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Facetten des Islams in Deutschland | Salafismus als Herausforderung für Demokratie und politische Bildung | bpb.de

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Facetten des Islams in Deutschland

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Islamfeindliche Kreise setzen salafistische und andere islamistische Strömungen stets mit dem Islam gleich. Die Absurdität dieses Unterfangens spiegeln die absoluten Zahlen wider: Mehreren Millionen Muslimen in Deutschland stehen einige Tausend Salafisten gegenüber. Doch was macht den Islam in Deutschland aus? Wie vielfältig sind die Ausprägungen des Islams in Deutschland? Was denken Muslime über Salafisten? Und wie gehen sie mit ihnen um?

Facetten des Islams in Deutschland: Das Abschlusspodium der bpb-Tagung mit Armina Omerika, Hesham Shashaa, Mouhanad Khorchide, und Bekir Alboga. (© Tobias Vollmer/bpb)

Mehr als vier Millionen Muslime leben in Deutschland. Rund die Hälfte von ihnen sind bereits deutsche Staatsangehörige. Sie gehören unterschiedlichen islamischen Glaubensrichtungen wie der sunnitischen, alevitischen oder der schiitischen Konfession an und pflegen ungleiche Rituale und Traditionen.

Doch wenn öffentlich über "den Islam" in Deutschland diskutiert wird,

Moderator Albrecht Metzger, Islamwissenschaftler und Journalist, Hamburg (© Tobias Vollmer/bpb)

wird der Fokus der Debatte oft auf die kleine Minderheit radikaler Islamisten auf der einen Seite und auf die Islam-Hasser auf der anderen Seite gerichtet. Die Vielfalt des muslimischen Lebens und Traditionen in Deutschland gerät dabei schnell in den Hintergrund.

Wie facettenreich das Leben und Wirken der deutschen Muslime in der Praxis sein kann, zeigte eine lebendige Podiumsdiskussion auf der Salafismus-Tagung der Bundeszentrale für politische Bildung im Bonner Collegium Leoninum. Alleine auf die Frage des Moderators Albrecht Metzger nach der Kernbotschaft des Islams gab es recht unterschiedliche Antworten und Konnotationen.

Dr. Armina Omerika, Islamwissenschaftlerin, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt a. M. (© Tobias Vollmer/bpb)

Kernbotschaft des Islams

Während Armina Omerika, Islamwissenschaftlerin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt a. M, "die Mündigkeit des Menschen, die Autonomie seiner Persönlichkeit und seinen freien Wille ins Zentrum islamischen Glaubens" stellte, betonte der Islamwissenschaftler Bekir Alboga die "Gebote der Nächstenliebe, der Solidarität und des Einsatzes für die Gemeinschaft" als integrale Bestandteile islamischer Botschaft. Alboga, der bei der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) für interreligiösen Dialog zuständig ist, betonte zudem, dass alle maßgeblichen islamischen Gelehrten den Glaubenszwang als unislamisch bewerteten: "Darin herrscht Konsens unter den Gelehrten".

Mouhanad Khorchide, Theologe, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (© Tobias Vollmer/bpb)

Einen anderen, nicht weniger interessanten Aspekt als Teil der "Kernbotschaft des Islams" brachte Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, Theologe an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, in die Diskussion ein. Für Khorchide stellt der Islam vor allem ein "unmittelbares Medium der Kommunikation zwischen Mensch und Gott dar, das den Menschen ermutigen soll, über sich selbst nachzudenken, mit dem Ziel, ein besserer Mensch zu werden und sich in den Dienst anderer Mitmenschen auf dem Weg zu einer gerechten Gesellschaft zu stellen". Hesham Shashaa (Abu Adam), Imam und Integrationsbeauftragter des Darul Quran e. V., betrachte die Kernbotschaft des Islams ganz pragmatisch.

Hesham Shashaa, Imam und Integrationsbeauftragter des Darul Quran e. V., München (© Tobias Vollmer/bpb)

"Muslim zu sein, bedeutet, Rücksicht zu nehmen auf Mensch, Tier und Natur. Es bedeutet außerdem Liebe und soziales Engagement. Und dies beinhaltet den Kampf gegen Extremismus und Missbrauch der Religion".

Kompetente Imame sind gesucht

Imam Hesham Shashaa forderte darüber hinaus die Muslime hierzulande dazu auf, mehr Verantwortung bei der Bekämpfung des sunnitischen Radikalismus zu übernehmen. Denn es sei ein "Teil der Wahrheit, dass Muslime wenig gegen radikale Salafisten tun". Wichtig sind seiner Ansicht nach "richtige Imame, die über sprachliche, soziale und kulturelle Kompetenz verfügen und vor allem die Realitäten der Jugendlichen in Deutschland kennen".

Die Einschätzung des Imam Shashaa konnte Bekir Alboga allerdings nicht teilen. Er verneinte auch, dass es in den muslimischen Gemeinschaften generell einen Widerwillen im Hinblick auf die

Bekir Alboga, DITIB (© Tobias Vollmer/bpb)

Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden gibt und verwies auf die schlechten Erfahrungen der Islamverbände mit den zuständigen Behörden. Schließlich seien Moscheen "keine Integrationsvereine, sondern Gotteshäuser, die in erster Linie religiöse Dienste anbieten". Auch Theologe Khorchide dämpfte die Erwartung der Politik und Öffentlichkeit an die Etablierung der Islamischen Theologie an deutschen Universitäten: "Die universitäre, islamische Theologie hat nicht die Aufgabe, die salafistische Radikalisierung zu bekämpfen. Sie soll und wird vielmehr zur Belebung der Pluralität der Meinungen unter Muslimen beitragen".

Fussnoten