Bei der Regulierung der gesetzlichen Krankenversicherung spielt das Prinzip der Selbstverwaltung eine wichtige Rolle. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Sozialen Selbstverwaltung der Krankenkassen durch Arbeitgeber und Versicherte und der Gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen, die gesetzliche Rahmenvorgaben zur Gesundheitsversorgung ausfüllt. Die Verbände der beteiligten Akteure sind hierbei besonders wichtig. Darüber hinaus ist nicht nur für die gesetzliche Krankenversicherung, sondern für das Gesundheitswesen insgesamt noch die ärztliche Selbstverwaltung von Bedeutung. Sie ist Ausdruck des besonderen Status dieser Berufsgruppe, der häufig mit dem Begriff der "professionellen Autonomie" charakterisiert wird.
Wichtige Akteure im deutschen Gesundheitswesen. Teil 2: Selbstverwaltung und angegliederte Institutionen
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Die Bedeutung der korporatistischen Regulierung
Der Staat hat die unmittelbare Gestaltung und administrative Steuerung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) an rechtsfähige, selbstverwaltete Körperschaften und deren Verbände delegiert. Charakteristisch für das deutsche Gesundheitssystem ist die wichtige Rolle, die den Verbänden und Körperschaften bei der Regulierung der GKV zukommt. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem korporatistischen Regulierungsmodell. Zwei Aspekte sind hier zu unterscheiden:
Die Soziale Selbstverwaltung der Krankenkassen erfolgt durch Arbeitgeber und Versicherte. Letztere sind fast ausschließlich Arbeitnehmer. Die Selbstverwaltungsgremien werden von beiden Seiten paritätisch besetzt. Nur noch bei zwei Ersatzkassen erfolgt die Selbstverwaltung ausschließlich durch Versichertenvertreter. Die Verbände der Arbeitgeber und der Gewerkschaften haben einen dominierenden Einfluss auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsgremien. Die Soziale Selbstverwaltung der Krankenkassen war bereits bei der Gründung ein tragendes Merkmal der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Gemeinsame Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen hat sich im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts nach und nach herausgebildet. Ein wichtiger Schritt war die Gründung der Kassenärztlichen Vereinigungen durch eine Notverordnung des Reichskanzlers Brüning, die ein Vertragsmonopol erhielten und mit der die kollektivvertragliche Regulierung hergestellt wurde. Elemente der korporatistischen Regulierung hielten in den nachfolgenden Jahrzehnten auch Einzug in andere Versorgungsbereiche, z.B. in die Krankenhausversorgung.
Nähere Informationen zu Korporatismus und Selbstverwaltung sowie zu den historischen Ursprüngen der GKV finden Sie im Lernobjekt "Deutsche Besonderheiten".
Im Folgenden sollen wichtige Verbände, Körperschaften und sonstige Institutionen der Selbstverwaltung vorgestellt werden. Weitere wichtige Institutionen und Verbände im deutschen Gesundheitswesen sind Gegenstand im Lernobjekt "Freie Verbände".
Verwandte LerntourDie wichtigsten Akteure im deutschen Gesundheitswesen. Teil 3: Freie Verbände
Krankenkassen und ihre Verbände
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterscheidet sechs Kassenarten:
Ortskrankenkassen (AOK),
Betriebskrankenkassen (BKK),
Innungskrankenkassen (IKK),
die Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK – Träger: Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau),
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS – Träger: Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See),
Ersatzkassen (EK).
Die Gliederung nach Kassenarten geht auf die Gründung und Frühgeschichte der GKV zurück. Seinerzeit hatte man auf die große Zahl der bereits existierenden kommunalen oder berufsgruppenspezifischen Hilfseinrichtungen zurückgegriffen und den Zugang zur Krankenversicherung weitgehend nach berufsständischen Kriterien geregelt
Allerdings haben die Kassenarten seit Mitte der 1990er-Jahre mit der Einführung der freien Kassenwahl für die Versicherten spürbar an Bedeutung verloren:
Erstens hat die freie Kassenwahl seither zu einer stärkeren sozialen und beruflichen Durchmischung der verschiedenen Krankenkassen geführt.
Zweitens hat der mit der freien Kassenwahl intensivierte Wettbewerb der Krankenkassen auch Interessenwidersprüche zwischen den Kassen innerhalb einer Kassenart verstärkt.
Drittens sind seit 2008 – auch vor dem Hintergrund der oben genannten Entwicklungen – kassenartenübergreifende Fusionen von Krankenkassen möglich und seitdem auch erfolgt. Gemeinsame Identitäten der Kassenarten wurden damit weiter aufgeweicht.
Insgesamt ist die Zahl der Krankenkassen in den letzten Jahren deutlich gesunken. Allein zwischen dem 01.01.2000 und dem 01.07.2016 ging die ihre Zahl von 420 auf 118 zurück
Bis 2008 gehörten die einzelnen Krankenkassen den jeweiligen Verbänden ihrer Kassenart an. Bei diesen Verbänden handelte es sich auf Bundes- und Landesebene zumeist um Körperschaften öffentlichen Rechts. Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wurden diese Spitzenverbände auf Bundesebene in Gesellschaften bürgerlichen Rechts umgewandelt und ab dem 01.07.2008 durch einen GKV-Spitzenverband ersetzt. In ihm sind alle Krankenkassen auf Bundesebene zusammengeschlossen (§ 217a SGB V). Die verschiedenen Kassenarten gründeten daraufhin, teils unter neuem Namen, ihre bisherigen Bundesverbände neu. Diese Verbände sind aber keine mit hoheitlichen Aufgaben ausgestatteten Körperschaften öffentlichen Rechts mehr, sondern eingetragene Vereine mit freiwilliger Mitgliedschaft, Die Bundesverbände der Krankenkassen betreiben nun nach innen Servicearbeit für ihre Mitglieder und nach außen Lobbyarbeit in Politik und Öffentlichkeit. Bei diesen Verbänden handelt es sich somit nunmehr um freie Verbände, also reine Interessenverbände.
