Warum #Twittersperrt
Gestern standen im Zusammenhang mit der Umsetzung einer "Richtlinie zur Integrität von Wahlen" des Unternehmens Zensurvorwürfe gegen Twitter auf der Tagesordnung des Bundestagsausschusses "Digitale Agenda". Vor der Sitzung gab es bereits eine Kontroverse um die Frage, ob dieses Thema öffentlich verhandelt werden soll, was die Regierungsfraktionen abgelehnt haben. Stattdessen wird von einem SPD-Mitglied im Ausschuss für Anfang Juni eine öffentliche Anhörung in Aussicht gestellt:
Patrick Beuth resümiert bei Spiegel Online unter anderem die Aussagen der anwesenden Twitter-Vertreterin zur Frage, ob die aktuellen Sperrungen von Nutzer-Konten einen politischen Hintergrund haben könnten: "Morschhäuser zufolge kann Twitter die Gesinnung seiner Nutzer jedoch nicht beurteilen. Allerdings habe das Unternehmen festgestellt, dass es in Deutschland zehnmal so viele Meldungen wegen angeblich irreführender Informationen zu Wahlen gibt wie in den anderen EU-Ländern. Das spricht durchaus für einen gewissen Organisationsgrad der Meldenden."
"Zensurvorfälle bei Twitter" standen am Mittwoch auf der Tagesordnung des Digitalausschusses des Bundestages. Anlass waren die etlichen Account-Sperrungen durch das US-Unternehmen wegen vermeintlicher "Irreführung" in Bezug auf die Europawahl. Die sollte eine Vertreterin des Unternehmens in einer nichtöffentlichen Anhörung erklären. Nach fast anderthalb Stunden waren die Ausschussmitglieder nicht restlos zufrieden, aber um einige bemerkenswerte Erkenntnisse reicher.
Malte Lehming kommentiert im Tagesspiegel kritisch: "Dennoch mutet der eskalierende Verbannungsaktionismus von Facebook und Twitter willkürlich an. Die Kriterien sind ebenso intransparent wie das Verfahren. Nicht Gerichte entscheiden darüber, ob eine Aussage vom Menschenrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist, sondern Algorithmen und Konzernmitarbeiter."
Es dröhnt immer lauter: „Hass und Hetze gehören verboten!" Und: „Wer Wahlen manipuliert oder Verschwörungstheorien verbreitet, muss aus den sozialen Netzwerken verbannt werden!" Das islamfeindliche Massaker von Christchurch, wo vor zwei Monaten ein Rassist die Gläubigen in zwei Moscheen angegriffen und 51 Menschen ermordet hatte, gilt als vorerst letzte Warnung.
Doch was lässt sich gegen die Regeln tun, die Privatunternehmen für die Kommunikation auf ihren Plattformen aufstellen? Der Journalist Dennis Horn vertritt folgenden Vorschlag:
Gerade sehen sich die Plattformen auch in den USA mit Zensurvorwürfen konfrontiert. Dort fühlen sich eher konservative Akteure betroffen. Nun unterhält das Weiße Hause sogar ein Online-Angebot, mit dem Nutzer der Regierung solche Fälle melden sollen. Dort heißt es: "Yet too many Americans have seen their accounts suspended, banned, or fraudulently reported for unclear 'violations' of user policies. No matter your views, if you suspect political bias caused such an action to be taken against you, share your story with President Trump." Darüber berichtet Makena Kelly bei The Verge:
Over the past few months, Republicans have taken aim at social media networks, citing claims that conservatives have been wrongly censored on these platforms. Some committees, like House Energy and Commerce and Senate Judiciary, have even held hearings on the issue where lawmakers questioned officials from companies like Facebook and Twitter over the alleged bias.
Die Zeit eruiert in einem ausführlichen Hintergrundbericht Aspekte der russischen Internet Research Agency, die für digitale Desinformation bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 verantwortlich gemacht wird und sieht auch Indizien für aktuelle Versuche der Einflussnahme: "Niemand weiß, wie viele solcher Trolle es gibt oder wie viele Menschen im Netz auf sie hereinfallen. Nur dass es sie gibt, lässt sich nicht bestreiten. Und dass auch die Europawahl auf ihrer Agenda steht."
Man könnte diesen Twitter-Nutzer für einen vielseitig interessierten EU-Bürger halten. Er meldet sich bis zu 60 Mal pro Tag, auf Niederländisch, Deutsch, Englisch und Spanisch. Er kommentiert Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ebenso wie die Krimkrise oder die Katalonienfrage.
Über die Kooperation von Facebook mit Faktenprüfern reden im Podcast "Filterbabbel" die Journalistinnen Ann-Kathrin Büüsker und Karolin Schwarz, die auch einen Beitrag für das Dossier "Digitale Desinformation" verfasst hat:
Und welche Säue werden diese Woche durch das digitale Dorf getrieben? Ann-Kathrin Büüsker und Karolin Schwarz diskutieren über aktuelle Themen aus der digitalen Öffentlichkeit. Im Mittelpunkt stehen technologische Entwicklungen und gesellschaftliche Diskussionen im digitalen Raum - und wie sich beides bedingt.
Die ARD-Sendung panorama berichtet heute über die "Herausforderung Medienkompetenz: Wir haben 34 Schülern zwischen 14 und 20 Jahren aus zwei Gesamtschulen in Hamburg und Schleswig-Holstein verschiedene Aufgaben vorgelegt. Die Beispiele sind aus dem Alltag gegriffen."
Stand: 16.05.19 06:00 Uhr von Christian Deker & Carolin Fromm Das Bild eines mutierten Gänseblümchens, gepostet auf der Fotoplattform "Imgur" im Internet. Überschrift: "Fukushima Nuclear Flowers". Was denken Menschen, wenn sie dieses Bild sehen? "Man sieht die Folgeschäden von dem Unfall, der in Fukushima passiert ist", sagt Lukas Bahr, 18 Jahre alt*.
Hilfreich bei der Bewertung von Inhalten aus dem Internet können die Video-Tutorials der Initiative klickwinkel sein, die relevante Aspekte erklären. Hier die Übersicht für Lernende, aber es gibt dort auch Anleitungen für Lehrende:
Wir zeigen Dir wie Algorithmen funktionieren und Du Fake News spielend enttarnen kannst. Weite Deinen digitalen Blick mit unseren Tutorials.