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Antisemitismus unter Muslim:innen: Warum eine kritisch-differenzierte Debatte notwendig ist | Infodienst Radikalisierungsprävention | bpb.de

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Antisemitismus unter Muslim:innen: Warum eine kritisch-differenzierte Debatte notwendig ist

Dr. Cemal Öztürk

/ 21 Minuten zu lesen

Ob antisemitische Parolen und Sympathiebekundungen für Hamas und Hisbollah auf pro-palästinensischen Demonstrationen oder die erschreckende Zunahme judenfeindlicher Hasskriminalität – eine Debatte über den Antisemitismus unter Muslim:innen ist nach dem 7. Oktober notwendig und unausweichlich. Schillernde Schlagworte wie „importierter Antisemitismus“ deuten jedoch an, dass es dabei immer wieder zu vorschnellen und stigmatisierenden Verallgemeinerungen kommt. Dem Kampf gegen Antisemitismus ist aber weder durch einen Generalverdacht gegenüber Muslim:innen, noch durch eine Bagatellisierung des islamisierten Antisemitismus gedient. Dieser Beitrag will zu einer Versachlichung der Debatte beitragen. Er beleuchtet hierfür die historischen Wurzeln und vielfältigen ideologischen Quellen des Antisemitismus und gibt einen kompakten Überblick über aktuelle Studien, die sich der Verbreitung und Ursachen antisemitischer Ressentiments unter Muslim:innen in Deutschland widmen.

Pullover von Teilnehmer:innen der sogenannten „Kalifatsdemos“ von Muslim Interaktiv. (© picture-alliance/dpa)

Am 7. Oktober 2023 ereignete sich ein Terroranschlag von beispielloser Brutalität, der den Nahostkonflikt in eine neue, noch verheerendere Phase führte. Die Hamas und ihre Verbündeten überfielen israelische Gebiete und verübten ein schreckliches Massaker. Rund 1.200 unschuldige Zivilist:innen – darunter Familien in ihren Häusern und Besucher:innen eines Musikfestivals – wurden brutal ermordet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte mit einer intensiven Luft- und Bodenoffensive, die das Ziel verfolgt, die Hamas zu zerschlagen und die entführten Geiseln zu befreien. Doch die humanitären Folgen dieser Operation sind gravierend: Schätzungen (Stand: Ende Mai 2024) zufolge sind bei den israelischen Angriffen bisher über 36.000 Palästinenser:innen ums Leben gekommen, wobei eine präzise Quantifizierung des Verhältnisses zwischen getöteten Kombattant:innen und Zivilist:innen nicht möglich ist (Asseburg 2024).

Auch in Deutschland sind die Folgen des Konflikts spürbar. Obwohl die Bundesregierung ihre unverbrüchliche Solidarität mit Israel im Kampf gegen die Hamas bekräftigt hat, haben seit dem 7. Oktober vor allem pro-palästinensische Demonstrationen das Geschehen bestimmt. Diese Proteste hätten einen Raum für eine legitime Kritik an der Kriegsführung der israelischen Regierung bieten können, doch vielerorts sind sie zu Plattformen für Antisemitismus, Feindschaft gegen Israel und extremistische Gewaltaufrufe avanciert. In Berlin-Neukölln etwa feierte die inzwischen verbotene Organisation Samidoun die Terrorakte der Hamas mit Jubel und dem Verteilen von Baklava. Es kam vermehrt zu Anzeigen wegen Volksverhetzung und Aufrufen zu Gewalttaten. Sympathiebekundungen für Terrororganisationen wie die Hamas oder Hisbollah sind keine Seltenheit. Und so nutzen islamistische Akteur:innen die Eskalation des Nahostkonflikts gezielt, um ihre Propaganda zu verbreiten – nicht nur online, sondern auch auf den Straßen deutscher Städte. Gruppen wie Muslim Interaktiv, die der in Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir nahestehen, organisierten beispielsweise Demonstrationen, bei denen die Errichtung eines Kalifats gefordert wurde.

Diese Entwicklungen haben die Sicherheitslage für Jüd:innen und Juden in Deutschland weiter verschärft: Häuser wurden mit Davidsternen markiert, auf eine Synagoge in Berlin wurden Molotow-Cocktails geworfen, und an der Freien Universität Berlin wurde ein jüdischer Student von einem arabischstämmigen Kommilitonen krankenhausreif geschlagen. Personen, die sich öffentlich gegen Antisemitismus engagieren, werden als Zionist:innen beschimpft und mit roten Dreiecken versehen – ein Symbol, mit dem die Hamas ihre Anschlagsziele markiert.

Diese Vorfälle sind Teil eines besorgniserregenden Trends. Laut aktuellen Daten des Bundesinnenministeriums und des Bundeskriminalamtes stieg die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland im Jahr 2023 auf 5.164 – ein alarmierender Anstieg von 95,53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Während die Mehrheit der Fälle nach wie vor rechtsextremen Gruppen angelastet wird, zeigt sich nach dem 7. Oktober, dass Hassverbrechen gegen Jüd:innen und Juden zunehmend auch von radikalisierten Akteur:innen mit „ausländischen“ oder „religiösen“ Ideologien verübt werden (Bundesministerium des Innern und für Heimat 2023). Die Meldestelle RIAS (2023) unterstreicht die zentrale Rolle des antiisraelischen Aktivismus und schätzt, dass etwa sechs Prozent aller registrierten Vorfälle einen islamistischen Hintergrund haben. Viele Jüd:innen und Juden in Deutschland fühlen sich zunehmend bedroht und versuchen, durch unauffälliges Verhalten im Alltag ihre Sicherheit zu wahren (Beyer und Goldkuhle 2024; Pickel et al. 2022).

