Die Schuldenbremse wurde 2009 als institutionelle Sicherung gegen ausufernde Staatsverschuldung auf der Ebene des Bundes (gültig ab 2016) und der Länder (ab 2020) installiert. Ziel ist es, die glaubhafte Selbstverpflichtung demokratisch legitimierter Regierungen zur soliden Haushaltsführung rechtlich abzusichern. Durch diese Regelungen soll die Regierung zur Einhaltung eines ausgeglichenen Haushaltes, und damit zum Ausgleich von Staatsausgaben und -einnahmen verpflichtet werden. Auf diese Weise wird die öffentliche Verschuldung gesetzlich begrenzt. Damit wird Regierungen insbesondere die Möglichkeit genommen, Interessen einflussreicher Gruppen durch schuldenfinanzierte Ausgaben zu bedienen. Gerechtigkeitsmotive dieses haushaltspolitischen Leitbildes verweisen auf das Problem der generationenübergreifenden Verteilung von Leistungen und Belastungen, denn die öffentlichen Schulden der Gegenwart müssen von künftigen Generationen zurückgezahlt werden.
Die strukturellen Muster bleiben bestehen
Allerdings setzt die Schuldenbremse nicht nur schuldenfinanzierten, wahltaktischen Ausgabensteigerungen von Regierungen enge Grenzen, vielmehr wird auch der konjunkturpolitische Handlungsspielraum eingeschränkt. Denn auch eine umfangreichere Neuverschuldung zur Finanzierung von öffentlichen Nachfrageprogrammen, die bislang zur Bekämpfung konjunktureller Einbrüche aufgelegt wurden, wird eng begrenzt. Jedoch bleiben die strukturellen Muster der Staatsverschuldung, also Schulden die z.B. für staatliche Leistungen wie Renten und Pensionen relevant sind, von diesen Beschränkungen ausgenommen.
Wie sich diese seit den frühen 2010er Jahren in Deutschland gültigen Regelungen künftig auf die verschiedenen gesellschaftlichen Interessengruppe und sozialen Schichten auswirken werden, bleibt abzuwarten. Sicherlich ist davon auszugehen, dass die Beschränkungen schuldenfinanzierter Ausgaben auf deren Zusammensetzung Einfluss haben wird. So bedeutet die heute gültige Begrenzung der Verschuldungsmöglichkeiten des Bundes auf höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, dass maßgebliche Ausgabenbereiche wie Soziales, Verteidigung und Infrastruktur auf den Prüfstand kommen werden.
Der Reformdruck auf die Sozialsysteme dürfte weiter zunehmen
Vor allem im Bereich der Ausgaben für Soziales können sich unmittelbare Auswirkungen auf gesellschaftliche Gruppen und Schichten ergeben, die aber nicht unbedingt auf eine Leistungskürzung hinauslaufen müssen. Allerdings kann die Praxis der staatlichen Zuschüsse zu den Sozialkassen nun schärfer reguliert werden. Der Reformdruck auf das Renten- und Pensionssystem dürfte daher weiter zunehmen. Auf der Ebene der Länder stehen dagegen Budgets für Personal und Bildungsausgaben im Vordergrund der Diskussion. Hier ist neben der Fortführung des Personalabbaus in den öffentlichen Verwaltungen vor allem eine Neuausrichtung der Ausgaben im Hochschulbereich zu erwarten, etwa über eine neue Debatte zu Studiengebühren. Grundsätzlich werden Bund, Länder und Kommunen angesichts der Schuldenbremse künftig in weit größerem Umfang als bisher gemeinsame Investitionen tätigen. Das Hochschulwesen ist hier ein treffendes Beispiel.
Länder und Kommunen müssen währenddessen im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten eigene Wege zur Finanzierung der lokalen Infrastruktur gehen – etwa über spezifische Abgaben und Gebühren. Auch die Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Trägern wird sich intensivieren, etwa im Hinblick auf infrastrukturelle Leistungen wie den Straßenbau, für welchen die öffentliche Investitionstätigkeit fokussiert werden muss. Ob sich dadurch eine signifikante Veränderung in Volumen und Qualität bei der Bereitstellung öffentlicher Güter ergeben wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.