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Halbwahrheiten. Zu einem Instrument der Desinformation | Digitale Desinformation | bpb.de

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Halbwahrheiten. Zu einem Instrument der Desinformation

Nicola Gess

/ 10 Minuten zu lesen

Es gibt viele Instrumente der Desinformation – ein besonders subtiles, und dadurch wirkungsvolles, ist die Halbwahrheit. Warum das so ist, wie Halbwahrheiten funktionieren und wie man ihnen begegnen kann, erläutert Nicola Gess in diesem Essay.

Unterstützerinnen und Unterstützer Donald Trumps waren nach der Niederlage ihres Kandidaten überzeugt, dass ihnen die Wahl gestohlen worden sei. Unter Stop the Steal fanden im ganzen Land Proteste statt, die im Januar 2021 im Sturm auf das Kapitol mündeten. (© picture-alliance)

Halbwahrheiten sind Falschaussagen, die zu einem Teil auf tatsächlichen Ereignissen, zu einem anderen auf fiktiven oder spekulativen Inhalten basieren, oder die reale Sachverhalte übertreiben, umdeuten oder in falsche Zusammenhänge stellen. Als Instrument eines postfaktischen politischen Diskurses sind sie sehr erfolgreich und schwerer zu entlarven als offensichtliche Lügen.

Der Begriff des 'Postfaktischen' ist seit 2016 omnipräsent und wurde damals von der Deutschen Gesellschaft für Sprache sogar zum Wort des Jahres gewählt. Er beschreibt einen politischen Diskurs, für den die Orientierung an Tatsachen kaum noch eine Rolle zu spielen scheint – eine Beobachtung, die sich 2016 vor allem auf die Brexit-Kampagne und auf den ersten Wahlkampf Donald Trumps bezog. In beiden Kontexten spielte Desinformation eine große Rolle, darunter auch das Instrument der Halbwahrheit. Trump behauptete beispielsweise bei einem Treffen mit Abgeordneten des Senats und des Repräsentantenhauses am 23. Januar 2017, dass er – und nicht die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten Hillary Clinton – die meisten Stimmen (popular vote) gewonnen hätte. Seine Behauptung stütze er auf eine Halbwahrheit: Sein Freund, der Golfer Bernhard Langer, habe ihm erzählt, er sei in einem Wahllokal in Florida abgewiesen worden, während andere Wartende ihre Stimmen hätten abgeben dürfen, obwohl sie wie illegale Eingewanderte ausgesehen hätten. Die Geschichte verbreitete sich rasch, auch in den deutschen Medien, und Langer, der als deutscher Staatsbürger in den USA gar nicht wählen darf, korrigierte dahingehend, dass er sie nur von einem Freund gehört und sie dann einem anderen Freund erzählt habe, der sie einem weiteren Freund erzählt habe, der über Verbindungen zum Weißen Haus verfüge, wo die Geschichte dann entsprechend verzerrt worden sei.

Vier Jahre später, nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl 2020, behaupteten Trump, Mitglieder der republikanischen Partei und zahlreiche Anhänger*innen erneut, es habe massenhaften Wahlbetrug gegeben und Präsident Trump sei darum der eigentliche Gewinner der Wahl. Zum Beweis wurden abermals – neben offenkundigen Lügen – Halbwahrheiten ins Feld geführt, so ein aus dem Kontext gerissener Videoschnipsel des damaligen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden, der unter anderem von der frisch gewählten republikanischen Kongressabgeordneten Marjorie Taylor Green verbreitet wurde. Biden sagt in dem Videoclip, herausgeschnitten aus einem Interview zehn Tage vor der Wahl: "Wir haben, glaube ich, die größte und umfassendste Wählerbetrugsorganisation in der Geschichte der amerikanischen Politik aufgebaut". Aus den unmittelbar vorangegangenen und nachfolgenden Sätzen geht jedoch hervor, dass Biden sich hier nicht auf Bemühungen um Wahlbetrug, sondern im Gegenteil um die Verhinderung von Wahlbetrug bezieht, und dass er mit seiner Aussage Menschen Mut machen wollte, sich nicht von republikanischen Bestrebungen, sie von der Wahl abzuhalten, einschüchtern zu lassen.

