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Grundprobleme der Vergütung ärztlicher Leistungen | bpb.de

Grundprobleme der Vergütung ärztlicher Leistungen

Thomas Gerlinger

/ 9 Minuten zu lesen

Die Antwort auf die Frage, wie die Leistung von Ärzten am besten vergütet werden können, ist sehr umstritten und abhängig von den Interessen der beteiligten Akteure. Im Folgenden werden die wichtigsten Grundformen der Vergütung ärztlicher Leistungen dargestellt sowie die erwartbaren Auswirkungen auf die medizinische Versorgung und die damit einhergehenden Steuerungsprobleme erörtert.

Aufstellung eines Heil- und Kostenplanes für eine zahnärztlichen Behandlung: Durch die Budgetierung wird das Risiko steigender Kosten aufgrund von zunehmenden Leistungsmengen vollständig auf die Vertragsärztinnen und -ärzte verlagert. (© picture-alliance/dpa)

Vertiefende Hintergrundinformationen

Dieses Lernobjekt bietet vertiefende Informationen zur Vergütung ambulanter ärztlicher Leistungen. Die Ausführungen setzen bei den Lesenden die Kenntnis der Grundlagen des gegenwärtigen Vergütungssystems in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) voraus, die in dem Lernobjekt "Interner Link: Ambulante ärztliche Versorgung" vermittelt werden.

Verwandte Lerntour

Geht man vom Wohl des Patienten aus, sollte ein Vergütungssystem für den Arzt einen finanziellen Anreiz schaffen, Art und Umfang seiner Leistungen am Versorgungsbedarf des Patienten auszurichten. Dies bedeutet auch, dass es ausdrücklich keine Anreize enthalten sollte, sich nicht am Wohl des Patienten, sondern an anderen Zielen, zu orientieren. Außerdem sollte ein Vergütungssystem das Honorar leistungsgerecht unter den Ärzten verteilen.

Grundformen der Vergütung ärztlicher Leistungen

Die ärztliche Versorgung kann nach unterschiedlichen Kriterien vergütet werden. Es lassen sich vier Hauptformen unterschieden:

  • Die Vergütung nach der Menge der erbrachten Leistungen (Einzelleistungsvergütung)

  • Die Vergütung nach der Zahl der bei einem Arzt eingeschriebenen Patienten (Kopfpauschale)

  • Die Vergütung nach der Zahl der aufgetretenen Behandlungsfälle (Fallpauschale)

  • Die Vergütung nach der Dauer der Arbeitszeit (Gehalt).

Jede dieser Grundformen lässt sich ausdifferenzieren. So können z.B. bei einer Fallpauschale, die den Behandlungsbedarf zunächst nicht berücksichtigt, zusätzlich Diagnose- oder Altersmerkmale aufgenommen werden. Auch andere Vergütungskriterien, wie etwa die Qualifikation des Arztes oder der Erfolg der ärztlichen Behandlung, können hinzutreten. Darüber hinaus lassen sich die genannten Hauptformen der Vergütung auch miteinander kombinieren. So können z.B. bei einer Einzelleistungsvergütung bestimmte Leistungen ausgegliedert, zusammengefasst und pauschal vergütet werden.

Die verschiedenen Vergütungsformen setzen unterschiedliche finanzielle Anreize für die Leistungserbringung .

Vergütungsformen werden mit der Erwartung eingesetzt, dass sich die ärztliche Leistungserbringung nicht nur von medizinischen Kriterien, sondern auch von ökonomischen Zielen leiten lässt. Mit der Entscheidung für eine bestimmte Vergütungsform (bzw. deren Kombinationen) sollen die Ärzte dazu veranlasst werden, Art und Umfang ihrer Leistungen an den gesundheitspolitischen Zielen auszurichten. Ärzte müssen diesen Anreizen nicht unbedingt folgen. Ärztliche Handlungsnormen oder ärztliche Sozialisation, die Furcht vor einer Abwanderung von Patienten oder einem Ansehensverlust im Kollegenkreis können sie veranlassen, sich anders zu verhalten, als es ihr finanzielles Interesse nahe legt. Wissenschaftliche Untersuchungen und vielfältige Erfahrungen zeigen aber, dass sie trotzdem eine Wirkung auf die ärztliche Behandlungsweise bzw. das ärztliche Abrechnungsverhalten haben .

