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Arabischer Raum: Einfluss und Rolle des Islamismus und dschihadistischen Terrorismus | Kriege und Konflikte | bpb.de

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Arabischer Raum: Einfluss und Rolle des Islamismus und dschihadistischen Terrorismus

Julius Dihstelhoff und Alexander Lohse

/ 12 Minuten zu lesen

Im arabischen Raum hat der Einfluss islamistischer politischer Strömungen und Parteien im Zuge des "Arabischen Frühlings" zugenommen. Dies wird besonders an dem Aufschwung der Muslimbruderschaft und ihr nahestehender Organisationen sichtbar. Die etablierten politischen Eliten reagieren darauf mit ganz unterschiedlichen Strategien.

11. Februar 2014, Sanaa, Jemen: Bei einer Feier tausender Anhänger und Mitglieder der Islah-Vereinigung und anderer Gruppen zeigt eine Frau das islamistische "R4BIA"-Zeichen. (© picture-alliance, AA)

Alle islamistischen Bewegungen und Organisationsformen entstanden in erster Linie als Abwehrreaktion gegen die autoritären, post-kolonialen Eliten der arabischen Staaten, die zumeist nationalistisch und säkular geprägt waren und sind. Bei aller Unterschiedlichkeit der nationalen Kontexte stammt ihre Stärke in erster Linie aus den zahlreichen Missständen, die mit den periodischen Krisen der verschiedenen post-kolonialen Entwicklungsmodelle einhergingen. Hierzu zählen damals wie heute hohe Arbeitslosigkeit, fehlende Partizipationsmöglichkeiten und staatliche Korruption. Die Wahlerfolge islamistischer Parteien im Zuge des "Arabischen Frühlings" resultierten nicht zuletzt aus ihrer Stellung als politisches Gegengewicht zu den etablierten autoritären Regimen.

Das Spektrum dieser Akteure reicht von dschihadistischen Gruppen, die religiös legitimierte Gewalt (Dschihad) als Mittel des Protestes und der Veränderung befürworten, bis hin zu moderaten und reformerischen politischen Strömungen und Parteien, die eine Verbindung zwischen islamischen Referenzen und liberalen politischen Ordnungsvorstellungen befürworten. Es gibt dschihadistische Gruppen, deren Aktivitäten sich in erster Linie gegen die nationale Regierung und politische Ordnung richten (z.B. die ägyptische al-Gama‘a al-Islamiya), sowie transnationale Netzwerke, die sich der Bekämpfung der westlichen politischen, militärischen und kulturellen Hegemonie verschrieben haben (z.B. al-Qaida und IS).

Auch das nicht-dschihadistische islamistische Spektrum weist eine Vielfalt verschiedener Strömungen auf. Dazu gehören neben den Salafisten, die sich streng an religiösen Quellentexten und am Vorbild der Altvorderen (Salaf) orientieren, die verschiedenen Organisationsformen der Muslimbruderschaft und die sogenannten Wasatiyya-Parteien. Die Muslimbruderschaft hat als älteste islamistische Bewegung in vielen Ländern der arabischen Welt politische Parteien gegründet. Die Wasatiyya-Parteien (dt.: Mittelweg) verstehen sich als Parteien der konservativen, liberalen Mitte und haben ihren ideologischen Ursprung ebenfalls in der Muslimbruderschaft. Hierzu gehören unter anderem die marokkanische Parti de la Justice et du Développement (PJD) und die tunesische Ennahda.

Historisch gesehen existierten im arabischen Raum zum einen sozialistisch geprägte Republiken (z.B. Ägypten), die im Umgang mit Islamisten ein übergeordnetes Ziel verfolgten: die Schwächung der islamistischen Herausforderer mit dem Ziel des Machterhalts der herrschenden Eliten. Daneben gab es verschiedene Staaten, die selbst eine islamistische Staatsdoktrin verfolgten (z.B. Saudi-Arabien, Iran seit 1979). Diese Staaten unterstützten ausgewählte islamistische (oft salafistische) Gruppierungen in der Region und darüber hinaus. Der Umgang mit der Muslimbruderschaft war dabei ambivalent. Einerseits nahm Saudi-Arabien zahlreiche ägyptische Muslimbrüder als Lehrer in den Staatsdienst auf, versuchte jedoch zugleich ihren Einfluss auf die Politik zu begrenzen.