Faktische Orientierungslosigkeit

Hier geht es zur Schriftenreihe Halbwahrheiten - Zur Manipulation von Wirklichkeit von Nicola Gess. (© bpb)

Halbwahrheiten haben, mit der Philosophin Hannah Arendt gesprochen, das Potenzial zur 'Entschränkung' des politischen Diskurses. Denn sie setzen, während sie sich an Tatsachen zu orientieren scheinen, Spekulation und Fiktion frei. Sie öffnen die Tür zu einem postfaktischen Universum, in dem die narrative Kohärenz oder die Konsensfähigkeit einer Aussage über deren Erfolg entscheidet, nicht aber die "Unterscheidung von Wahrheit oder Unwahrheit". Einer Geschichte wird also dann geglaubt, wenn sie in sich stimmig ist und möglichst gut in die eigene Weltanschauung integrierbar. Ob sie einer Überprüfung standhält, spielt dabei kaum eine Rolle. Auf dem politischen Parkett ist das problematisch, weil die Orientierung an überprüfbaren Tatsachen zentral für eine Demokratie ist. Arendt spricht in diesem Zusammenhang auch vom "menschlichen Orientierungssinn im Bereich des Wirklichen". Damit bezeichnet sie einen geteilten Sinn für die Wirklichkeit, der für das Funktionieren demokratischer Gesellschaften grundlegend sei. Dieser Sinn orientiert sich an der "Tatsachenwahrheit", womit z.B. vergangene Ereignisse gemeint sind, die durch Dokumente, Aufzeichnungen und Augenzeugenberichte verifiziert werden müssen. Ähnlich verhält es sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, die in einem komplexen Forschungsprozess und mit umfangreiche Prüfverfahren gewonnen werden. Solche Tatsachenwahrheiten sind es, die den Sinn für die Wirklichkeit formen. Sie geben der gesellschaftlichen Meinungsbildung, die für Arendt das Wesen demokratischer Politik ausmacht, den Gegenstand vor und setzen ihr zugleich Grenzen, indem sie sie vor der Spekulation bewahren. Genau diese Grenze überschreiten Halbwahrheiten. Sie schlagen die Brücke vom Raum der Tatsachenwahrheit zum Raum des politischen Imaginären, und sie unterminieren dadurch in letzter Konsequenz auch die Unterscheidung von Wahr und Unwahr, höhlen den Wirklichkeitssinn gewissermaßen aus.

Im Nachdenken über Halbwahrheiten und andere Formen der Desinformation ist es gleichwohl hilfreich, diese nicht als Gegenstück zu einer wie auch immer gearteten 'Wahrheit' anzusehen, sondern sich an ideologiekritischen Überlegungen zu orientieren, wie sie die kritische Theorie bereits vor einem halben Jahrhundert entworfen hat. Damit ist nicht gemeint, Halbwahrheiten als Ideologeme zu verstehen, also Bestandteile von Weltanschauungen, aus denen sich ein besonderer Blick auf die Welt ergibt. Stattdessen soll diese Beschreibung dabei helfen den Blick auf gesamtgesellschaftliche Bedingungen und politische Rechtfertigungsprozesse zu weiten. Der Philosoph Theodor W. Adorno schrieb schon in den 1950er-Jahren, in der spätkapitalistischen Gesellschaft sei das Faktische zur neuen Norm geworden: Ideologie bedeute nun nicht mehr Rechtfertigung der sozialen Realität durch die in ihr realisierten Ideen von Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit, sondern sie sei insofern total geworden, als sie sich auf die bestätigende Widerspiegelung des Bestehenden beschränke, kurz: auf die Behauptung, es gebe keine Alternative – seit den 1980er-Jahren auch als das neoliberale TINA-Diktum ("There is no alternative") bekannt. Mit der alten ideologischen Rechtfertigung schwindet aber auch die Basis jeder Sozialkritik, nämlich der erfahrbare Widerspruch zwischen der sozialen Realität und den in ihr nur vermeintlich realisierten Idealen. Der Kritik geht sozusagen ihr Koordinatensystem verloren, sodass wer über die Alternativlosigkeit der bestehenden Verhältnisse ins Grübeln gerät, irgendwann nicht mehr sagen kann, was eigentlich genau an ihnen falsch und was richtig ist, warum sich etwas Richtiges in Falsches verkehrt hat oder wie aus dem Unwahren etwas Wahres zu gewinnen wäre. Was als Option übrigbleibt, ist dann nur noch, alles in Bausch und Bogen abzulehnen, alles für lügenhaften Schein und das Streben nach Wahrheit für ebenso naiv zu erklären wie die Orientierung an anderen regulativen Ideen – eine Haltung, die man auch als zynisches Pendant eines intellektuellen Relativismus ansehen kann, für den Wahrheit letztlich nur noch eine Frage der Perspektive und eine Funktion von Macht ist. Der Konjunktur von Halbwahrheiten arbeitet beides zu, beziehen Halbwahrheiten ihre suggestive Wirkkraft doch ebenfalls aus der Suspendierung jeder Unterscheidung.