Die Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen bilden jeweils Landesverbände, die weiterhin Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (§ 207 Abs. 1 SGB V). Da wegen der zahlreichen Fusionen seit Einführung der freien Kassenwahl (1996) bei den Orts- und Innungskrankenkassen zumeist nur noch eine Kasse pro Bundesland existiert, nimmt diese Kasse zugleich die Aufgaben eines Landesverbandes wahr. Für die knappschaftliche Krankenversicherung übt die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See diese Funktion aus (§ 212 Abs. 3 SGB V). Bei den Ersatzkassen existieren keine Landesverbände. Sie können sich zu einer Landesvertretung zusammenschließen und müssen für die Wahrnehmung der Steuerungsaufgaben auf Landesebene "einen gemeinsamen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis" ernennen (§ 212 Abs. 5 SGB V).
Verwandte LerntourGrundprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung
Nähere Informationen zur Organisation der Kassen finden Sie auch in der Lerntour "Grundprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung" im Lernobjekt "Die gegliederte Krankenversicherung".
Aufgaben der Verbände der Krankenkassen
Die Landesverbände der Krankenkassen haben die ihnen vom Gesetzgeber zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen (§ 211 Abs. 1 SGB V). Darunter fallen zahlreiche Tätigkeiten auf unterschiedlichsten Handlungsfeldern der Gesundheitspolitik. Die betreffenden Aufgaben gehen aus den übrigen Lerntouren hervor. Weiterhin haben die Landesverbände "die Mitgliedskassen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und bei der Wahrnehmung ihrer Interessen" (§ 211 Abs. 2 SGB V) sowie "die zuständigen Behörden in Fragen der Gesetzgebung und Verwaltung" zu unterstützen (§ 211 Abs. 3 SGB V).
Die Verbände bleiben auch auf der nächsten Ebene die wesentlichen Akteure: Die Landesverbände der Krankenkassen beziehungsweise die Verbände der Ersatzkassen schließen in jedem Bundesland die Verträge mit den Kassenärztlichen Vereinigungen sowie den Krankenhäusern in der Region. Dazu kommen weitere Funktionen in Bezug auf andere Leistungsbereiche.
Ähnliches gilt für den GKV-Spitzenverband auf Bundesebene. Auch er hat "die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen (§ 217f Abs. 1 SGB V) sowie "die Krankenkassen und ihre Landesverbände bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und bei der Wahrnehmung ihrer Interessen" zu unterstützen (§ 217f Abs. 2 SGB V). Darüber hinaus soll er u.a. "Entscheidungen zur Organisation des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitswettbewerbs der Krankenkassen" treffen (§ 217f. Abs. SGB V).
Der GKV-Spitzenverband trifft insbesondere Regelungen zu den sogenannten "wettbewerbsneutralen Feldern", also jenen Bereichen, in denen der Gesetzgeber den Kassen vorschreibt, "gemeinsam und einheitlich" zu handeln, wie es an zahlreichen Stellen im Fünften Sozialgesetzbuch heißt. Dies geschieht v.a. durch folgende Tätigkeiten:
Er schließt für die beteiligten Akteure kollektiv verbindliche Rahmenvereinbarungen mit den zuständigen Verbänden auf der Seite der Leistungserbringer. Insbesondere betrifft dies die Kassenärztliche Bundesvereinigung (mit der sie z.B. den Mantelvertrag zur vertragsärztlichen Versorgung abschließt) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Das Fünfte Sozialgesetzbuch nennt aber auch Verbände der Leistungserbringer aus anderen Sektoren, z.B. für den Heilmittelsektor" die für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene" (§ 125 Abs. 1 SGB V) oder für den Hilfsmittelsektor die für die "Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene" (§ 126 Abs. 2 SGB V).
Er entscheidet in den diversen Gremien der Gemeinsamen Selbstverwaltung über ein breites Spektrum von Fragen zur Gesundheitsversorgung, deren Organisation und Vergütung. So ist er gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Träger desExterner Link: Instituts des Bewertungsausschusses und des Externer Link: Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus.
Nicht zuletzt koordiniert der GKV-Spitzenverband die Positionen der Krankenkassen zu Fragen der Gesundheitspolitik und bringt diese gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit zum Ausdruck.
Verwandte LerntourenNähere Informationen zu den Aufgaben der Verbände der Krankenkassen finden Sie vor allem in folgenden Lernobjekten:
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Als Einrichtung zur (sozial-)medizinischen Beratung und Begutachtung dient den Krankenkassen der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) bzw. der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) tätig.
Zur Unterstützung der Krankenkassen hat der Gesetzgeber den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) geschaffen (§§ 275 bis 283 SGB V). Der MDK ist in jedem Bundesland in Trägerschaft der Landesverbände der Krankenkassen beziehungsweise der Verbände der Ersatzkassen. Der MDK ist kassenartenübergreifend konzipiert. Der MDK
berät die Krankenkassen und ihre Verbände in Fragen der medizinischen Versorgung
nimmt Begutachtungsaufgaben im Hinblick auf Leistungsansprüche von Versicherten wahr
führt Prüfungen von Versorgungseinrichtungen durch.
