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Südsudan | Kriege und Konflikte | bpb.de

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Südsudan

Tim Glawion

/ 8 Minuten zu lesen

Nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs ist der Südsudan seit Juli 2011 unabhängig, wird aber von Gewalt und politischen Spannungen heimgesucht. Trotz des Friedensabkommens von 2018 bleibt der Frieden fragil.

Südsudans Präsident Salva Kiir (links) bei einem Treffen mit Riek Machar im Oktober 2019. (© picture-alliance/AP)

Aktuelle Konfliktsituation

Der Bürgerkrieg im Sudan hat die humanitäre Notlage im Südsudan massiv verstärkt, da über eine halbe Millionen Menschen vom Norden in den Süden geflohen sind – viele von ihnen Südsudanesen, die ehemals wegen des Krieges den Süden verlassen hatten. Sie treffen im Südsudan auf eine ohnehin schon sehr angespannte Situation. Die wichtigsten Herausforderungen sind eine desolate (Verkehrs-)Infrastruktur, ein sehr niedriges Bildungsniveau, ein fast vollständiges Fehlen staatlicher Institutionen sowie völlig unzureichende staatliche Grundversorgungsleistungen, insbesondere in den Bereichen Wasser, sanitäre Einrichtungen und Gesundheit. Die Hälfte der Bevölkerung ist akut von Hunger bedroht. Die UN-Flüchtlingsagentur UNHCR geht für das Jahr 2024 von über 4 Mio. Vertriebenen aus, darunter 2 Mio. Binnenflüchtlinge. Etwa 2,2 Mio. Südsudaner sind ins Ausland geflohen.

Die internationale Gemeinschaft hat seit 2024 darauf reagiert, indem die UN-Friedensmission mehr Truppen in umkämpften Gebieten des Landes stationierte, um die Bevölkerung wieder direkt vor Ort beschützen zu können, nachdem sie sich jahrelang auf die Verteidigung von Lagern konzentriert hatte, in denen Binnenflüchtlinge Schutz gesucht haben. Weiterhin haben mehrere Staaten sowie die UNO und die EU zusätzliche Sanktionen gegen Verantwortliche für Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen verhängt. Auch die humanitäre Notlage wird mit internationaler Hilfe bekämpft. Schließlich bemühen sich viele regionale und internationale Akteure um Verhandlungen mit dem Ziel, eine Befriedung der Bürgerkriege im Sudan und im Südsudan zu erreichen.

Ein Kernproblem bleibt jedoch die bis auf höchster Ebene von Politik und Wirtschaft grassierende Korruption. Selbst humanitäre Hilfslieferungen werden behindert, wenn sich hierdurch (beispielsweise durch Wegzölle) Vorteile erzielen lassen. Das Haupteinkommen der herrschenden Elite stammt aus der Erdölförderung. Der Südsudan hat jedoch lediglich über eine lange Pipeline durch den Sudan Zugang zum Weltmarkt. Aufgrund des dortigen Bürgerkrieges ist die Pipeline blockiert und der Export zum Erliegen gekommen und somit fehlt der Kitt, der die konkurrierenden Eliten – auf Kosten der Bevölkerung – zusammengehalten hat.

Hierdurch erklären sich auch die mangelnden Fortschritte in den Friedensverhandlungen und der Demokratisierung des Landes. Von dem 2018 zwischen fast allen wichtigen bewaffneten Gruppen und der Regierung geschlossene Friedensabkommen wurde kaum ein Ziel umgesetzt. Die Demobilisierung bewaffneter Gruppen und die Eingliederung ehemaliger Kombattanten in die nationalen Streitkräfte wird beispielsweise durch gegenseitiges Misstrauen und Machtansprüche untergaben. Auch die angekündigten Wahlen wurden wiederholt verschoben und sollen nun Ende 2024 stattfinden (vgl. z.B. Reuß 2024).