Die jeweiligen Vergütungsformen sind mit unterschiedlichen Interessen von Kostenträgern und Ärzten verknüpft. Sie verteilen das Morbiditätsrisiko (siehe Lerntour "Interner Link: Vergütung vertragsärztlicher Leistungen") in unterschiedlicher Weise auf diese Akteure: Die Einzelleistungsvergütung verlagert das Risiko aufwendiger Behandlungen auf die Krankenkassen, pauschalierte Vergütungsformen auf die Leistungserbringer. Vergütungsformen in der ambulanten Versorgung können auch die Leistungserbringung anderer Einrichtungen, insbesondere des stationären Sektors, beeinflussen.

Einzelleistungsvergütung

Bei der Einzelleistungsvergütung hängt die Höhe des individuellen Arzthonorars von der Menge seiner Leistungen ab. Handelt der Arzt ökonomisch rational, wird er versuchen, die Zahl der Behandlungsfälle sowie die Leistungsmenge je Patient und je Zeiteinheit so weit wie möglich zu erhöhen. Gleichzeitig wird er dazu neigen, bevorzugt solche Leistungen zu erbringen, bei denen das Verhältnis von Aufwand (Kosten, Arbeitszeit) einerseits und Honorar andererseits möglichst günstig ausfällt. Die Einzelleistungsvergütung begünstigt somit eine medizinisch nicht notwendige Mengenausweitung, insbesondere die Ausweitung technisch-apparativer Diagnoseleistungen, und die Erhöhung des Patientendurchlaufs ("Fünf-Minuten-Medizin") – Merkmale, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Außerdem schwächt sie das Interesse des Arztes an einer wirksamen Prävention. Allerdings ist es bei Anwendung der Einzelleistungsvergütung am wenigsten wahrscheinlich, dass der Arzt Krankheiten, die im Entstehen begriffen sind, übersieht.

Kopfpauschale

Eine Kopfpauschale koppelt das ärztliche Honorar an die Zahl der eingeschriebenen Patienten. Der Arzt wird bestrebt sein, diese Zahl zu erhöhen. Weil die Höhe der Pauschale unabhängig vom Behandlungsaufwand ist, kann der Arzt seine Einnahmen in dem Maße steigern, wie es ihm gelingt, die durchschnittlichen Behandlungskosten je eingeschriebenem Versicherten zu senken. Daraus erwächst erstens die Gefahr einer Unterversorgung von Patienten. Entstehende Krankheiten können in der Tendenz leichter übersehen oder nicht angemessen behandelt werden. Zweitens steigt in diesem Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit, dass Ärzte Patienten mit einem überdurchschnittlichen Behandlungsbedarf an andere Versorgungseinrichtungen (Krankenhaus, niedergelassene Kollegen) weiterverschieben. Drittens erhalten sie einen Anreiz, Risikoselektion zu betreiben, also – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – die Einschreibung behandlungsaufwendiger Patienten zu vermeiden. Allerdings kann die Kopfpauschale auch das Interesse an einer wirksamen Krankheitsprävention wecken, da der Arzt auch für jene Patienten honoriert wird, die ihn nicht zur Behandlung aufsuchen. Weitere Probleme können erwachsen, wenn – wie dies mitunter geschieht – sich die Kopfpauschale nicht nur auf die selbst erbrachten Leistungen des Arztes bezieht, sondern auch noch veranlasste Leistungen (z.B. Arzneimittel oder Krankenhausbehandlung einschließt). Im letzteren Fall wandelt sich der Arzt zum verantwortlichen Manager der gesamten Patientenversorgung. Die Steuerungsprobleme drohen sich dann auch auf die veranlassten Leistungen auszuweiten.