Die Beratung der Krankenkassen und ihrer Verbände erstreckt sich auf Grundsatzfragen der Prävention, der Krankenbehandlung und der Rehabilitation. Im Einzelnen geht es um
Fragen der Qualitätssicherung in der ambulanten und der stationären Versorgung,
Probleme der Krankenhausplanung,
die Weiterentwicklung von Vergütungssystemen im ambulanten und der stationären Sektor,
den Nutzen und die Wirtschaftlichkeit von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.
Die Begutachtung von Leistungsansprüchen der Versicherten bezieht sich v.a. auf
die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit,
die Beurteilung von Rehabilitationsleistungen (Notwendigkeit, Art, Umfang und Dauer),
die Prüfung der Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
die Beurteilung der Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung,
die Beurteilung der Notwendigkeit und Dauer von häuslicher Krankenpflege
die Beurteilung von Pflegebedürftigkeit.
Die Prüfung von Leistungserbringern beinhaltet folgende Aspekte:
die Kodierqualität bei der Abrechnung von Fallpauschalen in Krankenhäusern,
die Einhaltung von Qualitätsvorgaben für Krankenhäuser und die Dokumentation der Krankenhäuser zur externen Qualitätssicherung,
die Versorgungsqualität in Pflegeeinrichtungen.
Kassenärztliche Vereinigungen
Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) sind vom Staat geschaffene Organisationen der Vertragsärzte, also derjenigen Ärzte, die für die Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten zugelassen sind. Der Gesetzgeber hat ihnen die Sicherstellung der ambulanten Versorgung gesetzlich Krankenversicherter übertragen ("Sicherstellungsauftrag") und ihnen den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts verliehen. KVen sind auf Landesebene organisiert; nur in Nordrhein-Westfalen gibt es zwei KVen. Auf Bundesebene sind sie in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zusammengeschlossen. Für Ärzte, die zur ambulanten Behandlung von Kassenpatienten zugelassen sind, besteht eine Pflichtmitgliedschaft in für die Region, für die ihre KV zuständig ist (§ 77 Abs. 1 SGB V). Die Versorgung muss die Vorgaben des Fünften Sozialgesetzbuches erfüllen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) wurden auf Vorschlag des damaligen Reichskanzlers Brüning durch die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 8. Dezember 1931 errichtet. Sie stellten den vorläufigen Abschluss einer über viele Jahre mit zum Teil hoher Intensität geführten Auseinandersetzung zwischen gesetzlichen Krankenkassen und der damaligen Ärzteschaft dar.
Die Kassen verloren durch diese Maßnahme endgültig die Möglichkeit, Einzelverträge mit Ärztinnen oder Ärzten ihrer Wahl abzuschließen. Stattdessen hatten sie es ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich nur noch mit einem einzigen Vertragspartner zu tun – der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in der betreffenden Region. Die KVen wurden zum Monopolanbieter für ambulante ärztliche Versorgung von Kassenpatienten. Darüber hinaus unterliegt die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung der Bedarfsplanung.
Nähere Informationen zu den historischen Auseinandersetzungen zwischen Kassen und Ärztinnen und Ärzten finden Sie im Lernobjekt "Deutsche Besonderheiten".
Die KVen sind – wie die Krankenkassen – Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Den Status des Vertragsarztes beziehungsweise des Vertragspsychotherapeuten erlangt man durch Eintragung in das Arztregister der KV sowie einen Beschluss des Zulassungsauschusses der KV. Die Eintragung in das Arztregister ist an eine erfolgreiche Facharztausbildung und die damit verbundene Approbation gebunden. Im Hinblick auf die Zulassung kommt es zusätzlich darauf an, ob in dem betreffenden KV-Bezirk überhaupt ein Bedarf an weiteren Vertragsärztinnen und -ärzten besteht.
Ende 2015 nahmen insgesamt rund 167.000 Ärzte und Psychotherapeuten an der vertragsärztlichen Versorgung teil, darunter rund 145.000 Ärzte
Verwandte LerntourAmbulante ärztliche Versorgung: Strukturen und Versorgungsformen
Nähere Informationen zur Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung sowie zu den gegenwärtigen Arztzahlen und -strukturen finden Sie im Lernobjekt "Ambulante ärztliche Versorgung: Strukturen und Versorgungsformen".
Aus dem Status der KVen als Körperschaften des öffentlichen Rechts und den ihnen vom Staat übertragenen Aufgaben resultieren weitreichende Befugnisse gegenüber den zur Mitgliedschaft verpflichteten Vertragsärztinnen und -ärzten:
Das Satzungsrecht der KVen ist für die Vertragsärztinnen und -ärzte verbindlich und kann auch mit disziplinarrechtlichen Maßnahmen durchgesetzt werden. Die Rechtsaufsicht über die KVen führen die Sozialministerien der Länder.
Die KVen nehmen somit öffentliche Aufgaben wahr, die ihnen der Staat übertragen hat. An erster Stelle ist dabei der sogenannte "Sicherstellungsauftrag", also die Gewährleistung der ambulanten ärztlichen Versorgung der Bevölkerung – einschließlich eines Notdienstes außerhalb der üblichen Sprechzeiten – zu nennen:
ZitatVerträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen
Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.
Sozialgesetzbuch V § 72 Abs. 2
Die KVen sind aber nicht nur Träger von öffentlich-rechtlichen Aufgaben, sondern auch eine Interessenvertretung der Ärztinnen und Ärzte. Diese Doppelrolle der KVen ist aus ihrer Entstehungsgeschichte zu erklären: Mit Errichtung der KVen durch die erwähnte Notverordnung aus dem Jahr 1931 wurde die zuvor durch den Hartmannbund wahrgenommene Interessenvertretung der Ärzteschaft in den Stand einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft erhoben.