Die Eskalation des Nahostkonflikts und die vielen antisemitischen Vorfälle haben die Debatte um den sogenannten „importierten Antisemitismus“ noch einmal verstärkt. Die Alternative für Deutschland (AfD) operiert bereits seit längerem mit diesem Begriff, um den Islam, Muslim:innen und Geflüchtete aus dem Nahen Osten unter Generalverdacht zu stellen (Rohde 2019). Nun wurde diese Rhetorik noch einmal verschärft. So sprach Björn Höcke (AfD) im Landtagswahlkampf in Thüringen davon, dass „Antisemitismus ausgeprägten Maßes bei der ursprünglichen deutschen Bevölkerung“ nicht vorhanden sei und bezeichnete die „millionenfache Einwanderung aus dem islamischen Kontext“ als Ursache für den Anstieg des Antisemitismus (Der Spiegel 2024).

Auch andere politische Akteur:innen übernehmen nun vermehrt diese Rhetorik. Hubert Aiwanger von den Freien Wählern, der während des bayerischen Landtagswahlkampfs wegen eines antisemitischen Flugblatts aus seiner Schulzeit selbst in die Kritik geraten war, reagierte auf die antisemitischen Vorfälle nach den antiisraelischen Demonstrationen mit allgemeinen Verurteilungen von Geflüchteten – und sagte: „Jetzt sieht man, dass man sich Unsinn ins Land geholt hat“ (Die Welt 2023). Besonders prägnant äußerte sich Vizekanzler Robert Habeck (Die Grünen), der in einer Videoansprache die muslimische Bevölkerung in Deutschland direkt aufforderte, sich „klipp und klar von Antisemitismus zu distanzieren, um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen“ (zitiert nach Arnold und Kiefer 2024a).

Die aktuelle Debatte über Antisemitismus unter Muslim:innen findet unter verzerrten Kommunikationsbedingungen statt und birgt die Gefahr von Verallgemeinerungen, Kulturalisierung und Essentialisierung (Biskamp 2023). Antisemitischer Hass wird zunehmend als ein „Problem der Anderen“ externalisiert – als ein Phänomen, das quasi naturwüchsig mit dem islamischen Glauben verbunden sei und durch die Einwanderung von Muslim:innen in eine vermeintlich vom Antisemitismus „geläuterte“ Gesellschaft getragen werde (Öztürk et al. 2023). Diese Verengung des Diskurses ist problematisch. Selbstredend darf der Antisemitismus unter Muslim:innen nicht bagatellisiert werden, aber es bedarf einer differenzierten Analyse, um die Debatte zu versachlichen und wirksame Gegenstrategien zu entwickeln (Öztürk und Pickel 2022).

Vielfältige Quellen, klares Feindbild: Zur historischen Genese und Ambiguität des Antisemitismus in der islamischen Welt

Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Es ist unstrittig, dass antisemitische Stereotype und Feindbildkonstruktionen in Gesellschaften mit muslimischer Mehrheitsbevölkerung sowie unter Muslim:innen in Deutschland verbreitet sind. Die bloße Existenz dieser Problematik ist jedoch kein ausreichender Beleg dafür, dass Antisemitismus ein „importiertes Problem“ darstellt, welches untrennbar mit „dem Islam“ verbunden ist. Einschätzungen über die historische Genese des Phänomens sind Gegenstand einer wissenschaftlichen Kontroverse und die Verwendung verschiedener Begriffe wie muslimischer, islamisierter, islamistischer oder arabischer Antisemitismus zeigt, wie komplex dieses Thema tatsächlich ist (Arnold und Kiefer 2024b).

Muslimischer Antisemitismus

Der Begriff muslimischer Antisemitismus suggeriert, dass Judenfeindlichkeit tief in der islamischen Tradition verankert ist (Ourghi 2024). Entsprechende Thesen sind jedoch nicht unumstritten. Weder besitzen die heiligen Schriften des Islam per se eine anti-jüdische Stoßrichtung, noch kann die Diskriminierung und Verfolgung von Jüd:innen und Juden zum Normalfall der 1400-jährigen Geschichte der islamischen Religion erklärt werden (Kiefer 2018; Lewis 1984).

Die Mitglieder der abrahamitischen Religionen werden im Islam als „Völker des Buches“ anerkannt, da sie als Empfänger einer göttlichen Offenbarung angesehen werden. Erwähnenswert ist auch, dass der Koran die Gemeinschaft der Muslim:innen dazu aufruft, Christ:innen sowie Jüd:innen und Juden mit Toleranz und Respekt zu begegnen (Tibi 2017). Gleichwohl war und ist das Verhältnis zwischen Islam und Judentum nicht frei von Spannungen. Ein markantes Beispiel hierfür ist die Schlacht um Chaibar von 628, bei der die Truppen des Propheten Mohammed einen jüdischen Stamm besiegten und unterwarfen. Solche militärischen Auseinandersetzungen wurden nachträglich religiös legitimiert, was dazu führte, dass der Koran neben Toleranzgeboten auch abwertende Passagen enthält. So werden Jüd:innen und Juden beispielsweise als „Affen und Schweine“ herabgewürdigt (Jikeli 2015; Salzborn 2018). Diese Überlieferungen werden bis heute – obwohl sie im Kontext der politischen und militärischen Konflikte ihrer Zeit zu betrachten sind – als Rechtfertigung für Gewalt herangezogen. Wenn heute auf anti-israelischen Demonstrationen der Slogan „Chaibar, Chaibar, oh ihr Juden! Mohammeds Heer kommt bald wieder!“ skandiert wird, ist es legitim von einer Feindschaft zu sprechen, die sich auch aus der islamischen Tradition speist (Kayman 2021).

