Warnung ohne Beleg?
Die EU-Justizkommissarin Vera Jourová meldet sich mit einer eher allgemeinen Warnung zum Versuch manipulativer Einflussnahme zu Wort: "Organisierte Desinformationskampagnen aus dem Ausland zielten darauf ab, existierende Polarisierungen in der Gesellschaft aufzugreifen und zu verstärken, so die Kommissarin. 'Das macht es schwer, sie zu erkennen. Wir erleben ein digitales Wettrüsten. Europa muss sich darauf einstellen.'"
EU-Justizkommissarin Jourová ist besorgt über eine mögliche Einmischung Russlands in die Europawahl. Die tschechische Politikerin fürchtet gezielte Desinformationskampagnen aus dem Ausland. Knapp zwei Wochen vor der Europawahl hat EU-Justizkommissarin Vera Jourová vor Wahlmanipulation insbesondere durch Russland gewarnt. "Wir dürfen nicht zulassen, dass auch nur in einem Mitgliedstaat die Wahlergebnisse durch Manipulation verfälscht werden.
Betreffende Erkenntnisse werden in einem Bericht der New York Times kolportiert, den Spiegel Online so zusammenfasst: "Ermittlungsbehörden der Europäischen Union hätten Hunderte von Facebook- und Twitter-Accounts gefunden, die Falschinformationen zur Europäischen Union, zu Migration und zur Nato verbreiteten. Ebenso gebe es reichlich Material mit Fakenews, die über WhatsApp weitergereicht würden. So werde etwa zu dem Brand in Notre-Dame behauptet, es handle sich um einen islamistischen Terroranschlag. Vielfach kämen die Falschmeldungen direkt von russischen Staatsmedien."
Spätestens seit der Brexit-Abstimmung und der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten steht der Verdacht im Raum, Russland versuche die Wahlkämpfe in anderen Ländern zu manipulieren. Nach Recherchen der " New York Times" gibt es nun auch zwei Wochen vor der EU-Wahl starke Hinweise auf eine versuchte Einflussnahme seitens des Kreml.
Bezugnehmend auf die Berichterstattung der New York Times hält der ehemalige Chief Security Officer von Facebook, Alex Stamos, die Vorgehensweise für kontraproduktiv, den vermuteten Ursprung von Desinformationskampagnen ohne eine transparent nachvollziehbare Beweisführung zu benennen.
Eine erste Einordnung der zu Deutschland präsentierten Erkenntnisse liefert die Journalistin und Autorin im Dossier "Digitale Desinformation", Karolin Schwarz in einem Thread:
Hier noch ein Hintergrund-Beitrag zur Arbeit von Karolin Schwarz mit hilfreichen Hinweisen für die praktische Auseinandersetzung mit digitaler Desinformation:
Der Skandal um Ex-Spiegel-Reporter Claas Relotius machte erneut deutlich, wie wichtig gründliche Faktenchecks. Karolin Schwarz ist freie Journalistin und Faktencheckerin - beispielsweise für den Faktenfinder der ARD - und Gründerin von Hoaxmap, ein Portal, auf dem Falschmeldungen u.a. über Geflüchtete zusammengetragen werden. Mit MEEDIA spracht sie über die Praxis des Factchecking im Journalismus und gibt nützliche Tool-Tipps.
Eher zurückhaltend ist die Einschätzung ebenso in einem Podcast des MDR, der sich mit dem Thema "Europawahl – Wie viel Einfluss haben soziale Netzwerke in Sachsen Anhalt?" beschäftigt. Einer der Macher schreibt unter der Zwischenüberschrift "Was hat uns überrascht" dazu: "Dass unsere Experten keinen Alarm schlagen oder sich unendliche Sorgen machen, dass durch Desinformation von Parteien oder ausländischen Trollen die Europawahl beeinflusst und die Europäische Union beschädigt werden soll. Zwar gebe es Beispiele wie die Wahl des US-Präsidenten oder die Brexit-Abstimmung, aber vor allem sei es gut, über die Möglichkeiten der Beeinflussung aufzuklären, sagen sie."
Zur optimalen Darstellung unserer Webseite benötigen Sie Javascript. Bitte aktivieren sie dies in Ihrem Browser. 400 Millionen Menschen können Ende Mai das Europaparlament wählen. 41 Parteien stehen in Deutschland auf den Stimmzetteln. Von Schicksalswahl ist die Rede. Dabei schwingt immer die Sorge mit, dass die Wahl mithilfe der sozialen Netzwerke beeinflusst werden könnte - mit Desinformationskampagnen.
In Italien wurden derweil problematische Facebook-Seiten von der Plattform gelöscht, berichtet das österreichische Netz-Magazin futurezone: "Das Sozialnetzwerk von Mark Zuckerberg hat 23 italienische Facebook-Seiten mit politischen Inhalten und 2,46 Millionen Followers geschlossen. Dabei handelt es sich um Seiten, die die italienischen Regierungsparteien Lega und Fünf Sterne unterstützten, wie italienische Medien am Montag berichteten. Auf den geschlossenen Seiten waren zuletzt wiederholt falsche Informationen über Impfungen und rassistische oder antisemitische Slogans erschienen, berichtete Facebook."
Die Seiten haben Postings mit gefälschten Promi-Zitaten sowie rassistischen und antisemitischen Slogans veröffentlicht.
Ausgehend von den europäischen Verhältnissen wirft John Harris im Guardian einen Blick nach Indien, wo auch gewählt wird, sowie zum dortigen Premierminister und seiner Partei: "But this is as nothing compared with what is afoot in the world’s largest democracy, and a story centred on WhatsApp, the platform Mark Zuckerberg’s company acquired in 2014 for $22bn, whose messages are end-to-end encrypted and thus beyond the reach of would-be moderators. WhatsApp is thought to have more than 300 million Indian users, and though it is central to political campaigning on all sides, it is Modi and his supporters who have made the most of it."
Encrypted messaging polarises voters and prevents public scrutiny, says Guardian columnist John Harris
Eine erste Untersuchung zu "News and Information over Facebook and WhatsApp during the Indian Election Campaign" liefert ein Forschungprojekt des Oxford Internet Institute: "Comparing the platforms, we find that (3) misinformation on WhatsApp primarily takes the form of visual content, while misinformation on Facebook involves links to sensational, extremist, and conspiratorial news sites and visual content. On a positive note, (4) we observed very limited amounts of hate speech, gore or pornography in either platform samples. Yet in comparison with other recent international elections, (5) the proportion of polarizing political news and information in circulation over social media in India is worse than all of the other country case studies we have analysed, except the US Presidential election in 2016."
Social media platforms have become an important source of political news and information for voters in India's national election.
Am 15. Mai steht ein Bericht der Bundesregierung zum Thema "Zensurvorfälle bei Twitter" auf der Tagesordnung des Bundestagsausschusses "Digitale Agenda". Von Sperrungen betroffene werden aufgerufen, dazu Angaben zu machen und einschlägige Fragen für Twitter zu formulieren. Hier einige Vorschläge des Social-Media-Experten Luca Hammer: