Dem Rat, also der Vertretung der Regierungen der Mitgliedstaaten, steht das Europäische Parlament als weitestgehend gleichberechtigter Gesetzgeber und Vertreter der "Union der Bürger" gegenüber. Das Parlament wird in allen Mitgliedstaaten alle fünf Jahre direkt gewählt, die nächste Wahl nach 2014 ist dann also 2019.
Die Abgeordneten werden auf nationalen Parteilisten gewählt. In Deutschland hat man beispielsweise die Wahl zwischen der Liste der CDU, der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen, der Partei DIE LINKE oder der CSU (nur in Bayern). Auch kleinere Parteien, die im Deutschen Bundestag nicht vertreten sind, nehmen an den Europawahlen teil. Ihre Chancen sind dabei größer als bei den Bundestagswahlen, da das Bundesverfassungsgericht im Februar 2014
Verschiedene Wahlsysteme
Das Wahlsystem ist in den EU-Staaten nicht einheitlich. Zwar wählen alle Staaten nach dem Verhältniswahlrecht, auch diejenigen, die wie Großbritannien ihr nationales Parlament durch die Mehrheitswahl bestimmen. Auch ist einheitlich geregelt, dass alle Bürgerinnen und Bürger spätestens ab dem 18. Lebensjahr wählen dürfen. In Österreich kann man allerdings schon mit 16 Jahren an der Europawahl teilnehmen.
Größere Unterschiede gibt es beim passiven Wahlrecht. Während man in Deutschland (und auch in Österreich) mit 18 Jahren Europaparlamentarier werden kann, muss man in einigen anderen Ländern schon 21 oder 23 Jahre alt sein. In Italien, Griechenland und Zypern kann man erst mit 25 Jahren fürs Europaparlament kandidieren. Und es gibt noch weitere Unterschiede: In einigen Ländern gibt es Sperrklauseln, die bei drei, vier oder fünf Prozent liegen. In manchen Staaten können die Wähler darüber hinaus
Fraktionen und Vorsitz im Parlament
Im Europäischen Parlament schließen sich die Abgeordneten zu politischen Fraktionen zusammen. Im bisherigen Parlament vor der Wahl im Mai 2014 gab es die "Fraktion der Europäischen Volkspartei" als Bündnis der Konservativen (mit CDU und CSU), die Fraktion der "Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament" (mit der SPD), die "Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa" (mit der FDP), die "Fraktion der Grünen /Freie Europäische Allianz" (mit Bündnis 90/Die Grünen) und die "Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke" mit der Partei Die Linke. Den anderen Fraktionen gehörte bislang kein deutscher Abgeordneter an. Im neugewählten Parlament werden sich Fraktionen bilden, die nicht unbedingt mit den bisherigen identisch sein müssen. So gehörten beispielsweise die britischen Konservativen früher der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) an, spalteten sich jedoch davon ab und gründeten mit der tschechischen ODS und der polnischen PiS die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten. Das Parlament wird von einem Präsidenten geleitet, der für zweieinhalb Jahre gewählt wird. Von Januar 2012 bis zum Ende der Legislaturperiode am 30. Juni 2014 hat der deutsche SPD-Politiker Martin Schulz das Amt inne. Bei der Wahl des Parlamentspräsidenten wird darauf geachtet, dass sich sowohl die verschiedenen "politischen Familien" als auch die Herkunftsländer abwechseln. Es ist also nicht üblich, dass die jeweilige Parlamentsmehrheit diese Position auf Dauer mit ein und demselben Vertreter besetzt, wie wir das in nationalen Parlamenten vorfinden.
Kompetenzen des Parlaments
Das Europäische Parlament beschließt gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union die Gesetze. Die Entscheidungen werden in Ausschüssen vorbereitet, denen Vertreter aller Fraktionen angehören. Bei Abstimmungen im Plenum entscheidet die Mehrheit der Abgeordneten. Allerdings kann das Parlament - genauso wie der Rat der Europäischen Union - nicht von sich aus eine Gesetzesinitiative ergreifen. Dieses Initiativrecht steht lediglich der Europäischen Kommission zu. Will das Parlament also einen Sachverhalt regeln, muss es die Kommission auffordern, dazu einen Vorschlag auszuarbeiten. Für den Rat gilt dies gleichermaßen.
