Der Atomausstieg im Überblick
22. April 2002: Der Atomausstieg wird nach umfassenden gesellschaftlichen Debatten eingeleitet, indem Externer Link: das Atomgesetz von der rot-grünen Bundesregierung geändert wird. Die Gesamtlaufzeit von Atomkraftwerken (AKW) wurde auf ca. 32 Jahre begrenzt und ihr Neubau untersagt. Die Gesetzesnovelle ersetzt das bis dato geltende Atomförderungsgesetz.
28. Oktober 2010: Die Laufzeitverlängerung der deutschen AKW wird um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert. Die Novelle des Atomgesetzes wird mit den Stimmen der schwarz-gelben Regierungskoalition beschlossen. Hintergrund war das Energiekonzept der neuen Bundesregierung, das Atomkraft bis zum verlässlichen Ersatz durch Erneuerbare Energie als notwendige Brückentechnologie vorsah.
11. März 2011: In Fukushima ereignete sich eine Reaktorkatastrophe. Ein Erd- und Seebeben löste einen Tsunami aus, der das Kernkraftwerk an der Küste Japans beschädigte. In mehreren Reaktorblöcken kam es zu Kernschmelzen, wodurch radioaktive Emissionen freigesetzt wurden.
14. März 2011: Die schwarz-gelbe Bundesregierung leitet das „Atom-Moratorium“ als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe ein. Alle damaligen 17 Atomkraftwerke wurden innerhalb von drei Monaten einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Zeitgleich wurden die älteren AKW, die bis 1980 in Betrieb gegangen waren, vom Netz genommen. Insgesamt wurden acht Kernkraftwerke heruntergefahren.
30. Juni 2011: Die Laufzeitverlängerung der AKW wurde von der schwarz-gelben Bundesregierung zurückgenommen. Die älteren AKW, die im März heruntergefahrenen wurden, gingen nicht wieder ans Netz.
15. April 2023: Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke gehen vom Netz. Der Zeitpunkt des Ausstiegs wurde scharf kritisiert, da im Jahr 2022 durch den
Interner Link: russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine Energiekrise herrschte. Russland war bis dahin zentraler Gaslieferant Deutschlands und weiterer europäischer Länder. Mit den verhängten EU-Sanktionen gegen Russland endeten die Lieferungen. Es kam zur Energieknappheit und einem drastischen Preisanstieg. Daher wurde das ursprüngliche Abschaltdatum der drei letzten laufenden AKWExterner Link: von Ende 2022 um wenige Monate verschoben.Mehr Informationen zur
Interner Link: Atomkraft-Kontroverse finden Sie hier undInterner Link: hier zur Energiewende .
Eine gute Klima- und Energiestrategie muss drei Ziele erreichen: Die Emissionen sollten reduziert, die Versorgungs- und Systemsicherheit maximiert und die Kosten minimiert werden. Deutschland will diese Ziele erreichen, indem es Industrie, Wärmeversorgung und Verkehr von fossilen Brennstoffen auf Strom umstellt. Dieser soll vorwiegend mit Wind- und Sonnenenergie produziert werden. Wenn wir ein Industrieland bleiben wollen, wird unser jährlicher Strombedarf bis Mitte dieses Jahrhunderts auf 1000 bis 1500 Terawattstunden steigen.
AKW arbeiten an der Schnittstelle von Klima- und Versorgungssicherheit
Genau diese für Klimaschutz in einer Industriegesellschaft so zentrale Komponente haben wir mit dem Atomausstieg verloren. Kernkraftwerke, die im Jahr 2000 ein Drittel unserer Stromerzeugung bestritten, haben eine mit der Windkraft vergleichbare Treibhausgas-Bilanz. Die letzten deutschen AKW waren sehr zuverlässige Anlagen und haben fast immer Strom erzeugt – etwa 90 Prozent der möglichen Stunden im Jahr (Windkraft 24 bis 34 Prozent, Photovoltaik 11 Prozent). Die Stromgestehungskosten von Kernkraftwerken deutscher Bauart lagen 2022 um 4 Cent pro Kilowattstunde, was auf Höhe der günstigsten EE-Erzeugungskosten liegt. 2022 bot die PreussenElektra daher einen Atom-Industriestrompreis von 6 Cent pro Kilowattstunde an.
