Wo die Weichsel in die Ostsee mündet, wurde seit jeher gehandelt. So entstand Danzig, die Hanse- und Handelsstadt, über die Holz und Getreide nach Europa gelangten und Salz, Hering und Kolonialwaren nach Polen. Danzig war immer auch ein Bindeglied zwischen Deutschen und Polen.
Die Weichsel ist der größte Strom im Einzugsgebiet der Ostsee und der längste in Polen mit einer Länge von 1092 Kilometern. Seine wichtigsten Quellarme sind die Schwarze und die Weiße Weichsel. Sie entspringen in 1.090 beziehungsweise 1.106 Metern über dem Meeresspiegel. Das Einzugsgebiet der Weichsel umfasst 193.911 Quadratkilometer, davon entfallen auf Polen 173.700 Quadratkilometer. Das Weichseltal wurde geprägt durch einen eiszeitlichen Gletscher, der sich in Richtung Norden zurückzog und unterschiedliche geologische Strukturen und geographische Regionen hervorbrachte.
Die Weichsel fließt durch ganz Polen, von den Schlesischen Beskiden durch das Schlesische Vorgebirge, den Talkessel von Oświęcim/Auschwitz, die Krakauer Pforte, den Talkessel von Sandomir, das kleinpolnische Weichselbruch, die mittelmasowische Tiefebene, das Thorn-Eberswalder Urstromtal, die Weichselniederung, das Danziger Küstenland – und mündet schließlich in die Danziger Bucht.
Geographisch wird das Weichseltal in drei Teile gegliedert: den Interner Link: Oberlauf von der Quelle bis Sandomir, den Mittellauf von Sandomir bis Płock und den unteren Lauf von Płock bis zur Mündung in die Ostsee. Dieser letzte Abschnitt ist landschaftlich wenig attraktiv, denn er wurde um den vorletzten Jahrhundertwechsel reguliert. Nun ist der untere Weichsellauf begradigt und durch Buhnen verengt. Interner Link: Das Weichseldelta entstand dadurch, dass die Bucht infolge des vom Fluss mitgebrachten Geschiebes immer stärker versandete. Das Delta erstreckt sich auf einer Länge von 50 Kilometer und einer Breite von bis zu 60 Kilometer, seine Fläche beträgt etwa 1.700 Quadratkilometer. ist der untere Das Gebiet des Weichseldeltas wird durch die Ränder der Moränenkämme begrenzt, es ist nahezu flach. An vielen Stellen ist das Delta eine geomorphologische Senke, und die größte Niederungsfläche mit 181 Quadratkilometern und die tiefste Stelle mit 1,8 Metern unter Normal Null befindet sich nahe Elbing in Niederkerbswalde. 1840 entstand nahe Danzig in Folge des Drucks des angestauten Wassers ein natürlicher Weichseldurchbruch. Der polnische Schriftsteller Wincenty Pol nannte ihn "Śmiała Wisła" (Tapfere Weichsel).
In den Jahren 1890-1895 schuf man unterhalb von Schiewenhorst einen weiteren Weichseldurchstich, und oberhalb von Einlage errichtete man einen Damm und eine Schleuse, die die Schifffahrt bis Danzig ermöglichten. Seitdem wird das Teilstück von Einlage bis zur Mündung in die Ostsee als "Tote Weichsel" bezeichnet.
Die Weichsel – historisch betrachtet
Der Weichselstrom war römischen Geographen schon in der Antike bekannt. Sie beschrieben den Fluß als Vistla (Marcus Agrippa, 62-12 v. Ch.) oder Vistula (Pomponius Mela in De Chorographia libri tres, um 44 v. Ch.). Ptolemäus versuchte im zweiten Jahrhundert nach Christus die Quelle und die Mündung der Weichsel zu verorten. Er meinte, sie trenne Germanien und Sarmatien. Auch Plinius d. Ä. (23-79 n. Ch.) beschrieb die an der Weichsel gelegenen Regionen, und Tacitus (55-120 n. Ch.) nannte deren Bewohner "Veneter".