In Folge des "Arabischen Frühlings" änderte sich – je nach nationalem Kontext – das Verhältnis zwischen den Regimen und den nicht-dschihadistischen islamistischen Bewegungen. Während sich beispielsweise in Tunesien die islamistische Ennahda im neuen politischen System verankern konnte, endete die politische Integration der ägyptischen Muslimbruderschaft 2013 jäh mit dem Sturz des gewählten Präsidenten Mohammed Mursi durch das ägyptische Militär. Seither sind die Muslimbrüder einer anhaltenden Repressionswelle durch das Regime ausgesetzt, die extreme Ausmaße annimmt und jegliche Form politischer Partizipation oder gesellschaftlicher Aktivität unmöglich macht.

Konkurrierende Außenpolitiken der Regionalmächte: für oder gegen die Muslimbrüder

Der politische Aufschwung Muslimbruder-naher Parteien seit 2010 führte im arabischen Raum zu zwei diametral unterschiedlichen Reaktionen und Strategien. Es formierten sich zwei regionale Gravitationszentren: Auf der einen Seite entstand ein Bündnis aus erbitterten Gegnern, die infolge des Aufstiegs der Muslimbrüder eine langfristige und strukturelle Gefährdung ihrer Machtposition befürchten. Hierzu gehören federführend Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), einige arabisch-nationalistische Gruppierungen, wie die tunesische Regierungspartei Nidaa Tunes, sowie die Netzwerke einflussreicher militärischer und politischer Führungspersonen, wie z.B. General Haftar in Libyen und das frühere Fatah-Mitglied und Chef des palästinensischen Geheimdienstes unter Jassir Arafat, Mohammed Dahlan, der mittlerweile zu den wichtigsten Sicherheitsberatern von Mohammed bin Zayed, dem Kronprinzen der VAE gehört.

Auf der anderen Seite formierte sich ein loses überregionales Netzwerk aus Muslimbruderschaftsorganisationen, das insbesondere von Katar und der Türkei unterstützt wurde. Für beide Länder schien sich mit dem "Arabischen Frühling" die einmalige Gelegenheit zu bieten, über ihre guten Kontakte zu Muslimbruder-Organisationen ihren regionalen Einfluss zu erweitern und den arabischen Raum gemäß ihren Interessen umzugestalten. Insbesondere die türkische Führung sah in der ideologischen Nähe der Regierungspartei AKP zur Muslimbruderschaft dafür eine gute Voraussetzung. Auf Seiten von Katar ist der Politische Islam seit jeher ein integraler Bestandteil der außenpolitischen Strategie. Zudem setzten beide Hauptstädte darauf, die wirtschaftliche Kooperation mit anderen Ländern, z.B. Ägypten und Tunesien, auszubauen, wo sich die Muslimbrüder als einflussreiche politische Parteien etablieren konnten.

In Saudi-Arabien und der VAE wird der politische Aktivismus der Muslimbrüder hingegen als Bedrohung für die innere Sicherheit wahrgenommen. Die herrschenden Eliten befürchten, dass die Vorstellungen der Muslimbrüder von Religion, Politik und Nation in Verbindung mit demokratischen Elementen in der Gesellschaft auf offene Ohren stoßen. Für die religiös legitimierte Herrschaft des saudischen Königshauses, das sich als sunnitische Führungsmacht in der Region und der Welt sieht, kommt noch hinzu, dass der auf Reform und demokratischen Prinzipien beruhende Politikansatz der Muslimbrüder ebenfalls religiös begründet wird.

Ein zusätzlicher Faktor für die Ablehnung der Muslimbruderschaft, insbesondere in Ägypten, war auch die Verbesserung der Beziehungen zwischen Ägypten und Iran unter Mohammed Mursi. Bereits unmittelbar nach den Wahlerfolgen der ägyptischen Freiheits- und Gerechtigkeitspartei (FJP) bemühte sich das iranische Regime um eine Annäherung auf Grundlage einer vermeintlich gemeinsamen ideologisch-religiösen Basis. Teheran versuchte, den "Arabischen Frühling" und die Wahlerfolge der Islamisten als Fortsetzung der Islamischen Revolution darzustellen, mit der die aktuellen politischen und religiösen Eliten des Landes 1979 an die Macht gekommen waren. Auch wenn die ägyptische Muslimbruderschaft die iranischen Avancen zurückwies, befürchteten Saudi-Arabien und die VAE, dass eine ägyptische-iranische Wiederannäherung den Erzfeind am Golf außenpolitisch stärken könnte.

