Zugang zu Informationen und die Möglichkeit diese auszutauschen sind in einer Demokratie nicht wegzudenken. Das bestreitet wohl kaum jemand ernsthaft. Auseinandersetzungen gibt es aber gerade darüber, wie das unter den Bedingungen der Digitalisierung zu gewährleisten ist. Der Kern des Problems wird dabei leider oft nicht deutlich, denn die Streitenden haben unangemessene Vorstellungen von der zentralen Ressource, die dazu dienen soll: dem Internet.
Wenn ich an die Kosten denke
Seit ihren frühen Tagen ist die Debatte über das Internet von einem Idealismus geprägt, der die Tatsache übersieht, dass das Netz auch einen "Körper" hat. Eine Infrastruktur also, die zu bauen und zu unterhalten erhebliche Kosten verursacht. Nach der Telekom-Liberalisierung In den 1990er Jahren ging man davon aus, dass dieser "Körper" einfach so existiert und seine Unterhaltung dank Digitalisierung nur noch schwindenden Aufwand bedeutet.
Die Darstellung, dass der Markt Informationsfreiheit nicht automatisch produziert, sondern dass es staatlicher Regulation bedarf, ist grundsätzlich richtig. Allerdings führt sie zusammen mit dem genannten Idealismus und der unfundierten Annahme, dass sich politische Ergebnisse allein schon als Folge einer bestimmten Technik – hier der idealisierten, ursprünglichen Internet-architektur – einstellen, in die Irre. Hier kommt das Leitbild eines dezentralen, hierarchielosen Netzes ins Spiel. Ein solches Netz würde nicht nur eine völlige Gleichberechtigung der Teilnehmer/-innen herstellen, sondern gegen jeglichen herrschaftstechnischen Eingriff immun sein. Dieses Bild entsprach jedoch nie der Realität. Dass es heute erst recht bloße Phantasie ist, dürften die Enthüllungen von Edward Snowden klargemacht haben.
Zurück ist keine Option
Genauso unrealistisch ist es anzunehmen, dass es möglich wäre und ausreichen würde, den Betreibern die Rückkehr zu dieser ausgemalten "ursprünglichen" Netzarchitektur zu verordnen. Das Architekturmodell, an dem sich solche Vorstellungen orientieren, stammt aus einer Zeit, als der Internetverkehr nicht nur völlig unbedeutend und die Qualitätsanforderungen an ihn äußerst bescheiden waren. Die auf Kupfer- oder Funkstrecken aufgebauten Netze waren vor allem auf die Sprachkommunikation ausgelegt. Das ist heute grundsätzlich anders. Man kann nicht verlangen, dass das Netz sich gegenüber dem Verkehr, den es zu tragen hat, völlig ignorant verhalten soll. Das würde bedeuten, dass entscheidende Potentiale zur Sicherung seiner Effizienz, Qualität und Zuverlässigkeit nicht genutzt würden. Im Gegenteil: Es könnte diese Ziele sogar gefährden. Ein robustes Netz ist so nicht zu betreiben.