Vom Reiz der Halbwahrheit

Nicht alle Halbwahrheiten lassen sich so einfach widerlegen wie die oben zitierten Beispiele, die einen vermeintlichen Wahlbetrug plausibel machen wollen. Doch selbst für diese gilt, dass Überprüfung und Richtigstellung nicht ausreichen. Zum einen geht man den Halbwahrheiten mit einem Faktencheck nämlich insofern auf den Leim, als man ihre Suggestion, es ginge tatsächlich um empirische Evidenz, ernst nimmt. Außerdem kann der Faktencheck leicht den Eindruck erzeugen, dass bereits die Berufung auf die richtigen Fakten zum "alternativlosen" Handeln führe – ein problematischer Schluss, weil er dazu beiträgt, wichtige Fragen unserer Gesellschaft einer Diskussion zu entziehen und zu entpolitisieren. Zum anderen erfasst man mit dem Faktencheck aber auch noch nicht, wie Halbwahrheiten im postfaktischen politischen Diskurs funktionieren und warum sich ihre Anhänger*innen in der Regel als immun gegen jede Gegenevidenz erweisen.

Viele Halbwahrheiten haben nämlich die Form von kleinen Geschichten – man denke etwa an die Horrorstories, die im Kontext der Querdenker-Proteste über das Impfen verbreitet wurden und die häufig als Halbwahrheiten angelegt waren, also Angstphantasien durch kleine faktisch korrekte Elemente zu beglaubigen suchten. Mit dem Gerücht teilen solche Halbwahrheiten-Geschichten den Modus ihrer Verbreitung und eine Neigung zum Fabulieren. Mit politischen Anekdoten teilen sie ihre Kürze, ihren Anspruch auf Faktizität und Repräsentanz. Im Unterschied zu Anekdoten gewinnen die Halbwahrheiten des postfaktischen Diskurses jedoch allein durch ihre Rahmungen, z.B. durch bestimmte politische Narrative, an Interesse. Für diese Narrative stellen Halbwahrheiten ein wichtiges Element in der Produktion von Glaubwürdigkeit dar: sie geben vor, Beweise für diese Narrative zu liefern. In Wirklichkeit tun sie dies jedoch gerade nicht. Stattdessen schlagen sie die Brücke zu einem Modell von Wahrheit, das allein auf der Kohärenz mit bisherigen Überzeugungen basiert.

Die Stille Post der Halbwahrheiten

Halbwahrheiten-Geschichten verbreiten sich häufig rasant, insbesondere in den sozialen Netzwerken. Sie werden nicht nur rezipiert, sondern häufig auch weitergegeben und dabei nach dem 'Stille-Post-Prinzip' modifiziert, erweitert und um weitere Erzählstränge ergänzt. In diesem Sinn sind sie, mit einem Begriff des Literaturwissenschaftlers Fritz Breithaupt gesprochen, 'multiversional,' existieren also häufig in mehreren unterschiedlichen Versionen gleichzeitig. So wurden Hillary Clinton beispielsweise unter Verweis auf ihren Schwächeanfall beim 9/11-Memorial 2016 diverse Krankheiten angedichtet, jeweils unter Hinzuziehung entsprechend zusammengeschnittenen Foto- und Videomaterials – mal litt sie unter Parkinson, mal unter Epilepsie, immer aber sollte sie eine schwere Krankheit haben, die angeblich vor der Öffentlichkeit geheim gehalten wurde.

Halbwahrheiten-Geschichten verfügen also über eine gewisse Offenheit; in ihrer Weitergabe kann eine Lust am Fabulieren ausgelebt werden. Im Weitererzählen von Halbwahrheiten-Geschichten werden ihre Rezipient*innen Teil eines Kollektivs, in dessen Produktionsprozess sie sich eingliedern. Halbwahrheiten zielen so auf Teilhabe und Teilnahme in einem doppelten Sinne: Teilnahme an der kollektiven Produktion von Halbwahrheiten; und Teilhabe an einem Kollektiv, das nicht nur gemeinsam an den Halbwahrheiten arbeitet, sondern sich zugleich über diese Halbwahrheiten immer wieder seiner Zusammengehörigkeit versichert – ein aktuelles Beispiel für eine Bewegung, die fast ausschließlich auf diesem Prinzip der digitalen Co-Fabulation beruht und auf diese Weise immer neue bizarre Verschwörungsmythen produziert und diese mit Hilfe von Halbwahrheiten und anderen Formen der Desinformation zu beglaubigen versucht, ist die in den USA verbreitete Interner Link: Q-Anon-Bewegung.

