David Aufsess, Sozialarbeiter und Berater von VAJA e.V. (Verein zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit, Bremen) mahnte zu Beginn des Workshops an, dass Jugendliche oft als Objekte mit Etiketten wie "Gefährder" oder "Salafisten", gesehen würden und nicht als Subjekte, insbesondere in sozio-ökonomisch benachteiligten Stadtteilen. Das sei eine Herausforderung für die Soziale Arbeit, denn es gelte a). passende soziale Räume zu schaffen, b) einen Umgang mit Auf- und Abwertung und Abgrenzungstendenzen zu entwickeln und c) in einem dynamischem Umfeld flexibel zu agieren. Die inhaltliche, politisch-bildnerische Auseinandersetzung finde beispielsweise am Kickertisch oder beim Fussball spielen statt. In der Praxis beobachte Aufsess, dass die Regelförderung wegbreche und konstantierte eine Überförderung von Radikalisierungsprojekten. Interdisziplinäre und vernetzte Ansätze für Radikalisierungsprävention seien nötig. Ebenso wichtig seien "authentische Personen" im Stadtteil, auch aus Moscheevereinen und muslimischer Gemeinde. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter müssten überdies religiös sensibler werden, sich qualifizieren und ihre Einstellungen ändern, um gemeinsam über Wertesysteme zu sprechen. Matthias Schmidt, islamischer Theologe und ehemaliger Mitarbeiter im Modellprojekt "SCHURA – Islamische Religionsgemeinschaft Bremen" sah hingegen das Problem darin, dass muslimischen Verbänden die Förderung fehle, sie seien viel schlechter aufgestellt als andere zivilgesellschaftliche Träger. Und eine reine Förderung der "Präventionsarbeit" werde von muslimischen Gemeinden und Jugendlichen kritisch gesehen, da sich schnell der Eindruck eines Generalverdachts erhärte. Es wurde empfohlen, den Salafismus als "entwurzelte Religion" zu verstehen, der die Exegesetradition überspringe. Daher müssten den salafistischen Narrativen andere islam-theologische Narrative entgegen gesetzt werden, zum Beispiel traditionsorientierte Ansätze. Die islamische Theologie werde oft nicht ausreichend für die Arbeit in Verbänden nutzbar gemacht, interreligiöse Angebote müssten zudem verstärkt und die politische Bildung in Zusammenarbeit mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zwingend ausgebaut werden. Eine Offenheit für die Zusammenarbeit mit muslimischen Verbänden, auch in der Wissenschaft, sahen Aufsess und Schmidt als zentral, trotz der Kooperation sollte sich aber jeder Akteur in seinem eigenen Kompetenzfeld aufhalten und etablieren können.
Referenten:
David Aufsess, Verein zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit, Bremen
Matthias Schmidt, Schura - Islamische Religionsgemeinschaft Bremen
Moderation: Stefanie Beck, Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Stuttgart