Auch ist vor einer Romantisierung der „islamischen Toleranz“ zu warnen. Jüd:innen und Juden galten in islamisch-legitimierten Gesellschaftsordnungen als Schutzbefohlene („Dhimmi“). Sie waren Bürger:innen zweiter Klasse und mussten eine Sondersteuer zahlen, genossen somit aber dennoch einen rechtlichen Schutz, der ihnen im „christlichen Abendland“ oft verwehrt blieb (Tibi 2017). Ein markantes Beispiel dafür ist das mittelalterliche Andalusien unter islamischer Herrschaft, das zu einem Zufluchtsort für Jüd:innen und Juden wurde, die in vielen anderen Teilen Europas massiver Verfolgung ausgesetzt waren (Brumlik 2018). In dieses Bild fügt sich auch, dass viele sephardische Jüd:innen und Juden nach der sogenannten Reconquista – also dem Ende der arabischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel – ins Osmanische Reich flohen (Arnold und Kiefer 2024b). Dennoch kam es auch in islamisch geprägten Gesellschaften wiederholt zu Pogromen, wie beispielsweise im Jahr 1033 in der marokkanischen Stadt Fes (Jikeli 2019). Inwiefern die Intensität und Willkür dieser Gewalt mit dem extremen Ausmaß der Verfolgungen vergleichbar ist, die Jüd:innen und Juden im „christlichen Abendland“ erlitten, ist Gegenstand einer kontroversen Debatte (vgl. Bensoussan 2019; Lewis 1984).

Der christliche Anti-Judaismus ist tief in der Vorstellung verankert, dass „die Juden“ für den Tod Jesu verantwortlich seien. Eine Anklage, die über Jahrhunderte hinweg – angereichert um Ritualmordlegenden und Vorwürfe des Hostienfrevels – die Grundlage für zahlreiche Pogrome und systematische Verfolgungen bildete (Benz 2016; Voigt 2023). Im Gegensatz dazu galten „die Juden“ in der islamischen Welt, angesichts der Überlieferungen über die militärische Überlegenheit des Propheten eher als „schwach“ und „unterlegen“ (Becker 2020).

Zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert änderten sich die Narrative über „die Juden“ in der islamischen Welt tiefgreifend. Dieser Wandel ist untrennbar mit einem Ideologieexport aus Europa verbunden. So gelangten antisemitische Schriften über christliche Missionare und die imperialistischen Mächte Großbritannien und Frankreich in den Nahen Osten (Arnold und Kiefer 2024b). Dass sie auf fruchtbaren Boden stießen, hat auch realpolitische Gründe. Ihre Verbreitung fällt in eine Zeit wachsender Spannungen, die mit dem Kampf gegen den europäischen Imperialismus, aber auch der sich abzeichnenden Gründung des Staates Israel verknüpft sind (Küntzel 2020). Auch Nazi-Deutschland spielte dabei – was in den Debatten über den „importierten Antisemitismus“ gerne ausgeklammert wird – eine Schlüsselrolle (Herf 2009). Die Nationalsozialist:innen verfolgten zwei zentrale Ziele: Einerseits wollten sie ihren Vernichtungsfeldzug gegen „die Juden“ auf die arabische Welt ausdehnen, andererseits planten sie, den arabischen Widerstand gegen die Gründung Israels zu stärken (Küntzel 2020). Um diese Ziele zu erreichen, gingen die Nazis eine Allianz mit Amin El-Husseini, dem Großmufti von Jerusalem, ein. El-Husseini, eine zentrale Figur der palästinensischen Nationalbewegung, kooperierte mit den Nationalsozialist:innen und verbreitete zusammen mit ihnen antisemitische Verschwörungsmythen, unter anderem über den Radiosender Zeesen. Diese wurden mit judenfeindlichen Passagen aus dem Koran kombiniert, um sie für ein arabisches Publikum überzeugender zu machen (Küntzel 2019).

Ein weiterer wichtiger Akteur bei der Popularisierung des Antisemitismus im Nahen Osten war auch die Muslimbruderschaft. Diese 1928 in Ägypten gegründete Organisation stieg in den 1930er-Jahren zu einer der einflussreichsten Bewegungen in der arabischen Welt auf und erhielt dabei sowohl finanzielle als auch ideologische Unterstützung von Nazi-Deutschland. Die Muslimbruderschaft verbreitete nicht nur antisemitische Propaganda, sondern organisierte auch direkte Gewaltakte. Wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Welt gerade erst die Gräueltaten des Holocaust zu verarbeiten begann, organisierte die Muslimbruderschaft antijüdische Pogrome in Kairo und Alexandria (Küntzel 2020).

Islamisierter Antisemitismus

Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelte sich so sukzessive ein Phänomen, das als islamisierter Antisemitismus bezeichnet werden kann. Dieser Begriff beschreibt eine ideologische Mutation, bei der antisemitische Ideen europäischen Ursprungs in einen islamischen Kontext überführt und im Nachhinein mit religiösen Versatzstücken vermischt wurden (Kiefer 2006). Was oft als „importierter Antisemitismus“ bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit ein „re-importierter Antisemitismus“, der durch den Islamismus eine neue ideologische Schärfe erhielt (Henning 2022).

