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NATO-Einsatz Operation Sea Guardian Militärische Maßnahmen der NATO seit 2016

Markus Kaim

/ 4 Minuten zu lesen

Operation Sea Guardian (OSG) ist ein maritimer Sicherheitseinsatz der NATO im Mittelmeer. Die NATO erstellt dabei unter anderem Lagebilder und trägt zur internationalen Terrorismusbekämpfung bei.

Operation Sea Guardian baut Kapazitäten im Bereich der maritimen Sicherheit auf, unterstützt die Terrorismusbekämpfung und erstellt Lagebilder. Verschiedene NATO-Mitglieder tragen zu dem Einsatz bei, wie hier Kroatien. (© picture-alliance, PIXSELL | Ivo Cagalj)

Die Operation Sea Guardian (OSG) im Mittelmeer folgte der Operation Active Endeavour (OAE). OAE war eine NATO-Operation nach Interner Link: Artikel 5 des Nordatlantikvertrags (Bündnisfall), die als Reaktion auf die Interner Link: Terroranschläge vom 11. September 2001 auf die Vereinigten Staaten von Amerika eingeleitet worden war. Bei der im Jahr 2016 beschlossenen Nachfolgeoperation OSG handelt es sich um eine weiter gefasste Sicherheitsoperation. Sie folgt dem 360-Grad-Ansatz des strategischen Konzepts der NATO. Dieser Ansatz besagt, dass die Allianz den verschiedensten Bedrohungen aus allen Richtungen entgegentritt.

Konkret bedeutet dies, dass auch die Sicherheit der Seewege am südlichen Rand des Bündnisses gewährleistet werden soll. Denn dem Mittelmeer kommt aufgrund seiner Lage eine entscheidende Bedeutung zu: Es ist der strategische Zugang zur südlichen Nachbarschaft der NATO. Daher haben die sicherheitspolitischen Entwicklungen in diesem Gebiet direkte Folgen für die Mitglieder der Allianz. So wirken sich zum Beispiel sowohl der Interner Link: Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine – der auch See- und Handelswege durch das ans Mittelmeer angrenzende Schwarze Meer beeinträchtigt – als auch die Folgen des Interner Link: terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 auf die Sicherheit im Mittelmeerraum aus. Zudem haben Flucht- und Migrationsbewegungen über das Mittelmeer Einfluss auf die politische Stabilität der Region und die Sicherheitslage der Anrainerstaaten, mit Auswirkungen bis nach Kontinentaleuropa.

Aufgaben der NATO

Während bei OAE ausschließlich die maritime Terrorismusabwehr im Fokus stand, sind die Aufgaben der OSG weiter gefasst:

  • Die OSG erstellt ein umfassendes Lagebild. Denn für ein effizientes Krisenmanagement im Mittelmeer ist es wichtig, ein möglichst genaues Bild der Situation zu haben. Das betrifft zum Beispiel die Routen von einzelnen Schiffen, die Überwachung von bestimmten Anrainerstaaten sowie die Kontrolle von verdächtigen Aktivitäten in kritischen Küstenregionen.

  • Die OSG unterstützt die Terrorismusbekämpfung. Dazu gehören die Planung und Durchführung von Operationen zur Abschreckung, Störung und zum Schutz vor terroristischen Aktivitäten auf See. Terroristen soll der Zugang zu bestimmten Gebieten verwehrt werden. Bei einem Verdacht auf terroristische Aktivitäten kann die Mission Schiffe im gesamten Einsatzgebiet anhalten, kontrollieren und durchsuchen.

  • Die OSG baut Kapazitäten im Bereich der maritimen Sicherheit auf. So bildet die NATO die maritimen Sicherheitskräfte der Anrainerstaaten aus und stellt die notwendige Technik, Informationen und Ausrüstung zur Verfügung.

Auf Beschluss der NATO-Mitglieder kann die Operation weitere Aufgaben übernehmen wie z. B. die Sicherung von Seewegen, den Schutz kritischer Infrastruktur oder den Kampf gegen die Verbreitung von Interner Link: Massenvernichtungswaffen.

Die Operation ist als Kooperationsplattform mit NATO-Partnerstaaten und -organisationen im Mittelmeerraum konzipiert. Zentrale Bedeutung hat hier die politische Koordination mit der EU, die ebenfalls mit Marineoperationen im Mittelmeer präsent war bzw. ist – bis zum Jahr 2020 mit der Operation Sophia und seitdem mit der Operation Irini.

Mandatsgrundlage

Anders als die Vorgängermission OAE beruht die OSG nicht mehr auf der Beistandsklausel des NATO-Vertrages. Stattdessen basiert sie auf Entscheidungen des Nordatlantikrats, Resolutionen des UN-Sicherheitsrates und auf verschiedenen Interner Link: völkerrechtlichen Bestimmungen zur Freiheit der Meere sowie der Sicherheit der internationalen Schifffahrt. Das Einsatzgebiet umfasst das Mittelmeer, die Straße von Gibraltar und ihre Zugänge sowie den darüber liegenden Luftraum. Der Einsatz in den Territorialgewässern der Mittelmeeranrainer erfolgt nur nach Zustimmung des jeweiligen Küstenstaats.

Deutsche Beteiligung

Der Deutsche Bundestag hat zum ersten Mal im September 2016 der Beteiligung der Bundeswehr an der OSG zugestimmt. Die Marine stellt seitdem regelmäßig Fregatten, Korvetten oder Seefernaufklärer (z. B. P-3C Orion) zur Verfügung.

Das Parlament verlängerte im März 2023 das Mandat für eine deutsche Beteiligung an der Operation um weitere zwölf Monate. Die Interner Link: Mandatsobergrenze liegt derzeit bei bis zu 550 deutschen Soldatinnen und Soldaten, die im Rahmen der OSG eingesetzt werden können. Das Interner Link: Bundeskabinett und der Bundestag haben im ersten Quartal 2024 entschieden, die Mission bis zum 31. März 2025 zu verlängern.

Bilanz

Die Wirkung einer maritimen Operation, zudem mit einem etwas unspezifischen Aufgabenspektrum, ist schwer einzuschätzen. Es existieren keine klar definierten militärischen Ziele oder politischen Vorgaben, die die OSG konkret umsetzen muss und aus denen sich Aussagen zur Effektivität ableiten ließen. Es können aber kaum Zweifel daran bestehen, dass OSG durch ihre militärische Präsenz und die Zusammenarbeit mit Partnerstaaten und anderen internationalen Organisationen zu einer verbesserten Sicherheit auf See im gesamten Mittelmeerraum beiträgt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Territorialgewässer liegen innerhalb einer bestimmten Grenze (meist 12 Seemeilen) vor der Küste eines Staates. Hier verfügt der Staat laut dem Seerechtsübereinkommen der UN über die Rechtsprechung und Kontrolle über Wasser, dem darüberliegendem Luftraum und Meeresboden.

  2. Vgl. „Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Maritimen Sicherheitsoperation SEA GUARDIAN im Mittelmeer“ (BT-Drucksache 20/5667); 16.02.2023: Externer Link: https://dserver.bundestag.de/btd/20/056/2005667.pdf

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 4.0 - Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International" veröffentlicht. Autor/-in: Markus Kaim für bpb.de

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Dr. Markus Kaim ist Politikwissenschaftler und Sicherheitsexperte. Als Senior Fellow in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin verfasste er mehrere Textbeiträge für das Dossier NATO auf bpb.de. Seit Mai 2024 leitet er das Referat „Geoökonomie und Sicherheitspolitik“ im Bundesministerium der Finanzen (BMF).