Bund und Kantone
Für die Regulierung des Gesundheitswesens ist der Staat von außerordentlich großer Bedeutung. Die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden ist insgesamt recht unübersichtlich und in manchen Fällen auch widersprüchlich.
Die wichtigste Kompetenz des Bundes besteht in der Rahmengesetzgebung auf dem Gebiet der Krankenversicherung, die dem in der Verfassung vorgeschriebenen Ablauf folgt. Des Weiteren sind auf Bundesebene eine Reihe exekutiver Kompetenzen angesiedelt, die vom Bundesrat, vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) und vom Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) wahrgenommen werden. Der Bund verfügt über folgende wichtige Kompetenzen:
Zulassung von Krankenversicherungsträgern und Aufsicht über die Krankenversicherung (Bundesrat, Bundesamt für Sozialversicherung)
Aufsicht über die Kantone bei der Implementierung der eidgenössischen Gesetze
Definition des Leistungskatalogs der Krankenversicherung (Bundesrat)
Genehmigung der zwischen den Krankenversicherern und Leistungserbringern ausgehandelten gesamtschweizerischen Tarife
Bestimmungen zur Finanzierung der Krankenversicherung (Selbstbehalte, wählbare Franchisestufen, Höchstrabatte) (Bundesrat)
Ausbildung und Zulassung der akademischen Gesundheitsberufe (Bundesrat)
die Umsetzung des Krankenversicherungsgesetzes
die Krankenhausplanung sowie die Beteiligung an der Krankenhausfinanzierung
die Genehmigung der für den jeweiligen Kanton abgeschlossenen Tarifverträge zwischen Leistungserbringern und Versicherern einschließlich der Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten durch Schiedsinstanzen
die Regelung von Patientenrechten
die Ausbildung und Zulassung der nicht akademischen Gesundheitsberufe
Zentralisierungs- und Vereinheitlichungstendenzen
In den letzten Jahren hat sich eine Tendenz zur Zentralisierung von Regulierungskompetenzen und zur bundesweiten Vereinheitlichung von Rahmenbedingungen in der Gesundheitspolitik bemerkbar gemacht. Wichtigster Ausdruck dieser Tendenzen ist die erwähnte Verabschiedung des Krankenversicherungsgesetzes und – darin zum Teil eingeschlossen – folgende Neuerungen:
die Einführung einer eidgenössischen Versicherungspflicht
die Definition eines bundeseinheitlichen Leistungskatalogs
die Festsetzung einheitlicher Rahmenbedingungen zur Prämiensubventionierung für sozial Schwache
die Erweiterung der Aufsichtsrechte des Bundesamts für Sozialversicherung
die Schaffung einer neuen Institution ("Swissmedic") für die nunmehr landesweit einheitliche Zulassung von Arzneimitteln
Die häufig unklare und manchmal widersprüchliche Arbeitsteilung zwischen Bund und Kantonen sowie die mit der gesundheitspolitischen Machtstellung der Kantone verbundene Fragmentierung des Gesundheitssystems wird in der Schweiz zunehmend kritisch betrachtet und häufig als ineffizient angesehen (Achtermann/Berset 2006). In der Vergangenheit sollte die interkantonale Zusammenarbeit sowie die Zusammenarbeit zwischen Kantonen und Bund durch die Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) – das politische Koordinationsorgan der zuständigen Mitglieder der 26 Kantonsregierungen – gefördert werden. Jedoch waren die Ergebnisse unbefriedigend. Im Jahr 2003 haben Bund und Kantone daher das Projekt "Nationale Gesundheitspolitik Schweiz" auf den Weg gebracht, mit dem eine bessere Abstimmung zwischen Bund und Kantonen sowie zwischen den politisch Verantwortlichen und den Akteuren im Gesundheitswesen hergestellt werden soll. Trotz dieser Entwicklungen ist die Stellung der Kantone und damit die Fragmentierung des schweizerischen Gesundheitswesens aber nach wie vor sehr stark ausgeprägt.
Wettbewerb und Managed Care
Das schweizerische Gesundheitssystem orientiert sich am Leitbild des regulierten Wettbewerbs. Ausgaben- und Qualitätsprobleme sollen mithilfe von Managed-Care-Konzepten gelöst werden. Kernelemente des regulierten Wettbewerbs sind:
die freie Wahl des Krankenversicherers;
die Entwicklung besonderer Versorgungsformen (Health Maintenance Organizations, Arztnetze und Hausarztmodelle) und die Möglichkeit zum Abschluss entsprechender Verträge zwischen Krankenversicherern und Leistungsanbietern;
finanzielle Anreize vor allem für die Versicherten, sich im Rahmen solcher Modelle versorgen zu lassen.
Ausgaben-, Qualitäts- und damit Effizienzprobleme sollen also durch marktförmige Steuerungsmechanismen und wirtschaftliche Anreize für die Akteure auf der Mikroebene (Krankenversicherer, Leistungsanbieter, Versicherte, Patientinnen und Patienten) gelöst werden. Der Staat erlässt dafür in der Gesamtschweiz und in den Kantonen entsprechende Rahmenvorschriften.