Fallpauschale

Die Fallpauschale schafft den Anreiz, die Zahl der Behandlungsfälle je Zeiteinheit zu erhöhen. Da die Vergütung unabhängig vom Behandlungsaufwand ist, hängt, wie bei der Kopfpauschale, die Höhe der Einnahmen von der Fähigkeit ab, die Behandlungszeiten und -kosten zu verringern. Somit sind bei der Fallpauschale die für die Kopfpauschale typischen Risiken verbunden. Insofern geht auch von der Fallpauschale der Anreiz zu einer – auch medizinisch nicht indizierten – Mengenbegrenzung aus. Allerdings ist bei einer Fallpauschale das Interesse an einer wirksamen Prävention geringer als bei einer Kopfpauschale, weil die Vergütung nur fällig wird, wenn der Patient mindestens einmal pro Zeiteinheit – in der Regel einem Quartal – den Arzt aufsucht.

Gehalt

Bei der Vergütung mit einem Gehalt sind die Einnahmen des Arztes abhängig von seiner Arbeitszeit. Art und Umfang der Leistungen, aber auch die Zahl der Behandlungsfälle oder der eingeschriebenen Patienten spielen keine Rolle. Einen finanziellen Anreiz zu einer besonders engagierten Patientenversorgung hätte er nicht. Allerdings würde er auch nicht von einer Unter- oder Überversorgung es Patienten profitieren. Die Motivation zu einer angemessenen Versorgung würde nur aus einer empfundenen Verpflichtung gegenüber dem Patienten und der ärztlichen Aufgabe erwachsen. Die Vergütung mit einem festen Gehalt spielt in der ambulanten Versorgung im deutschen Gesundheitswesen eine geringe, mit der Zunahme der Zahl von angestellten Ärzten in der vertragsärztlichen Versorgung aber wachsende Rolle.

Verwandte LerntourAmbulante ärztliche Versorgung Teil 1: Strukturen und Versorgungsformen

Ausgabenobergrenzen: Budgets und Regelleistungsvolumina

Jenseits dieser Grundformen der Honorierung werden in der Gesundheitspolitik zur Kostendämpfung häufig Ausgabenobergrenzen eingesetzt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Budgets und Regelleistungsvolumina. Budgets ("Ausgabendeckel") stellen eine strikte Ausgabengrenze dar. Sie spielten in den Jahren nach 1993 eine sehr große Rolle, als mit dem Gesundheitsstrukturgesetz in zahlreichen Sektoren und bei einzelnen Leistungserbringern eine Budgetierung eingeführt wurde. Regelleistungsvolumina orientieren sich an Durchschnittswerten. Hier können – manchmal gekoppelt an bestimmte Voraussetzungen – Leistungen auch jenseits der Obergrenze abgerechnet werden, in der Regel zu einem niedrigeren Preis ("Abstaffelungen"). Hier ist der Deckel also ein Stück weit offen. Regelleistungsvolumina sind unter dem Gesichtspunkt der Kostendämpfung im Vergleich zu Budgets damit das weichere Steuerungsinstrument (siehe Lerntour: "Ambulante ärztliche Versorgung, Teil 3: Interner Link: Vergütung vertragsärztlicher Leistungen").

Verwandte LerntourAmbulante ärztliche Versorgung Teil 3: Vergütung vertragsärztlicher Leistungen