Islamistischer Antisemitismus

Ein Schlüsseltext dieses islamistischen Antisemitismus ist Sayyid Qutbs Traktat „Unser Kampf mit den Juden“ (Kiefer 2022). Den wichtigsten Kontext für Qutbs Werk liefert die traumatische Erfahrung der arabischen Niederlage (Nakba) im israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948. Der militärische Erfolg Israels führte in der arabischen Welt zu einem tiefen Trauma, das die bis dahin vorherrschende Vorstellung von „schwachen“ und „unterlegenen“ Jüd:innen und Juden nicht mehr plausibel erschienen ließ (Becker 2020). Diese Niederlage befeuerte das Bedürfnis nach einfachen Erklärungen und Verschwörungsmythen, um das eigene Versagen zu rationalisieren (Öztürk et al. 2023). In dieses Vakuum stieß Qutb – der damalige Vordenker der Muslimbruderschaft – mit seiner Schrift. Qutb machte „die Juden“ für das Elend der islamischen Welt verantwortlich und behauptete, sie hätten sich seit der Zeit Mohammeds gegen den Islam verschworen. Er entwarf das Narrativ einer ewigen Feindschaft zwischen Islam und Judentum, dargestellt als kosmischer Kampf zwischen Gut und Böse, in dem „die Juden“ das „ultimative Böse“ verkörperten und als Ursprung allen Übels galten. Qutb griff dabei auf Mythen und Stereotypen des modernen Antisemitismus europäischer Prägung zurück und vermischte ihn – in der Tradition des einstigen Jerusalemer Großmuftis Amin El-Husseini – mit selektiv ausgewählten und vor allem politisch motivierten Interpretationen des Korans (Becker 2020).

Diese Ideen haben bis heute nichts von ihrer Wirkungsmacht eingebüßt, wie das Beispiel von Yusuf al-Qaradawi, einem mittlerweile verstorbenen TV-Prediger und einflussreichen Ideologen der Muslimbruderschaft, zeigt. In einem Interview mit Al-Jazeera im Jahr 2004 machte al-Qaradawi unmissverständlich deutlich, dass ein Dialog mit „den Juden“ seiner Ansicht nach ausschließlich mit Waffengewalt – konkret mit Schwertern und Gewehren – geführt werden könne (Tibi 2017). Diese Haltung spiegelt sich auch in der Charta der Hamas wider, dem palästinensischen Zweig der Muslimbruderschaft. Dort finden sich – neben den antijüdischen Koran- und Hadithversen sowie Verweisen auf die „Protokolle der Weisen von Zion“ – zahlreiche Anleihen aus den Schriften Qutbs (Wyss 2020). Auch außerhalb der arabischen Welt hat der islamistische Antisemitismus tiefe Wurzeln geschlagen. Wie man es dreht und wendet: Der Hass auf Jüd:innen und Juden sowie auf den Staat Israel gehört zu den zentralen Signaturen und ist der kleinste gemeinsame Nenner islamistischer Bewegungen, Parteien und Terrororganisationen. Er wird geschickt genutzt, um die eigene Gefolgschaft zu mobilisieren und politische Machtansprüche zu untermauern (Externer Link: Cheema 2020; Externer Link: Pfahl-Traughber 2023).

Arabischer Antisemitismus

Eine der gefährlichsten Eigenschaften des Antisemitismus ist seine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit an verschiedene ideologische Strömungen. Auch in der islamischen Welt ist er ein flexibler Code (Haury 1992), der ideologisch vielseitig anschlussfähig ist (Kiefer 2006). Besonders deutlich zeigt sich dies im arabischen Antisemitismus. Mit diesem Begriff wird auf den (pan-)arabischen Nationalismus rekurriert, bei dem es sich um eine säkulare und antiimperialistische Ideologieformation handelt – was unterstreicht, dass eine Fokussierung auf religiöse Quellen zu kurz greifen kann (Arnold und Kiefer 2024b).

Hierfür spricht zumindest ein historischer Blick auf den Nahostkonflikt: Die vergangenen militärischen Angriffe auf Israel wurden von führenden Vertretern dieses Nationalismus angeführt, deren antisemitische Überzeugungen gut dokumentiert sind. Gamal Abdel Nasser, der ehemalige Präsident Ägyptens, empfahl seinen Mitstreitern die Lektüre der „Protokolle der Weisen von Zion“. Er leugnete den Holocaust und gewährte Nazi-Kriegsverbrechern in Ägypten Unterschlupf (Jikeli 2015). Ähnliche Sympathien für den Nationalsozialismus und antisemitische Schmähschriften gibt es auch in den Reihen der syrischen Baath-Partei (Arnold und Kiefer 2024b). Muammar al-Gaddafi, der 1969 in Libyen die Macht übernahm, unterstützte nicht nur militärische Angriffe auf Israel, sondern finanzierte weltweit antisemitische Terroranschläge. Holocaust-Leugner:innen ehrte er mit einem (nach ihm selbst benannten) Menschenrechtspreis (Jikeli 2015).

Empirische Erkenntnisse: Was man über die Verbreitung und Ursachen von antisemitischen Ressentiments unter Muslim:innen und in Deutschland wissen sollte

In der Diskussion über angemessene und tragfähige Begriffe darf der Kern des Problems nicht übersehen werden: die Ambiguität. Die diversen ideologischen Quellen und unterschiedlichen Ausdrucksformen des Antisemitismus zeugen von seiner tiefen Verwurzelung in diversen sozialen, religiösen und politischen Kontexten (Salzborn 2018).

