Die Politisch motivierte Kriminalstatistik (kurz PMK) erfasst bundesweit Straftaten von politischem Hintergrund. Was sagt sie über linke Militanz aus? Diese Frage erörterte zunächst Matthias Mletzko, der sich seit ihrer Entstehung Anfang der 1990er Jahre mit ihr befasst. Erklärtes Ziel sei es, eine verlässliche Datenbasis zu schaffen. Obwohl Gewalt hier recht eng definiert sei, beschrieb Mletzko den Arbeitsbegriff von politischer Motivation als sehr weit gefasst: Vieles könne unter die sogenannte "Kriminaltaktische Anfrage in Fällen Politisch Motivierter Kriminalität" fallen. Auffällig sei, dass es dominant mehr linke als rechte Straftaten in der PMK gebe, Tötungsdelikte jedoch eklatant häufiger rechts zu beobachten seien. Im Großen und Ganzen sei zudem von einer Untererfassung von Straftaten auszugehen, auch da die Polizei hier nicht besonders gut geschult sei und Beamte oft unsicher seien, ob eine Straftat der PMK zuzurechnen sein könnte. Die Ausbildung sei hier Ländersache und daher gebe es große Unterschiede. Abschließend bemerkte Mletzko, dass bei gegenseitiger Konfrontationsmilitanz deutlich mehr linke Straftaten zu verzeichnen seien, genuine linke Militanz aber sehr dynamisch und stets an Großereignisse gebunden sei.
Prof. Marschel Schöne von der Sächsischen Hochschule der Polizei schloss daran an und ordnete die Chancen und Grenzen der PMK kritisch ein. Für ihn sei das Sprechen von links und rechts ein rein sprachliches Konstrukt, denn nur wer in der Mitte sei, könne von Extremismus sprechen und repräsentiere somit auch immer eine staatliche Willkür gegenüber vermeintlichen Rändern der Gesellschaft. Schöne befasst sich in seiner täglichen Arbeit damit, wie man Polizisten für die PMK sensibilisieren kann. Wie kann man ein Gefahrenradar vermitteln, ohne Social Profiling zu betreiben? Mletzko wies hier auf die fehlende Diensttauglichkeit der PMK hin und gab zu Bedenken, dass es die PMK in dieser Form nur in Deutschland gebe. Schöne stimmte ihm zu: Viele Polizisten würden die PMK gar nicht kennen, obwohl sie mit ihrer Ermittlungsarbeit ja die Fallzahlen generierten. Viel zu wenig Fortbildung werde angeboten, in der Polizei-Ausbildung komme es auf Checklisten und Handlungsanweisungen an, tiefere kriminologische Zusammenhänge würden als verwirrend und der Extremismusbegriff als viel zu komplex angesehen.
Auch Handlungsanweisungen aus der PMK abzuleiten, etwa für die politische Bildung, sei schwierig, wie beide Referenten betonten. Es müssten schon die Statistiken aller Institutionen zusammengefasst werden, sonst habe jeder sein eigenes Stückchen Wahrheit. Mletzko kritisierte, dass definitorische Neuerungen nicht in der PMK umgesetzt würden, sie bleibe daher nur eine Annäherung an die Wirklichkeit. Schöne machte sich zum Abschluss für mehr interprofessionelle Zusammenarbeit stark. Gerichte interessierten sich oft nicht für die Arbeit der Polizei und andersherum. Hier müsse nachgebessert werden, ebenso beim Extremismusbegriff, der in der theoretischen Diskussion nur in Deutschland existiere. Militanz sei in anderen Ländern einfach nur Militanz und werde nicht unbedingt politisch interpretiert.