Steuerungsprobleme des Vergütungssystems

Die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen war in den vergangenen Jahrzehnten eine Dauerbaustelle. Die zahlreichen Reformen haben vermutlich dazu beitragen, dass die offenkundigen Fehlsteuerungen bei der Vergütung von Ärzten eingedämmt wurden konnten. Mit der Einführung einer morbiditätsbezogenen Gesamtvergütung bietet sich die Möglichkeit, dass das Vergütungssystem hilft, das Leistungsgeschehen stärker am Behandlungsbedarf der Versicherten auszurichten. Dennoch bleiben erhebliche Steuerungsprobleme bei der vertragsärztlichen Vergütung bestehen. Einige von ihnen resultieren aus der Anwendung finanzieller Anreize auf gesundheitsbezogene Leistungen: Der Einsatz finanzieller Anreize beruht auf der Erwartung, dass Ärzte sich bei der Behandlung an diesen Anreizen orientieren. Anderenfalls wäre ihre Anwendung überflüssig. Die Erfahrungen mit den Auswirkungen neuer Leistungsbewertungen auf das Leistungsgeschehen zeigen denn auch, dass finanzielle Anreize in der Tat eine Steuerungsfunktion haben. Probleme für die Versorgung können primär dann entstehen, wenn das finanzielle Interesse des Arztes nicht mit dem Behandlungsbedarf des Patienten zusammenfällt. In diesem Fall kann der Arzt seinem finanziellen Interesse den Vorzug geben. Auch intelligente Steuerungssysteme sind kaum in der Lage, derartige Konstellationen und Reaktionen zu verhindern. Der Arzt befindet sich im Behandlungsprozess in einer starken Position, weil er mit der Definitionsmacht über den Behandlungsbedarf ausgestattet ist. Er hat einen Informations- und Wissensvorsprung sowohl gegenüber dem Patienten als auch gegenüber dem Kostenträger. Dies bietet ihm vielfältige Möglichkeiten, sich bei der Behandlung auch an den eigenen Interessen zu orientieren. Insbesondere trifft dies auf die ambulante Versorgung zu tun, denn hier gibt der hohe Anteil diffuser Beschwerden in vielen Fällen keinen zwingenden Behandlungsablauf vor. Die Folgen des Auseinanderfallens von finanziellen Anreizen und individuellem Versorgungsbedarf können für den Patienten sehr unterschiedlich sein. Folgende Auswirkungen sind denkbar:

  • eine Vorenthaltung notwendiger medizinischer Leistungen, insbesondere bei Budgets oder Pauschalvergütungen;

  • eine Überversorgung, die vor allem bei einer Einzelleistungsvergütung wahrscheinlich ist, insbesondere wenn kein Ausgabendeckel existiert;

  • die zeitliche Verschiebung von Behandlungen (z.B. eine Wiedereinbestellung im nächsten Quartal, um einen neuen Behandlungsfall auszulösen) oder deren institutionelle Verschiebung (z.B. eine Überweisung an Kollegen, um die Überschreitung von Ausgabengrenzen zu vermeiden).

