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Stationen der UN-Klimaverhandlungen

Christiane Beuermann

/ 5 Minuten zu lesen

Die Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls 1997 war zentral für die Ausgestaltung der internationalen Klimapolitik. Seither gab es Fort- und Rückschritte. Welche Zwischenstationen gibt es in den UN-Klimaverhandlungen? Und was hat die internationale Klimapolitik erreicht?

Das Flugzeug von US-Präsident Joe Biden, die "Air Force One", fliegt über dem Internationalen Kongresszentrum bei der UN-Klimakonferenz 2022 (COP27) in Sharm El-Sheikh, Ägypten, am 11. November 2022. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump trat einen Tag nach den Präsidentschaftswahlen 2020 aus dem Pariser Abkommen aus. Nachfolger Joe Biden trat bei seinem Amtsantritt dem Abkommen wieder bei. (© picture-alliance, EPA | SEDAT SUNA)

Zwischen der Verabschiedung der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen 1992 und dem Pariser Klimaabkommen liegen 23 Jahre und 21 Vertragsstaatenkonferenzen. Der Verhandlungsprozess erzielte mit dem Kyoto-Protokoll frühe Erfolge, hatte aber auch Rückschritte hinzunehmen, wie der Misserfolg der COP 15 in Kopenhagen 2009. In den Folgejahren konnten Teilerfolge auf dem Weg nach Paris erzielt werden. Die Entwicklung der Verhandlungen wird im Folgenden in ihren entscheidenden Stationen nachgezeichnet.

UN-Klimaverhandlungen

Erdgipfel 1992

In der Externer Link: UN-Klimarahmenkonvention wurde als übergeordnetes Ziel die "Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Level, welches einen gefährlichen Einfluss auf das Klimasystem verhindert" festgelegt. Da eine Rahmenkonvention nur Grundzüge absteckt, werden die Details in Konferenzen der Vertragsstaaten festgelegt. Die Frage, welche Emissionsziele angemessen sind, prägte die Verhandlungen über Jahrzehnte.

Wer muss wieviel Klimaschutz übernehmen?

In der Klimarahmenkonvention von 1992 wurde das Prinzip der "gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung und Kapazitäten" der Vertragsstaaten festgeschrieben. Damit sollte der unterschiedlichen historischen Verantwortung für die Emission von Treibhausgasen und den unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Vertragsstaaten Rechnung getragen werden.

Länder, die bis dahin den Großteil der zusätzlichen Treibhausgase emittiert hatten, wurden in einem Anhang der Klimarahmenkonvention aufgelistet und fortan als Externer Link: "Annex I"-Länder bezeichnet. Für diese Länder wurde eine besondere Verantwortung für den Klimaschutz festgeschrieben.

Dies hat aber auch eine Lagerbildung zwischen den "Annex I"-Ländern auf der einen und den so genannten "Nicht-Annex I"-Ländern auf der anderen Seite gefördert. Seither sind die Emissionen auch in "Nicht-Annex I"- Ländern, beispielsweise in China, stark angestiegen und das Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantwortung wurde zunehmend vom Annex I-Länderblock in Frage gestellt, von Nicht-Annex I-Ländern aber auch stark verteidigt. Diese Zweiteilung der Verantwortlichkeiten konnte erst 2013 aufgelöst werden.

Externer Link: COP 3 Kyoto 1997

Bereits drei Jahre nachdem die Klimarahmenkonvention in Kraft getreten war, wurde das Externer Link: Kyoto-Protokoll verabschiedet. In ihm verpflichteten sich erstmals entsprechend dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantwortung viele der Externer Link: "Annex I-Länder" und die Europäische Union, 5,2 Prozent ihrer Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2008-2012 gegenüber den Emissionen des Basisjahrs 1990 zu reduzieren.