Die saudisch-iranische Rivalität rückt in den Vordergrund

Seit 2013 ist eine Verschiebung der regionalen Machtkonstellation zu beobachten, die insbesondere auf drei grundlegende Veränderungen zurückzuführen ist: Erstens wurden die Strukturen der Muslimbruderschaft durch den Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi und ihre anschließende Unterdrückung und Zerschlagung in Ägypten stark geschwächt. Zweitens breitete sich der IS im Irak und in Syrien, aber auch in Ägypten (nördlicher Sinai) und Libyen immer stärker aus. Im Juni 2014 rief der Anführer des IS, Abu Bakr al-Baghdadi, in Mossul das Kalifat aus. Die zweitgrößte Stadt des Irak war kurz zuvor vom IS überrannt worden, und die Staaten der Region sahen sich zunehmend von der Terrororganisation bedroht. Das dritte Ereignis war der Vormarsch der Houthis im Jemen. Bereits zwischen 2004 und 2010 hatten die Houthis und die jemenitische Regierung unter Präsident Ali Abdullah Saleh mehrere Kriege gegeneinander geführt. Im Zuge der Umwälzungsprozesse seit 2010, die auch im Jemen zum Sturz des Langzeit-Herrschers führten, konnten die Houthis 2011 im Norden ihre Kontrolle auf die Provinzen Saada und Al-Jawf ausdehnen. Im September 2014 kontrollierten die Houthis schließlich auch weite Teile der Hauptstadt Sanaa. Dies versetzte sie in die Lage, Anfang 2015 das bisherige Parlament aufzulösen und einen Revolutionsrat einzurichten, der als neues Legislativorgan fungieren sollte.

Der iranische Parlamentsabgeordnete Ali Reza Zakani behauptete daraufhin, dass sich nunmehr vier arabische Hauptstädte in den Händen Irans befänden: Damaskus, Bagdad, Beirut und nun auch Sanaa. Der so beschriebene iranische Einfluss durch lokale Verbündete – Hisbollah im Libanon und in Syrien, das syrische Assad-Regime, schiitische Milizen im Irak und die Houthis im Jemen – nährte in Saudi-Arabien die Angst vor einer Umzingelung durch den schiitischen Erzfeind. Dies muss allerdings in Anbetracht der primärnationalen Hintergründe des Dauerkonflikts zwischen Houthis und jemenitischer Zentralregierung relativiert werden. Erst durch den von Saudi-Arabien geführten Krieg im Jemen wandten sich die Houthis in der Hoffnung auf Unterstützung immer stärker dem Iran zu. Erst jetzt erhielt der Konflikt eine explizit regionale Dimension. Zuvor hatte es zwischen den Houthis und Iran nur eine lose Form der Kooperation gegeben, die bis heute weit vom Status und der Intensität des Bündnisses mit der libanesischen Hisbollah entfernt ist.

Vor dem Hintergrund dieser drei Entwicklungen wurde das zentrale Feindbild "Muslimbruderschaft" in der Außenpolitik Saudi-Arabiens und der VAE durch andere Bedrohungen, vor allem durch den IS und Iran, abgelöst. Dieser Prozess wurde maßgeblich durch den Tod des saudischen Königs Abdallah im Januar 2015 und die anschließende Machtübernahme seines Halbbruders Salman verstärkt. König Salman modifizierte einerseits die Gewichtung der außenpolitischen Zielsetzungen sowie die Strategien, um diese zu erreichen. Hierzu zählt neben einer graduellen Wiederannäherung an die Muslimbruderschaft auch die Bekämpfung der iranischen Bedrohung.

