Der Rat der Europäischen Union ist auch im buchstäblichen Sinne eines der entscheidenden Organe der Europäischen Union. Er ist auch gemeint, wenn nur von dem "Rat" die Rede ist. Der Rat der EU besteht aus je einem Minister der derzeit 28 Mitgliedstaaten. Je nach Fachgebiet kommen die zuständigen Minister, also beispielsweise die Außenminister oder die Agrarminister, zusammen. Insgesamt gibt es zehn verschiedene Ratsformationen. Wenn also dreimal in einer Woche der Rat der Europäischen Union tagt, kann es durchaus sein, dass sich verschiedene Personen treffen. Der Rat lenkt die Arbeit der Europäischen Union und ist - bis auf wenige Ausnahmen gemeinsam mit dem Europäischen Parlament - der Gesetzgeber der EU.
Entscheidungsmechanismen im Rat
Wie der Rat Entscheidungen trifft, ist von Fall zu Fall unterschiedlich und in den Verträgen genau festgelegt. Manche Dinge müssen einstimmig beschlossen werden, andere werden mit Mehrheit geregelt. Durch den am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Lissabonner Vertrag wird das System zum 1. November 2014 zugunsten einer doppelten Mehrheit verändert, wobei es selbst dann noch für drei Jahre Übergangsregelungen gibt. Eine Mehrheitsentscheidung muss der neuen Regelung zufolge die Mehrheit der Mitglieder des Rats (mindestens 55 Prozent), die gleichzeitig die Mehrheit der Bevölkerung der EU (mindestens 65 Prozent) repräsentiert, auf sich vereinigen. Bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung wird bei Mehrheitsentscheidungen im Allgemeinen die "qualifizierte Mehrheit" angewandt, das sind ca. 70 Prozent der Stimmen des Rats. Bei Mehrheitsentscheidungen verfügt jeder Staat über ein bestimmtes Stimmengewicht. Die großen Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien haben beispielsweise je 29 Stimmen, Estland und Luxemburg haben je 4 und Malta verfügt über 3 Stimmen. Grundsätzlich folgt die Stimmenverteilung dem Prinzip der degressiven Proportionalität. Im Einzelnen ist die Stimmenzuteilung jedoch nicht anhand eines klaren Schemas nachvollziehbar, sondern das Ergebnis politischer Aushandlungsprozesse.
Ratspräsidentschaft
Der Vorsitz im Rat der Europäischen Union wechselt halbjährlich. 2014 haben Griechenland (erste Jahreshälfte) und Italien (zweite Jahreshälfte) die Ratspräsidentschaft inne, 2015 folgen Lettland und Luxemburg und 2016 die Niederlande und die Slowakei. Die jeweilige Präsidentschaft koordiniert die Arbeit des Rates und führt den Vorsitz bei den Ratssitzungen - allerdings nicht bei den Außenministern, dort hat die Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik der Union diese Position inne. Zudem erarbeitet jede Präsidentschaft eigene Schwerpunkte und setzt sie auf die Tagesordnung. Dies führt zu einer nicht zu übersehenden Diskontinuität in der Arbeit des Rates, auch wenn dort vieles auf Arbeitsebene beständig weitergetrieben wird.
Seit 2007 versucht man diesem Mangel durch eine sogenannte Trio-Präsidentschaft abzuhelfen. Das bedeutet, dass jeweils drei Staaten, die die Präsidentschaft hintereinander ausüben, sich zusammentun und gemeinsame Leitlinien für ihre Arbeit entwickeln. Das nächste Trio ab der zweiten Jahreshälfte 2014 besteht aus Italien, Lettland und Luxemburg. Große Wirkung hat diese Methode der Trio-Präsidentschaft allerdings bislang nicht entfaltet. Die Möglichkeit, sich selbst als Präsident(schaft) Europas zu präsentieren, ist offensichtlich verlockender als diesen Ruhm zu teilen.
Die Präsidentschaft spielt nach wie vor eine wichtige Rolle, um die Abläufe in der EU zu gewährleisten, hat jedoch durch die Neuregelungen des Lissabonner Vertrages an Bedeutung verloren, da der Europäische Rat mit seinem ständigen Präsidenten sowie die Hohe Vertreterin stärker Einfluss nehmen.