Das Interesse der Mittelmeeranrainer an der Weichselmündung in die Ostsee hatte einen einfachen Grund: Es war der Bernstein, das Gold des Meeres. Schon die Phönizier (um 1000 v. Ch.) handelten mit den Bewohnern der Regionen östlich der Weichselmündung. Danach übernahmen die Ligurer und Etrusker die Einfuhr von Bernstein und im 3. Jahrhundert v. Ch. die Römer. Nach historischen Quellen führten wichtige Handelsrouten über Schlesien und Großpolen nach Pommerellen (Weichselpommern).
Zu Beginn des 6. Jahrhunderts kamen Slawen in die Gebiete zwischen Elbe und der heutigen Ukraine und zwischen Ostsee und Adria. Sie vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung. Sie siedelten in Wäldern und an Flussufern, und nutzten Flöße und kleine Schiffe für den Transport auf dem Wasser. Ab dem 7. Jahrhundert wurden die Slawen an der Weichselmündung wie ihre Vorgänger als "Veneter" oder "Wenden" bezeichnet. Zu Beginn des Hochmittelalters übernahm König Alfred der Große in einer Übersetzung der Chorographia von Orosius die Beschreibung "Visleland" des angelsächsischen Mönches Wulfstan, der Ende des 9. Jahrhunderts die Gebiete vom dänischen Hedeby bis Truso im Land der Prußen bereist hatte. Während dieser Reise segelte er an der Küste der von den Venetern bewohnten Gebieten entlang und gelangt schließlich in die breite Mündung der "Visle", die das Territorium der Slawen von dem der Esten trennte.
Die Gründung Danzigs
Die ältesten Informationen über die Existenz Danzigs als Stadt ("Gyddanyzc urb.") sind aus dem Jahr 999 im Manuskript von Johannes Canaparius' Vita sancti Adalberti episcopi Pragensis (Teil I) überliefert. Diese Quelle belegt auch die Existenz der lokalen Schifffahrt an der Mündung der Weichsel in die Ostsee und beschreibt die Ereignisse aus dem Jahr 997, als auf Wunsch des polnischen Herzogs Boleslaw des Tapferen der Prager Bischof Adalbert zu den heidnischen Prußen aufbrach, um sie zum Christentum zu bekehren. Die Gruppe, begleitet von 30 Kriegern, machte sich von Gnesen auf den Weg nach Danzig, wobei sie vermutlich einen Teil der Strecke auf einem Weichselschiff zurücklegte.
Nach dem Aufenthalt in Danzig, wo viele Einwohner getauft wurden, fuhren die Missionare ohne militärische Begleitung zu den Prußen, wo sie kurz nach der Ankunft im heidnischen Tempel umgebracht wurden. Die älteste bildliche Überlieferung der wichtigsten Ereignisse aus dem Leben Bischofs Adalbert befindet sich auf 18 Reliefs auf dem Bronzetor des Doms von Gnesen, die um 1170 erstellt wurden. Das zehnte Relief stellt die Abfahrt des Missionars aus Danzig dar – es ist zugleich die älteste Darstellung eines slawischen Bootes.
Danzig war um 980, also zur Zeit des ersten historisch belegten polnischen Herzogs Mieszko I., gegründet worden. Der Ort versprach Sicherheit, Kontrolle über die Schifffahrt und die Möglichkeit, die Schätze des Meeres zu nutzen. Hier kamen unterschiedliche Handelswege zusammen. Archäologische Untersuchungen bestätigen die Existenz einer mit einem Wall umgebenen Burg von etwa zwei Hektar Größe gegen Ende des 10. Jahrhunderts. Die Schifffahrt entwickelte sich allerdings erst zum Ende des 12. Jahrhunderts, als an den Ufern der Weichsel Siedlungen entstanden, und die slawischen Kaufleute Handelsbeziehungen zu den Ostseeanrainern aufnahmen – sie verkauften Felle, Pelze, Honig und Bernstein und importierten Waffen, Textilien, Hering, Salz und Luxuswaren.
