Objektivität bedeutet so viel wie Unparteilichkeit oder Neutralität. Das Gegenteil von Objektivität ist Subjektivität, also Einseitigkeit oder Voreingenommenheit. Ein Journalist kann sich zwar um eine objektive Darstellungsweise bemühen, die frei von seiner eigenen Meinung und Sichtweise oder der einer bestimmten Kriegspartei ist, ganz gelingen wird ihm das allerdings nie.
Denn jede Mediendarstellung ist zwangsweise auch immer eine Deutung dessen, worüber berichtet wird, beeinflusst beispielsweise von der Weltanschauung des Journalisten oder der öffentlichen Meinung. Um ein objektiveres bzw. umfassenderes Bild von einem Ereignis zu erlangen, muss der Interessierte daher verschiedene Informationsquellen nutzen, um so verschiedene Sichtweisen kennenzulernen. Aber auch ein umfassendes Bild ist kein Abbild der Kriegsrealität. Es lohnt sich dennoch, sich sein eigenes Urteil über eine Krisenregion erst dann zu bilden, wenn man sich durch verschiedene Quellen informiert hat.
Weltanschauung des Journalisten
Einer der wichtigsten Gründe für die Unerreichbarkeit von Objektivität ist, dass Journalisten – wie alle anderen Menschen auch – eine bestimmte Herkunft und Weltanschauung haben. Ein Reporter, der ein fremdes Krisengebiet besucht, trägt immer eine ganze Reihe von persönlichen und kulturellen Werten oder Vorurteilen mit sich, die seinen Blick auf die Realität beeinflussen.
Vorurteilslos oder wertfrei darf er auch gar nicht sein, sonst würde er sich an die vorgefundenen Bedingungen anpassen und könnte nicht kritisch über sie berichten. Denn was einem westlichen Journalisten vielleicht skandalös erscheint, zum Beispiel die Einschränkung der Rechte von Frauen oder das Fehlen der Pressefreiheit, ist für die Menschen in manchen nichtwestlichen Ländern möglicherweise ganz normal.
Verschiedene Sichtweisen
Den Konfliktparteien, die sich im Fall eines Krieges gegenüberstehen, kann es eigentlich keine journalistische Darstellung recht machen. Was die eine Seite für wahrheitsgetreu hält, bezeichnet die andere als Lüge und fordert Gegendarstellungen. So werden die Medien selbst zu einem Kampfschauplatz.
Von Beginn an wurde zum Beispiel bei der Auseinandersetzungen zwischen Israel und Libanon 2006 jedes Wort, das TV-Reporter aus dem Kriegsgebiet sendeten, und jedes Bild, das die Auswirkungen der Kämpfe zeigte, von den Anhängern der beteiligten Konfliktparteien auf die Goldwaage gelegt. Anhänger Israels bemängeln etwa die ihrer Meinung nach araberfreundliche Berichterstattung in den deutschen Medien: Jeder Bombeneinschlag in der libanesischen Hauptstadt Beirut habe Scharen von Journalisten angelockt, doch kaum einer habe sich für das Schicksal der israelischen Familien interessiert, die in Kellern Schutz vor den Katjuscha-Raketen der Hisbollah gesucht hätten. Im Gegenzug beklagen Israelgegner, dass das Leid der libanesischen Zivilbevölkerung in der Berichterstattung nicht ausreichend Gehör gefunden habe.
Journalistische Auffassung
Wie sehr darf sich ein Reporter oder Korrespondent im Krisengebiet von seinen persönlichen Gefühlen bei der Arbeit beeinflussen lassen? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Einerseits scheint die Antwort klar: Journalistische Neutralität und Objektivität lassen wenig Platz für emotionale Anteilnahme. Um die verschiedenen Aspekte eines Sachverhalts gleichwertig zu erfassen, ist es hilfreich, eine gewisse emotionale Distanz zu wahren und einseitige Anteilnahme zu vermeiden.
Vor Ort, im Krisengebiet, sieht die Sache allerdings oft anders aus: Die Leidtragenden eines Konflikts erwecken Mitgefühl. Zu einer unkritischen Parteinahme ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Eine solche hat aber unter Umständen auch noch andere Folgen als einen durch subjektive Gefühle geprägten Bericht. Denn auch die Erzählungen von Menschen, die Opfer von Unterdrückung, Vertreibung und Kriegsgewalt wurden, muss der gewissenhafte Reporter auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen. Emotionale Verbundenheit kann dies erschweren. Neben Medienvertretern, die für eine distanzierte Haltung plädieren, gibt es auch solche, die die gegenteilige Meinung vertreten.
Der Kriegsfotograf James Nachtwey äußerte in einem Interview beispielsweise (Tagesspiegel Online 21.07.2000): "Ich möchte die Leute mit meinen Fotos bewegen, also muss ich selbst empfänglich sein. Meine Gefühle müssen in Bilder umgeleitet werden."