Nationalstaaten haben die Hoheit, darüber zu bestimmen, wer, wie lange und aus welchem Grund legal Zugang zu ihrem Territorium erhält und welche Rechte und gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten damit verbunden sind. Damit berührt Migration zentrale Kernbereiche staatlicher Souveränität. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) haben Teile ihrer Souveränität im Hinblick auf die Steuerung von Migration an die supranationalen EU-Institutionen übertragen. Zwar zählte eine gemeinschaftliche Regelung der Einwanderung und des Asyl- und Flüchtlingswesens nicht zu den ursprünglichen Zielen der Europäischen Gemeinschaft. Eine Harmonisierung der Migrations- und Asylpolitik erschien allerdings aus drei zentralen Gründen notwendig: der Schwierigkeit, Zuwanderung auf nationaler Ebene zu regeln, der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen und die dadurch verstärkte Notwendigkeit der Kooperation zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten sowie der demografischen Entwicklung in Europa. Der 1999 in Kraft getretene
Hauptziele der EU-Migrationspolitik
Zu den Hauptzielen der europäischen Politik im Hinblick auf die Steuerung der Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen zählen
die ”Bekämpfung” von illegaler Migration und Menschenhandel (Instrumente sind unter anderem Grenzschutz, Visa-Politik, Rückführung, Dokumentensicherheit),
die (temporäre) Aufnahme von Schutzbedürftigen (Asyl), und
die Förderung von legaler Migration (Arbeitsmigration, Familienzusammenführung).
Die Vergemeinschaftung des Asylwesens ist bislang am weitesten fortgeschritten. Bereits 1990 einigten sich die Mitgliedstaaten darüber, welches Land für die Bearbeitung eines Asylantrags verantwortlich ist. Nach jahrelangen Verhandlungen wurde 2013 schließlich ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) verabschiedet. Auch die Entwicklung eines europäischen Grenzregimes zur Sicherung der EU-Außengrenzen und zur
Hinsichtlich der legalen Migration von Drittstaatsangehörigen ist die Harmonisierung dagegen weniger weit fortgeschritten. Zwar haben sich Europäisches Parlament und EU-Kommission bereits mehrfach für einen gemeinsamen und umfassenden Ansatz in Einwanderungs- und Integrationsfragen ausgesprochen. Die Mitgliedstaaten stehen dem aber weiterhin skeptisch gegenüber und treten in diesen Bereichen nur ungern Kompetenzen an die EU ab. Damit bleibt die (Arbeits-)Migration ein Bereich, der von den EU-Staaten weiterhin weitgehend individuell geregelt wird, das heißt sie setzen beispielsweise nationale Quoten fest oder erteilen langfristige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse.
Wer macht was? Akteure der EU-Migrationspolitik
Die zentralen europäischen Akteure im Bereich der Migrationspolitik sind die Europäische Kommission, der Ministerrat für Justiz und Inneres, der Europäische Rat und das Europäische Parlament. Der Europäische Rat gibt über die Fünf-Jahres-Programme Leitlinien für die Weiterentwicklung der gemeinsamen EU-(Migrations-)Politik vor (aktuell:
Migration - Ein kontroverses Thema in den Mitgliedstaaten
Flucht und Asyl
Bilder von Flüchtlingskatastrophen vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa oder Berichte über desolate Zustände in griechischen Aufnahmeeinrichtungen finden regelmäßig den Weg in die Medien. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied im Dezember 2011, dass Asylbewerber nicht in einen EU-Mitgliedstaat überstellt werden dürfen, der die Einhaltung ihrer Grundrechte nicht gewährleisten kann. Die an der EU-Außengrenze gelegenen südeuropäischen Länder fühlen sich mit dem ”Migrationsdruck” allein gelassen. Im Rahmen seiner Ratspräsidentschaft (1. Januar bis 30. Juni 2014) setzt sich Griechenland für mehr Solidarität unter den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die innereuropäische Verteilung der Asylbewerber ein.
Schutz der Außengrenze und Kontrollen an den Binnengrenzen
Auf Beschluss der EU im Oktober 2013 dürfen
Freizügigkeit
Die Personenfreizügigkeit war zuletzt auch angesichts steigender Zuzugszahlen aus Bulgarien und Rumänien in mehreren EU-Staaten diskutiert worden. Unter dem Leitspruch ”Wer betrügt, fliegt” forderte CSU-Chef Horst Seehofer Maßnahmen gegen den ”Missbrauch der europäischen Freizügigkeit durch Armutszuwanderung”. Auch in anderen Mitgliedstaaten wie Dänemark und Großbritannien wird über den Anspruch von EU-Bürgern auf Sozialleistungen debattiert. Den Vorstoß des britischen Premierministers David Cameron (Conservative Party), die Freizügigkeit von Unionsbürgern aus ärmeren EU-Staaten grundsätzlich einschränken zu wollen, wies die EU zurück. Schwedens Premierminister Fredrik Reinfeldt (Moderate Sammlungspartei) äußerte sich besorgt über die Äußerungen seines britischen Amtskollegen. Der von Cameron beschworene Sozialtourismus sei in Schweden nicht nachweisbar. Auch in Deutschland sprechen die Fakten dagegen.
Das Thema Migration im Europawahlkampf
2011 lebten 33,3 Millionen Ausländer/-innen in der EU: 20,5 Millionen Drittstaatsangehörige und 12,8 Millionen Unionsbürger,