Ursachen und Hintergründe

Der Südsudan erreichte im Januar 2011 nach einem Jahrzehnte währenden Konflikt zwischen dem Norden und dem Süden des Sudan und zwei Bürgerkriegen (1955-1972 und 1983-2005) seine Unabhängigkeit. Doch der neugegründete Staat kam nicht zur Ruhe. Nach der Unabhängigkeit brachen die internen Konflikte auf, die der Fokus auf dem Krieg mit dem Norden verdeckt hatte.

Die Ursachen für die Konflikte sind hauptsächlich in der historisch gewachsenen ungerechten, an geographischen und ethnischen Gesichtspunkten ausgerichteten Verteilung von Machtpositionen und Ressourcen im Südsudan zu suchen. In der ethnisch und kulturell hochdifferenzierten südsudanesischen Gesellschaft dominieren bisher die Dinka zulasten der über sechzig anderen ethnischen Gruppen. Manche Analysten sind nichtsdestotrotz der Meinung, dass es in dem Konflikt in erster Linie um die Kontrolle der Ölförderung und der damit verbundenen Einnahmen geht und die ethnischen Differenzen hauptsächlich als Potenzial für die Mobilisierung der eigenen Anhängerschaft genutzt werden (de Waal 2014; Pinaud 2014).

2013 brach der Südsudanesische Bürgerkrieg zum ersten Mal offen aus. Präsident Salva Kiir warf seinem damaligen Vizepräsidenten und Führer der Oppositionspartei SPLM-IO (Sudan People‘s Liberation Movement in Opposition) Riek Machar vor, einen Putsch zu planen. Eine Vereinbarung zwischen beiden Konfliktparteien über die Aufteilung der Macht im Jahr 2015 konnte die Kämpfe nicht beenden. Nach Zusammenstößen in Dschuba im Juli 2016 ging Machar zunächst ins Exil. Der bewaffnete Konflikt breitete sich 2017 von den Bundesstaaten Unity, Jonglei und Upper Nile auf die Bundesstaaten Greater Upper Nile, West-Bahr al Ghazal und Equatoria aus.

Im Laufe des Konfliktes haben beide Seiten massive Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen begangen, darunter Plünderungen, Massenvertreibungen, Angriffe auf Zivilisten und Zerstörung von zivilem Eigentum, willkürliche Verhaftungen, körperliche Züchtigungen und Folter, Verschwindenlassen von Menschen, (Gruppen-)Vergewaltigungen und außergerichtliche Hinrichtungen. Einige dieser Gewalttaten stellen Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. Die Situation bleibt angespannt. Auch 2023 hat die Menschenrechtsabteilung der UN-Friedensmission sowohl der Regierung wie auch bewaffneten nichtstaatlichen Gruppen schwerste Verbrechen vorgeworfen.

Bearbeitungs- und Lösungsansätze

Das mächtigste Werkzeug der internationalen Gemeinschaft ist die knapp 18.000 Personen starke UN-Friedensmission im Land. Bereits seit 2005 wurde sie für die Überwachung des Endes des Bürgerkriegs stationiert, damals noch als Mission im südlichen Teil des Gesamtsudans. Als der Südsudan 2011 unabhängig wurde, blieb die Friedensmission vor Ort. Als 2013 der Bürgerkrieg ausbrauch, flohen hunderttausende Zivilisten auf oder in die Nähe von UN-Basen. Um diese zu schützen, musste die Mission ihre Truppen von anderen Aufgaben, wie regulären Patrouillen zum Schutz der Bevölkerung in der Fläche, abziehen. Erst seit die Ad-hoc-Flüchtlingscamps sich leerten, übernahm die Mission wieder andere Aufgaben. Doch ihr Einfluss ist äußerst begrenzt: ihr Rückzug auf begrenzte Flüchtlingslager zum Höhepunkt der Kämpfe kostete sie Vertrauen in der Bevölkerung. Außerdem gängelt die Regierung die Mission mit Regulierungen und nutzt sie als Sündenbock für die Ablenkung von eigenen Fehlern.