Artikulationsformen des Antisemitismus

Will man Aussagen über die Verbreitung von antisemitischen Einstellungsmustern treffen, müssen jedoch eine ganze Reihe von methodischen Fallstricken eingepreist werden. Dies betrifft vor allem das Problem eines sozial-erwünschten Antwortverhaltens. Gerade in Deutschland, wo nach der Shoah offener Antisemitismus stark geächtet ist, zögern viele Antisemit:innen, ihre Ressentiments offen zu kommunizieren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass antisemitische Einstellungen verschwunden sind – sie existieren im privaten Raum fort und werden oft hinter vorgehaltener Hand geäußert. So zeigt die Antisemitismusforschung, dass entsprechende Ressentiments selten direkt, sondern eher über Umwege kommuniziert werden, wenn den Befragten eine gesellschaftlich weniger geächtete Ausdrucksform zur Verfügung steht (Beyer 2024). Auch deshalb ist es – vor allem im deutschen Kontext – üblich, zwischen verschiedenen Artikulationsformen des Antisemitismus zu differenzieren. Hierunter fallen vor allem der tradierte, sekundäre und israelbezogene Antisemitismus (Kiess et al. 2020).

Tradierter Antisemitismus

Unter tradierten Antisemitismus werden Einstellungsmuster subsummiert, die Jüd:innen und Juden in irrationaler Weise übermäßige Macht, Gerissenheit und internen Zusammenhalt zuschreiben. Diese Vorstellungen sind oft mit Verschwörungstheorien verknüpft, die behaupten, „die Juden“ würden die Regierung, Wirtschaft oder Medien kontrollieren oder für Kriege und Krankheiten verantwortlich sein (Benz 2016). Beispiele für solche Aussagen in Umfragen sind „Der Einfluss der Juden ist immer noch zu groß“ oder „Juden nutzen mehr als andere üble Tricks, um ihre Ziele zu erreichen“.

Sekundärer Antisemitismus

Der sekundäre Antisemitismus ist charakteristisch für die post-nationalsozialistische Gesellschaft und basiert auf der Verdrängung von Schuld sowie der mangelnden Anerkennung der Beteiligung vieler Deutscher an den NS-Verbrechen (Salzborn 2020). Er zeigt sich in Täter-Opfer-Umkehrungen, der Relativierung deutschen Leids und dem Wunsch nach einem Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit. Gängige Aussagen für seine Erfassung in der Umfrageforschung lauten „Die Reparationsforderungen an Deutschland nutzen nicht den Opfern, sondern einer Holocaust-Industrie von findigen Anwälten“ oder „Wir sollten uns besser gegenwärtigen Problemen annehmen, als Ereignissen, die über 70 Jahre her sind“. Diese Aussagen enthalten Signalwörter, durch die die zuvor angedeutete Umwegkommunikation zum Tragen kommt. Befragte, die an die Existenz einer „Holocaust-Industrie findiger Anwälte“ glauben, stimmen damit schließlich implizit dem antisemitischen Narrativ der vermeintlichen „Raffgier“ von Juden und Jüd:innen zu.

Israelbezogener Antisemitismus

Israelbezogener Antisemitismus äußert sich in Feindschaft gegenüber dem Staat Israel, die nicht mit legitimer Kritik an der Regierungspolitik zu verwechseln ist (Rensmann 2021). Er manifestiert sich durch Delegitimierung, Dämonisierung und die Anwendung von Doppelstandards gegenüber Israel (Sharansky 2013). Aussagen wie „Israels Politik ist genauso schlimm wie die der Nazis“ dienen dazu, Israel moralisch zu delegitimieren und das jüdische Volk zu diffamieren, oft als Vorwand für eigene Ressentiments, was in Aussagen wie „Aufgrund der israelischen Politik werden mir Juden immer unsympathischer“ zum Ausdruck kommt.

Studienlage zur Verbreitung antisemitischer Ressentiments unter Muslim:innen

Bei der starken medialen Fokussierung auf den Antisemitismus unter Muslim:innen erscheint es sinnvoll, sich in einem ersten Schritt zu vergegenwärtigen, dass Antisemitismus in Deutschland kein Randphänomen darstellt. Die Leipziger Autoritarismus-Studie offenbart, dass mindestens ein Viertel der Bevölkerung manifest oder zumindest latent Aussagen zustimmt, die auf eine Internalisierung von tradierten antisemitischen Ressentiments schließen lassen. Der israelbezogene Antisemitismus ist in breiten Teilen der Gesellschaft verankert und erreicht Zustimmungsraten von 40 bis 70 Prozent. Besonders gravierend ist die Verbreitung des sekundären Antisemitismus, dem bis zu 80 Prozent der Befragten zustimmen, was ihn nahezu zur gesellschaftlichen Norm macht (Kiess et al. 2022). Diese Zustimmungswerte entlarven das Selbstbild einer Gesellschaft, die den Antisemitismus überwunden hat, als Mythos (Öztürk und Pickel 2022). Dass es ohne die Einwanderung von Muslim:innen kaum Antisemitismus in Deutschland geben würde, ist falsch – und so hat auch der Begriff des „importierten Antisemitismus“ keinen Anklang in der wissenschaftlichen Debatte gefunden (Arnold 2023).