Voraussetzung für das Inkrafttreten war, dass es mindestens 55 Vertragsstaaten ratifizieren und diese Staaten für mindestens 55 Prozent der 1990 verursachten CO2-Emissionen der Annex-I Länder verantwortlich waren. Im Kyoto-Protokoll wurden keine Verpflichtungen für Externer Link: "Nicht-Annex I-Länder" aufgenommen. Daher ratifizierten die USA, die einen großen Anteil der globalen Treibhausgasemissionen verantworteten, das Protokoll nicht und traten später ganz aus – sie argumentierten mit einer Ungleichbehandlung zugunsten aufstrebender Nicht-Annex I-Länder wie etwa China, deren THG-Emissionen mehr und mehr anstiegen. Erst mit der Ratifizierung durch Russland im Jahr 2004 wurden die Bedingungen erfüllt und das Interner Link: Kyoto-Protokoll trat im Jahr 2005 in Kraft.

Externer Link: COP 15 Kopenhagen 2009

Die COP 15 war mit großen Hoffnungen verbunden: Es sollte ein umfassendes Abkommen zur Zukunft des UN-Klimaregimes mit ambitionierteren Zielen für die Zeit nach der 2012 endenden Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls verabschiedet werden. Mehr als 100 Staats- und Regierungschefs hatten ihre Teilnahme angekündigt, mehr als 40.000 Teilnehmer*innen hatten sich im Vorfeld registriert.

Die grundsätzlichen Bausteine eines solchen zukünftigen Abkommens waren zwei Jahre vorher, im Externer Link: Aktionsplan von Bali auf der COP 13 verabschiedet worden. Schon in den vorbereitenden Treffen in 2009 zeichneten sich allerdings nur langsame Fortschritte in der Abstimmung des geplanten Abkommens ab. Die Konferenz selbst stand schließlich kurz vor dem Abbruch. Für einen Kompromissvorschlag der Verhandlungspräsidentschaft wurde nur ein Teil der Vertragsstaaten konsultiert, der Kompromissvorschlag wurde in der Tageszeitung Externer Link: "The Guardian" geleakt und von den nicht-konsultierten Vertragsstaaten abgelehnt.

Letztlich wurde nur eine rechtlich unverbindliche Deklaration, der Externer Link: "Copenhagen Accord", von den Vertragsstaaten zur Kenntnis genommen. Selbst diese Absichtserklärung wurde nicht von allen Staaten unterstützt. Allerdings wird im Copenhagen Accord erstmals erwähnt, die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen. Darüber hinaus kündigten die Annex I-Länder an, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar als Finanzierungshilfen für den Klimaschutz in Nicht-Annex I-Ländern zur Verfügung zu stellen. Allerdings blieben auch in diesem Punkt die Umsetzungsdetails unklar.

Externer Link: COP 21 Paris 2015

Mit dem Externer Link: Paris Agreement wurde erstmals ein internationaler Klimavertrag beschlossen, der alle Staaten zum Klimaschutz verpflichtet. Ziel ist es, die globale Erwärmung, auf 2 Grad Celsius, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Treibhausgasneutralität zu erreichen. Treibhausgasneutralität bedeutet, dass nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre entlassen werden, als durch natürliche oder künstliche Senken wieder aus der Atmosphäre entnommen werden.

Das Pariser Abkommen unterscheidet sich in zwei Aspekten von den vorher verhandelten Vereinbarungen:

  1. Auch Nicht-Annex I-Länder verpflichten sich zum Handeln, insgesamt versprechen 195 Vertragsstaaten, die Ziele einzuhalten.

  2. Die Vertragsstaaten bestimmen selbst, welche Beiträge sie zum Pariser Klimaziel leisten wollen. Diese Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) werden zu bestimmten Stichtagen eingereicht. Die NDCs müssen in einem Fünf-Jahres-Zyklus von den Staaten angepasst und jeweils strengere Klimaschutzziele vorgelegt werden. Durch eine regelmäßige Bestandsaufnahme auf den Klimakonferenzen wird überprüft, was in Summe global erreicht wurde bzw. die Staaten zugesagt haben. So soll die Klimapolitik der Vertragsstaaten immer anspruchsvoller werden und das Pariser Klimaziel auf Dauer erreicht werden.

Externer Link: COP 26 Glasgow 2021

Die Covid-19-Pandemie hat auch die internationalen Klimaverhandlungen vor besondere Herausforderungen gestellt. So konnten im Jahr 2020 keine offiziellen Verhandlungen und auch keine Vertragsstaatenkonferenz stattfinden. COP26 wurde um ein Jahr auf November 2021 verschoben.