Aufgaben und Struktur der Kassenärztlichen Vereinigungen
Die Aufgaben der KVen sind in § 75 SGB V geregelt. Neben dem bereits erwähnten Sicherstellungsauftrag obliegen den KVen auch:
die Wahrnehmung der Rechte der Vertragsärztinnen und -ärzte gegenüber den Krankenkassen (Interessenvertretung),
die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Durchführung der vertragsärztlichen Tätigkeit gegenüber den Kassen (Gewährleistungspflicht),
die Zuständigkeit für die Vertragsabschlüsse und
die Mitarbeit in der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärztinnen, Ärzten und Krankenkassen.
Wichtigste Aufgabe der KVen aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger ist die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung. Die KVen schließen zu diesem Zweck Gesamtverträge mit den Krankenkassen beziehungsweise mit deren Landesverbänden – also einen Versorgungsvertrag, der für alle Vertragsärzte der betreffenden Region gültig ist. Die Vertragsärzte verpflichten sich damit, die GKV-Versicherten entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen zu behandeln.
Von den Kassen erhalten die KVen im Gegenzug eine sogenannte "Gesamtvergütung". Aus dieser Gesamtvergütung honoriert die KV die von ihren Mitgliedern erbrachten Leistungen. Grundlage der Honorarverteilung ist dabei der "Einheitliche Bewertungsmaßstab", den die Kassenärztliche Bundesvereinigung (vgl. den folgenden Abschnitt) mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen vereinbart. Er wird ergänzt bzw. modifiziert durch regionale Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM), die von der jeweiligen KV festgelegt werden.
Quelle: Eigene Darstellung
Interner Link: Infografik als PDF-Download
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Die Grafik zeigt die vertraglichen Beziehungen zwischen den institutionellen Akteuren sowie einzelnen Vertragsärzten und den Versicherten in der kollektivvertraglich regulierten vertragsärztlichen Versorgung:
Weitere Ausführungen zu den beiden zentralen Aufgabenfeldern "Sicherstellungsauftrag" und "Vertragsabschlüsse" finden Sie in den Lernobjekten zur ambulanten ärztlichen Versorgung.
Verwandte LerntourAmbulante ärztliche Versorgung
Die skizzierten vertraglichen Beziehungen zwischen Kassen und KVen stehen im Zusammenhang mit dem für die GKV charakteristischen Sachleistungsprinzip:
Die gesetzlich Versicherten haben Anspruch auf medizinische Behandlung bei den Vertragsärzten und müssen sich um die Honorierung nicht weiter kümmern, weil Krankenkassen und KVen dies im Rahmen der Gesamtverträge untereinander regeln.
Nähere Informationen zum Sachleistungsprinzip sowie dem Alternativmodell der Kostenerstattung finden Sie in der Lerntour "Prinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung".
Verwandte LerntourPrinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung
Die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland und die heute wirksamen Grundprinzipien werden in der Lerntour "Prinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung" dargestellt.
Die Tätigkeit der KVen wird durch die Vertragsärzte und die Vertragstherapeuten finanziert, indem die KVeinen Teil der Gesamtvergütung von der KVen einbehält.
TippEinschätzung des "Sachverständigenrats für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen"
Der Sachverständigenrat für die Beurteilung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat in seinem Externer Link: Jahresgutachten 2005 "Koordination und Qualität im Gesundheitswesen" die Funktion der KVen für die korporative Steuerung der ambulanten Versorgung analysiert.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
Die KBV (beziehungsweise analog die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, KZBV) ist die Vertretung der Vertragsärzte und -psychotherapeuten auf Bundesebene. Mitglieder der KBV sind jedoch nicht einzelne Ärztinnen oder Ärzte, sondern die einzelnen KVen.
Auch die KBV ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie wird durch einen hauptamtlichen Vorstand geleitet, der von einer 60 Mitglieder umfassende Vertreterversammlung gewählt wird. Der KBV-Vorstand besteht aus zwei Personen, nämlich jeweils einem Vertreter der Hausärzte sowie der Fachärzte. Die Rechtsaufsicht über die KBV führt das Bundesministerium für Gesundheit.
Die KBV nimmt für die Vertragsärzte ähnliche Aufgaben wahr wie der GKV-Spitzenverband der Krankenkassen für die Landesverbände und Einzelkassen. Neben der gesundheitspolitischen Vertretung der Ärzteschaft sind dies vor allem:
die Mitarbeit in der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen, v.a. im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA, s.u.), aber auch in anderen Einrichtungen der Gemeinsamen Selbstverwaltung wie z.B. dem Bewertungsausschuss (s.u.);
der Abschluss der Bundesmantelverträge mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen, in denen GKV-weit die finanziellen und inhaltlichen Rahmenbedingungen für die ambulante ärztliche Versorgung der GKV-Versicherten vereinbart werden;
der Erlass bundeseinheitlicher Richtlinien zur ärztlichen Qualitätssicherung.
KBV und KVen sind über eine gemeinsame Stiftung Träger des Externer Link: Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI), das die Vertragsärzteschaft durch wissenschaftliche, technische und organisatorische Forschung und Konzeptentwicklung unterstützt.
Landeskrankenhausgesellschaften (LKGen) und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
Die Krankenhäuser sind – neben Krankenkassen und Vertragsärzten – der dritte wichtige Player im System der korporatistischen Regulierung des deutschen Gesundheitswesens. Im Unterschied zu den beiden anderen Akteuren sind sie jedoch nicht als selbstverwaltete Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert. Vielmehr handelt es sich um eingetragene Vereine. Gleichwohl delegiert der Gesetzgeber auch an sie Aufgaben bei der Regulierung der Krankenversorgung und sie sind damit Teil der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen.