Gleichwohl hat die ebenfalls mitschwingende Behauptung einer starken Verbreitung von antisemitischen Ressentiments unter Muslim:innen durchaus einen Realitätsgehalt. Eine der umfassendsten globalen Studien zu antisemitischen Einstellungen, durchgeführt von der Anti-Defamation League (2019), zeichnet zumindest ein alarmierendes Bild: In der MENA-Region, die Nordafrika, die arabische Halbinsel, Iran und die Türkei umfasst, stimmen 74 Prozent der Befragten antisemitischen Stereotypen zu – ein erschreckend weit verbreitetes antisemitisches Gesellschaftsklima, das weltweit seines gleichen sucht. Dieses empirische Muster spiegelt sich auch in Deutschland wider: So fällt die Empfänglichkeit für antisemitische Stereotype unter Muslim:innen (49 Prozent) deutlich höher aus als im Bevölkerungsdurchschnitt (15 Prozent).

Erwähnenswert ist auch eine weitere Beobachtung: In der Türkei, dem Herkunftsland vieler in Deutschland lebender Muslim:innen, liegt die Zustimmung zu antisemitischen Stereotypen bei alarmierenden 71 Prozent und übertrifft damit die Zustimmungswerte unter in Deutschland lebenden Muslim:innen deutlich. Dies spricht für ein gewisses Spannungsfeld, in dem viele Mitglieder islamischer Religionsgemeinschaften in Deutschland leben: Sie stehen zwischen den Einflüssen ihrer Herkunftsländer und den Normen und Tabus ihrer (neuen) deutschen Heimat. Der Begriff des „importierten Antisemitismus“ wird den komplexen empirischen Realitäten also nicht gerecht (Öztürk und Pickel 2022).

Ob die Religionszugehörigkeit für die Empfänglichkeit antisemitischer Ressentiments wirklich der springende Punkt ist, bleibt umstritten. Arnold und Kiefer (2024b) argumentieren, dass die geografische Nähe zum Nahostkonflikt und die antizionistische Sozialisation in den Gesellschaften der MENA-Region entscheidender sind. Der angedeutete Konformitätsdruck der sozialen Umgebung macht auch vor Christ:innen in der Region keinen Halt: Ihre Zustimmung zu antisemitischen Stereotypen (64 Prozent) übertrifft die Zustimmungswerte ihrer Glaubensgenoss:innen in Westeuropa (25 Prozent) tatsächlich um ein Vielfaches (Anti-Defamation League 2019). Dieser Befund legt nahe, dass der Herkunftskontext von Menschen prägender sein könnte als ihre Religionszugehörigkeit.

Doch es gibt auch gegenteilige Ergebnisse. Eine Studie von Beyer (2019) erhärtet den Befund von signifikanten Einstellungsunterschieden zwischen Muslim:innen und Nicht-Muslim:innen. Mithilfe von Mehrebenenanalysen, die gesellschaftliche und individuelle Einflüsse trennen und deren Wechselwirkungen modellieren, belegt er, dass antisemitische Einstellungen in Gesellschaften mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit besonders stark ausgeprägt sind. Auf individueller Ebene ist die Antipathie gegen „die Juden“ unter Muslim:innen ebenfalls ausgeprägter als bei Nicht-Muslim:innen – und diese Unterschiede stechen insbesondere in Gesellschaften heraus, in denen Muslim:innen als religiöse Minderheit leben.

Eine repräsentative Umfrage des American Jewish Committee (2022), durchgeführt vom Allensbach Institut, bestätigt, dass diese Konstellation auch auf die Situation in Deutschland zutrifft. Antisemitische Stereotype sind unter Muslim:innen kein Randphänomen: Über die Hälfte der muslimischen Befragten glaubt, dass „Juden ihren Opferstatus aus dem Holocaust zu ihrem eigenen Vorteil nutzen“. Hinzukommen mehr als 40 Prozent der Befragten, die der Überzeugung sind, dass „die Juden“ übermäßigen Reichtum besitzen oder in der Wirtschaft, der Politik und den Medien die Strippen ziehen.

Es ist der tradierte und israelbezogene Antisemitismus, für den Muslim:innen empfänglicher sind als der Mainstream der Bevölkerung (Öztürk und Pickel 2022) – was dann auch die verstärkte Aktivierung solcher Ressentiments im Kontext von Eskalationsepisoden des Nahostkonflikts erklärt (Richter et al. 2022).

Was begünstigt die Formation antisemitischer Ressentiments unter Muslim:innen?

Der Rückhalt für antisemitische Aussagen unter Muslim:innen ist alarmierend und darf keineswegs verharmlost werden. Entgegen den pauschalen Verallgemeinerungen und dem Generalverdacht, den insbesondere die AfD schürt, gilt es jedoch auch zu betonen, dass die Mehrheit der Muslim:innen in Deutschland tradierten Formen des Antisemitismus nichts abgewinnen kann (Fischer und Wetzels 2023). Die Binnenheterogenität innerhalb der muslimischen Bevölkerung lässt sich teilweise auch durch soziodemographische Faktoren erklären. Mit längerer Aufenthaltsdauer in Deutschland und besserem Zugang zu Bildung kommt es zu einem Abbau der auf Projektionen basierenden Ressentiments gegenüber Jüd:innen und Juden (Pickel et al. 2019).

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die persönliche Interpretation des Glaubens. Studien zeigen, dass es nicht die Religiosität an sich ist, die antisemitische Einstellungen fördert, sondern eine fundamentalistische Auslegung des Islam (Fischer und Wetzels 2024; Koopmans 2015; Öztürk und Pickel 2022). Fundamentalistische Strömungen, die eine strikte und feindselige Interpretation religiöser Texte propagieren, tragen entscheidend zur Verbreitung antisemitischer Haltungen bei und verstärken sie innerhalb der Gemeinschaften, in denen sie Einfluss haben. Ihre Breitenwirkung darf nicht unterschätzt werden. So beeinflusst die kollektive Religionspraxis, wie der regelmäßige Moscheebesuch, die Empfänglichkeit für antisemitische Einstellungen, unabhängig davon, ob die Besucher:innen zu einer fundamentalistischen Auslegung ihrer Religion neigen oder nicht (Fischer und Wetzels 2024).

