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Wie Einsätze der NATO funktionieren

Nele Marianne Ewers-Peters

/ 6 Minuten zu lesen

NATO-Einsätze dienen der Verteidigung, der Abschreckung und dem Krisenmanagement. Was gibt es für Einsatzarten? Was leisten die Mitgliedstaaten? Und wie reagiert die NATO auf Krisen?

Flugzeuge der rumänischen und der portugiesischen Luftwaffe patrouillieren über der Ostsee im litauischen Luftraum. Sie sind Teil der Baltic Air Policing Mission der NATO. (© picture-alliance/AP, Mindaugas Kulbis)

Mit der Interner Link: Transformation der NATO seit dem Ende des Interner Link: Kalten Kriegs haben sich auch ihre Einsätze und Militäroperationen gewandelt. Während der Schwerpunkt im Kalten Krieg auf der Verteidigung des Bündnisses und seines Territoriums sowie auf der Abschreckung der Interner Link: Sowjetunion lag, erschloss die NATO seit 1990 weitere Aufgaben und Arbeitsbereiche.

Schon weit vor dem Ende des Kalten Kriegs – mit dem Harmel-Bericht von 1967 – hatte die NATO erkannt, dass Krisen und Konflikte außerhalb des Bündnisgebiets Einfluss auf die Sicherheit und Stabilität der Allianz nehmen. Jedoch greift die NATO erst seit dem Zerfall der Sowjetunion sowie des Interner Link: Warschauer Pakts militärisch in Konflikte und Krisen ein. Damit nimmt sie neben Verteidigung und Abschreckung auch Aufgaben im Bereich des Krisenmanagements innerhalb und außerhalb ihres eigenen Territoriums wahr.

Die NATO spricht dabei von Einsätzen als Oberbegriff sowie von Missionen und Operationen. Operationen sind militärische Einsätze ("combat operations"), die innerhalb und außerhalb der NATO-Grenzen durchgeführt werden. Dazu zählen auch Einsätze zur kollektiven Verteidigung. Missionen sind Einsätze innerhalb und außerhalb des Bündnisgebiets ohne militärischen Kampfeinsatz ("non-combat"), die unter anderem Ausbildungscharakter haben und zum Aufbau von Sicherheitskräften und Verteidigungskapazitäten in anderen Staaten („capacity building“) dienen. Bei Missionen dürfen die Streitkräfte zur Selbstverteidigung Gewalt anwenden. NATO-Einsätze folgen in der Regel Anfragen von Staaten oder UN-Mandaten. Besonders umstritten waren die Interner Link: Operationen der NATO gegen Ziele in Jugoslawien während des Kosovokriegs 1999, die ohne UN-Mandat stattfanden.

Unterschiedliche Einsatzarten

Bei der NATO wird allgemein unterschieden zwischen Einsätzen, die unter Interner Link: Artikel 5 (Bündnisfall) fallen, und anderen Einsätzen. In der Geschichte der NATO wurde nur einmal – nach den Interner Link: Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA – der Bündnisfall ausgerufen. Darüber hinaus lassen sich weitere Einsatzarten unterscheiden:

  • Einsätze zur Abschreckung und kollektiven Verteidigung der NATO und ihrer Mitgliedstaaten sind meist militärische Operationen, teilweise auch zur Terrorismusbekämpfung. Darunter fallen beispielsweise die Interner Link: International Security Assistance Force (ISAF, 2001-2014) in Afghanistan oder Enhanced Forward Presence (eFP) im Baltikum.

  • Trainings- und Ausbildungsmissionen bilden vor Ort militärisch aus und haben vor allem das Ziel, qualifiziertes Sicherheitspersonal heranzuziehen und Sicherheitsinstitutionen vor Ort zu unterstützen, wie etwa der Interner Link: Afghanistan-Einsatz Resolute Support von 2015 bis 2021. Auch die Interner Link: NATO-Mission im Irak zählt zu dieser Art von NATO-Missionen.

