Was ist Antidiskriminierungsarbeit? Mit dieser Frage leitete Ibrahim Ethem Ebrem, Referent der politischen Bildung und Theologe, den Workshop ein. Es gebe zwar den Anspruch, eine inklusive Gesellschaft mit gleichberechtigter und selbstbestimmter Teilhabe unabhängig von (sozialer) Herkunft, Geschlecht, Alter, Religionszugehörigkeit etc. zu vertreten. Es bleibe aber die Frage, warum sich junge Menschen gegen demokratische Rechte und dem Salafismus zuwenden? Die Wissenschaft habe gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen Radikalisierung und der Erfahrung von Diskriminierung gebe. Eine solche Diskriminierungserfahrung könne für Radikalisierung eine kognitive Öffnung schaffen. Wut und Empörung über gesellschaftliche Missstände und soziale Marginalisierung werden in der Forschung als begünstigende Faktoren ausgemacht. Die amerikanische Forscherin Lyons-Padilla gehe davon aus, dass mit zunehmender Diskriminierungserfahrung ein ausgeprägter Sinnverlust ("significance loss") einher gehe, dieser "Sinn" sei eng mit dem Gefühl von Wertschätzung und Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft verbunden. Radikale Interpretationen des Islam könnten dagegen einen neuen “Sinn“ stiften. Dabei hätten empirische Forschungen gezeigt, dass im gesamten europäischen Kontext Musliminnen und Muslime auf unterschiedlichsten gesellschaftlichen Ebenen benachteiligt werden. Das Ziel müsse also die Etablierung einer Antidiskriminierungskultur sein. Antidiskriminierungsberatung sei nur ein Teil davon – jener nämlich, der am konkreten Fallbeispiel ansetze. Die Beratungsstellen müssten sich hier weitreichend vernetzen. Ungemein wichtig sei, so Ebrem abschließend, das Empowerment von Musliminnen und Muslimen, um gegen Exklusion, Diskriminierung und Sinnverlust, eine positive gesellschaftliche Setzung vorzunehmen.
Referent:
Ethem Ebrem, Mosaik Deutschland, Heidelberg
Moderation: Ruth Grune, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn