Zu Beginn des Panels sammelte Ulrike Geisler vom Institut für Beratung, Begleitung und Bildung e. V. in Leipzig mit den Teilnehmenden diverse Begriffe zu der Frage: Was ist Links? Dabei ergab sich, dass Linkssein keine geschlossene Ideologie darstellt, sondern eine sehr heterogene Struktur aufweist und von gewissen Kernüberzeugungen ausgeht: Eigenverantwortlichkeit für Politik, Recht auf Selbstbestimmung, Hierarchieskepsis, Repressionscharakter des Staates und der Wirtschaftsordnung.
Linke Strukturen seien vor allem in lokal verwurzelten Kleingruppen organisiert, in Zirkeln von Gleichgesinnten mit Fokussierung auf ein einendes Thema. Besonders auf die ostdeutschen Strukturen ging Geisler hier ein: die DDR sei ein antifaschistischer Staat mit nationalsozialistischen Subkulturen gewesen. Der Staat ignorierte nach der Wende lange diese Problematik und viele Jugendlichen nahmen daher ein antifaschistisches Selbstverständnis an, mit dem selbst erteilten Auftrag, Faschisten aktiv zu bekämpfen. So sei die Selbstorganisation von antifaschistischen Gruppierungen entstanden, die ein militantes Selbstverständnis prägten, das bis heute präsent ist. Im Folgenden erläuterte Geisler, wie das Leipziger Institut B3 e.V. in diesem Bereich Präventionsarbeit leistet. Im aktuellen Projekt "Urbane Gewalt" in Leipzig sei das Ziel, mit Anwohnern Projekte zu entwickeln, Bürgerdialoge und Netzwerke aufbauen sowie Handlungsanleitung für Kommunen und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aufzubauen. Dabei erweise sich der Kontakt zur linken Zielgruppe als eher schwierig, da sie dem Staat und den Kooperationspartnern grundsätzlich misstrauten.
In der Diskussion wurde vor allem angesprochen, dass das Thema gute und schlechte Gewalt im Panel nicht thematisiert worden sei. Geisler antwortete darauf, dass die Ansichten dazu zu vielfältig seien und man keine direkte Aussage darüber treffen könne. Als Schlüsselerlebnis für die politische Gewaltkultur der Stadt Leipzig nannte Geisler die Ereignisse von 1989/90, als rechtsextreme Skinheads in einem Stadtteil gezielt Linke angegriffen hätten und diese das Gefühl gehabt hätten, auf sich alleine gestellt zu sein – die Polizei, so das Narrativ, habe nichts getan. Daraus seien dann Selbstorganisationen entstanden mit der Erzählung: 'Uns half keiner, so haben wir also den Stadtteil von den Nazis befreit'. Dieses Verständnis habe sich bis auf den heutigen Tag gehalten und sei prägend für diverse Gruppierungen.