Untersuchungen deuten darauf hin, dass derartige Verhaltensweisen keine Ausnahmen sind, allerdings lassen sich über ihre Verbreitung keine verlässlichen Aussagen machen . Ärzte könnten dann immun gegen solche Verhaltensweisen sein, wenn sie ihrer Verpflichtung gegenüber den Patienten absolute Priorität einräumen würden. Allerdings dürfte eine solche Haltung nicht sonderlich weit verbreitet sein – diesen Eindruck vermitteln zumindest viele Erfahrungen mit dem ärztlichen Leistungsgeschehen in der GKV, das ärztliche Leistungsgeschehen im Bereich der privaten Krankenversicherung und die aktuellen Erfahrungen im Umgang mit individuellen Gesundheitsleistungen. Vielleicht kann man dies auch nicht wirklich erwarten, denkt man an die angesichts der Allgegenwart und Stärke finanzieller Anreize in der medizinischen Versorgung. Der Kern des Problems liegt eher in der Struktur der Anreize als in den ärztlichen Reaktionen auf diese Anreize. Freilich kann diese Feststellung ärztliches Fehlverhalten nicht entschuldigen. Die möglichen Konflikte zwischen finanziellen Interessen und Patientenwohl haben den Gesetzgeber und die gemeinsame Selbstverwaltung in den zurückliegenden Jahren veranlasst, nach und nach ein engmaschiges Vorschriftenwerk zu schaffen, das diverse Instrumente zur Kontrolle des ärztlichen Leistungsgeschehens enthält. Auf diese Weise sollen wahrgenommene Fehlanreize finanzieller Steuerungsinstrumente üblicherweise korrigiert und antizipierte Fehlanreize vermieden oder zumindest eingeschränkt werden. Allerdings haben diese Vorschriften ihrerseits Anlass für neue Ausweichreaktionen gegeben. Auf diese Weise entsteht eine Bürokratisierungsspirale, die insbesondere von Ärzten und Ärzteverbänden lautstark beklagt wird. Eine solche flankierende Re-Regulierung ist freilich unvermeidlich, wenn die politischen Entscheidungsträger schon auf finanzielle Anreize in der Leistungserbringung setzen. Ob die betreffenden Instrumente tatsächlich geeignet sind, ihre Zwecke zu erfüllen, sei an dieser Stelle dahingestellt. Angesichts dieser komplexen Problematik ist der bedenkenswerte Vorschlag unterbreitet worden, Ärzte auf Gehaltsbasis zu vergüten und auf diese Weise die ärztliche Behandlung von finanziellen Anreizen zu entkoppeln. Der Charme eines solchen Modells bestünde darin, dass er dem Arzt Gelegenheit geben würde, sich ganz dem Patienten und seinem Versorgungsbedarf zu widmen. Allerdings würde auch dieser Vorschlag nicht das Problem aus der Welt schaffen, in welchem Umfang Ressourcen für die Krankenversorgung bereitgestellt werden sollen. Zudem wäre die Umsetzung dieses Vorschlags nicht ohne weitreichende Veränderungen in der Organisation des Gesundheitssystems möglich.

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Erläuterung

Richtige Antwort: b) nach der Zahl der eingeschriebenen Patienten
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Erläuterung

Richtige Antwort: d) Einzelleistungsvergütung
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Erläuterung

Richtige Antwort: c) Fallpauschale
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Erläuterung

Richtige Antwort: b) Kopfpauschale
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Erläuterung

Richtige Antwort: b) Die Budgetierung ist eine weichere Form der Ausgabenbegrenzung als das Regelleistungsvolumen.
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Erläuterung

Richtige Antwort: a) das Vorziehen einer Behandlung in das aktuelle Quartal
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Ihre Auswertung

Wonach richtet sich die Vergütung bei einem Kopfpauschalensystem?

Erläuterung
Richtige Antwort: b) nach der Zahl der eingeschriebenen Patienten

Welches dieser Vergütungssysteme schafft einen finanziellen Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge?

Erläuterung
Richtige Antwort: d) Einzelleistungsvergütung

Welches dieser Vergütungssysteme schafft einen finanziellen Anreiz, die Zahl der Behandlungsfälle zu erhöhen?

Erläuterung
Richtige Antwort: c) Fallpauschale

Welches dieser Vergütungssysteme schafft einen finanziellen Anreiz, dem Patienten medizinische Leistungen aus ökonomischen Gründen vorzuenthalten?

Erläuterung
Richtige Antwort: b) Kopfpauschale

Welche Aussage zur Budgetierung trifft nicht zu?

Erläuterung
Richtige Antwort: b) Die Budgetierung ist eine weichere Form der Ausgabenbegrenzung als das Regelleistungsvolumen.

Für welche dieser Behandlungsentscheidungen gibt es nach Erreichen einer Budgetgrenze keinen finanziellen Anreiz?