Ein Slogan der Verschwörungstheoretischen Q-Anon Bewegung lautet "Where we go one - We go all" und unterstreicht damit das Gemeinschaftsgefühl, dass diese Bewegung ausmacht. (© picture-alliance/dpa)

Die Nutzer*innen von Halbwahrheiten geben die Orientierung an der Realität jedoch nicht vollständig auf. Denn innerhalb eines demokratischen Diskurses können sie ihre Sicht auf die Welt nicht einfach autoritär setzen, sondern müssen dafür werben, müssen mit ihrer Perspektive diskursiv überzeugen. Dafür sind Halbwahrheiten da. Sie dienen als Einstieg in den postfaktischen politischen Diskurs. Denn sie suggerieren durch den Bezug auf kleine faktisch korrekte Elemente und tatsächliche Ereignisse eine Orientierung an der Realität. Gleichzeitig funktionieren sie aber wie Geschichten, die viel mehr der Bestätigung bisheriger Überzeugungen, der alltäglichen Wahrnehmung, der Kanalisierung von Stimmungen und Emotionen verpflichtet sind und dafür massiv auf Spekulation und Fiktion zurückgreifen.

Um sie zu entkräften, braucht es nicht nur einen Faktencheck, sondern ergänzend auch einen 'Fiktionscheck,' der untersucht, wie Halbwahrheiten die Unterscheidung zwischen Wissen und Glauben, zwischen Fakten und Meinungen einebnen und was für Geschichten dabei eigentlich transportiert werden. Denn die Konjunktur der Halbwahrheiten ist – ebenso wie die der Desinformation generell – natürlich kein rein diskursives Problem, das man durch eine 'Bereinigung' des politischen Diskurses lösen könnte. Sie wirft viel mehr die Frage auf, was das für eine Gesellschaft ist, in der die Praxis der Desinformation so erfolgreich werden konnte, also welche sozialen, politischen und medialen Strukturen das 'Postfaktische' begünstigen. Und zu erkennen, was mit den Halbwahrheiten in den Köpfen der Menschen imaginär aufgerufen und konstruiert wird, hilft, um die richtigen Fragen nach diesem sozialen Grund zu stellen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Darum gehören sie auch, wie die Philosophen Hendricks und Vestergaard herausgearbeitet haben, zu den beliebtesten Formen der Desinformation: Vincent F. Hendricks, Mads Vestergaard, Postfaktisch. Die neue Wirklichkeit in Zeiten von Bullshit, Fake News und Verschwörungstheorien, München 2018, S. 12.

  2. "GfdS wählt 'postfaktisch' zum Wort des Jahres 2016" [Pressemitteilung vom 9.12.2016], {https://gfds.de/wort-des-jahres-2016/}, letzter Zugriff 23.08.2022. Zu meiner kritischen Diskussion des Begriffs "postfaktisch": vgl. Nicola Gess, "Half-Truths. On an Instrument of Post-Truth Politics", in: Ben Carver u. a. (Hg.), Plots: Literary Form and Cultures of Conspiracy, London: Routledge, 2021, S. 164-179.

  3. Vgl. Glenn Thrush, "Trump’s Voter Fraud Example? A Troubled Tale With Bernhard Langer", in: The New York Times, 25.01.2017, {Externer Link: www.nytimes.com/2017/01/25/us/politics/trump-bernhard-langer-voting-fraud.html}, letzter Zugriff 23.08.2022.

  4. Vgl. Desmond Bieler, Cindy Boren, "German Golfer Bernhard Langer Disputes President Trump’s Story About Unfounded Voter Fraud", in: The Washington Post, 26.01.2017, {Externer Link: www.washingtonpost.com/news/early-lead/wp/2017/01/25/trumps-unfounded-voter-fraud-theory-was-fueled-by-german-golfer-bernhard-langer/?noredirect=on&utm_term=.2641b773296c}, letzter Zugriff 23.08.2022; Ohne Autor, "Angebliches Gespräch über Wahlbetrug. Bernhard Langer bestreitet Trumps Darstellung", in: Spiegel Online, 27.01.2017, {Externer Link: www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trump-bernhard-langer-bestreitet-gespraech-ueber-wahlbetrug-a-1131928.html}, letzter Zugriff 23.08.2022.