In den Jahren 1227-1231 erlangten die pommerschen Herzöge, die dynastisch mit den Piasten verbunden waren und in Danzig residierten, eine weitgehende Unabhängigkeit von Polen. Für die weitere Geschichte Pommerellens hatte die Herrschaft Swantopolks II. große Bedeutung. Er unterstützte die Entwicklung Danzigs als Stadt und als Hafen, lud Kaufleute aus Lübeck, die im Ostseehandel damals führend waren, ein, sich in der Stadt niederzulassen, und förderte die Entwicklung von Hafen und Schifffahrt.
Die herzögliche Politik hatte Erfolg. Um die Wende des 12. zum 13. Jahrhundert ließen sich neue Siedler am Strom nieder, immer mehr Heringe wurden übers Meer und über den Fluss importiert. Aus den überlieferten Dekreten Swantopolks geht hervor, dass schon in den 1220er Jahren über die Ostsee Schiffe bis nach Danzig fuhren, darunter sogar die berühmten Koggen, die teilweise sogar bis Thorn fuhren.
Die Prußen und die Deutschen
Die benachbarten heidnischen Prußen, die die Gebiete östlich der Weichselmündung bewohnten, stellten für die Slawengebiete eine Bedrohung dar. Als Reaktion auf die häufigen Angriffe auf Masowien lud Herzog Konrad den Interner Link: Deutschritterorden nach Polen ein und belehnte ihn im Gegenzug für seine Hilfe beim Kampf gegen die Prußen 1226 mit dem Kulmerland. Der Papst und der Kaiser bestätigten die Schenkungen und schlugen dem Orden obendrein das zu erobernde Prußenland als zukünftiges Gebiet eines Ordensstaats zu. Die Deutschritter eroberten es bis 1283 und beherrschten ab 1308 aufgrund einer List auch Danzig. Ein Jahr später verlegten sie ihre Hauptstadt aus Venedig nach Marienburg.
Im Jahre 1309 kontrollierte der Deutschritterorden Pommerellen mit der Weichselmündung und schnitt Polen somit von der Ostsee ab. In die eroberten Gebiete wurden deutsche Siedler gerufen. In Danzig wurde anstelle der herzoglichen Burg 1340 ein Backsteinschloss errichtet. Danzig wurde, als Protektorat des Ordens, 1361 in den Hansebund aufgenommen – und begann zu florieren. Rohstoffe und Zwischenprodukte aus Polen, Litauen und der Rus (Getreide, Pelze, Leder, Teer, Holz und Bernstein) wurden nach Westeuropa exportiert, während westliche Handwerkserzeugnisse und Kolonialwaren auf den polnischen Markt kamen.
Schon im Mittelalter glaubte man, dass die Flüsse Eigentum des jeweiligen Herrschers seien, der in seinen Privilegien ihre Nutzung diktierte. In den Städten an der unteren Weichsel entstanden im 13. Jahrhundert Schifferorganisationen, die ihr Geld mit der Binnenschifffahrt verdienten. Ganz reibungslos ging das allerdings nicht, weil immer noch Flussmühlen und andere Bauwerke die Schifffahrt behinderten. Der polnische König Kasimir IV. 1447 setzte sich darum für das Recht auf freie Schifffahrt und den Abbau der Hindernisse ein.
Im 14. und 15. Jahrhundert entwickelte sich an der Mottlau zwischen dem Koggentor (später Grünes Tor) und dem Fischmarkt der Danziger Hafen. Für die nötigen Instandhaltungsmaßnahmen wurde ab 1341 eine spezielle Steuer erhoben. Über die Festung Weichselmünde kontrollierte die Stadt die Weichselschifffahrt und die Einhaltung des Verbots, Ballast im Hafen abzuwerfen.
