Gertrud Müller
Geboren am 29. November 1915, in Stuttgart
Gestorben am 25. Mai 2007
Gertrud Müller wurde am 29. November 1925 in Stuttgart in einer Arbeiterfamilie geboren. Nach Beendigung der Volksschule bekam sie eine Stelle an der Städtischen Handelsschule - für eine Höhere Schule fehlte der Familie das Geld. Schon mit 15 Jahren trat sie dem Kommunistischen Jugendverband (KJV) bei und war gemeinsam mit ihrem späteren Mann Hans im Arbeitersamariterbund aktiv. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie als Kontoristin und Packerin bei der Briefordnerfirma Leitz. Bereits im März 1933 wurde sie erstmalig verhaftet wegen ihrer Mitgliedschaft im KJV. Wieder auf freiem Fuß verteilte sie in Stuttgart-Feuerbach Flugblätter und malte mit ihren Genossen Anti-Hitler-Parolen.
1937 heirateten Gertrud und Hans. Ihre Wohnung wurde zu einem Zentrum antifaschistischer Aktivitäten: Sie nahmen mit französischen und sowjetischen Kriegsgefangenen sowie mit Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen Kontakt auf und planten für sie eine Kleider- und Lebensmittelsammlung. Doch am 26. Juni 1942 wurden Gertrud und Hans gemeinsam verhaftet. Gertrud kam über die Gestapo-Stuttgart, das "Arbeitserziehungslager" Rudersberg und dreizehn Monate Einzelhaft im Gefängnis Bad Cannstadt im Oktober 1943 in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Auf ihrer Lagerkarte stand: "Rückkehr unerwünscht."
Ein wenig erträglicher machen
Der Solidarität ihrer Lagerkameradinnen, insbesondere der Stuttgarter Kommunistin Maria Widmaier, verdankt sie ihre Verlegung im Oktober 1944 ins Außenkommando Geislingen, das dem KZ Natzweiler unterstand. Hier wurde sie Blockälteste und später Küchenanweisungshäftling. Sie nutzte ihre Stellungen, um das Leben der vorwiegend aus Ungarn verschleppten jüdischen Frauen ein wenig erträglicher zu machen und sie vor dem Hungertod zu bewahren.
Am 30. April 1945 wurde Gertrud Müller, nachdem sie noch ins Außenkommando Allach des KZ Dachau "evakuiert" worden war, durch US-amerikanische Truppen befreit. Sie kehrte nach Stuttgart zurück und hatte das große Glück, ihre Eltern und ihren Mann, die alle bis zur Befreiung in Haft gesessen hatten, lebend wiederzutreffen.
Gertrud engagierte sich im Arbeitsausschuss Stuttgart-Feuerbach für die Armen und Bedürftigen, trat der KPD bei und wurde Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. 1959 wurde ihr Mann Hans wegen Betätigung für die verbotene KPD erneut verhaftet und zu neun Monaten "auf Bewährung" verurteilt. Gertrud verlor aus gleichem Grund ihren Arbeitsplatz.
In den Jahren 1960 und 61 gehörte Gertrud Müller mit Käthe Jonas und Dr. Doris Maase zu den Mitbegründerinnen der Lagergemeinschaft Ravensbrück. Von 1979 bis 1997 war sie Vorsitzende und ist seitdem Ehrenvorsitzende der Lagergemeinschaft. Sie ist Vizepräsidentin des Internationalen Ravensbrückkomitees.
Quelle: Frauenkonzentrationslager Ravensbrück - Kalender 2000, Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen, Berlin, 1999