Ihrer Funktion nach sind die beiden NATO-Missionen im Irak – die von 2004 bis 2011 laufende NATO Training Mission – Iraq (NTM-I) und die seit 2018 aktive NATO Mission Iraq (NMI) – weitgehend identisch, auch wenn sich die politischen Umstände ihrer Einrichtung unterscheiden. In beiden Fällen handelt es sich um NATO-Operationen mit dem Ziel der Ausbildung und Unterstützung der irakischen Sicherheitskräfte. Sie waren beziehungsweise sind Teil der internationalen Bemühungen, Irak beim Aufbau effizienter und demokratisch kontrollierter Sicherheitskräfte zu unterstützen, damit die Regierung in Bagdad die öffentliche Sicherheit gewährleisten kann.
Von 2004 bis 2011 führte die NATO im Irak ihre Unterstützungsoperation durch, um die irakische Übergangsregierung nach dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein zu stärken. Denn die vorausgehende militärische Intervention einer „Koalition der Willigen“ unter Führung der USA im Jahr 2003 hatte nicht die gewünschte politische Stabilisierung zur Folge gehabt. Das Truppenkontingent der NATO wurde am 31. Dezember 2011 aus Irak abgezogen, als das Mandat der Mission auslief und keine weitere Einigung über den rechtlichen Status der im Land tätigen internationalen Streitkräfte erzielt werden konnte. Parallel dazu hatten auch die USA ihre seit 2004 im Land stationierten Besatzungs- und Kampftruppen aus Irak bis Ende 2011 vollständig abgezogen.
Mit der Nachfolgemission NMI leistet die Allianz seit 2018 nach dem Ende des irakischen Bürgerkrieges und der Zerschlagung des
Weitere Hintergründe zum Konflikt im Irak:
Aufgaben der NATO-Truppen
Der Schwerpunkt der NTM-I lag auf der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte sowie auf der Bereitstellung von Ausrüstung. Von 2004 bis 2011 wurden nach NATO-Angaben mehr als 5.000 irakische Militärangehörige und mehr als 10.000 irakische Polizeiangehörige ausgebildet. Hinzu kommen fast 2.000 Lehrgänge, die in NATO-Ländern durchgeführt wurden. Die Ausbildung richtete sich vor allem an Offiziere und Entscheidungsträger im Sicherheitssektor. Zudem wurde militärische Ausrüstung im Wert von mehr als 115 Millionen Euro bereitgestellt.
Weder bei NTM-I noch bei der Nachfolgemission NMI handelt es sich um Kampfmissionen. Die Ausbildung und Beratung durch das NATO-Personal erfolgt also nicht direkt an der Seite der irakischen Streitkräfte, das heißt während militärischer Operationen der Regierung. Die Mission berät lediglich Mitglieder der irakischen Sicherheitsinstitutionen und Streitkräfte, die unter der Kontrolle der Zentralregierung stehen, da sie vermeiden will, die ethnische und religiöse Zersplitterung des Landes zu befeuern. Alle 32 NATO-Mitglieder sowie die Partnerländer Österreich und Australien beteiligen sich an der NMI. Derzeit besteht die Mission nach NATO-Angaben aus mehreren hundert militärischen sowie zivilen Beraterinnen und Beratern.
Mandatsgrundlage
Die NTM-I wurde im Einklang mit der Resolution 1546 des
Deutsche Beteiligung
Deutschland hat sich mit mehreren Ausbildungsgängen für irakische Sicherheitskräfte an der NTM-I beteiligt. Diese fanden ausschließlich außerhalb des Iraks sowohl in den Vereinigten Arabischen Emiraten als auch in der Bundesrepublik statt.
Dem deutschen Engagement für NMI liegt ein breit angelegtes Mandat des Bundestages zugrunde. Es zielt darauf, die internationale Anti-IS-Koalition bei der Eindämmung des IS zu unterstützen und einen Beitrag zur Stabilisierung im Irak zu leisten. Konkret bestand beziehungsweise besteht das Mandat der Bundeswehr dabei aus zwei Komponenten:
Die Bundeswehr unterstützte außerhalb der NATO die internationale Militärkoalition gegen den IS im Irak und in Syrien von 2016 bis März 2020 mit Aufklärungsflügen von Tornado-Flugzeugen. Mit dem vorläufigen Erfolg der Mission – im März 2019 hatte der IS das letzte von ihm gehaltene Territorium verloren und im Oktober 2019 wurde bei einem US-Militäreinsatz der Chef der Terrormiliz, Abu Bakr Al-Baghdadi, getötet – erfuhr das Mandat eine Veränderung. Der Einsatz von deutschen Flugzeugen zur Aufklärung wurde eingestellt, derjenige zur Luftbetankung der Alliierten wurde beibehalten. Außerdem stellte die Bundeswehr nun ein am Boden stehendes Radarsystem zur Luftraumüberwachung und Lagebilderstellung für die Koalition zur Verfügung.
Der Ausbildungseinsatz der Bundeswehr zielt auf die Ausbildung und Beratung irakischer Sicherheitskräfte ab, darunter auch Peschmerga-Kämpfer in den kurdischen Autonomiegebieten im Norden des Landes. Der deutsche Beitrag zum Fähigkeitsaufbau der regulären irakischen Sicherheitskräfte kann sowohl im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition als auch aufgrund einer Mandatsänderung seit dem Frühjahr 2020 im Rahmen der NMI erbracht werden. Das gemeinsame Wirken der verschiedenen irakischen Streit- und Sicherheitskräfte gilt dabei angesichts der existierenden ethnischen und religiösen Bruchlinien innerhalb der irakischen Gesellschaft als von besonderer Bedeutung für die erfolgreiche Bekämpfung des IS.
Die Mandatsverlängerung vom Oktober 2024 für das Engagement in der internationalen Anti-IS-Koalition mit ihrer „Operationen Inherent Resolve“ sowie der „NATO Mission Iraq“ erlaubt eine Fortführung des deutschen Einsatzes mit bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten bis zum 31. Januar 2026.
Bilanz
Die NATO ist mit ihrer NATO Mission Iraq (NMI) weiterhin im Irak aktiv. Ihre Wirkung ist jedoch in politischer Hinsicht überschaubar. Denn das Hauptproblem des Iraks bleibt das zersplitterte politische System: Das Land wurde in den vergangenen Jahren immer von nationalen Einheitsregierungen geführt, auch deshalb, weil das Parlament wie auch die Bevölkerung und die Sicherheitskräfte entlang ethnischer oder religiösen Bruchlinien gespalten sind. Es gibt dadurch keine irakische Partei oder politische Bewegung, die in der Lage ist, eine eigene Regierungsmehrheit zu erringen. Zudem beeinflusst der