Die Krankenhausträger schließen sich auf freiwilliger Basis zu Landeskrankenhausgesellschaften zusammen. Deren Aufgabe ist es, die Interessen der Träger beziehungsweise Häuser gegenüber den Kostenträgern, dem Staat und der Öffentlichkeit zu vertreten.
Außerdem hat der Gesetzgeber den Landeskrankenhausgesellschaften im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) und in den Landeskrankenhausgesetzen eine Reihe von Aufgaben übertragen. Dabei handelt es sich vor allem um Rahmenbestimmungen für Verträge zwischen Krankenhäusern und Kassen. Ferner wirken sie an der Krankenhausplanung des Landes mit.
Darüber hinaus sind die Landeskrankenhausgesellschaften auch Dienstleister und Berater für ihre Mitglieder in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG) ist der Zusammenschluss der 16 Landeskrankenhausgesellschaften sowie von zwölf Spitzenverbänden der Krankenhausträger (zum Beispiel Deutscher Caritasverband e. V., Diakonisches Werk der EKD e. V., Deutsches Rotes Kreuz e. V., Bundesverband Deutscher Privatkrankenanstalten e. V. usw.).
Die DKG vertritt die Interessen der Krankenhausträger auf Bundesebene. Zu den Aufgaben, die die DKG im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung wahrnimmt, zählen v.a.
die Mitarbeit im Gemeinsamen Bundesausschuss
die Mitarbeit an der Weiterentwicklung des Vergütungssystems für Krankenhausleistungen
die Vereinbarung von Rahmenvorgaben für die Krankenhausversorgung gemäß den gesetzlichen Rahmenbestimmungen (z.B. zur Qualitätssicherung oder zur belegärztlichen Versorgung).
Weitere Ausführungen zu den Aufgaben der Krankenhausgesellschaften finden Sie in den Lernobjekten zur Krankenhausversorgung.
Verwandte LerntourStationäre Versorgung
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)
Das Logo des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) (© picture-alliance/dpa)
Das Logo des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) (© picture-alliance/dpa)
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das wichtigste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Er wurde vom Gesetzgeber im Jahr 2004 mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) errichtet. Der G-BA hat vielfältige Aufgaben und Kompetenzen bei der Konkretisierung gesetzlicher Rahmenvorgaben zur Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten.
Das Beschlussgremium des G-BA besteht aus jeweils fünf Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen sowie aus drei unparteiischen Mitgliedern. Die Vertreter der Ärzteschaft werden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (2), von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (2) und von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (1) ernannt. Die fünf Vertreter der Krankenkassen ernennt der GKV-Spitzenverband. Beide "Bänke" müssen sich auf die unparteiischen Mitglieder verständigen; anderenfalls werden sie vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ernannt. Das Beschlussgremium des G-BA tagt in öffentlicher Sitzung.
Zusammensetzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (Interner Link: Grafik zum Download) (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Zusammensetzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (Interner Link: Grafik zum Download) (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Auch Patientenvertreter sowie Vertreter der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen wirken im G-BA mit. Allerdings haben sie kein Stimmrecht, sondern nur ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Der Bundesminister für Gesundheit bestimmt mit Zustimmung des Bundesrats, welche Organisationen die Vertreter von Patienteninteressen benennen können. Zurzeit sind dies der Deutsche Behindertenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. und die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Im Zentrum der Tätigkeit des G-BA stehen folgende Aufgaben:
die Verabschiedung von Richtlinien zur ärztlichen Behandlung (§ 92 SGB V),
die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 135 SGB V)
die Verabschiedung von Richtlinien zur Qualitätssicherung (§§ 136 und 136a-d SGB V).
Die G-BA-Richtlinien zur ärztlichen Behandlung sollen "eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten" gewährleisten (§ 92 Abs. 1 SGB V). Sie beziehen u.a. auf folgende Felder:
die ärztliche Behandlung
die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
die Verordnung von Arznei- und Verband-, Heil- und Hilfsmitteln
die Verordnung von Krankenhausbehandlung
Maßnahmen zur Qualitätssicherung
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten
die ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft
die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
die Bedarfsplanung.
Die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden hat über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer neuen Methode zu befinden. Vertragsärzte dürfen neue Methoden erst nach einer entsprechenden Empfehlung des G-BA zu Lasten der Krankenkassen erbringen ("Erlaubnisvorbehalt" – § 135 Abs. 1 SGB V). Im Krankenhaus dürfen Ärzte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden so lange anwenden, wie der G-BA dies nicht abgelehnt hat ("Verbotsvorbehalt" – § 137c SGB V). Damit legt der G-BA weitgehend den Leistungskatalog der GKV fest.
ZitatLeistungskatalog fixieren und fortschreiben
Insgesamt gesehen besitzt der G-BA damit die Kompetenz, über die Formulierung von Qualitätskriterien den Leistungskatalog der GKV zu fixieren und fortzuschreiben. Er bildet damit das für die Allokation im Gesundheitswesen relevanteste Entscheidungsorgan.
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Jahresgutachten 2005: Ziff. 54.
Die G-BA-Richtlinien zur Qualitätssicherung erstrecken sich auf die vertragsärztliche und die Krankenhausversorgung und sollen sektorenübergreifend erlassen werden. Sie konkretisieren die verpflichtenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die Anforderungen an das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement sowie Kriterien für die indikationsbezogene Notwendigkeit und Qualität diagnostischer und therapeutischer Leistungen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber an den G-BA in den letzten Jahren zahlreiche Aufgaben delegiert, vor allem auf dem Gebiet der Qualitätssicherung. Dazu zählen z.B. die Gründung des "Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen" (§ 139a SGB V) im Jahr 2004 und des "Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen" (§ 137a SGB V) im Jahr 2014. Beide Einrichtungen sollen den G-BA bei seiner Arbeit unterstützen. Der G-BA kann ihnen entsprechende Aufgaben erteilen.