Internationalem Druck und der Intergovernmental Authority on Development (IGAD), einer regionalen Organisation von Staaten Nordostafrikas mit Sitz in Dschibuti, ist es zu verdanken, dass sich die Konfliktparteien 2016 auf einen Friedensvertrag einigten. Am 29. April 2016 trat zum ersten Mal eine „Übergangsregierung der nationalen Einheit“ in der Hauptstadt Dschuba zusammen. Machar wurde wieder als Erster Vizepräsident vereidigt. Seine Kämpfer sollten in die nationale Armee integriert werden und die Regierung sollte für eine neue Verfassung, nationale Wahlen, eine Reform der Verwaltung, humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau sorgen.

Doch es gelang nicht, die Gewalt zu beenden. Neuer trauriger Höhepunkt war die Dschuba-Krise im Juli 2016. Es heißt, die Krise sei ausgebrochen, als ein Offizier von Machar am 3. Juli 2016 durch Sicherheitskräfte der Regierung getötet wurde. Soldaten und Leibwächter von Machar hätten daraufhin Regierungspersonal angegriffen. In der Folge weiteten sich die schweren Kämpfe von den drei äquatorialen Regionen, die zuvor relativ stabil gewesen waren, auf die anderen Regionen im Norden des Landes aus.

Am 12. Juni 2017 beschlossen die Staatschefs der Mitgliedsländer der IGAD, die Schaffung eines Hochrangigen Forums für die Wiederbelebung des Friedensprozesses. Das Forum startete 2018 mit Unterstützung der USA, Großbritanniens, Norwegens und der EU seine Bemühungen zur „Wiederbelebung“ des von ihr 2015 ausgehandelten Friedensabkommens (Agreement on Resolution of Conflict in South Sudan – ARCSS). Parallel dazu erneuerte und stärkte der UN-Menschenrechtsrat das Mandat der Menschenrechtskommission im Südsudan und beauftragte sie, Beweise zu sammeln und Rechtsverstöße zu ermitteln, um die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft ziehen zu können.

Die USA verhängten Sanktionen gegen drei südsudanesische Regierungsbeamte: den ehemaligen Stabschef, den stellvertretenden Stabschef der Armee und den Informationsminister. Die USA sanktionierten außerdem drei Unternehmen, die dem ehemaligen Vizepräsidenten Machar gehören bzw. von ihm kontrolliert werden. Das Europäische Parlament verabschiedete eine Resolution zum Südsudan, in der Verstöße, wie sexuelle Gewalt und der Einsatz von Kindersoldaten, verurteilt wurden (Europäisches Parlament 2013). Seit 2018 besteht ein UN-Sanktionsregime und Waffenembargo gegenüber dem Südsudan. Russland und China haben sich bei den jährlichen Abstimmungen über ihre Verlängerung bislang immer enthalten.

Am 20. Juni 2018 trafen sich Präsident Salva Kiir Mayardit und Oppositionsführer Riek Machar zum ersten Mal seit zwei Jahren. Am 12. September unterzeichneten sie ein neues Friedensabkommen, um den fünfjährigen Bürgerkrieg zu beenden. Das Abkommen ebnete den Weg für die Bildung einer Regierung nach dem Prinzip der Machtteilung, die nach einem konfliktreichen Verhandlungsmarathon im Februar 2020 zustande kam. Zentrale Knackpunkte in den Verhandlungen waren die Festlegung von (inneren und äußeren) Staats- und Verwaltungsgrenzen sowie die Schaffung einer einheitlichen nationalen Armee. Zehntausende rivalisierende Kämpfer und ihre Einheiten mussten zu einer einzigen Armee zusammengeschlossen werden. Zwar sind Kämpfe seit 2018 stetig zurückgegangen, jedoch kommt es immer noch zu weit über tausend Konflikttoten pro Jahr.

