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Debatte: Elterngeld | Familienpolitik | bpb.de

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Debatte: Elterngeld

Manuela Schwesig Katharina Wrohlich Christine Wimbauer

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Das Elterngeld wurde im Jahr 2006 eingeführt. Es bedeutete einen Paradigmenwechsel in der deutschen Familienpolitik: Zum einen, da die Höhe der Leistung sich am letzten Einkommen orientiert - im Gegensatz zum Erziehungsgeld, der Vorgängermaßnahme. Zum anderen aufgrund der speziellen Anreize, damit beide Elternteile die Leistung in Anspruch nehmen. In den ersten 14 Monaten nach der Geburt können beide Eltern zusammen bis zu 14 Monate Elterngeld beziehen, das einkommensabhängig zwischen 300 und 1.800 Euro pro Monat liegt. Seit 2015 gibt es zusätzlich das Elterngeld Plus. Dies richtet sich an Mütter und Väter in Teilzeit. Sie erhalten Elterngeld Plus in maximal halber Höhe des bisherigen Elterngeldes, aber doppelt so lang. Über den Erfolg des Elterngeldes wird diskutiert. bpb.de hat drei Meinungen zum Elterngeld eingeholt.

Standpunkt Manuela Schwesig: Das Elterngeld ist ein voller Erfolg

"Das Elterngeld ist ein voller Erfolg. Es schafft Familien mit einem Baby materielle Sicherheit. Es unterstützt Eltern verlässlich und gut, wenn sie es am meisten brauchen. 82 Prozent der Beziehenden sagen, dass das Elterngeld wichtig für ihr Familieneinkommen ist. Außerdem hat es dazu geführt, dass Frauen wieder stärker in den Beruf einsteigen können und sich Väter mehr Zeit für ihre Kinder nehmen. Heute geht bereits jeder dritte Vater in Elternzeit. Das zeigt, dass wir den Bedürfnissen der Eltern gerecht werden. Denn junge Paare wünschen sich beides: Zeit für die Familie und den Beruf. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Lebensform besser unterstützen. Das Elterngeld kann da nur der Anfang sein. Ich plädiere dafür, das Modell einer Familienarbeitszeit mit einem Familiengeld einzuführen. Damit wird es möglich sein, wieder in den Job einzusteigen, aber eben auch Teilzeit zu arbeiten plus materieller Unterstützung. Das ElterngeldPlus, das ich 2014 als Bundesfamilienministerin auf den Weg gebracht habe, ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Denn es erleichtert die Kombination aus Teilzeitarbeit und Elterngeldbezug und begünstigt eine partnerschaftliche Aufteilung der Elterngeldmonate zwischen Mutter und Vater."

Standpunkt Katharina Wrohlich: Für Mütter hat sich eine Erwerbsunterbrechung von 12 Monaten etabliert

"Das Elterngeld hat die familienpolitische Landschaft in Deutschland verändert und unterstützt viele Familien in einer Lebensphase, die für die kindliche Entwicklung und die Bindung an die Eltern von besonderer Bedeutung ist. Im Durchschnitt haben Familien mit Kindern im ersten Lebensjahr durch das Elterngeld rund 480 Euro mehr an Nettoeinkommen. Dazu passt auch, dass im ersten Lebensjahr des Kindes Mütter tendenziell die Erwerbsbeteiligung zurückgefahren haben. Im zweiten Lebensjahr des Kindes ist die Erwerbsbeteiligung von Müttern hingegen gestiegen, insbesondere bei Müttern mit niedrigen Einkommen. Diese Wirkung war von der Zielsetzung des Elterngeldes her erwünscht, denn ein Ziel des Elterngeldes war es, die Erwerbsunterbrechungen von Müttern tendenziell zu verkürzen. Das Elterngeld hat an dieser Stelle eine soziale Norm verändert: Für Mütter hat sich nun die Norm etabliert, dass zwölf Monate die sozial erwünschte Dauer der Erwerbsunterbrechung ist. Zudem ist es durch die Einführung der Partnermonate im Elterngeld mittlerweile für viele Väter sozial akzeptiert, in Elternzeit zu gehen – wenn auch nur für zwei Monate."

Standpunkt Christine Wimbauer: Weniger gut Qualifizierte verlieren – und die Kinderfürsorge bleibt weiblich

"Mittlerweile nimmt etwa jeder dritte Vater Elternzeit – ein Schritt hin zu mehr Geschlechtergleichheit? Ja, denn vor 2007 waren es nur drei bis fünf Prozent. Doch konstant um die 80 Prozent dieser Väter beanspruchen nur die Mindestdauer von zwei Monaten. Kinderfürsorge bleibt also hauptsächlich weiblich. Zudem profitieren vor allem mittlere und höhere Einkommensbezieher/-innen. Bis 2006 bekamen bedürftige Eltern bis zu 24 Monate 300 Euro Erziehungsgeld. Das Elterngeld ist jedoch keine bedarfsgeprüfte Leistung mehr, sondern eine Lohnersatzleistung und orientiert sich an der Arbeitsmarktposition der Eltern. Gering verdienende und nicht erwerbstätige Eltern erhalten nur noch für maximal 14 Monate den Mindestbetrag von 300 Euro. Eltern im ALG II-Bezug wird das Elterngeld seit 2011 wieder abgezogen. Diese Eltern verlieren also, ihre Kinder scheinen finanziell weniger "wert". Das Elterngeld fügt sich damit in eine Aktivierungslogik: Offenbar sollen vor allem "gute" Arbeitsmarktbürger/-innen auch zum Gebären von Kindern aktiviert werden, nicht aber weniger gut Qualifizierte. Das Elterngeld begünstigt damit eine arbeitsmarkt- und qualifikationsorientierte "selektive Emanzipation"."

Fussnoten

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Manuela Schwesig ist Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. Die SPD-Politikerin war bis Mai 2017 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zuvor war sie fünf Jahre Ministerin in Mecklenburg-Vorpommern: Von 2008 bis 2011 für Soziales und Gesundheit und von 2011 bis 2013 für Arbeit, Gleichstellung und Soziales.

Dr. Katharina Wrohlich ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Vorstandsbereich des DIW Berlin, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Sie gehört zur Forschungsgruppe Gender Studies mit dem Arbeitsschwerpunkt Evaluation von Steuer- und Familienpolitik.

Christine Wimbauer ist Professorin für Soziologie der Arbeit und Geschlechterverhältnisse an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie forscht u.a. zu Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in Paarbeziehungen und in der Erwerbssphäre, zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zu prekärer Beschäftigung und zu ungleicher sozialstaatlicher Anerkennung von Erwerbs- und Fürsorgearbeit. 2012 veröffentlichte sie „Wenn Arbeit Liebe ersetzt. Doppelkarriere-Paare zwischen Anerkennung und Ungleichheit“.