Falls nicht anders angegeben finden alle Veranstaltungen statt im
Café Europa, Halle 4, Stand E 401.
Interner Link: Flyer mit Programm
Donnerstag, 21. März 2019
12:00 - 13:00 Uhr
retroPERSPEKTIVE
Rückblick auf 1989 und seine Auswirkungen
1989 war eines dieser schicksalhaften Jahre des 20. Jahrhunderts in Zentraleuropa. Das Jahr der friedlichen Revolutionen und der Runden Tische, der Massenbewegungen im öffentlichen Raum und des Loslösens von der Unfreiheit in einem System, das einen individuellen Geist verachtete und freie Meinung unterdrückte, Rechte beschnitt oder sie sogar mit Gewalt zerstörte. 30 Jahre danach scheinen die Geister der Vergangenheit auferstanden zu sein. An der Macht sind vielerorts Verächter der Freiheit, die den Nationalstaat verherrlichen und eine Vergangenheit heraufbeschwören, die eine imaginierte Stärke und Exklusivität bietet. Was ist geschehen? Haben wir verlernt, aus der Geschichte zu lernen?
Eröffnungsdiskussion mit Marianne Birthler und Adam Michnik
Moderation: Katharina Raabe
13:00 - 14:00 Uhr
Klang des Abgrunds
Über Abgründe der Macht und Musik
Wie kann man leben, wenn man in die Abgründe der Macht, der Gewalt und des Krieges blickt, wenn Grenzen eines Raumes und Grenzen der Zeit nicht kompatibel sind, wenn der Raum neu strukturiert ist, die alte Zeit einen aber einholt. Diese Dissonanz zwischen Raum und Zeit führt bis hin zu körperlichen Unstimmigkeiten und Ausfällen, wie beim Protagonisten im Roman "Der Kadaverräumer" von Zoltán Danyi. Wie lebt man, wenn der Körper mit der Umwelt verschmilzt, wenn vor allem Musik zum Fluch und Segen oder sogar zum Zwang wird wie im "Löwenchor" des ungarischen Schriftstellers György Dragomán? Wir fragen nicht zuletzt, was mit einem Raum passiert, der von Nationalismus verführt ist und dessen Zukunft ungewiss erscheint.
Lesung und Gespräch mit Zoltán Danyi und György Dragomán
Moderation: Jörg Plath
19:00 - 21:00 Uhr
Die Zukunft ist Geschichte
Ort: Zeitgeschichtliches Forum Leipzig, Grimmaische Straße 6, 04109 Leipzig
Über individuelle Schicksale schlägt Masha Gessen in ihrem preisgekrönten Buch "Die Zukunft ist Geschichte. Wie Russland die Freiheit gewann und wieder verlor" (National Book Award for Nonfiction, Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2019) einen Bogen zur großen Geschichte. Mit scharfem analytischem Blick betrachtet sie den Wandel der russischen Gesellschaft und des politischen Systems von der Perestrojka-Zeit bis in die Gegenwart. Sie analysiert die Gründe, weshalb der Aufbau einer Demokratie in Russland gescheitert ist. Über ihr Buch spricht sie mit ihrem Laudator, dem Historiker Gerd Koenen.
Gespräch mit Masha Gessen und Gerd Koenen
Kooperationspartner: bpb, Zeitgeschichtliches Forum Leipzig, Suhrkamp Verlag und Stadt Leipzig
Freitag, 22. März 2019
12:00 - 13:00 Uhr
Die Welt als Sprache
Semantiken unseres Zeitgeistes
Die Wende war Wegbereiterin für Demokratie, eine offene Gesellschaft und Meinungsfreiheit. Dies waren die Grundlagen eines gesellschaftlichen Konsens, Prinzipien, die nicht in Frage gestellt werden sollten, wie es schien. Doch 30 Jahre später ist die Rede von Erosion der Demokratie, die von einer Sprachlosigkeit und Beklemmung auf der einen Seite und von einer verbalen Aufrüstung auf der anderen Seite begleitet wird. Die Grenzen des Sagbaren werden verwischt. Durch die Sprache bahnen sich Angst, Wut und Hass einen Weg in die Realität hinein. Wie ist es dazu gekommen? Wie verändert sich unsere Sprache im Alltag und wie kann der Verklärung und Verdrehung des Wortes entgegengewirkt werden? Haben wir ein alternatives Vokabular, das sich der Destruktion widersetzt? Welche Aufgabe fällt den SchriftstellerInnen dabei zu?