Bei der gesellschaftlichen Debatte über diese Missstände ist ein gewisses Fingerspitzengefühl gefragt. Das pauschale Misstrauen, das in den Debatten um „importierten Antisemitismus“ gegenüber Muslim:innen mitschwingt, kann im schlimmsten Fall zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden (Öztürk et al. 2023). Zumindest deuten Studien darauf hin, dass Diskriminierungserfahrungen – und hierunter fällt auch die pauschale Zuschreibung einer Empfänglichkeit für den Antisemitismus – sowie das Gefühl gesellschaftlicher Ausgrenzung antisemitische Einstellungen unter Muslim:innen verstärken können (Öztürk et al. 2022). Eine mögliche Erklärung dafür ist die sogenannte „Opferkonkurrenz“: Muslim:innen, so die Annahme, könnten mit antisemitischen Ressentiments reagieren, wenn sie den Eindruck bekommen, dass die Mehrheitsgesellschaft antisemitische Vorfälle ernster nimmt als die Anfeindungen und rassistischen Vorurteile, denen sie selbst ausgesetzt sind (Unabhängiger Expertenkreis Antisemitismus 2017). Selbstredend rechtfertigen eigene Diskriminierungserfahrungen keinen Antisemitismus. Aber es spricht vieles dafür, dass die Marginalisierungserfahrungen auf das religiöse Feld zurückwirken. Sie spielen den islamistischen Viktimisierungsdiskursen in die Hände und Islamist:innen verstehen es geschickt, die Frustration über (reale oder imaginierte) Probleme und negative Erfahrungen der Eigengruppe gezielt auf „die Juden“ zu lenken (Öztürk und Pickel 2024; Wetzel 2014).

Warum eine kritische gesellschaftliche Debatte über den Antisemitismus unter Muslim:innen voller Fallstricke steckt – und trotzdem unausweichlich ist

Die Antisemitismuskritik steht vor dem Hintergrund dieser Gemengelage vor einer doppelten Herausforderung: Sie muss die pauschalisierenden Zuschreibungen gegenüber Muslim:innen problematisieren, ohne in die Falle einer Bagatellisierung des islamisierten bzw. islamistischen Antisemitismus zu tappen (Öztürk et al. 2024).

Um der polarisierten Debatte entgegenzuwirken, muss der von der AfD geprägte Begriff „importierter Antisemitismus“ kritisch hinterfragt und problematisiert werden. Im Grunde genommen ist die mangelnde Authentizität des vermeintlichen Anti-Antisemitismus der AfD schnell enttarnt. Führende Parteigrößen, wie Björn Höcke, der das Holocaust-Mahnmal als „Mahnmal der Schande“ bezeichnete, haben wiederholt NS-verharmlosende Aussagen getroffen. Auch unter ihren Wähler:innen lässt sich eine überdurchschnittliche Zustimmung zu antisemitischen Positionen feststellen (Öztürk und Pickel 2022). Die AfD nutzt den Begriff „importierter Antisemitismus“, um das Bild einer vom Antisemitismus geläuterten Gesellschaft zu zeichnen, sich von rechtsextremen Vorwürfen zu distanzieren und Feindseligkeit gegenüber Muslim:innen zu rechtfertigen (Pfahl-Traughber 2017). Zweifel sind hier mehr als berechtigt. Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus basieren zwar auf unterschiedlichen Feindbildkonstuktionen – so werden „die Muslime“ als defizitär und „die Juden“ als mächtige Strippenzieher dargestellt (Messerschmidt 2022) – doch sind beide Einstellungen stark miteinander verknüpft. Die AfD verbindet sie in Verschwörungsmythen wie dem „großen Austausch“. So werden jüdisch konnotierte Akteur:innen wie George Soros beschuldigt, gemeinsam mit politischen Eliten die Flüchtlingsströme von 2015 orchestriert zu haben, um eine „Islamisierung des Abendlandes“ voranzutreiben (Öztürk und Pickel 2022). Solche Verschwörungsnarrative wirken, da antisemitische Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft weiterhin verbreitet sind (Kiess et al. 2022). Antisemitismus als „Problem der Anderen“ zu externalisieren, ist daher sowohl falsch als auch empirisch nicht haltbar.

Antisemitismus und Muslim:innenfeindlichkeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte auf der letzten Islamkonferenz deshalb folgerichtig, dass sich Antisemitismus nicht mit antimuslimischem Rassismus bekämpfen lässt. Allerdings ist dem Kampf gegen den Antisemitismus auch nicht mit einer Bagatellisierung des islamisierten Antisemitismus gedient. Eine De-Thematisierung des Antisemitismus unter Muslim:innen kann keine adäquate Antwort auf die Sorge vor einer Reproduktion rassistischer Zuschreibungen sein (Arnold 2023). Sie gilt es jedoch richtig zu adressieren, wobei auch die Betroffenenperspektive hilfreich sein kann. Im Rahmen einer Umfrage der European Agency for Fundamental Rights (2018) nannten Jüd:innen und Juden, die Diskriminierung erleben mussten, Muslim:innen mit extremistischen Sichtweisen als häufigsten Ausgangspunkt von Hasskriminalität. Dass diese Bedrohungsperzeptionen nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigt ein Blick auf die vielen islamistischen Anschläge der letzten Dekade. Häufig richteten sich diese dezidiert gegen Jüd:innen und Juden und wurden in jüdischen Schulen, Museen, koscheren Supermärkten oder Synagogen verübt.