In der Folge wurde auch das enge Bündnis zwischen den beiden Golfstaaten belastet, die nunmehr in einigen regionalen Konflikten unterschiedliche Interessen und Ziele verfolgten. Saudi-Arabien will vor allem im Jemen die Houthis zurückdrängen und mit Abdrabbu Mansour Hadi einen pro-saudischen Präsidenten zurück an die Macht bringen. Dafür ist Riad sogar bereit, die den Muslimbrüdern nahestehende Islah-Vereinigung zu unterstützen. Dagegen wollen die VAE vor allem verhindern, dass die Islah-Vereinigung den Kampf gegen die Houthis zum eigenen Vorteil nutzen kann. Die Saudis ordnen inzwischen alle politischen Entscheidungen und Schritte dem zentralen strategischen Ziel unter, den iranischen Einflussgewinn im arabischen Raum zurückzudrängen, und können unter dieser Prämisse nicht auf die Kooperation mit einzelnen Muslimbruderorganisationen verzichten. Hierdurch wird die enge Zusammenarbeit mit den VAE und Ägypten immer wieder auf die Probe gestellt, die weiterhin die Bekämpfung der Muslimbruderschaft als zentrales Ziel ihrer Außenpolitik ansehen.

So suchte Kairo den Schulterschluss mit dem libyschen General Khalifa Haftar, als dieser sich daran machte, mit der Operation "Karama" (Mai/Juni 2014) die libysche Muslimbruderschaft auszuschalten. Im Rahmen dieser Operation versuchte Haftar, die international anerkannte libysche Regierung zu stürzen und das von der Muslimbruderschaft gestützte Parlament in Tripolis aufzulösen. Dabei wurden immer wieder die Strukturen der Anti-Muslimbruder-Allianz deutlich. So wurden Haftars Truppen durch Bombardements der ägyptischen und emiratischen Luftwaffe unterstützt. General Haftar forderte seinerseits alle Türken und Kataris auf, die Stadt Benghazi zu verlassen, in der sich das Hauptquartier seiner Streitkräfte befindet.

Katar und die Türkei waren hingegen nicht bereit, die Unterstützung der Muslimbruderschaft aufzugeben und sich dem von Saudi-Arabien und der VAE geführten Bündnis gegen Iran anzuschließen. Beide Länder haben beispielsweise verfolgte Muslimbrüder aus Ägypten, Saudi-Arabien oder den VAE aufgenommen. Insbesondere Katar geriet hierdurch zunehmend in politische und wirtschaftliche Bedrängnis. Den bisherigen Höhepunkt dieser Entwicklung bildete eine diplomatische Krise, die u.a. zur Abberufungen des bahrainischen, emiratischen und saudischen Botschafters im März 2014 führte. Erst im November 2014 konnte nach zahlreichen Treffen des Golfkooperationsrats (GKR) eine Beilegung des Streits durch konkrete Vereinbarungen auf der Basis des ersten und zweiten Vertrages von Riad (2013/14) sowie einer geheimen Zusatzvereinbarung (2014) erzielt werden.

Die Krise eskalierte erneut im Juni 2017. Saudi-Arabien, die VAE und Bahrain – diesmal unter Beteiligung Ägyptens – brachen erneut ihre diplomatischen Kontakte zu Katar ab, verhängten eine vollständige Blockade zu Land, zu Wasser und in der Luft und verwiesen alle katarischen Bürger des Landes. Offiziell führten die Blockade-Staaten als Begründung an, dass Katar Terroristen und den Iran unterstütze. Zu den insgesamt 13 Forderungen gehören u.a. die Einschränkung der Beziehungen zu Iran, die Schließung des türkischen Militärstützpunktes in Doha, die Abschaltung des Nachrichtensenders Al Jazeera, die Ausweisung aller Bürger des Iran und der Türkei aus Katar sowie die direkte Überstellung aller als Terroristen gesuchten Personen des IS, von al-Qaida, Fatah Al-Scham (die ehemalige Al-Nusra-Front), der Muslimbruderschaft sowie Hisbollah.

Die mit Katar verbündete Türkei reagierte umgehend, indem sie über eine Luftbrücke Waren lieferte und ein bereits 2013 geschlossenes Abkommen umsetzte, das die Stationierung türkischer Soldaten auf einer Militärbasis in Doha vorsieht. Auch Teheran erklärte sich solidarisch und sicherte u.a. die Versorgung mit Gemüse und Obst zu. So führt die Politik der Blockade-Staaten dazu, dass es eine zweckrationale Annäherung zwischen Iran und Katar auf der Basis wirtschaftlicher Notwendigkeiten gibt. Für die beiden Unterstützerstaaten, Katar und die Türkei, hat die Muslimbruderschaft im Vergleich zu 2010/11 als Machtfaktor in der Region deutlich verloren. Nichtsdestotrotz hat das Bündnis zwischen beiden Staaten nichts von seiner Relevanz eingebüßt.

