Alles andere als ein Kompromiss
Die Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) sind alles andere als ein ausgewogener Kompromiss zwischen Sicherheit und Freiheit, der den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) entspricht.
Der EuGH hatte die EU-Richtlinie zur VDS gerade wegen der Anlasslosigkeit der Datenerhebung verworfen. Gleichwohl sehen auch die Leitlinien vor, den Kommunikationsverkehr der gesamten Bevölkerung zu protokollieren, unabhängig davon, ob es Indizien für eine Verwicklung der Betroffenen in schwere Straftaten gibt.
Zudem hatten sowohl der EuGH als auch das BVerfG gefordert, Berufsgeheimnisträger von der Speicherung auszunehmen. Den Leitlinien zufolge soll dies nur bei kirchlichen, sozialen und behördlichen Einrichtungen geschehen. Die Daten anderer Berufsgeheimnisträger wie etwa Rechtsanwälte oder Ärzte sollen gespeichert, aber nicht abgerufen werden dürfen. Da es keinen sachlichen Grund für diese Differenzierung gibt, verletzt die geplante Regelung den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Außerdem werden die Daten bereits durch die Speicherung unnötig einem Missbrauchsrisiko durch ausländische Geheimdienste und Online-Kriminelle ausgesetzt.
Die Rechnung ohne die Überwachungsgesamtrechnung gemacht
In Kombination mit bestehenden Überwachungsmaßnahmen wie Funkzellenabfrage, Bestandsdatenauskunft, Fluggastdatenspeicherung und SWIFT-Abkommen ist die VDS zudem geeignet, in der Bevölkerung ein diffuses Gefühl des Beobachtetseins entstehen zu lassen. Sie verstößt daher auch gegen die vom BVerfG angestellte „Überwachungsgesamtrechnung“, die alle Mechanismen mit denen der Staat Bürgerinnen und Bürger überwacht in den Blick nimmt und den Gesetzgeber zur Verhältnismäßigkeit mahnt.