Die Liste notweniger Gegenmaßnahmen ist lang. Es bedarf einer stärkeren Thematisierung des Nahostkonflikts und des Antisemitismus in Schulen, die so gestaltet sein sollte, dass sie Kinder und Heranwachsende vor den verkürzten Darstellungen von Scharfmacher:innen schützt und zugleich den Ambiguitäten und der Multiperspektivität in einer Einwanderungsgesellschaft gerecht wird. Junge Muslim:innen dürfen nicht zu dem Eindruck gelangen, dass in Deutschland ein „selektiver Humanismus“ herrscht, bei dem das Leid der Palästinenser:innen weniger Bestürzung hervorruft als der Tod von unschuldigen Zivilist:innen in Israel. Dabei wäre es auch hilfreich, die unrühmliche Rolle Nazi-Deutschlands bei der Verbreitung des Antisemitismus im Nahen Osten stärker zu betonen – da so den rechten Externalisierungsstrategien entgegengewirkt werden könnte.

Auch sollten alle existierenden (religiösen wie weltlichen) Begegnungs- und Dialogformate mehr Unterstützung erfahren, in denen Gemeinsamkeiten statt Unterschiede in den Vordergrund gerückt werden (z. B. das Dialogprojekt „Schalom Aleikum“ vom Zentralrat der Juden). Vor dem Hintergrund der empirischen Befunde ist es auch legitim den Druck auf diejenigen islamischen Verbände zu erhöhen, die die Verbreitung von antisemitischen Ressentiments in ihren Reihen ignorieren oder herunterspielen. Die bisherige staatliche Kooperationspraxis mit Verbänden, die sich nicht glaubhaft von ihren islamistischen oder ultranationalistischen Gründungszusammenhängen emanzipiert haben (z. B. die islamische Gemeinschaft Millî Görüş, IGMG) und in einer zu starken Abhängigkeit von autokratischen Regimen stehen (z. B. Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., DITIB), gilt es zu überdenken (Bozay und Cicek 2023).

Man darf sich aber auch keinen Illusionen hingeben: Der Antisemitismus ist mehr als ein bloßes Vorurteil. Antisemitische Ressentiments entstehen unabhängig von tatsächlichen Interaktionen und auch ihr Fortbestehen hängt nicht vom Verhalten real existierender Menschen jüdischen Glaubens ab (Klug 2003). In Zeiten, in denen das Ressentiment jederzeit on- und offline mobilisiert werden kann und sich auf der Straße in Angriffen auf Jüd:innen und Juden manifestiert, müssen alle rechtsstaatlich „zur Verfügung stehenden Machtmittel ohne Sentimentalität“ (Adorno [1962] 2024) zur Anwendung kommen. Antisemitischer Hass ist schlussendlich als das zu sehen, was er ist: eine Kriegserklärung an die Demokratie (Salzborn 2023). Die Reife einer demokratischen Gesellschaft bemisst sich deshalb nicht in wohlfeilen Slogans, medienwirksamen Presseerklärungen und Sonntagsreden, sondern in ihren fortwährenden Bemühungen, dem Antisemitismus – ohne Ansehen seiner Trägerschaft – entgegenzuwirken.

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Fussnoten

Fußnoten

  1. Der Wunsch, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, stößt bei den Begriffen Jude und Jüdin an seine Grenzen (siehe: https://latkesberlin.wordpress.com/2020/10/24/juden-gendern/). Da die Schreibweise Jüd:innen die männliche Form des Wortes nicht abdeckt, verwende der Autor im Text die Formulierung Jüd:innen und Juden. Von dieser Formulierung weiche ich lediglich in Fällen ab, in denen erkennbar ist, dass es um die irrationalen und verzerrten Vorstellungswelten von Antisemit:innen geht und nicht um real existierende Jüd:innen und Juden.

  2. Die „Protokolle der Weisen von Zion" sind eine vom zaristischen Geheimdienst 1903 veröffentlichte Fälschung, die eine jüdische Weltverschwörung erfindet. Laut der Legende hätten sich mehrere Rabbiner auf einem jüdischen Friedhof in Prag versammelt, um die Übernahme der Weltherrschaft zu planen (Voigt 2024, S. 78-79). Der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz (2016, S. 70) bezeichnet die Protokolle als eine der „schlimmsten Waffen des Antisemitismus“. Passend hierzu wurden sie von Adolf Hitler als vermeintlicher Beweis für die angebliche Boshaftigkeit der Jüd:innen und Juden und ihr Streben nach Weltherrschaft gepriesen (Benz 2016, S. 79).

Weitere Inhalte

Cemal Öztürk ist promovierter Politikwissenschaftler und gegenwärtig als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen tätig. Darüber hinaus wirkt er als Assistent im Forschungsprojekt RIRA („Radikaler Islam versus radikaler Anti-Islam. Gesellschaftliche Polarisierung und wahrgenommene Bedrohungen als Triebfaktoren von Radikalisierungs- und Co-Radikalisierungsprozessen bei Jugendlichen und Post-Adoleszenten“), das von Prof. Dr. Susanne Pickel geleitet und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Zu seinen wissenschaftlichen Schwerpunkten gehört die Erforschung sozialpsychologischer Triebfaktoren gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Dabei widmet er sich insbesondere der Untersuchung von Muslimfeindlichkeit und Antisemitismus und deren Auswirkungen auf gesellschaftliche Radikalisierungsprozesse.