Die Mottlau und die Weichselmündung waren stets von Versandung bedroht und mussten häufig ausgebaggert werden. Alljährlich wurde die Fahrrinne von der Reede bis zur Mündung festgelegt und markiert. Um die Hafeneinfahrt kenntlich zu machen, wurde in Weichselmünde im 15. Jahrhundert ein Leuchtturm gebaut. Außerdem errichtete man 1444 im Hafen einen riesigen Kran, auch "Kranich" genannt. Die Friedensjahre in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts begünstigten die Bautätigkeit – in ganz Pommerellen wurden zahlreiche Bauwerke errichtet, die heutzutage als Baudenkmäler gelten.
Städte versus Orden
Im 15. Jahrhundert änderte sich die Situation im Ordensstaat deutlich zum Schlechteren. Der Konflikt zwischen dem Orden und den preußischen Ständen (einer Vereinigung preußischer Städte) führte zur Gründung eines gegen den Ritterorden gerichteten Bundes im Jahr 1440 und zum Ausbruch des Dreizehnjährigen Krieges von 1454-1466. Die Danziger unterstützten den Preußischen Bund und den polnischen König und bekämpften den Deutschen Orden zu Wasser und zu Land.
Schon zu Beginn des Kriegs, am 6. März 1454, endete die Herrschaft des Ordens über Danzig. Polens König Kasimir IV. hatte das königliche Preußen seiner Krone unterstellt. Der Deutschritterorden verließ Danzig, das Ordensschloss wurde zerstört.
Im Gegenzug für die Unterstützung gewährte der König der Stadt 1454-1477 zahlreiche Privilegien, die die weitere Entwicklung begünstigten. Danzig wurde gestattet, Münzen mit dem Konterfei des Königs zu prägen, und im Stadtwappen wurden die zwei weißen Kreuze durch eine goldene Krone ergänzt, als Zeichen der Zugehörigkeit zum Königreich Polen. Die Danziger Kaufleute konnten in ganz Polen frei handeln und zahlten keine Zölle. Der König gewährte der Stadt ferner das Recht, die gesamte preußische Küste zu verwalten. All das trug zu einem weiteren Ausbau der Handelsbeziehungen bei. Die Niederlande wurden bald zum wichtigsten Handelspartner und die Holländer zum wichtigen Teil der Stadtgesellschaft in Danzig.
Das goldene Zeitalter und der Niedergang
Der Krieg mit dem Deutschritterorden endete 1466 mit dem Thorner Frieden, wodurch Polen wieder einen Zugang zur Ostsee erhielt und Danzig sein wichtigster Hafen wurde. Es kam zu einer Interner Link: wirtschaftlichen Belebung – von allen Seiten kamen polnische Waren über den Flussweg in die Ostseehäfen. Eine regelrechte "Getreideroute" entwickelte sich über die Weichsel und Danzig zum Meer. Über diese Route wurde auch Holz transportiert. Flussaufwärts wurden Textilien, Wein, Fisch, Metalle, Pelze und Kolonialwaren verschifft. Danzig und die Polnisch-Litauische Adelsrepublik erlebten ihr "goldenes Jahrhundert". Danzig strahlte als Zentrum von Kultur und Wissenschaft.
Doch bald schon deutete sich der Niedergang an. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts führte Polen zahlreiche Kriege mit Schweden, in deren Folge vor allem die Region an der Weichselmündung in Mitleidenschaft gezogen wurden. Danzig konnte dank seiner Befestigungen und der Feste Weichselmünde im Krieg 1626-29 den schwedischen Armeen aber widerstehen. Bei der Blockade des Danziger Hafens war es 1627 zu einem Durchbruch gekommen, in dessen Folge polnische Schiffe die Seemacht Schweden in einer Seeschlacht besiegen konnten.