  • Unter Einsätze im Bereich Krisenmanagement versteht man Einsätze, mit denen die NATO auf internationale Krisen reagiert. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Krisenprävention oder zur Stabilisierung nach einem Konflikt, wie z.B. Interner Link: SFOR in Bosnien und Herzegowina und Interner Link: KFOR im Kosovo.

  • Mit Missionen im Bereich humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz unterstützt die NATO betroffene Staaten, beispielsweise durch Luftbrücken und der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern. Nach dem Hurrikan Katrina in den USA 2005 und dem Erdbeben in Pakistan 2005/2006 leistete die NATO Nothilfe und lieferte medizinische Güter und Spezialausrüstung in die betroffenen Regionen.

  • Zur Förderung von Sicherheitskooperationen führt die NATO Unterstützungsmissionen durch, um andere internationale Akteure mit ihrer Expertise und ihren militärischen Fähigkeiten zu unterstützen. Beispielsweise half die NATO der Interner Link: Afrikanischen Union in ihren Missionen im Interner Link: Sudan (AMIS) und in Somalia (AMISOM).

Strategische Neuausrichtung: Fokus auf Krisenmanagement

Die Aufschlüsselung der bisherigen Einsätze zeigt, dass die NATO seit Ende des Kalten Kriegs hauptsächlich außerhalb ihres eigenen geografischen Bündnisgebiets („out-of-area“) aktiv war. Lag der Schwerpunkt in den 1990er-Jahren vor allem in Südosteuropa, verlagerte sich dieser in den 2000er-Jahren in den Nahen und Mittleren Osten von Afghanistan bis Interner Link: Libyen.

Allerdings gab es seit Gründung der NATO Uneinigkeiten zwischen den Mitgliedern über „out-of-area“-Einsätze. Zuerst waren es die USA, die sich gegen solche Einsätze stellten, da sie befürchteten, in Unabhängigkeitskonflikte damaliger Interner Link: europäischer Kolonialstaaten hineingezogen zu werden (z. B. in den Interner Link: französischen Algerienkrieg 1954-1962). Später widersetzten sich europäische Mitgliedstaaten, da diese befürchteten, in direkte militärische Auseinandersetzungen verwickelt zu werden, die sich aus der globalen Rivalität zwischen den USA und der Sowjetunion ergaben. Mit dem Ende des Kalten Kriegs bestand Uneinigkeit über die Interner Link: Ausweitung der NATO-Aufgaben. Einhergehend mit der sich verändernden Weltordnung setzte sich schließlich die Überzeugung durch, dass die NATO sich nicht länger nur auf ihr eigenes Territorium beschränken könne.

In ihrem Interner Link: strategischen Konzept von 1991 erweiterte die NATO ihre Aufgaben um Krisenmanagementeinsätze auch außerhalb des Bündnisgebiets. Die NATO bezog sich dabei auf die instabile Lage in Mittel- und Osteuropa nach Ende des Kalten Kriegs sowie die Aufrüstung von Staaten am südlichen Mittelmeer und im Nahen Osten. Beides wurde als potenzielle Sicherheitsbedrohungen für die Allianz angesehen. Zusätzlich entwickelte die NATO ihren Ansatz der „ganzheitlichen Sicherheitsstrategie“ (Comprehensive Approach to Security) mit dem Anspruch, mithilfe von politischen und militärischen Instrumenten zur transatlantischen und internationalen Sicherheit und Stabilität beizutragen.

Die Durchführung von Interner Link: Krisenmanagementeinsätzen war zunächst noch vage definiert und wurde erst mit dem strategischen Konzept von 2010 offiziell zu einer der drei Kernaufgaben der NATO neben kollektiver Verteidigung und kooperativer Sicherheit.

Mitwirken der Mitgliedstaaten an NATO-Militäreinsätzen

Da die NATO nicht über eigene Streitkräfte und nur limitiert über militärische Fähigkeiten verfügt, wie beispielsweise das fliegende Radarsystem Airborne Early Warning and Control System (AWACS), ist sie für ihre Einsätze auf die Interner Link: militärischen Ressourcen ihrer Mitgliedstaaten angewiesen.