Es gibt zudem Themenfelder, bei denen das Parlament lediglich angehört werden muss. Hierbei handelt es sich vor allem um die Außenpolitik, in der die EU jedoch generell keine Gesetze beschließt, und die Steuerpolitik. Bei allen anderen Themen muss das Parlament Gesetzen zustimmen. Man spricht hier von der "Mitentscheidung" oder dem "ordentlichen Gesetzgebungsverfahren". Das Parlament kann also Regelungen nicht alleine erlassen, aber ohne das Parlament können sie auch nicht Gesetz werden. Das Parlament wählt darüber hinaus den Präsidenten der Europäischen Kommission – allerdings auf Vorschlag des Europäischen Rats, also der Staats- und Regierungschefs der EU. Bei der Nominierung des Präsidenten soll nach der Wahl zum Europäischen Parlament 2014 erstmals das Ergebnis der Wahlen berücksichtigt werden. Je nachdem, welche Gruppe die Mehrheit im Europäischen Parlament erringt, ist eine Kandidatin oder ein Kandidat aus diesem politischen Spektrum auszuwählen. Diese Vorschrift ist durch den Lissabonner Vertrag Teil des EU-Rechts geworden. Das Europäische Parlament muss auch der Europäischen Kommission als Ganzes zustimmen. Vorher befragen die entsprechenden Parlamentsausschüsse die Kommissaranwärter. Das Parlament genehmigt zudem den Haushalt der EU, genauer gesagt die Ausgaben. Über die Einnahmen entscheiden die Mitgliedstaaten im Rat.
Eine weitere wichtige Aufgabe des Europäischen Parlaments ist die Kontrolle der Europäischen Kommission. Die Mitglieder der Europäischen Kommission erstatten dem Parlament und seinen Ausschüssen regelmäßig Bericht über ihre Arbeit und ihre Vorhaben. Das Parlament hat die Möglichkeit, der Kommission das Misstrauen auszusprechen und sie damit zum Rücktritt zu zwingen. Als Ende der 1990er-Jahre einzelne Kommissionsmitglieder mit Begünstigungsvorwürfen konfrontiert wurden, sich aber weigerten, von sich aus zurückzutreten, drohte das Parlament der Kommission unter dem Luxemburger Jacques Santer die Abwahl an. Die Kommission trat daraufhin im März 1999 von sich aus zurück.
Das Parlament als "Wanderzirkus"
Das Europäische Parlament hält seine Plenarsitzungen in Straßburg ab, kurze Sitzungen sowie die Ausschussarbeit finden in Brüssel statt. Dieser "Wanderzirkus" wird oft als teuer und ineffektiv kritisiert, die Verantwortung dafür ist allerdings nicht dem Parlament anzurechnen. Über den Sitzungsort entscheiden nämlich die Mitgliedstaaten im Rat, und zwar einstimmig. Da Frankreich nicht bereit ist, die Sitzungen in Straßburg zur Disposition zu stellen, wird es wohl auf absehbare Zeit bei der Dualität der Tagungs- und Arbeitsorte bleiben, auch wenn eine Mehrheit der Europa-Abgeordneten darauf pocht, die Entscheidung über den Sitz des Parlaments selbst treffen zu können. Die Verwaltung des Europäischen Parlaments ist in Luxemburg angesiedelt.
Die Europa-Abgeordneten
Das Parlament, genauer gesagt seine einzelnen Abgeordneten, sind oftmals die ersten Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger, wenn es um europäische Fragen geht. Gelegentlich wird bemängelt, die Europaabgeordneten seien in der jeweiligen nationalen Öffentlichkeit nicht präsent genug. Dabei muss man berücksichtigen, dass das Europäische Parlament 40 Plenar-, Ausschusssitzungs- und Fraktionssitzungswochen im Jahr hat (2013). Zum Vergleich: Der Deutsche Bundestag hatte 2012 im letzten kompletten Jahr vor der Wahl lediglich 20 Sitzungswochen.
In den Sitzungswochen können die Europaparlamentarier die ganze Woche über nicht in ihren Heimatregionen sein. Für Wahlkreisarbeit (und ihre Familie) bleibt ihnen daher nur das Wochenende. Hinzu kommt, dass der Einzugsbereich eines Europaabgeordneten viel größer ist als der eines Bundestagsmitglieds. Auf Deutschland entfallen im neuen 2014 gewählten Parlament 96 Abgeordnete. Der 2013 gewählte Deutsche Bundestag zählt 631 Mitglieder. Es gibt also über sechs Mal mehr Bundestagsabgeordnete als deutsche Europaparlamentarier. Daher haben die Mitglieder des Bundestages auch mehr Möglichkeiten, in den Wahlkreisen und bei den Veranstaltungen der Parteigliederungen anwesend zu sein.