Die Trans*Bewegung wird von Menschen getragen, für die die Geschlechtszuweisung zum Zeitpunkt der Geburt nicht oder nur teilweise lebbar ist und die sich selbst z. B. als '
Konzeptuelle Entwicklungen
Die konzeptuelle Entwicklung der Trans*bewegung wurde von teils miteinander verwobenen gesellschaftlichen, theoretischen und kommunikationstechnologischen Faktoren beeinflusst.
Das Internet erleichterte eine gemeinsame Politikgestaltung über weite geografische Distanzen hinweg (Whittle 1998, 405) und ermöglichte Trans*individuen (selbst-)kritisch Konzepte von Geschlecht, Maskulinität und Femininität zu reflektieren und sich darüber auszutauschen (Regh 2002, 197). Es gewährte Zugang zu neueren theoretischen Entwicklungen und dient als Basis u. a. für Foren, wie etwa die größte deutschsprachige Transmänner-Plattform ftm-portal.net, in denen verschiedene Verständnisse von Geschlecht und
Des Weiteren trugen queer-theoretische Perspektiven auf Zweigeschlechtlichkeit, Geschlecht, Körper und Sexualität zur konzeptuellen Entwicklung der Trans*bewegung bei. Diese theoretische Strömung stellt u. a. naturalisierte Vorstellungen von Geschlecht sowie den vermeintlichen Zusammenhang von anatomischen Eigenschaften,
Die oben genannten Einflüsse trugen zur Entwicklung eines Trans*diskurses bei. Dieser ist u.a. davon gekennzeichnet, dass Anatomie nicht zwingend als bestimmend für die geschlechtliche Selbst- und Fremdwahrnehmung aufgefasst werden muss. Ebenso fällen Trans*individuen unterschiedliche Entscheidungen in Bezug auf medizinische und rechtliche Maßnahmen, um ein Leben mit sich und in der jeweiligen sozialen Umwelt führen zu können (TransMann e.V. 2004; vgl. de Silva 2014, 157). Entgegen der lange Zeit vorherrschenden psycho-medizinischen Annahme erscheinen Trans*phänomene nicht als homogene, klar voneinander abgrenzbare Kategorien. Vielmehr stellt trans* ein fluides und nicht abschließbares Spektrum von selbstdefinierten Personen dar (vgl. TGNB 2006). Dieser Diskurs identifiziert nicht trans* als Problem, sondern heteronormative Zweigeschlechtlichkeit, die alle anderen geschlechtlichen Möglichkeiten mittels Diskriminierung, Pathologisierung und Exotisierung an den gesellschaftlichen Rand drängt (TransMann e.V. 1999-2016; TGNB 2006a; TrIQ e.V. 2006-2016).
Zudem hat das von Kimberlé Crenshaw (1989) entwickelte Konzept der Intersektionalität – die Überschneidung verschiedener Diskriminierungsformen – Eingang in das Konzept von trans* gefunden.
Strukturelle Entwicklungen
Seit den späten 1990er Jahren ist ein anhaltender struktureller Wandel in der Trans*bewegung zu verzeichnen.
Ohne Selbsthilfegruppen transsexueller Menschen zu verdrängen, lösten in den späten 1990er Jahren neue überregional tätige und mit lokalen Beratungs- und Kontaktstellen arbeitende Lobby- und Aufklärungsorganisationen die 1984 gegründete (Lauwaert 2016, 457), überregionale Organisation Transidentitas e.V. ab. Die neuen Organisationen repräsentierten bzw. wurden von Menschen getragen, die in der traditionellen Transsexuellen-Selbsthilfe kaum oder nicht berücksichtigt worden waren (vgl. TransMann e.V. 1999-2016). Sie hatten zum Ziel, die Selbstakzeptanz zu erhöhen, gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu erlangen und Diskriminierung und Vorurteilen in der Gesellschaft entgegenzuwirken (vgl. dgti e.V. undatiert; TransMann e.V. 1999-2016; de Silva 2014, 153).
Die Gründung neuer Vereine setzte sich wenig später auch auf lokaler und supranationaler Ebene fort. Vor allem in Großstädten entstanden zunehmend lokale Gruppen mit marginalisierten Geschlechtern und Sexualitäten in breiten Netzwerken. Mit der Gründung der supranationalen Organisations- und Vernetzungsstruktur Externer Link: Transgender Europe (TGEU) im Jahre 2005 (TGEU 2016) deutet sich eine zunehmende Globalisierung der Trans*bewegung an. Ziel von TGEU ist es, mittels Lobbying und Aufklärung Diskriminierung – insbesondere auf der Basis von Geschlechtsidentität und -ausdruck – entgegenzuwirken sowie Bedingungen in Europa zu schaffen, die es allen Menschen erlauben, ungestört ihrem Geschlecht entsprechend zu leben (vgl. ebd.; de Silva 2014, 154).
