Unter sequenzieller Traumatisierung wird eine Abfolge von traumatisierenden, traumaverschärfenden und retraumatisierenden Ereignissen und Erfahrungen verstanden. Der Begriff geht auf Hans Keilson (1909–2011) zurück. Keilson hat am Schicksal jüdischer Waisenkinder im Zweiten Weltkrieg in den Niederlanden herausgefunden, dass die Traumatisierung meist in drei Sequenzen erfolgt. In der 1. Sequenz wurden die Kinder von ihren Eltern getrennt. In der 2. Sequenz erlebten sie meist mehrfache massive Gewalterfahrungen und lebensbedrohliche Verfolgung. Die 3. Sequenz umfasst die Reintegration in die Nachkriegsgesellschaft sowie die Bewusstwerdung und Verarbeitung der erlittenen Verluste und Erfahrungen.
Keilson kam zu dem Schluss, dass die Erfahrungen der Nachkriegszeit (3. Sequenz) für die Kinder und Jugendlichen bedeutsamer für eine gelungene Verarbeitung der traumatischen Erfahrungen waren als die Schwere der zuvor erlebten Traumatisierungen. Im Fall einer nicht erfolgten oder gescheiterten Verarbeitung drohen Retraumatisierung und Chronifizierung von psychischen und physischen Traumafolgereaktionen.