Automatisierung der Arbeit – Chance oder Risiko?
Mit der Jahrtausendwende wurde ein neues Zeitalter eingeläutet: Die digitale Revolution. Fast unbemerkt erfasste sie innerhalb kürzester Zeit sämtliche Lebensbereiche. Während im Jahr 1993 laut eines Externer Link: Berichts der Sciene nur drei Prozent aller weltweit verfügbaren Informationspeicherkapazität von digitalem Format war, betrug dieser Wert im Jahr 2007 bereits 94 Prozent. Fast Externer Link: 206 Milliarden E-Mails wurden im Jahr 2015 versandt. Jeden Tag. Ein Leben ohne das Internet erscheint uns mittlerweile fast unmöglich.
Die Digitalisierung hat auch die Arbeitswelt erfasst. Und Maschinen nehmen in dieser einen immer größeren Platz ein. Wie schon zu Zeiten der Industrialisierung geht damit die Befürchtung einher, dass die Maschinen uns irgendwann als Arbeitskräfte überflüssig machen, oder zumindest in vielen Bereichen ersetzen könnten.
Ein Schlagwort der Entwicklung ist die Industrie 4.0, ihr Wegbereiter das Interner Link: Internet der Dinge. So kommunizieren in der Fabrik der Zukunft vor allem die Maschinen untereinander und ersetzen in Teilen die menschliche Steuerung. DIe sogenannten Externer Link: KOBOTs – Kooperative Roboter für humanzentrierte Automatisierung - unterstützen dagegen menschliche Tätigkeiten. Sie helfen zum Beispiel schwere Lasten zu heben. Gesteuert werden sie dabei von Menschen. So könnten beispielsweise durch dauerhafte Belastung hervorgerufene Berufskrankheiten vermieden werden.
Dennoch, die zunehmende Technisierung der Arbeit produziert Ängste. Laut einer Externer Link: Studie der Oxford University, in der 702 Berufsbilder auf ihre zukünftige Abhängigkeit von menschlicher Einflussnahme untersucht wurden, könnten fast die Hälfte aller Jobs in den USA in den nächsten 20 Jahren bedroht sein. Risikoforscher und Soziologe Prof. Ortwin Renn sieht jedoch auch bei intelligenteren Maschinen und Robotern stets einen gewissen Koordinierungs- und Steuerungsbedarf durch Menschenhand. Während manche Arbeitsplätze verloren gingen, könnten derartige Aufgabenfelder sogar eine Aufwertung erfahren.
Entgrenzung von Arbeit und Freizeit – Zwischen Überforderung und Autonomie
Die Digitalisierung macht unser Interner Link: Arbeitsleben flexibler und lässt die Grenzen zwischen Erwerbstätigkeit und Freizeit zerfließen. Ob als Clickworker bei einer großen Crowdworking-Plattform, Freischaffender im Kreativbereich oder Teilzeitvermieter übers Netz – moderne digitalisierte Formen der Erwerbstätigkeit setzten keine Bindung mehr an einen Arbeitgeber und Ort voraus.
Doch die scheinbare Freiheit und Flexibilität haben auch ihre Kehrseiten: Niedrige Bezahlung, fehlende soziale Absicherung und Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten führen zu prekären Beschäftigungen, in denen sich flexible Arbeit schnell als neues Tagelöhnertum enttarnt. Trotzdem stellen sich selbst jene, die sich noch in so genannten "Normalarbeitsverhältnisssen" befinden, die Fragen nach Flexibilität und dem Verhältnis von Arbeit und Freizeit neu: Gerade wird der Acht-Stunden-Tag von der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) als unzeitgemäß Externer Link: in Frage gestellt, gleichzeitig versuchen viele Firmen mit ihren Angestellten Lösungen zu finden, um zu verhindern, dass Arbeitnehmer/-innen auch zu Hause ständig erreichbar sind.
Diesen Problemlagen stellen sich auch die Gewerkschaften. "In den Betrieben findet eine Flexibilisierung statt, die begleiten wir", sagt Karl-Heinz Brandl von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Netzdebatte-Interview. Die "große Massenbewegung" hin zur digitalen Selbstständigkeit und Crowd sehen er und seine Organisation aber noch nicht. Dennoch müssten Unternehmen und Staat verstärkt Umqualifizierungsmaßnahmen anbieten. Dies betreffe vor allem den Dienstleistungssektor, in dem beispielsweise durch das Internetgeschäft eine Vielzahl an alten Tätigkeiten verschwinden und neue entstehen werden. Dass viele Jobs heute über Online-Plattformen vermittelt werden, sieht er kritisch: Laut Brandl fehlt dafür noch ein verlässlicher rechtlicher Rahmen.
Der demografische Wandel – Wer wird in Zukunft arbeiten?
Die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten, wird auch dadurch bestimmt, wer eigentlich arbeitet. Unsere Gesellschaft wird immer älter. Die Folge der seit den 1970er Jahren anhaltend niedrigen Geburtenraten und der steigenden Lebenserwartung. Deutschland ist von dieser Entwicklung im Externer Link: OECD-Vergleich besonders stark betroffen. Eine Externer Link: Studie der Robert-Bosch-Stiftung rechnet bereits ab dem Jahr 2030 mit einem Rückgang der unter 20-Jährigen um etwa 2,5 Millionen, gleichzeitig wird die Zahl der über 65-Jährigen um rund fünf Millionen steigen. Dass heißt jedoch keinesfalls, dass die Sozialsysteme nicht mehr tragbar sein müssen: Produktivitätssteigerungen sowie veränderte Erwerbsbiographien sind laut ebenjener Studie mögliche Lösungsszenarien, um den veränderten demografischen Bedingungen entgegenzuwirken. Und überhaupt: Wie sich die Bevölkerung entwickelt, ist noch gar nicht so klar. Im Jahr 2015 sind laut eines Externer Link: Berichts des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge knapp 1,1 Millionen Menschen nach Deutschland geflüchtet. Viele werden bleiben.
Migration als Chance und Zukunftssicherung
Eine Vielzahl an Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Politik plädieren daher schon seit langem für mehr Zuwanderung und denken dabei in erster Linie an den Fachkräftemangel. Ähnlich argumentiert auch Prof. Johannes Giesecke, Professor für Empirische Sozialforschung an der Humboldt Universität zu Berlin; für besonders wichtig hält er die möglichst unmittelbare Eingliederung der Migrantinnen und Migranten in den hiesigen Arbeitsmarkt. Voraussetzung dafür ist das Erlernen der deutschen Sprache. Konkrete Zugänge könnten dann Praktika oder Einsteigerjobs darstellen. Gelinge es, diese Hürden zu überwinden, könne der Arbeitsmarkt der Zukunft stark von gut ausgebildeten und hoch motivierten Arbeitskräften profitieren. Allerdings setze dieses Szenario voraus, dass die Gesellschaft bereit ist, den Preis für diesen in manchen Fällen langwierigen Integrationsprozess zu bezahlen.