Erläuterung
Richtige Antwort: a) das Vorziehen einer Behandlung in das aktuelle Quartal

Zusammenfassung

Ärztliche Leistungen können in unterschiedlicher Weise vergütet werden. Die wichtigsten Vergütungsformen sind die Einzelleistungsvergütung, die Kopfpauschale, die Fallpauschale und das Gehalt. Von diesen Vergütungsformen gehen unterschiedliche finanzielle Anreize für die ärztliche Leistungserbringung aus. Die Einzelleistungsvergütung schafft einen Anreiz zur Mengenausweitung und begünstigt eine Überversorgung; allerdings ist es hier wenig wahrscheinlich, dass entstehende Krankheiten übersehen werden. Pauschale Vergütungsformen schaffen einen Anreiz zur Mengenbegrenzung und begünstigen eine Unterversorgung. Beim Gehalt wirken auf den Arzt keine individuellen Anreize für bestimmte Behandlungsentscheidungen. Die verschiedenen Vergütungsformen verteilen das Morbiditätsrisiko in unterschiedlicher Weise auf Kostenträger und Ärzteschaft.

Darüber hinaus setzt der Gesetzgeber zumeist Ausgabenobergrenzen ein, die die Gesamtmenge der Leistungen beschränken sollen. Die wichtigsten Formen der Ausgabenobergrenze sind das (striktere) Budget und das (weichere) Regelleistungsvolumen.

Gefahren für eine angemessene Patientenversorgung können sich vor allem dort ergeben, wo das finanzielle Interesse des Arztes und das Patientenwohl nicht zusammenfallen. Über- und Unterversorgung sowie die zeitliche und institutionelle Verschiebung von Behandlungsleistungen können die Folge sein. Solche Verhaltensweisen lassen sich in der Versorgungsrealität feststellen, allerdings lassen sich kaum valide Aussagen über ihre Verbreitung machen.

Der Gesetzgeber und die gemeinsame Selbstverwaltung haben in der jüngeren Vergangenheit ein dichtes Vorschriftenwerk erlassen, das unerwünschten Verhaltensweisen von Ärzten entgegenwirken soll. Ärztliche Ausweichreaktionen und neue Vorschriften sind eine Folge dieser Entwicklung. Wenn die Gesundheitspolitik schon auf finanzielle Anreize setzt, ist eine politische Re-Regulierung unvermeidbar. Der Vorschlag, Ärzte auf der Basis eines Gehalts zu vergüten, hätte den Charme, dass auf dem einzelnen Arzt keine finanziellen Handlungsanreize lasten würden. Die Umsetzung eines solchen Konzepts würde aber weitreichende Veränderungen in der Organisation des Gesundheitssystems voraussetzen.

Quellen / Literatur

Abholz, Heinz-Harald (1992): Wie soll man das bezahlen? – Ein Vergleich ärztlicher Honorierungssysteme. Arbeit und Sozialpolitik 46 (5-6): 18-25.

Braun, Bernard (2000): Rationierung und Vertrauensverlust im Gesundheitswesen – Folgen eines fahrlässigen Umgangs mit budgetierten Mitteln?, St. Augustin: Asgard.

Reinhardt, Uwe; Sandier, Simone; Schneider, Markus (1986): Die Wirkungen von Vergütungssystemen auf die Einkommen der Ärzte, die Preise und auf die Struktur ärztlicher Leistungen im internationalen Vergleich, Augsburg: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung.

Rosenbrock, Rolf/Gerlinger, Thomas (2014): Gesundheitspolitik. Eine systematische Einführung, 3., vollst. überarb. Aufl., Bern: Verlag Hans Huber.

Schulenburg, Johann-Matthias Graf von der (1981): Systeme der Honorierung frei praktizierender Ärzte und ihre Allokationswirkungen, Tübingen: J.C.B. Mohr.

Thiemeyer, Theo (1970): Sozialpolitische und ökonomische Probleme ärztlicher Honorargestaltung. Sozialer Fortschritt 19 (3): 101-108.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Z.B. Thiemeyer 1970; von der Schulenburg 1981; Reinhardt/Sandier/Schneider 1986; Abholz 1992.

  2. Z.B. von der Schulenburg 1981.

  3. Z.B. Braun 2000.

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Thomas Gerlinger für bpb.de

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Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger ist Professor an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, AG 1: Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik und Gesundheitssoziologie.