Sollen ältere Menschen ab einer bestimmten Altersgrenze nicht mehr erwerbstätig sein müssen, aber dennoch über ein ausreichendes Einkommen verfügen können, dann bedarf es einer Einkommensübertragung von der jüngeren an die ältere Generation. Zu entscheiden ist dabei:
wann der Zeitpunkt im Lebenslauf normalerweise erreicht ist, zu dem die Berufsaufgabe und eine Rentenzahlung erfolgt bzw. erfolgen kann (Festlegung von Altersgrenzen)
ob neben dem Alter auch weitere Risiken – wie Tod des Ernährers, Invalidität – abgesichert werden sollen (Zahlung von Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten)
welches Ziel mit der Rentenzahlung angestrebt wird.
Ziele der Alterssicherung
Mit der Alterssicherung werden drei (sich nicht ausschließende) Ziele verfolgt: Das Minimalziel besteht in der Vermeidung von Einkommensarmut. Als zweites, weiterreichendes Ziel gilt die Lebensstandardsicherung, denn die Einkommens- und Lebensbedingungen älterer Menschen sind nicht bereits "erfüllt", wenn das sozial-kulturelle Existenzminimum abgedeckt ist und eine Grundsicherung geleistet wird. Es geht auch darum, den in einem langen Berufsleben erarbeiteten Lebensstandard im Alter in etwa beizubehalten. Zum Dritten gilt es, gesellschaftlich unverzichtbare, aber nicht entlohnte Tätigkeiten bei der Rentenhöhe zu berücksichtigten. Hierzu zählen vor allem die Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen, aber auch unfreiwillige Unterbrechungen des Erwerbslebens (Krankheit oder Arbeitslosigkeit).
Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren es vor allem die Familien, die den Lebensunterhalt ihrer älteren und kranken Angehörigen durch Unterhaltsleistungen gesichert haben. Die in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Bismarck’sche Sozialversicherungspolitik war zunächst nur als Ergänzung, nicht aber als Ersatz der Familienhilfe angelegt. Schon bald zeigte sich aber, dass im Zuge von Industrialisierung und Modernisierung der Gesellschaft die traditionellen familiären Unterstützungssysteme brüchig wurden. Dies ist bereits erkennbar, wenn man sich die familiäre Absicherung älterer Menschen in der vorindustriellen Zeit vor Augen führt. Im Gegensatz zu manchen idealistisch verklärten Vorstellungen bot sie den älteren Menschen damals wenig mehr als ein Existenzminimum und führte sie in eine hohe ökonomische wie private Abhängigkeit von den anderen Familienmitgliedern.
Ein System auf drei Säulen
Ausgehend von den Bismarck’schen Sozialreformen ist das Alterssicherungssystem in Deutschland historisch gewachsen. Es besteht aus einer Vielfalt unterschiedlicher Einzelsysteme, Institutionen sowie Leistungs- und Finanzierungsprinzipien. Eine Unterscheidung in vier Schichten verschafft jedoch einen Überblick. Bezogen auf die ersten drei Schichten spricht man auch von den "drei Säulen" der Alterssicherung.
Der ersten Schicht sind die gesetzlichen Regelsysteme zuzuordnen, sie setzen sich zusammen aus: Der gesetzlichen Rentenversicherung, der Beamtenversorgung und den Alterssicherungseinrichtungen für bestimmte Gruppen von Selbstständigen und Freiberuflern.
Zur zweiten Schicht zählen die betriebliche Altersversorgung für die Beschäftigten in der Privatwirtschaft und die Zusatzversorgung für die Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst.
Die dritte Schicht wird durch die private Altersvorsorge gebildet, die unter bestimmten Bedingungen staatlich gefördert wird ("Riester-Rente").
Die nach dem Fürsorgeprinzip ausgestaltete Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung kann als vierte Schicht angesehen werden.
Diese Schichten der Alterssicherung lassen sich auch nach ihrem Finanzierungsverfahren unterscheiden: Den im Umlageverfahren bzw. über Steuern finanzierten Systemen (Rentenversicherung, Beamtenversorgung, Grundsicherung), stehen die kapitalgedeckten Systeme (betriebliche Altersversorgung, private Vorsorge, Lebensversicherung) gegenüber.
In unterschiedlicher Mischung zueinander sind in modernen Gesellschaften diese Gestaltungsformen in allen Ländern realisiert worden, wobei seit den 1990er Jahren ein starkes Gewicht auf den Ausbau der privaten und betrieblichen Altersvorsorge gelegt worden ist.
Insgesamt lässt sich auch in Deutschland in den letzten Jahren eine Gewichtsverschiebung in Richtung der individuellen Vorsorge und der betrieblichen Altersversorgung erkennen. Mit der Einführung der "Riester-Rente" im Jahr 2001 sind die betriebliche und private Vorsorge zu einem Bestandteil der staatlichen Alterssicherungspolitik geworden.
Unterschiede in den Alterssicherungssystemen
Die Unterschiede zwischen den Systemen sind groß. Das gilt auch für die Regelsysteme Rentenversicherung und Beamtenversorgung: Die Altersversorgung der Beamten ist steuerfinanziert, die Ausgaben belasten die Haushalte des Bundes, der Länder und der Kommunen. Die Berechnung der Pension orientiert sich an der Dienstzeit und an der Höhe der letzten (ruhegehaltsfähigen) Dienstbezüge. Während bei der Rentenversicherung die letztlichen Bezüge das durchschnittliche Einkommensniveau über die gesamte Lebenszeit widerspiegeln, ist bei der Beamtenversorgung das letzte Entgelt entscheidend. Im Ergebnis dieser Komponenten kommt es zu deutlich höheren (allerdings voll zu versteuernden) Ruhegehältern in der Beamtenversorgung gegenüber den Versichertenrenten der Rentenversicherung. Zudem müssen Beamte keine Abgaben für ihre Alterssicherung leisten, ihre Bruttoentgelte werden nicht durch Sozialversicherungsbeiträge gekürzt.
Es gibt es aber auch Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Schichten. Die Höhe der zu erwartenden Leistung im Alter ist abhängig von der vormaligen Stellung im Erwerbssystem und von der Dauer der Beschäftigung bzw. der Beitrags- oder Sparleistung. Wer lange Jahre beschäftigt war, gut verdient und entsprechend hohe Vorleistungen getätigt hat, wird eine höhere Altersversorgung erhalten als Personen, die nur kurzfristig und/oder im Niedriglohnsektor beschäftigt waren. Dieses Entsprechungsverhältnis fällt bei der betrieblichen und privaten Vorsorge noch stärker als bei der gesetzlichen Rentenversicherung aus, da diese auch Zeiten, in denen keine Beiträge aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung entrichtet worden sind, zumindest teilweise anerkennt (Kindererziehung, Pflege, Arbeitslosigkeit, Krankheit usw.). Einen solchen Solidarausgleich kennen die betrieblichen und privaten Systeme nicht.