist auch, dass selbst nach der 2015 in Kraft getretenen EU-Agrarreform Subventionen vor allem als Direktzahlungen pro Hektar vergeben werden. Große, finanzkräftige Betriebe erhalten so zusätzlich die höchsten Beträge.

Für das Gros des Geldes spielt es keine Rolle, wie tierfreundlich und umweltfreundlich der Hof wirtschaftet. Mit diesem Subventionssystem könnten gesellschaftliche Ziele wie mehr Tier- und Umweltschutz nicht erreicht werden, urteilt Folkhard Isermeyer, Präsident des bundeseigenen Externer Link: Thünen-Agrarforschungsinstituts. Er rät, die Direktzahlungen abzuschaffen. Das Geld solle der Staat lieber investieren, um Tierwohl und Umweltschutz in der Landwirtschaft zu fördern. Andere Experten fordern, wenigstens die Umweltauflagen für die Direktzahlungen drastisch zu verschärfen. Die EU könnte die Landwirte zum Beispiel dafür bezahlen, weniger Pestizide einzusetzen oder den Tieren mehr Auslauf zu gewähren.

Deutschland könnte eine solche Reform auch ohne eine Einigung aller 28 Staaten der Europäischen Union umsetzen. Denn das EU-Recht erlaubt den Mitgliedsländern, bis zu 15 Prozent des Geldes aus Brüssel für Direktzahlungen in Programme etwa für mehr Tier- und Umweltschutz zu stecken, beispielsweise in Prämien für die Haltung von Kühen auf der Weide. Die Bundesregierung schichtet bisher nur 4,5 Prozent um. Würde mehr Geld von den pauschal nach Fläche verteilten Direktzahlungen in konkreten Förderprogramme fließen, profitierten alle Betriebe, die die geforderten Leistungen erbringen – egal, ob die Höfe klein oder groß sind.

Fussnoten

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Jost Maurin ist Redakteur bei der taz. die tageszeitung. Er setzt sich mit Themen wie Land- und Ernährungswirtschaft, Agrarpolitik, Gentechnik, Tierschutz und Umwelt auseinander.