Welche Maßnahmen ergreift die Politik, um gewalttätigen Radikalisierungsentwicklungen des Salafismus in Großbritannien vorzubeugen? Und wie geschieht Prävention in der Praxis? William Hammonds von der University of Essex beleuchtete diese Fragen in seinem Workshop anhand drei zentraler Punkte. Zunächst widmete sich der Referent dem gesellschaftlichen und politischen Kontext gewalttätiger Radikalisierung in der britischen Gesellschaft. Im Anschluss stellte er konkrete Maßnahmen der Präventionsarbeit vor. Zum Abschluss erläuterte er eine aktuelle Kontroverse, die sich im Zusammenhang mit der sogenannten "Operation Trojanisches Pferd" an Schulen in Birmingham entzündete und die aktuelle Debatte über Extremismusprävention mitprägt.
Um den Kontext zu verstehen, in welchem Ausmaß und in welcher Form heutige Präventionsmaßnahmen in Großbritannien stattfinden, seien laut Hammonds verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Dazu zählten die besondere Situation der post-kolonialen Migration, das Selbstverständnis der britischen Migrationspolitik als ein multikulterelle Gesellschaft, aber auch die wachsende soziale Pluralität seit den 1990er Jahren. Zu den größten Einwanderergruppen zählten Menschen aus Pakistan und Indien. Ihr Anteil an der britischen Gesamtbevölkerung nahm in den Jahren von 2001 bis 2011 um jeweils rund 0,5 Prozent von rund 3,4 Prozent auf ca. 4,4 Prozent zu. Insgesamt sei der Anteil der muslimischen Bevölkerung in dieser Zeit gewachsen, während zum Beispiel die Zahl der Christen von über 70 Prozent (2001) bis auf unter 60 Prozent (2011) gesunken sei. Anhand des Faktors "Arbeitslosigkeit" deutete Hammond auf die wirtschaftlichen Strukturen der Religionsgruppen hin. Die muslimische Minderheit weise dabei mit über 16 Prozent die höchste Arbeitslosenquote auf.
In dem gesellschaftlichen Kontext haben sich laut Hammonds insbesondere ab dem Jahr 2001, nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center, unterschiedliche Formen radikaler Ideologien ausgebildet. Deren Merkmale sind unter anderem eine konservative und wörtliche Interpretation des Koran. Typischerweise fände man diese Auslegung in salafistischen und deobandistischen Kreisen.
Seit dem Jahr 2003 wurden ebenfalls erstmals Maßnahmen zur Prävention islamistischer Radikalisierung ins Auge gefasst und 2005 in Form von Gemeinde-Beratungs-Angeboten umgesetzt. Zunächst bestanden die Aktivitäten, die vom Innenministerium, kommunalen Regierungen und des Bildungsministeriums geleitet werden, zum Beispiel aus Straßenaktionen, Kooperationen mit Moscheen, Integrationsprojekten oder Staatsbürgerkunde. Seit 2011 vollzog sich allerdings ein Wandel in der Präventionspolitik. Dazu zählte, dass den Programmen, unter Leitung des Innenministeriums vereint, staatliche Förderungen gekürzt worden seien und eine Konzentration auf "nicht-gewalttätigen" Extremismus stattgefunden habe. Abgegrenzt werde diese Form anhand von Kriterien, die als Prinzipien liberaler Demokratie bezeichnet werden könnten. Dazu zählten: Gleichberechtigung der Geschlechter und sexueller Orientierung, Toleranz von Andersgläubigen und Akzeptanz der Menschenrechte und der geltenden Gesetze.
Diese Ausrichtung der Extremismusprävention stünde heute erneut auf dem Prüfstand, so Hammonds. Auslöser seien Zwischenfälle wie die Krisen in Syrien und Somalia, aber auch die aktuelle Debatte über Schulen in Birmingham, die im Ruf standen, durch eine betont muslimische Erziehung geltende Lehrpläne zu vernachlässigen. Der Vorfall, der ein weites Medienecho fand, führte dazu, dass nunmehr folgende Fragen aufkamen: "Welche Aufgaben können Schulen in der Extremismusprävention übernehmen?", "An wen können sich Akteure wenden, die für die Ideologie empfängliche Schüler bemerken?" oder auch "wie sollten sinnvolle Interventionen aussehen?"