ZitatKorporative Super-Organisation
Der G-BA bildet quasi eine zentrale korporative 'Super-Organisation' mit erweiterten Vollmachten hinsichtlich der medizinischen Versorgung.
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Jahresgutachten 2005: Ziff. 101.
Rechtsaufsicht durch das Bundesministerium für Gesundheit
Der G-BA ist rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts und setzt als solche untergesetzliche Rechtsnormen, die für die Beteiligten (Leistungserbringer, Krankenkassen, Versicherte) unmittelbar verbindlich sind. Die Beschlüsse des G-BA unterliegen der Rechtsaufsicht durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Der G-BA hat seine Entscheidungen und Richtlinien der Aufsichtsbehörde vorzulegen. Diese kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Wenn Richtlinien oder Entscheidungen nicht oder nicht fristgerecht zustande kommen, kann das BMG sie selbst erlassen. Die Richtlinien und Entscheidungen des G-BA werden automatisch in die Bundesmantelverträge sowie in die Verträge zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den KVen bzw. den Krankenhäusern aufgenommen.
Weitere Einrichtungen
Neben dem G-BA existieren weitere Einrichtungen, die zur gemeinsamen Selbstverwaltung zählen oder ihr angegliedert sind. Einige von ihnen werden im Folgenden vorgestellt.
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
Im Jahr 2004 gründete der Gemeinsame Bundesausschuss in Form einer Stiftung das "Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen" (IQWiG). Das IQWiG soll ein fachlich unabhängiges, wissenschaftliches Institut sein und den G-BA bei seiner Arbeit unterstützen. Der G-BA kann dem IQWiG zu diesem Zweck Arbeitsaufträge erteilen.
Das IQWiG hat vor allem folgende Aufgaben:
es soll die Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln durchführen;
es soll den aktuellen medizinischen Wissensstand zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren bei ausgewählten Krankheiten ermitteln und bewerten;
es soll evidenzbasierte Leitlinien für die Behandlung epidemiologisch bedeutsamer Krankheiten erarbeiten;
es soll Empfehlungen zu strukturierten Behandlungsprogrammen abgeben.
Die Gründung des IQWiG war durchaus umstritten. Arzneimittelhersteller und weite Teile der Ärzteschaft lehnten, unterstützt von CDU/CSU und FDP, ein Institut zur Qualitätsbewertung zunächst ab. Sie sahen darin einen Schritt in Richtung auf eine – wie es hieß – "Staatsmedizin" ab. Ein wichtiges Motiv für diese Haltung von Leistungserbringern war die Befürchtung, an Einfluss auf die Definition von Versorgungstandards zu verlieren. Die Befürworter erhofften sich hingegen eine größere finanzielle und professionelle Unabhängigkeit bei der Bewertung von Versorgungsqualität. Vorbild für das IQWiG ist das britische "National Institute of Clinical Excellence" (NICE), das vergleichbare Funktionen im staatlichen Gesundheitswesen Großbritanniens ausübt.
Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen
Das "Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen" (IQTIG) wurde vom G-BA im Jahr 2014 gegründet (§ 137a Abs. 1 SGB V) und nahm 2016 seine Arbeit auf. Ebenso wie das IQWiG soll das IQTIG eine fachlich unabhängige Einrichtung sein und ist es in Form einer STEs nimmt Aufgaben auf dem Gebiet der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung wahr. Es hat u.a. folgende Aufgaben (§ 137a Abs. 3 SGB V):
Es soll Indikatoren und Instrumente zur Messung und Darstellung der Versorgungsqualität entwickeln. Dies soll möglichst sektorenübergreifend und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Risiken für den Behandlungserfolg geschehen. Solche Risiken können z.B. das Alter, das Geschlecht, der allgemeine Gesundheitszustand oder Zahl und Schwere von Nebenerkrankungen sein.
Es soll sich an der Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung beteiligen.
Es soll vergleichende Übersichten über die Qualität in wichtigen Bereichen der stationären Versorgung erstellen.
Es soll Kriterien für die Bewertung von Zertifikaten und Qualitätssiegeln entwickeln.
Während beim IQWiG also die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Mittelpunkt steht, zielt das IQTIG stärker auf die Bewertung der Qualität in einzelnen Versorgungseinrichtungen.
Bewertungsausschuss
Der Bewertungsausschuss legt die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen und deren Wertverhältnis untereinander fest. Er setzt sich zusammen aus Vertretern der KBV und des GKV-Spitzenverbandes. In Fragen, bei denen sich die Beteiligten nicht auf eine Entscheidung einigen, wird der Bewertungsausschuss auf Antrag von mindestens zwei seiner Mitglieder um drei unparteiische Mitglieder erweitert (§ 87 Abs. 4 u. 5 SGB V – "Erweiterter Bewertungsausschuss"). Das von KBV und GKV-Spitzenverband getragene Institut des Bewertungsausschusses unterstützt den Bewertungsausschuss und bereitet dessen Beschlüsse vor.
Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK)
Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ist für die Pflege und Weiterentwicklung der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG-System) zuständig. Es wurde 2001 gegründet und wird vom GKV-Spitzenverband, vom Verband der Privaten Krankenversicherung und von der Deutschen Krankenhausgesellschaft getragen. Das InEK nimmt u.a. folgende Aufgaben wahr:
die Pflege und Weiterentwicklung der Fallgruppen,
die Entwicklung der Kodierrichtlinien.
die ökonomische Kalkulation von Relativgewichten, Zu- und Abschlägen bei den Fallgruppen.