Schwächen der Energiewende
Heute dienen Kohle- und Gaskraftwerke als Backup der Erneuerbaren Energien. Externer Link: Der CO2-Ausstoß unserer Stromerzeugung war 2024 daher fast elfmal höher als der des Atomlands Externer Link: Frankreich. Zudem ist Deutschland Netto-Importeur
Weg vom Selbstzweck
Geplant ist, in Zukunft die deutschen EE mit Wasserstoff-befeuerten Kraftwerken und Batteriespeichern abzusichern. Wasserstoff-Infrastruktur, Batterien und Netzausbau treiben aber trotz günstiger Erzeugungsanlagen die Gesamtkosten der Energiewende in die Höhe. Diese exorbitanten Zusatzkosten der Energiewende bedrohen inzwischen den Industriestandort Deutschland.
Unser Land braucht aber nicht Erneuerbare als Selbstzweck, sondern zuverlässigen, günstigen und klimafreundlichen Strom. Externer Link: Eine kürzlich publizierte Studie hat die deutsche Situation „technologie-pluralistisch“ modelliert, d.h. ohne Ausschluss der Kernenergie. Sie kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis: Errichten wir bis 2045 ein komplementäres System aus Erneuerbaren und Kernkraftwerken mit rund 40 Prozent Atomstromanteil, können wir die Stromkosten gegenüber dem reinen EE-System drastisch reduzieren. Das gilt sogar unter Zugrundelegung sehr teurer Kernkraftwerke, wie die Modellierer zeigen konnten.
Kernenergie gehört zu den sichersten Stromerzeugungsformen
Vergleicht man Technologien der Stromerzeugung, so gehört die Kernenergie zu den sichersten und umweltfreundlichsten Systemen.
Folgewirkungen von Atomausstiegen
Was beim Vergleich der Umweltfolgen aber häufig unterschätzt wird, sind die Folgen von Atomausstiegen. Diese führen dazu, dass die gesicherte Leistung aus Kernkraftwerken fossil ersetzt wird – auch volatile EE brauchen ja bis zum heutigen Tage fossiles Backup. Das wiederum führt zu vermeidbarem Ausstoß von CO2, Stickoxiden, Feinstäuben und anderen Schadstoffen.
Reaktorsicherheit in Deutschland: Fukushima war kein legitimer Ausstiegsgrund
Weder der
Seit der
Neue Kerntechnik
Moderne Kernenergietechnik setzt noch mehr als früher auf „passive“ Sicherheit. Das bedeutet: man nutzt Naturkräfte wie Gravitation und Konvektion (das Aufsteigen erwärmten Wassers und das Niedersinken kühleren Wassers), um auch bei totalem Stromausfall ohne die Hilfe elektrischer Antriebe Notkühlvorräte in den Reaktor einzuspeisen und den Wärmetransport aus einem Reaktorkern per „Naturumlauf“ und Luftkühlung zu gewährleisten. Sogenannte „small modular reactors“ benötigen dank ihrer kleinen Reaktorkerne und einfachen Naturumlaufs-Kühlsysteme überhaupt keine Umwälzpumpen mehr.
Die Endlagersuche ist eine lösbare Aufgabe
Der in rund 60 Jahren deutscher Kernenergienutzung angefallene hoch radioaktive Atomabfall umfasst rund 27.000 Kubikmeter. Größtenteils abgebrannte Brennelemente, die komplett eingelagert werden sollen. Der Gesetzgeber verpflichtet uns, den hochaktiven Abfall in einem speziell aufgefahrenen Endlager-Bergwerk in tiefen geologischen Gesteinsschichten unterzubringen. Auch Endlagerbergwerke basieren auf dem Prinzip der passiven Sicherheit, d.h. die sichere Abdichtung der Lagerkaverne gegen die Außenwelt wird nicht von technischen Vorkehrungen und menschlichem Überwachungspersonal gewährleistet, sondern durch das Wirtsgestein (Granit, Tongestein oder Salzgestein) selbst, dessen günstige Eigenschaften den Atommüll isolieren, aber die Wärme, die er in der Anfangszeit der Einlagerung noch entwickelt, ableiten können. Daher kann ein Tiefenlager nach Verschluss (ca. 100 Jahre nach Standortentscheid)
Fazit
Auch wenn wir einzelnen Menschen ihre Atomangst durch Statistik und wissenschaftliche Befunde, die in diesem Beitrag kurz skizziert wurden, nicht werden nehmen können – politische Entscheider sind zu einer evidenzbasierten Abwägung verpflichtet. Aus dieser Abwägung geht hervor, dass wir mit Kernenergie besser fahren würden als ohne.