Doch die Kriege mit den Schweden ruinierten Polen, der Getreideexport ging zurück. Hinzu kamen schwere Kämpfe im Südosten Polens, die das Land Mitte des 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zusätzlich verwüsteten. Der Handel auf der Weichsel und der Getreideexport über Danzig litten darunter. Danzig erlebte eine schwere Krise.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war Polen durch Kriege und innere Konflikte derart geschwächt, dass es seiner Rolle als Danziger Schutzmacht nicht mehr gerecht werden konnte. Die Adelsrepublik reagierte mit zahlreichen Reformen auf den Stillstand, die das Land aus der politischen und wirtschaftlichen Krise führen sollten. Das hatte auch Auswirkungen auf die Weichsel. Zeitgenössische Publizisten und Abgeordnete des Sejm beschäftigten sich mit Flussregulierungen und dem Bau neuer Kanäle. 1764 wurden die polnischen Flüsse unter die Obhut der Königlichen Schatzkommission gestellt, die für ihre Schiffbarkeit sorgen sollte und Regulierungs- und Kanalbaupläne entwarf. Der Artilleriehauptmann und Geograph Franz Florian Csaky (Czaki) plante erstmals einen Kanal, der die Weichsel über die Brda und die Netze mit der Oder verbinden sollte. Er sollte sechs Schleusen haben, 3,5 Meter tief und 8,5 Meter breit sein und den Kaufleuten aus dem Stromgebiet der Oder den Handel mit Danzig erleichtern. Dieser Plan wurde so jedoch nicht verwirklicht.
Danzig und die polnischen Teilungen
Als die Wirtschaftsreformen in Polen erste Ergebnisse zeigten, entschlossen sich 1772 Russland, Preußen und Österreich, einen Teil der angrenzenden polnischen Gebiete unter sich aufzuteilen. Um Preußen nicht zu mächtig werden zu lassen, verhinderte Russland allerdings eine Annexion Danzigs und Thorns durch den Hohenzollernstaat. Dennoch gelangte ein großer Teil Interner Link: Pommerellens unter preußische Herrschaft. An der unteren Weichsel entstanden neue Grenzen und Handelsschranken. Der große Verlierer war Danzig, das weiterhin zu Polen gehörte.
Zuvor schon hatte Preußens König Friedrich II., genannt der Große, festgestellt: "Wer Danzig und die Weichselmündung kontrolliert, ist der wahre Herrscher Polens, nicht der König in Warschau." Da der preußische König die Stadt nicht annektieren konnte, beschloss er, Danzig und mit ihm Polen wirtschaftlich zu schwächen. So sollten Waren aus Polen nicht mehr in Danzig, sondern in Elbing, Königsberg und Memel verschifft werden. Darüber hinaus baute Preußen 1772-74 den Bromberger Kanal, der die Weichselschifffahrt nach Stettin und Berlin umleiten sollte. Preußen griff die Idee Csakys auf, kehrte sie aber in ihr Gegenteil.
1793 vollzogen Russland und Preußen die zweite Teilung Polens. Nun konnte Danzig den Anschluss an Preußen nicht mehr verhindern. Für die Wirtschaft war dies jedoch günstig, weil es zusammen mit dem unteren Weichsellauf nun zu einem Staat gehörte und Schifffahrt und Seehandel belebt wurden. Mit der dritten Teilung 1795 wurde Polen als Staat von der Landkarte getilgt, was ein großes Unrecht war und Konsequenzen bis heute hat. Die Verkehrswege wurden den Bedürfnissen der Teilungsmächte angepasst, die Wälder abgeholzt, viele Polen wurden zur Emigration gezwungen, die Entwicklung der Bildung und Kultur wurde eingeschränkt.
Neue Hoffnungen auf Befreiung und Unabhängigkeit setzten die Polen in den französischen Kaiser Napoleon Bonaparte, der 1807 in die ehemals polnischen Gebiete einmarschierte – begleitet von polnischen Einheiten. Doch die Erwartungen wurden nur zum Teil erfüllt: Napoleon wollte kein unabhängiges Polen, und aus Danzig machte er eine Freie Stadt, die als französische Militärbasis für sein Herzogtum Warschau diente. Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich erneut.
Mit der Niederlage Napoleons 1815 erlangte Preußen wieder die Kontrolle über die untere Weichsel. Das ehemalige Pommerellen wurde zur Provinz Westpreußen und Danzig wieder zu einem wichtigen Handelszentrum. Ausgeführt wurden Agrar- und Forsterzeugnisse, importiert wurden neben Konsumwaren auch Kohle, landwirtschaftliche Maschinen, Baumwolle, Koks, Erdöl, Maschinen und Metallerze. Nach dem Sieg gegen Napoleon erklärten die Teilungsmächte die Weichsel, den Bug und die Pilica zu frei schiffbaren Flüssen. Dadurch stieg der Transport nach Danzig und Elbing und der Export über die Ostsee.