Der 2015 gegründete Bundesverband Trans* (BVT*) stellt eine weitere Phase organisatorischer Verdichtung auf nationaler Ebene dar. Seine Gründung kann u. a. als eine Reaktion auf das Ausbleiben einer grundlegenden Reform des Transsexuellengesetzes (TSG) interpretiert werden. Darüber hinaus kann sie auch als ein Versuch der Bewegung gedeutet werden, sich auf Bundesebene mit einem Forderungskatalog, der von einer breiten Basis getragen wird, Gehör zu verschaffen (BVT* e.V. 2016).
Politische Entwicklungen
Die Trans*bewegung befasst sich mit einem breiten Themenspektrum. Die Konstanten des trans*politischen Aktivismus bilden dabei die Kritik am Transsexuellengesetz, an psycho-medizinischen Prämissen und Praktiken sowie an den Verfahren des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) bzw. des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS). Darüber hinaus werden Vorschläge zur Beseitigung der von der Bewegung in diesen Bereichen festgestellten Mängel formuliert. Die Trans*politik lässt sich jedoch nicht allein auf diese Punkte reduzieren.
Im Zentrum der Kritik am Transsexuellengesetz stehen seit dessen Inkrafttreten im Jahr 1981 zahlreiche Normen, die von der Trans*bewegung als menschenrechtsverletzende bewertet werden. Beispielsweise war es laut dem Gesetz nur dann möglich, die Geschlechtszugehörigkeit rechtlich ändern zu lassen, wenn die Person dauerhaft fortpflanzungsunfähig war, sich einer operativen Angleichung an das "andere" Geschlecht unterzogen hatte und nicht verheiratet war. Mit Entscheidungen aus den Jahren 2008 und 2011 hat das Bundesverfassungsgericht diese Vorgaben für verfassungswidrig erklärt.
Weitere Kritikpunkte von Trans*aktivist*innen am Transsexuellengesetz, sind die Dauer und Art des Verfahrens zur Vornamens- und Personenstandsänderung, die nur durch ein Gerichtsverfahren mitsamt Sachverständigengutachten möglich ist. Des Weiteren wird das als unzulänglich erachtete Offenbarungsverbot
Anhaltender Widerstand hat sich auch frühzeitig gegen pathologisierende psycho-medizinische Zuschreibungen formiert, wie etwa die Klassifikation von Transsexualität als "Störung der Geschlechtsidentität". Ebenso lehnen Trans*organisationen ein obligatorisches, längerfristiges psychotherapeutisches Verfahren ab. Sie kritisieren beispielsweise den "Alltagstest", eine sozial-experimentelle (vgl. Kaltenmark/Kasimir/Rauner 1998, 269), psycho-medizinische Vorgabe zu diagnostischen Zwecken, bei der sich Trans*personen vor somatischen Anpassungen in allen sozialen Bereichen im Identitätsgeschlecht zu präsentieren haben, also beispielsweise erwartet wird, dass sie ihre Kleidung ihre Kleidung an Konventionen der Femininität und Maskulinität anpassen.
Ebenfalls lehnen sie invasive Fragen in Begutachtungssituationen ab, wie etwa zu sexuellen Praktiken und sexueller Orientierung bei den zwei Sachverständigen in den Verfahren zur Vornamens- und Personenstandsänderung oder körperliche Untersuchungen (vgl. TransMann e.V. 2004) beim MDK, wenn es um die Kostenübernahme geschlechtsangleichender Maßnahmen durch die gesetzlichen Krankenkassen geht. Neben der Verletzung der Privatsphäre, können derartige Praktiken in einem hierarchischen Setting bewirken, dass normative Vorstellungen der begutachtenden Person über Sexualität und Geschlecht über den Zugang zu rechtlicher Anerkennung bzw. der Kostenübernahme für medizinische Maßnahmen entscheiden (Hamm/Sauer 2014, 21).
Während sich in der Sexualwissenschaft Stimmen mehren, die die zuvor genannten Prämissen und Praktiken sowie die Verquickung von Recht und Medizin im Transsexuellengesetz kritisch betrachten
Trans*politische Lösungsvorschläge in den genannten Bereichen standen (und stehen) stets im Spannungsfeld zwischen einer oftmals radikaleren Programmatik und dem politisch Realisierbaren in bestimmten historischen Momenten und Konstellationen. Zugleich sind – auch im Zuge von Erfolgen innerhalb eines sich insgesamt bewegenden Feldes – Forderungen nach Selbstbestimmung, Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt, Entstigmatisierung und Entpathologisierung in politischen Entwürfen von Trans*organisationen seit den späten 1990er Jahren kompromissloser geworden.
Bezüglich einer Reform des Transsexuellenrechts reichen die Forderungen aktuell von einer Reform des Transsexuellengesetzes, die u. a. einen niedrigschwelligen und selbstbestimmten Zugang zur Vornamens- und Personenstandsänderung ermöglicht