Die Ausstellung "Das Gegenteil von gut – Antisemitismus in der deutschen Linken" der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main war ein Besuchererfolg und ist mittlerweile zur Wanderausstellung geworden. Referent Tom Uhlig von der Bildungsstätte erläuterte – bevor er auf die Inhalte der Ausstellung einging – zunächst mehrere Punkte zum Thema linker Extremismus. Zunächst lehnte er das Hufeisenmodell der Extremismustheorie kategorisch ab. Die Hotline eines Aussteigerprogramms für Linksextremisten habe ganze 20 Anrufe in drei Jahren erhalten. Für Uhlig kein Wunder, denn aus dem Linkextremismus auszusteigen sei einfach – man gehe einfach nicht mehr zu Treffen. Die Extremismustheorie hält er, betont er schließlich, für nicht geeignet für die Bildungsarbeit. Dann wandte er sich dem Projekt zu linkem Antisemitismus zu. Als Schlüsselmoment eines beginnenden linken Antisemitismus benannte Uhlig das Jahr 1968, in dem die Stimmung gegenüber Israel erstmals gekippt sei. Seitdem sei vor allem das Bild anschlussfähig, dass ein kleiner Kreis von Menschen für die gesamten Probleme des Kapitalismus verantwortlich sei. Uhlig zeigte daraufhin das Bild einer Kraken-Skulptur, die von Teilnehmenden der G20-Protesten in Hamburg durch die Straßen getragen wurde. Die Krake war zur Zeit des Nationalsozialismus eine gängige Verkörperung des sogenannten Weltjudentums, die sich in zahlreichen antisemitischen Publikationen bis heute wiederfindet.
Den Aufruf zum Israel-Boykott durch die Bewegung BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) sah Uhlig hingegen widersprüchlich. Der Konflikt werde in Israel anders gesehen als hier und es gebe auch Antizionismus bei Juden – einen pauschalen Antisemitismus wollte Uhlig der Bewegung jedenfalls nicht unterstellen. Generell vertrat Uhlig den Standpunkt, dass mit einer Debatte über den Antisemitismus der Linken eigentlich einem Diskurs das Wort geredet werde, den niemand innerhalb der Linken führen wolle. Denn wie komme ich in eine pädagogische Beziehung, wenn ich jemanden als antisemitisch bezeichne? Dieser Dialektik wolle unter anderem die besagte Ausstellung entgegenwirken.
In der Diskussion wurde erneut die Extremismustheorie problematisiert: Antisemitismus sei – soeine Teilnehmende – doch eher eine gesamtgesellschaftliche Ideologie, die weitab von der Extremismustheorie zu sehen sei. Gleichzeitig werde der Begriff Antisemitismus inflationär verwendet, sodass er zunehmend verwische. In Bezug auf die BDS-Bewegung herrschte Einigkeit darüber, dass der Boykott wirtschaftlich mehr oder weniger bedeutungslos sei, viel relevanter und bedenklicher sei hingegen die Absage von Konzerten, Kulturevents, Schulaustauschen und Begegnungsprojekten infolge der BDS-Debatte.