Die Macht des Wassers
Interner Link: Häufig traten an der Weichsel Hochwasser auf, was für anliegende Orte eine stete Gefahr darstellte. Besonders gefährlich waren sie im Weichseldelta, sie bedrohten den Werder und die Stadt Danzig. Am "Jungfrau"-Speicher sind noch die Hochwassermarken aus dem 18. und 19. Jahrhundert zu sehen. Starke Nordwinde führten zusätzlich dazu, dass Meereswasser in die Weichselmündung drängte. 1840 wurde die Hochwassergahr auf natürliche Art gelöst: In jenem Jahr schufen angestaute Eisschollen und Wassermassen bei Danzig den bereits erwähnten Durchbruch zur Ostsee und Wincenty Pols "Tapfere Weichsel".
Die Poesie, die Malerei und die Musik waren Spiegel der Bedeutung des Weichselstroms. Eines der frühesten schriftlichen Zeugnisse des Warentransports über die Weichsel nach Danzig ist das Poem Das Floß, oder die Schifffahrt abwärts der Weichsel von Sebastian Fabian Klonowic, das 1595 gedruckt wurde. Zu den eindrucksvollsten Malereien gehört die Allegorie des Danziger Handels von Izaak van den Blocke aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, die einen Saal des Rechtstädtischen Rathauses ziert.
Das Leben und die Bräuche der polnischen Flößer, die Ende des 19. Jahrhunderts die Danziger Vorstädte bewohnten, wurden auf den Bildern von Wilhelm Stryjowski, einem Professor der Danziger Kunstakademie, festgehalten. Sie befinden sich heute in den Sammlungen der örtlichen Museen. Unter den musikalischen Werken bleibt die Oper Das Floß von Stanisław Moniuszko, die 1858 in Warschau uraufgeführt wurde, die bedeutendste.
Polen wird unabhängig
Als aus polnischer Sicht wichtigste Folge des Ersten Weltkriegs wurde im Herbst 1918 wieder ein unabhängiger Staat gegründet. Den rechtlichen Rahmen für die Wiedererrichtung Polens lieferte der Versailler Vertrag. Darin wurden auch die neuen Grenzen bestimmt, unter anderem ein eigenes "Fenster zur Welt". Die neue polnische Ostseeküste war nur 150 Kilometer lang, darunter war die Halbinsel Hela mit ihren beiden Ufern, die 70 Kilometer Küstenlinie umfasste. Danzig kam nicht unter polnische Hoheit. Als Freie Stadt wurde es vom Völkerbund verwaltet.
Am 10. Februar 1920 übernahm Polen feierlich den Zugang zur Ostsee in Putzig. Der Versailler Vertrag sah vor, dass Polen und die Freie Stadt Danzig einen Vertrag über die Nutzung der Wasserwege, Hafenanlagen und Werften schließen, der den Warenhandel regelt. Der Friedensvertrag und ein Beschluss des Botschafterrats sahen vor, dass beide Seiten gleichberechtigte Besitzer der Danziger Werft sein sollten. Da der Hafen nicht unmittelbar Polen unterstellt wurde, bestand seitens der Zweiten Republik aber der Wunsch nach einem eigenen Ostseehafen.
In den Blick geriet zunächst Dirschau, das südlich von Danzig an der Weichsel lag. Die Stadt war wegen ihrer 837 Meter langen Weichselbrücke bekannt, die 1857 erbaut wurde, und eine Direktverbindung nach Königsberg mit der Eisenbahn ermöglichte. Am linken Weichselufer war 1888/1889 ein Flusshafen errichtet worden. Oberhalb der Brücke existierte traditionell eine Anlegestelle für Passagier- und Warenschiffe. Erste Pläne zum Bau eine Seehafens kamen 1919 auf, man entwarf einen Schifffahrtskanal bis zur Ostsee, parallel zur Weichsel. Dann aber entschied sich Polen für den Bau eines Hafens in Gdynia/Gdingen.