Bilanz

Ausgelöst durch die Wahlsiege islamistischer Akteure im Zuge des "Arabischen Frühlings" vollzog sich ein Wandel der Kräfteverhältnissein der arabischen Welt. Sichtbarstes Zeichen war der Aufschwung der Muslimbruderschaft gleich in mehreren Ländern. Auf diese Machtverschiebung und den damit einhergehenden kulturellen Wandel innerhalb der Gesellschaften und politischen Systeme der Region reagierten die etablierten politischen Eliten in ganz unterschiedlicher Weise. Die einen versuchen, die Muslimbrüder als regionale Verbündete zu gewinnen, die anderen als gefährliche Gegner zu neutralisieren. Gemeinsamer Nenner der verschiedenen Strategien war und ist das Ziel, die eigene Macht auf nationaler und regionaler Ebene zu sichern und nach Möglichkeit auszuweiten.

Dabei ist die islamistische Ideologie in ihren unterschiedlichen Spielarten vor allem "Mittel zum Zweck". Sie dient in erster Linie als Instrument für die Mobilisierung der eigenen Bevölkerung und die Rechtfertigung des jeweiligen außen- und sicherheitspolitischen Kurses. Die konfessionell aufgeladenen Konfliktlinien im arabischen Raum sind somit keineswegs die zwangsläufige Folge der umstrittenen Nachfolge des Propheten Mohammed im 7. Jahrhundert, die zur Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten geführt hat. Sie sind vielmehr Ausdruck der Instrumentalisierung der religiösen Überzeugungen und Gefühle breiter Bevölkerungsschichten für außen- und regionalpolitische Zwecke.

Die Konfessionalisierung von Politik im Allgemeinen und von regionalem Hegemoniestreben im Besonderen birgt gleichwohl eine große Eskalationsgefahr, wie die zahlreichen hochgradig eskalierten Konfliktherde in der Region belegen (Libyen, Syrien, Jemen u.a.). Die regionalen Entwicklungen der letzten Jahre zeigen aber auch, dass konfessionelle und ideologische Spaltungen keine primäre Konfliktursache darstellen. Dies wird nicht zuletzt an der vorsichtigen Annäherung einiger sunnitisch dominierter Staaten an Iran deutlich, wie es sich beispielsweise in Bezug auf die Koordination zwischen Iran und der Türkei bei ihren Interventionen in Syrien sowie die verstärkte katarisch-iranische Zusammenarbeit seit der Katarkrise von 2017 abzeichnet. Auf der anderen Seite häufen sich in der jüngeren Vergangenheit inner-sunnitische Konflikte, beispielsweise innerhalb des Golfkooperationsrates. Der Streit dreht sich u.a. um den angemessenen Umgang mit den Muslimbrüdern und dem Iran.

Weitere Inhalte

sind Wissenschaftliche Mitarbeiter und Lehrbeauftragte im Fachgebiet Politik des Nahen und Mittleren Ostens am Centrum für Nah- und Mitteloststudien (CNMS) und am Institut für Politikwissenschaft der Philipps-Universität Marburg. Zwischen 2012 und 2015 haben sie an der Schnittstelle zwischen Politikberatung und Grundlagenforschung in drei aufeinander folgenden Transformations-Partnerschaftsprojekten gearbeitet, die durch Mittel des Auswärtigen Amtes finanziert wurden. Hierbei ging es um die Erforschung der Handlungslogiken ausgewählter Akteure des Islamismus in unterschiedlichen systemischen Übergangsprozessen und ihre Konsequenzen für deutsche Außenpolitik sowie die Analyse des Einflusses des Politischen Islams auf die regionale Neuordnung. Zu ihren gemeinsamen Forschungsschwerpunkten gehören die Rolle des moderaten Islamismus in der MENA-Region und die deutsch-arabischen Beziehungen.