Mit Ausbruch des Konflikts im nördlichen Nachbarland Sudan 2023 nahmen die diplomatischen Bemühungen auch gegenüber des Südsudan wieder zu. Die USA und UN machen Druck auf die Regierung, endlich die vereinbarten Reformen des Friedensabkommens von 2018 umzusetzen. Falls nicht, drohen die USA, die für Ende 2024 geplanten Wahlen nicht zu unterstützen und ihre Ergebnisse nicht anzuerkennen. Südafrika versuchte Anfang 2024, in geheimen Gesprächen zwischen den beiden Hauptkontrahenten Präsident Kiir und Vizepräsident Machar zu vermitteln, blieb jedoch erfolglos. Seit Mai 2024 finden erneute Verhandlungen in Nairobi (Kenia) statt, um über die beiden Hauptakteure hinaus weitere Gruppen und Einzelrepräsentanten in den Friedensprozess einzubinden. Ein vorläufiges Abschlussdokument vom Juli empfiehlt eine Ausweitung und Fortschreibung des Status quo. Danach soll die Übergangsphase, die seit 2018 andauert, erneut verlängert und die anstehenden Wahlen verschoben werden. Eine Friedenswirkung ist hiervon nicht zu erwarten.

Geschichte des Konflikts

Die heutigen Konflikte im Südsudan sind nur vor dem historischen Hintergrund der beiden Bürgerkriege im damals noch einheitlichen Sudan zu verstehen. Der erste dauerte von 1955 bis 1972. In ihm bekämpften vorwiegend im Süden angesiedelte Rebellengruppen die sudanesische Zentralregierung in Khartum. Ursache war die strukturelle Unterdrückung und Marginalisierung der nicht-muslimischen Bevölkerung. Der Krieg endete 1972 mit dem Addis-Abeba-Abkommen, das der regionalen Regierung Südsudans eine signifikante Autonomie in internen Angelegenheiten zusprach.

Im Jahr 1983 begann der zweite Bürgerkrieg. Auslöser war die Ankündigung des damaligen Präsidenten Numairi, die Scharia-Gesetzgebung einzuführen. Zwischen 1988 und 1989 fanden Verhandlungen zwischen der Regierung und den unterschiedlichen sudanesischen und südsudanesischen Befreiungsbewegungen statt. Die Verhandlungen wurden jedoch abgebrochen, nachdem General Omar al-Baschir 1989 durch einen Militärputsch gegen Numairi an die Macht gekommen war.

Der Kampf um Ressourcen, die Frage der Selbstbestimmung des Südens sowie die Rolle der Religion im Staat sind die Problemfelder, um die sich der Konflikt über 20 Jahre lang drehte. Zweieinhalb Millionen Menschen starben in beiden Kriegen. Vier Millionen Menschen wurden vertrieben (LeRiche/Arnold 2012: 1-2). Belastet mit diesem Erbe entstand der südsudanesische Staat, nachdem internationale Mediatoren, von der IGAD und den USA unterstützt, die Friedensverhandlungen zwischen Regierung und SPLA/M koordiniert hatten.

Im Januar 2005 unterzeichneten die regierende Partei des Sudan, die NCP (National Congress Party), und die südsudanesische Befreiungsbewegung SPLM/A das Friedensabkommen (Comprehensive Peace Agreement). Das Abkommen setzte eine sechsjährige Übergangsperiode fest. Während dieser Zeit genoss Südsudan eine weitgehende Autonomie innerhalb des Gesamtstaates. Zum Ende dieser Periode, am 9. Januar 2011, sprachen sich in einem Referendum 98,8% der südsudanesischen Bevölkerung für die Unabhängigkeit des neuen Staates aus. Die Unabhängigkeit mündete jedoch leider nicht in einer friedlichen und demokratischen Zukunft – auch deshalb hatte der Nationalheld John Garang, der 2005 starb, die Zukunft des Südsudans nicht in einer Spaltung, sondern in einer gerechteren Vereinigung gesucht.

Weitere Inhalte

vertritt die Professur für Entwicklungspolitik an der Universität Freiburg und ist Senior Researcher am Arnold-Bergstraesser-Institut. Sein aktueller Forschungsschwerpunkt liegt auf Sicherheitsparadoxen und dem Gewaltmonopol im Libanon und der Zentral Afrikanischen Republik. Zuletzt veröffentlichte er das Buch The Security Arena in Africa: Local Order-Making in the Central African Republic, Somaliland and South Sudan (Cambridge University Press 2020) und zahlreiche Artikel zu hybrider Ordnung, lokaler Sicherheit, fragilen Staaten und qualitativer Methodologie.