Die Entwicklung der Nutzung des Flusses für Wirtschafts- und Freizeitzwecke wurde durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs unterbrochen. Nach 1945 befand sich die gesamte Weichsel inklusive Danzigs und der Weichselmündungen innerhalb der Grenzen Polens. Die Geschichte der früheren multikulturellen Stadt Danzig war zu Ende, es begann eine neue Epoche der Verbindung mit Polen.
Danzig wurde mit Zuzüglern aus dem ganzen Land besiedelt, auch aus den früheren Ostgebieten, die nach 1944 an die Sowjetunion kamen. Diese neuen, und die wenigen Vorkriegsbewohner, die nicht nach Deutschland ausreisten, begannen den Wiederaufbau der Stadt, der viele Jahre dauerte. Da die Stadt immer mit dem Meer verbunden war, wurden die Werften und der Hafen ausgebaut. 1970 begann der Bau eines neuen Hafens für große Frachten, den Nordhafen, während der alte Hafen an der Mottlau schrittweise in eine Anlegestelle für Passagierschiffe und Yachten umgewandelt wurde.
Ab 1946 wurde die Passagierschifffahrt wieder in Betrieb genommen und bot die Möglichkeit für kurze Ausflugsfahrten auf der Ostsee und auf Binnengewässern – zur Westerplatte, nach Hela, Zoppot und zu den Häfen des Frischen Haffs inklusive Elbings. Auch auf dem mittleren Weichselabschnitt erfreute sich die Passagierschifffahrt in den ersten Nachkriegsjahren aufgrund fehlender Transportmöglichkeiten im Omnibusverkehr großer Beliebtheit.
In den 1950er Jahren gewann die touristische Nutzung der Weichsel die Oberhand. Grund war die gestiegene Popularität der Ausflugsfahrten, die acht Tage dauerten und auf der Strecke Warschau-Danzig-Warschau verkehrten, inklusive des Besuchs der am Fluss gelegenen Städte. Veranstalter war der Fond für Arbeitererholung (Fundusz Wczasów Pracowniczych), als Unterkünfte dienten die Vorkriegsschiffe mit Seitenradantrieb "Bałtyk” und "Świerczewski”. Anfang der sechziger Jahre wurden die längeren Fahrten auf der unteren Weichsel schrittweise eingestellt und nur noch organisierte Gruppen befördert. Alte Schiffe mit Passagierkabinen wurden verschrottet, neue nicht mehr gebaut. Mit dem Einsatz eines neuen Schiffstyps SP-150 versuchte man, die Passagierschifffahrt zu beleben, er verfügte jedoch über keine Kabinen und konnte nur für mehrstündige Fahrten genutzt werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in polnischen Flusswerften unterschiedliche Schiffstypen gebaut – Kähne, zum Teil mit Motorantrieb, Schlepper, Schubbote und Baggerschiffe -, jedoch waren diese zum überwiegenden Teil für die Oderschifffahrt bestimmt und wurden nur begrenzt an der Weichsel eingesetzt. Deshalb kam der Warentransport ab den 1960er Jahren zum Erliegen. Schiene und Straße hatten den Fluss als Transportweg verdrängt. Die vernachlässigte, unregulierte Weichsel wurden zu einer Art Naturreservat. Aktuell treten an der Weichsel sowohl extreme Niedrigstände als auch Hochwasser auf, weshalb der Fluß auch für touristische Zwecke kaum gesicherte Verhältnisse bietet. In den letzten Jahren wächst jedoch das Interesse an der Binnenschifffahrt, und die Städte wenden sich wieder dem Fluss zu.
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Jerzy Litwin ist Direktor des Zentralen Meeresmuseums (Centralne Muzeum Morskie) in Danzig. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter das "Maritime Danzig".
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