Die Konferenz wurde durch virtuelle Events ersetzt, die keine formalen Entscheidungen treffen konnten, sondern darauf abzielten, das Thema trotz der Pandemie im Bewusstsein zu halten und weiter auf ambitionierte Klimapolitiken hinzuarbeiten. Gleichzeitig wurden auf diesen Veranstaltungen auch eine Vielzahl neuer ambitionierterer staatlicher Verpflichtungen und Neutralitätsziele angekündigt, die teilweise auch vom internationalen Klimaprozess befördert wurden (Externer Link: UN Kampagne Race to Zero).

Was hat die internationale Klimapolitik erreicht?

Das im Pariser Abkommen vereinbarte Klimaziel hatte eine mobilisierende Signalwirkung für mehr ambitionierteren Klimaschutz auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen. Im Jahr der Pandemie 2020 wurden trotz Verhandlungsstillstandes die internationalen Foren genutzt, um über Anspruch und Geschwindigkeit der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen zu sprechen. Es wird auch über die Klimaverträglichkeit der Konjunkturpakete im Kontext der Pandemie diskutiert.

Der Erfolg des Pariser Abkommens war das Ergebnis eines langjährigen Verhandlungsprozesses. Nach Kopenhagen 2009 überdachten viele Staaten ihre Positionen. Schon in 2010 wurde mit den Externer Link: Cancun Agreements der Copenhagen Accord offiziell angenommen. 2011 wurde in Durban beschlossen, eine neue für alle Vertragsstaaten geltende Vereinbarung zu verhandeln. Insbesondere die EU machte damals mit ihrer Erklärung, sich auch allein (unilateral) zu einer zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls bereit zu erklären, den Weg für Paris 2015 frei. Ihre Bedingung war, dass Indien und China einem umfassenden Klimapakt beitreten. Dies zog eine Vielzahl bilateraler Verhandlungen nach sich. 2013 konnten dann durch einen Paradigmenwechsel in Warschau wesentliche Differenzen aufgelöst werden, indem Beiträge der Staaten anstelle von festen Verpflichtungen beschlossen wurden und die Unterscheidung zwischen Beiträgen der Annex I und Nicht-Annex I-Länder aufgegeben wurde.

Trotz des Erfolges wird das Pariser Abkommen aber auch als Minimalkonsens bezeichnet, da alle Beiträge der einzelnen Vertragsstaaten freiwillig und unverbindlich sind und keine Sanktionierung vorgesehen ist, wenn die angekündigten Beiträge der Staaten nicht eingehalten werden. Hier kann die internationale Klimapolitik mit ihren Bestandsaufnahmen zu den globalen Fortschritten Transparenz schaffen. Denn weiterhin steigen die globalen Treibhausgasemissionen an und haben ihren Höchststand noch nicht erreicht.

Wie abhängig die Fortschritte des internationalen Klimaprozesses von den Vertragsstaaten sind, zeigt sich am Beispiel der USA, die bereits zweimal ein bestehendes Abkommen nicht ratifiziert haben bzw. wieder ausgetreten sind, da die Verpflichtungen innenpolitisch nicht durchsetzbar waren (Kyoto-Protokoll) oder ein Regierungswechsel stattfand. So hatte der ehemalige US-Präsident Donald Trump frühzeitig im Präsidentschaftswahlkampf angekündigt, das Pariser Abkommen aufzukündigen. Da die Austrittsregelungen des Abkommens einen festen Zeitplan vorsehen, erfolgte der Austritt einen Tag nach den Präsidentschaftswahlen 2020. Bereits bei dem Amtsantritt seines Nachfolgers US-Präsident Joe Biden traten die USA dem Pariser Abkommen wieder bei. Ferner kündigten die USA an, Treibhausgasneutralität bis Mitte des Jahrhunderts anzustreben.

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Christiane Beuermann, geb. 1968; Studium der Volkswirtschaftlehre, Dipl.-Volkswirtin; derzeit stellvertretende Leiterin in der Abteilung "Energie, Verkehrs- und Klimapolitik" am Wuppertal Institut. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Klimapolitik, Ökonomische Instrumente, Nachhaltigkeitspolitik.