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Türkei: Versorgung ja, offene Debatte nein | Coronavirus | bpb.de

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Türkei: Versorgung ja, offene Debatte nein

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Gesundheitlich hat die Türkei die Corona-Krise bisher vergleichsweise gut gemeistert. Hart trifft die Pandemie aber die Wirtschaft, soziale Hilfen gibt es kaum. Präsident Erdoğan setzt auf Polarisierung und geht massiv gegen seine Kritiker vor. Euro|topics-Korrespondentin Kristina Karasu erzählt, wie die krisenerprobten Türken mit der Situation umgehen.

Türkei: Versorgung ja, offene Debatte nein

Corona|topics - Europa in der Pandemie

Türkei: Versorgung ja, offene Debatte nein

Gesundheitlich hat die Türkei die Corona-Krise bisher vergleichsweise gut gemeistert. Hart trifft die Pandemie aber die Wirtschaft, soziale Hilfen gibt es kaum. Präsident Erdoğan setzt auf Polarisierung und geht massiv gegen seine Kritiker vor. Euro|topics-Korrespondentin Kristina Karasu erzählt, wie die krisenerprobten Türken mit der Situation umgehen.

Mit offiziell 179.831 Corona-Fällen und 4.825 Todesopfern (Stand 15. Juni 2020) hat die Türkei zurzeit eine wesentlich niedrigere Sterblichkeitsrate als viele andere Länder. Als Grund werden die relativ junge Bevölkerung, flächendeckende Krankenversicherung, kostenlose Corona-Behandlung und große Investitionen ins Gesundheitssystem in den vergangenen Jahren vermutet.

Zwischen Mitte März und Anfang Juni ließ die Regierung das gesellschaftliche Leben auf ein Minimum herunterfahren, führte die Maskenpflicht ein und verhängte Ausgangssperren an den Wochenenden. Menschen über 65 und unter 20 Jahren durften über zwei Monate lang nur an wenigen Stunden pro Woche das Haus verlassen.

Der erste Corona-Fall in der Türkei wurde erst am 10. März bekanntgegeben, obwohl das Virus zu diesem Zeitpunkt in den Nachbarländern schon weit verbreitet war. In den überwiegend regierungstreuen Massenmedien wurde darüber geschwiegen. In den sozialen Medien hingegen entbrannten große Diskussionen darüber, ob Ankara bewusst Fälle vertusche. Die Regierung geht seither massiv gegen solche Kritik vor: sie ließ über 11.000 Social-Media-Konten untersuchen, die angeblich "provokative Corona-Posts" verbreitet haben sollen, darunter von kritischen Ärzten und Journalisten. Mehrere Menschen wurden vorübergehend festgenommen.

Ziel von Repressionen wurden auch die oppositionellen Bürgermeister von Istanbul, Ankara und Izmir: Eine von ihnen gestartete Spendenkampagne für Bedürftige in der Corona-Krise ließ die Regierung verbieten und leitete Ermittlungen ein; anschließend startete Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan seine eigene Spendenkampagne. In seinen Reden hetzt Erdoğan gegen seine Gegner, setzt auch in der Pandemie auf Polarisierung.

Schon vor Corona befand sich die Türkei in einer tiefen Wirtschaftskrise mit Massenarbeitslosigkeit, hoher Inflation und massiver Auslandsverschuldung. Durch die Corona-Maßnahmen hat sich die Krise nun massiv verschärft, die Hilfspakete der Regierung bleiben unzureichend. Es fehlt insbesondere an Sozialhilfen, Millionen von Menschen leben unter der Armutsgrenze, besonders hart trifft es Geflüchtete aus Syrien und anderen Ländern, von denen immer noch viele in der Türkei ausharren. Große Hoffnung ruht derzeit auf dem Tourismus, doch die EU hat ihre Reisewarnung für die Türkei bisher nicht aufgehoben.

8. Juni, Istanbul: Auch in der Türkei hat der Normalisierungsprozess begonnen. (© picture-alliance/akg, ZUMA Press)