Die Zukunft der Arbeit hat längst begonnen. Und dennoch bestehen sie noch, die alten Strukturen: die 40-Stunden-Woche, Agenturprogramme, die wie Externer Link: digitale Stechuhren funktionieren, Großraumbüros. Durch die Digitalisierung hat sich die Arbeit verändert, wird an einigen Stellen weniger. Auf der anderen Seite müssen in einer alternden Gesellschaft immer weniger junge Menschen die Versorgung immer mehr alter Menschen schultern. Werden wir in Zukunft also trotz digitaler Technologien mehr arbeiten? Oder weniger? Genauso viel? Fest steht: Die Arbeitswelt wird sich verändern.
Wir stellen drei Lebensentwürfe vor, die die Zukunft der Arbeit bereits in sich tragen. Sie arbeiten arbeitsplatzungebunden, selbstständig, als Digitalnomaden oder Crowdworker/-innen. Sie sind vor allem gelebte Haltungen zur Arbeit, Einstellungen, die sich im Arbeitsalltag dieser Menschen manifestieren. Aber wie zukunftsfähig sind ihre Arbeitsmodelle?
Ein neues Verständnis von Arbeit entwickeln
Patrick Spät hat ein Ziel. Er will die Gesellschaft zum Umdenken bewegen. Für diesen Zweck ist er durchaus auch bereit, selbst Arbeit zu investieren. Stolze fünf Bücher veröffentlichte der in Berlin lebende freie Journalist und Autor seit 2010. Die Kernbotschaft lautet stets: Unser heutiges Verständnis von Arbeit ist grundlegend falsch. Er sieht die Zeit gekommen, den in den Köpfen verankerten Arbeitsfetisch ein für alle Mal zu verabschieden.
Das ist auch das Anliegen des Externer Link: Haus Bartleby, zu dessen Mitgliedern Spät sich in der Gründungsphase noch zählte, das sich selbst Zentrum für Karriereverweigerung nennt und zunächst nur online existierte, mittlerweile aber auch reale Räumlichkeiten unterhält. Laut der manifestartigen Selbstbeschreibung ist den Menschen rund um das Haus Bartleby "Arbeit, wie wir sie kennen, […] eine Krankheit und Eigentum, wie wir es vorfinden, […] ein Verbrechen in historischer Dimension". Das Haus Bartleby verstehe sich als Platz, an dem sich Menschen mit ähnlichen Ideen austauschen können – als "Lobby der Freien Menschen".
Es gibt keine schlechte Arbeit, sondern nur miese Jobs
Eine ganz andere Einstellung zur Arbeit hat Catharina Bruns. Auch sie hat mit "Work is not a job: Was Arbeit ist, entscheidest du!" bereits ein Buch zum Thema veröffentlicht. Ein Gegenentwurf zu den Karriereverweigerern vom Haus Bartleby: Für Bruns ist Arbeit alles. Und damit eben kein Job, den man halbherzig ausführt, um Geld zu verdienen, sondern eine Tätigkeit mit Verantwortung.
Dass Arbeit immer noch größtenteils als angestellte Erwerbsarbeit wahrgenommen wird, sei ein Fehler. Denn Arbeit ist viel mehr als die Aneinanderreihung schlechter Jobs. Bruns glaubt an Arbeit, die nicht an Personalabteilungen vorbei muss und für die man keine Vorstellungsgespräche braucht – Catharina Bruns glaubt an die Selbstständigkeit. Die Annehmlichkeiten einer Festanstellung bedeuten ihr nichts und sie sagt, seit sie selbstständig ist, will sie ihre Arbeit gar nicht mehr von ihrem Leben trennen. Schließlich sei es ja auch ein ziemlich schlechter Deal, sich fünf Tage die Woche mit etwas zu beschäftigen, mit dem man am Wochenende nichts zu tun haben möchte. Ihrer Meinung nach haben alle Menschen ihr Schicksal selbst in der Hand – und wir alle sollten selbstverantwortlicher handeln, um glücklich und selbstbestimmt arbeiten zu können.
Beachoffice statt Homeoffice
Glücklich und selbstbestimmt wirken auch Felicia Hargarten und Marcus Meurer. Während unseres Interviews sitzen sie gerade in Brasilien am Strand. Weil sie gerne Kitesurfen. Die beiden sind Digitale Nomaden, leben und arbeiten von da, wo sie gerade sein möchten. Und benötigen dafür nur eins: funktionierendes Internet. Feste Arbeitszeiten und eigene Büros brauchen sie nicht mehr. Beide hatten vorher eine Festanstellung, Nine-to-Five-Bürojobs und irgendwann keine Lust mehr, immer nur auf den nächsten Urlaub warten zu müssen. Jetzt sind sie Reiseblogger/-in, Online-Unternehmer/-in und Event-Manager/in. Und immer unterwegs.
Auch sie haben eine sehr spezielle Einstellung zu Arbeit. Arbeit ist für die beiden etwas, wofür man brennen muss. Etwas, das Leidenschaft verlangt, aber nicht weh tut. Ähnlich wie Catharina Bruns haben auch sie sich für die Selbstständigkeit entschieden und wollen diese selbstbestimmte, teilweise aber auch unsichere und komplizierte Arbeits- und Lebensweise nicht mehr gegen eine Festanstellung tauschen. Nur Versicherungssysteme und Verwaltung bereiten den beiden Digitalnomaden ab und zu Probleme. Während sie die Zukunft der Arbeit bereits leben, hinkt die Bürokratie eben noch hinterher, sagen sie.