  5. Der Videoclip ist z.B. hier einzusehen: Donald J. Trump, "Joe Biden brags about having 'the most extensive and inclusive VOTER FRAUD organization' in history", YouTube, 25.10.2020, {Externer Link: www.youtube.com/watch?v=MA8a2g6tTp0}, letzter Zugriff 23.08.2022, deutsche Übersetzung: Nicola Gess.

  6. Vgl. die Faktenchecks der Nachrichtenagentur Reuters und der Washington Post: Reuters, "Fact check: Clip of Biden taken out of context to portray him as plotting a voter fraud scheme", 29.10.2020, {Externer Link: www.reuters.com/article/uk-fact-check-biden-voter-protection-not-idUSKBN27E2VH}, letzter Zugriff 23.08.2022; Kessler, "Bogus 'vote fraud' claims proliferate on social media".

  7. Hannah Arendt, Wahrheit und Politik, in: dies.: Wahrheit und Lüge in der Politik. Zwei Essays, München 2013, 44-92, hier 83: "Die Tatsacheninformation […] hält die Spekulation in Schranken."

  8. Ebd., 83.

  9. Ebd., 83.

  10. Ebd., 65.

  11. Vgl. Philipp Sarasin, "#Fakten. Was wir in der Postmoderne über sie wissen können", in: Geschichte der Gegenwart, 09.10.2016, {Externer Link: geschichtedergegenwart.ch/fakten-was-wir-in-der-postmoderne-ueber-sie-wissen-koennen/}, letzter Zugriff 23.08.2022.

  12. Theodor W. Adorno, Beitrag zur Ideologienlehre, in: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 8: Soziologische Schriften I, hg. v. Rolf Tiedemann, Frankfurt 1997, 457-477.

  13. Mit Blick auf die viel diskutierte Frage nach dem Verhältnis von postmoderner Theoriebildung und Postfaktizität ließe sich das auch so beschreiben: Die gegen einen dogmatischen Positivismus gerichtete kritische und emanzipatorische Einsicht in die epistemischen und sozialen Entstehungsbedingungen von 'Wahrheit', wie sie die postmoderne Theoriebildung hervorgebracht hat, schlägt um in eine postfaktische Verachtung der (Suche nach) Wahrheit, insofern diese ohnehin immer nur im Auge des Betrachters liege oder autoritär gesetzt werde. Die Bedingtheit von Wahrheit wird hier mit ihrer Beliebigkeit verwechselt und letztere wiederum als Lizenz für Ignoranz, Resignation oder die Erfindung und Instrumentalisierung eigener 'Wahrheiten' verstanden. Vgl. dazu Silke van Dyk, die betont, dass "Fakten und Tatsachen umstritten oder herrschaftsförmig sein können", dass jedoch diese Kritik "zu den Fakten und Tatsachen hin- und nicht von ihnen wegführen" sollte (dies., "Krise der Faktizität? Über Wahrheit und Lüge in der Politik und die Aufgabe der Kritik", in: PROKLA Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft 188, 2017, 347-367, hier 365.

  14. Vgl. zur Unterscheidung eines Korrespondenz- und eine Kohärenzmodells von Wahrheit: Karl Hepfer, Verschwörungstheorien. Eine philosophische Kritik der Unvernunft, Bielefeld 2015, S. 57. Sowie zu dieser Funktion der Einzelgeschichte: Michael Müller, "Narrative, Erzählungen und Geschichten des Populismus. Versuch einer begrifflichen Differenzierung", in: Michael Müller, Jørn Precht (Hg.), Narrative des Populismus, Wiesbaden 2019, S. 1-10, hier S. 9.

  15. Fritz Breithaupt, «Staunen als Belohnung der Neugier. Wunder, Überraschung und Frage in narrativeer Hinsicht,» in Nicola Gess u.a. (Hg.), Poetiken des Staunens. Narratologische und dichtungstheoretische Perspektiven, Paderborn 2019, 37-50, hier 40/41. Vgl. auch Breithaupt, Kultur der Ausrede. Berlin 2012.

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Nicola Gess für bpb.de

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Weitere Inhalte

Nicola Gess ist Professorin für Neuere deutsche und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Basel und leitet das vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Forschungsprojekt Halbwahrheiten. Wahrheit, Fiktion und Konspiration im 'postfaktischen Zeitalter'. 2021 hat sie im Verlag Matthes & Seitz den Langessay "Halbwahrheiten. Zur Manipulation von Wirklichkeit" publiziert, auf den der Artikel zurückgreift.