Als Identitätspolitik bezeichnet man das Bemühen machtvoller Gruppen (z.B. Staaten, ethnische und religiöse Gemeinschaften), ihre Vorstellungen für die Gestaltung der gesellschaftlichen und staatlichen Verhältnisse als allgemeingültig durchzusetzen, um die einzelnen Mitglieder in die vorgegebene Herrschaftslogik einzubinden. Da die in der sozialen Interaktion eingeschliffene Systemlogik allein keine Identität zu stiften vermag, wird diese von den herrschenden Eliten unter Rückgriff auf in der Gesellschaft wirkmächtige Symbole, Mythen und Rituale bewusst erzeugt. Ziel ist ein auf breiter Basis gegründeter identitätspolitischer Konsens.
Der Erfolg dieser Versuche bemisst sich daran, ob und inwieweit es gelingt, dass die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft bzw. Gemeinschaft die vorgegebenen Weltbilder, Werte und Normen als alternativlos und normal verinnerlichen. Die Festlegung auf für die Gruppe vermeintlich wesentliche und letztlich existenzielle Gemeinsamkeiten impliziert zugleich die Ausgrenzung von Trägern anderer Weltbilder, Werte und Handlungsweisen und die Abgrenzung von anderen Gruppen.