Ob sich Mitgliedstaaten an einem Einsatz beteiligen und wie sie mit Personal, Ausrüstung und militärischen Fähigkeiten zu einem Einsatz beitragen, entscheiden diese eigenständig, aber in Abstimmung mit den Verbündeten. Dafür finden im sogenannten „Force Generation“ Prozess eigene Konferenzen zwischen den NATO-Mitgliedern und auch Partnerstaaten statt. In diesem Prozess können nationale Einschränkungen (caveats) berücksichtigt werden, z. B. wenn Staaten sich abweichende Einsatzregeln geben oder den Einsatz ihrer Streitkräfte auf bestimmte Regionen oder Aufgaben beschränken wollen.

Mitgliedstaaten, die als Interner Link: „Framework Nation“ in einem Einsatz dienen, übernehmen besondere Verantwortlichkeiten und die Führung über eine Operation. Grundsätzlich operieren die nationalen Streitkräfte während eines Einsatzes als multinationale Truppe unter der NATO-Kommandostruktur.

Auf dem NATO-Gipfel in Madrid 2022 entschieden die Mitgliedstaaten über ein neues NATO-Streitkräftemodell (New Force Model, NFM), um die Allianz besser auf Einsätze vorzubereiten. Kern dieses Modells sind regionale Verantwortlichkeiten: Mitgliedstaaten sollen – statt wie bisher rotierend in der NATO Response Force (NRF) – künftig dauerhaft in ihrer Region Truppen in Bereitschaft halten. Das soll für alle – Land, Luft, See, Cyber- und Weltraum – gelten.

Regelmäßige Übungen und Manöver

Um die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Streitkräften der Mitgliedstaaten dauerhaft zu verbessern und um NATO-geführte Einsätze zu erproben, führt die NATO regelmäßig politische und militärische Übungen durch. Diese Übungen dienen vor allem dazu, Abläufe und Strukturen zu testen, gemeinsame Einsatzerfahrungen zu sammeln, das Zusammenspiel zwischen den Streitkräften zu verbessern und Mitgliedstaaten bei deren Verteidigungsreformen zu unterstützen.

Diese Übung werden von den beiden NATO-Kommandostrukturen – Alliiertes Kommando Operationsführung (ACO) und Alliiertes Transformations-Kommando (ACT) – entwickelt und durchgeführt. Während ACO für die Festlegung der Ausbildungsanforderungen und die Auswertungen zuständig ist, ist ACT für die Planung und die Durchführung der Übungsprogramme verantwortlich. Zweimal im Jahr findet eine hochrangige NATO-Konferenz statt, auf der die geplanten Großübungen der NATO zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der NATO-Kommandostruktur und den Mitgliedsstaaten abgestimmt werden. An den Übungen können auch Partnerstaaten teilnehmen.

Gemeinsame Übungen der NATO-Mitglieder finden seit 1951 statt. Seit der Interner Link: russischen Annexion der Krim 2014 wurde die Frequenz erhöht. Die mehrmonatige Übung „Steadfast Defender“ im Jahr 2024 war mir mehr als 90.000 Soldatinnen und Soldaten aus allen 32 NATO-Mitgliedstaaten die größte Militärübung der NATO seit dem Kalten Krieg. An den verschiedenen Übungsphasen in Mittel-, Ost- und Nord-Europa nahmen Land-, Luft- und Seestreitkräfte teil. Neben einer erhöhten Einsatzbereitschaft sollte diese Übung auch zur Abschreckung Russlands dienen. Die Bundeswehr nahm mit etwa 13.000 Soldatinnen und Soldaten an „Steadfast Defender“ teil.

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Dr. Nele Marianne Ewers-Peters ist Assistant Professor for European Security an der Faculty of Arts and Social Sciences der Maastricht Universität. Zuvor arbeitete sie u.a. am Lehrstuhl für Internationale Sicherheit und Konfliktforschung der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf der NATO, der Europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Sicherheitskooperation und Global Governance.