Informationen über Hintergründe der Vergütung von Krankenhausleistungen erhalten sie in der Lerntour "Stationäre Versorgung".
Verwandte LerntourStationäre Versorgung
Ärztliche Selbstverwaltung: Die Ärztekammern
Landesärztekammern
Die Ärztekammern sind die Berufsvertretungen aller approbierten Ärztinnen und Ärzte und unterliegen der jeweiligen Landesgesetzgebung.
Außer in Nordrhein-Westfalen, wo es zwei Kammern gibt, existiert in jedem Bundesland eine Landesärztekammer. Mitglied der Kammer müssen alle Ärzte sein, die in dem betreffenden Land ihren Beruf ausüben – also keineswegs nur die Vertragsärzte, sondern auch die in Krankenhäusern, Gesundheitsämtern oder sonstigen Einrichtungen tätigen Ärzte. Ende 2015 gut 485.000 Ärztinnen und Ärzte bei der Bundesärztekammer (BÄK) gemeldet
Auch für die Psychotherapeuten wurden inzwischen Landespsychotherapeutenkammern sowie eine Bundespsychotherapeutenkammer gebildet, die analoge Aufgaben und Strukturen wie die Ärztekammern haben.
Die Ärztekammern sind selbstverwaltete Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Rechtsaufsicht übt das zuständige Landesministerium aus. Oberstes Entscheidungsgremium ist die von den Kammermitgliedern gewählte Delegierten- oder Kammerversammlung. Die Geschäfte führt der Vorstand, an dessen Spitze eine Präsidentin/ein Präsident und eine Vizepräsidentin/ein Vizepräsident stehen.
Die Ärztekammern haben die Aufgabe, die ärztliche Berufsausübung zu regeln. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört es:
eine ärztliche Berufsordnung zu erlassen,
die ärztliche Weiterbildung (zum Facharzt für ...) im Rahmen einer Weiterbildungsordnung zu regeln,
sich um die ärztliche Fortbildung zu kümmern,
über die Einhaltung der Berufspflichten zu wachen (einschließlich der Berufsgerichtsbarkeit),
Maßnahmen der Qualitätssicherung festzulegen sowie
Schlichtungs- und Gutachterkommissionen für ärztliche Behandlungsfehler ("Kunstfehler") einzurichten.
Ferner nehmen die Ärztekammern, so wie die vergleichbaren Einrichtungen anderer freier Berufe, Aufgaben der Daseinsfürsorge für ihre Mitglieder wahr (Altersversorgungssysteme, Absicherung bei Berufsunfähigkeit usw.).
Ähnliche Strukturen wie bei den Ärztekammern finden sich auch bei den Zahnärztekammern.
Die Bundesärztekammer (BÄK)
Auf einer Leinwand ist das Logo der Bundesärztekammer am 28.05.2013 auf dem 116. Deutschen Ärztetag in Hannover (Niedersachsen) zu sehen. (© picture-alliance/dpa)
Die Bundesärztekammer (BÄK) ist ein freiwilliger Zusammenschluss der Landesärztekammern. Sie ist im Unterschied zu den Landesärztekammern keine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Wichtigstes Organ der BÄK ist die jährlich einmal tagende Hauptversammlung, der 250 Delegierte aus den einzelnen Ärztekammern angehören und die auch als "Deutscher Ärztetag" bezeichnet wird. Die Hauptversammlung wählt den Vorstand, den eine Präsidentin/ein Präsident und zwei Vizepräsidentinnen/Vizepräsidenten leiten.
Nach ihrer Satzung nimmt die Bundesärztekammer unter anderem folgende Aufgaben wahr:
Sie vertritt die Positionen der Ärzteschaft in Politik und Gesellschaft.
Sie wirkt auf eine möglichst große Einheitlichkeit der ärztlichen Berufsausübung und Weiterbildung hin, indem sie eine Muster-Berufsordnung und eine Muster-Weiterbildungsordnung beschließt, an denen sich die Landesärztekammern orientieren sollen.
Darüber hinaus nimmt die BÄK auf Bundesebene Funktionen wahr, die die Landesärztekammern in ihrer jeweiligen Region ausüben (zum Beispiel Förderung der ärztlichen Fortbildung und in der Qualitätssicherung). Der BÄK angegliedert sind eine Reihe von weiteren Institutionen. Beispielhaft sei auf die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) verwiesen: Die AkdÄ informiert die Ärzte über wirksame Arzneimitteltherapien sowie insbesondere über Fragen der Arzneimittelsicherheit. Jeder Arzt, der bei den eigenen Patienten eine unerwünschte Arzneimittelwirkung feststellt, ist laut Berufsordnung verpflichtet, dies der AkdÄ mitzuteilen. Sie veranlasst bei Bedarf ihrerseits im Zusammenwirken mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weitere Maßnahmen (vgl. Lernobjekt "
Verwandte LerntourWichtige Akteure im deutschen Gesundheitswesen. Teil 1: Staat und Politik
Ferner existieren gemeinsame Einrichtungen von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung, wie beispielsweise das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), das unter anderem an der Entwicklung von Behandlungsleitlinien für einzelne Krankheitsbilder mitwirkt und auch Informationsangebote für Patientinnen und Patienten bereithält.
Apothekerkammern
Auch die Apotheker verfügen als Angehörige eines freien Berufs über Apothekerkammern. Vergleichbar den Ärztekammern sind sie Körperschaften des öffentlichen Rechts mit bestimmten Regelungskompetenzen, die durch Landesgesetze näher umschrieben sind.
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Ihre Auswertung
Die Kassenärztlichen Vereinigungen wurden während der Weimarer Republik ins Leben gerufen.
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Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) definiert mehrere Kassenarten. Welche der folgenden gehört nicht dazu?
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Welche der nachgenannten Tätigkeiten zählt nicht zu den Aufgaben der Krankenkassen?
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Welche der folgenden Tätigkeiten sagen gehört nicht zu den Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen?
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Die Aufnahme neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in die GKV-Versorgung erfordert eine positive Bewertung dieser Methoden durch:
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Welche Aussage zur Deutschen Krankenhausgesellschaft ist nicht richtig?
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Welche der nachfolgenden Einrichtungen unterstützt den Gemeinsamen Bundesausschuss durch die Erarbeitung evidenzbasierter Leitlinien für die Behandlung epidemiologisch bedeutsamer Krankheiten?
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Welche Tätigkeit zählt zu den Aufgaben der Ärztekammern?
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Zusammenfassung
Ein tragendes Prinzip der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Selbstverwaltung. Dabei lässt sich die Soziale Selbstverwaltung der Krankenkassen durch Arbeitgeber und Versicherte von der Gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen unterscheiden, die gesetzliche Rahmenvorgaben zur Gesundheitsversorgung konkretisiert. Die Verbände der beteiligten Akteure sind hierbei besonders wichtig. Darüber hinaus ist nicht nur für die gesetzliche Krankenversicherung, sondern für das Gesundheitswesen insgesamt die ärztliche Selbstverwaltung durch die Ärztekammern von Bedeutung. Sie ist Ausdruck des besonderen Status dieser Berufsgruppe.
Die Krankenkassen sind die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Anfang 2016 gab es 118 Krankenkassen, die sich auf sechs Kassenarten verteilten. Allerdings haben die Kassenarten angesichts der seit 1996 geltenden freien Kassenwahl einiges von ihrer ehemaligen Bedeutung verloren. Die Krankenkassen sind auf Bundesebene im GKV-Spitzenverband zusammengeschlossen. Zudem existieren auf Landesebene Landesverbände der Krankenkassen. Die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen und der GKV-Spitzenverband nehmen unterschiedliche Aufgaben bei der Ausgestaltung gesetzlicher Rahmenvorgaben wahr. Zu den gesetzlichen Aufgaben gehören vor allem der Abschluss von Versorgungsverträgen mit den Leistungserbringern (Ärzte, Krankenhäuser usw.) sowie – gemeinsam mit den Leistungserbringern und ihren Verbänden – die Beschlussfassung über Einzelaspekte der Gesundheitsversorgung im rahmen der GKV.
Unterstützung erhalten die Krankenkassen vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Er ist nach Bundesländern gegliedert und auf Bundesebene als Medizinischer Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) organisiert. Der MDK berät die Krankenkassen und ihre Verbände in Grundsatzfragen der Prävention, Krankenbehandlung und Rehabilitation, spricht in Einzelfallbegutachtungen Empfehlungen zu Leistungsansprüchen der Versicherten aus und überprüft die Versorgungsqualität in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
Die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung von Kassenpatienten ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Ärzte, die GKV-Patienten behandeln, sind Pflichtmitglied ihrer regionalen KV. Sie werden als Vertragsärzte bezeichnet.
Die KVen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und schließen mit den Verbänden der Krankenkassen Verträge, in denen die Einzelheiten der ambulanten ärztlichen Versorgung geregelt werden. Die Kassen entrichten an die KVen eine Gesamtvergütung, mit der alle Leistungen der Vertragsärztinnen und -ärzte für ein Jahr abgegolten sind. Die Honorierung der Vertragsärzte ist dann Sache der KV.
Die nach Ländern gegliederten KVen (nur in Nordrhein-Westfalen gibt es zwei KVen) sind Mitglieder der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die KBV ist bei bundesweit zu regelnden Angelegenheiten die zuständige Körperschaft auf Seiten der Vertragsärzteschaft und stellt somit das Pendant zum GKV-Spitzenverband dar.
Analog zur vertragsärztlichen Versorgung gibt es – mit einem identischen Aufgabenprofil –in der vertragszahnärztlichen Versorgung Kassenzahnärztliche Vereinigungen (KZV) beziehungsweise die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV).
Die Träger der Krankenhäuser sind auf Länderebene in Krankenhausgesellschaften organisiert. Ihr Spitzenverband ist die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Die DKG vertritt die Krankenhausträger in den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung. Anders als die KBV und die KVen haben die Krankenhausgesellschaften nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern sind eingetragene Vereine.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das wichtigste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen. Das Beschlussgremium des G-BA ist paritätisch aus Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen sowie aus drei unparteiischen Mitgliedern zusammengesetzt. Patientenvertreter haben nur ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Wichtigste Aufgaben des G-BA sind der Erlass von Richtlinien zur ärztlichen Versorgung und zur Qualitätssicherung sowie die Bewertung des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.
Daneben existiert eine Reihe von weiteren Einrichtungen und Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung, die sich mit bestimmten Detailfragen der Gesundheitsversorgung befassen. Dazu zählen z.B. der Bewertungsausschuss oder das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus.
Jenseits der gemeinsamen Selbstverwaltung spielen die Ärztekammern als Organisationen der ärztlichen Selbstverwaltung eine besondere Rolle. Sie sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts auf Landesebene organisiert und auf freiwilliger Grundlage bundesweit in der Bundesärztekammer zusammengeschlossen. Wichtige Aufgaben der Ärzteschaft sind die Formulierung der ärztlichen Berufsregeln und deren Überwachung sowie die Verabschiedung der ärztlichen Weiterbildungsordnungen.
Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger ist Professor an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, AG 1: Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik und Gesundheitssoziologie.
Prof. Dr. Wolfram Burkhardt ist Professor an der Fachhochschule Frankfurt am Main - University of Applied Sciences im Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit
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