Gespräch mit Marcel Beyer, Durs Grünbein und Kerstin Preiwuß
Moderation: Harald Asel
13:00 - 14:00 Uhr
Am Ende – Europa!
Bedeutung Europas für Polen, Ungarn und Tschechien
Das Urteil des ungarischen Philosophen Gaspar Tamas ist vernichtend: "Die friedlichen Revolutionen sind ganz und gar gescheitert." Die Zeiten der Aussöhnung in Europa scheinen vorbei zu sein. Autoritarismen befördern eine politische und gesellschaftliche Polarisierung. Woran liegt das? Ist Europa am Ende oder darf es dazu keine Alternative geben? Was bedeuten gegenwärtig noch die einstigen Postulate der Demokratie – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Wie kann man in einer Demokratie handlungsfähig bleiben? Wie lassen sich Erfahrungen der kollektiven Solidarität, aber auch Praktiken des Undergrounds und des Widerstands an die jüngeren Generationen weitergeben?
Gespräch mit Piotr Buras, Gáspár Miklós Tamás und Jáchym Topol
Moderation: Katharina Raabe
Samstag, 23. März 2019
13:00 - 14:00 Uhr
Langstreckenläufer?
Umgang der jüngeren Generationen mit den Herausforderungen der Zeit
Revolutionen sind schnell und spontan. Transformationen brauchen einen langen Atem, beanspruchen Zeit und Energie und binden Ressourcen. Veränderungen werden nicht nur durch Zeitzeugen der Revolution getragen, sondern durch nachfolgende Generationen. Wie gehen jüngere Generationen mit dem Erbe von 1989 um? Welche Erfahrungen haben sie mit Europa der letzten Jahre gemacht? Wie betrachten sie gegenwärtig erodierende Demokratien und was können sie dagegen tun? Welche Paradigmen oder Visionen der Zukunft haben sie angesichts der Herausforderungen der neuen Realität?
Gespräch mit Jaroslav Rudiš, Michał Sutowski und Kinga Tóth
Moderation: Jenny Friedrich-Freksa
16:00 - 17:00 Uhr
Freie Wortwahl
Gegenwärtige Lage der Medien in Tschechien, Rumänien und der Slowakei
Meinungsfreiheit ist eine der wichtigsten Errungenschaften nach 1989. Es entstanden freie Medien ohne ideologisches Diktat. Mit dem Erstarken von Nationalismen und Populismen in Zentraleuropa wächst auch der Druck auf Medien und Medienschaffende. Obwohl das digitale Zeitalter viele Freiheiten und neue Strategien, Instrumente und Methoden bietet, unabhängig, transparent und frei zu arbeiten, gelingt es den Autokraten, die Medienfreiheit einzuschränken und den Journalismus gleichzuschalten. Welche Strategien können diesen Prozessen entgegenwirken? Wie können Medien Vertrauen herstellen, ohne sich in den Dienst der Mächtigen zu begeben? Gibt es neue Netzwerke und kollaborative Praktiken in Europa, die zukunftsfähig sind?
Gespräch mit Pavla Holcová, Paul Radu und Martin Šimečka
Moderation: Gemma Pörzgen
19:00 - 20:30 Uhr
DA-ZWISCHEN
Identitäten und Erinnern in hybriden Räumen
Ort: Schaubühne Lindenfels
Der Herkunft kann man sich kaum entziehen. Auch nicht durch das Verlassen eines Raumes, in dem man geboren wurde. Was ist aber, wenn man das eine verliert und das andere noch kein Halt gibt, keine Orientierung. Was passiert, wenn Familie ein Ergebnis der Geschichtswirren ist, ein Produkt von Grenzverschiebungen, Macht- und Sprachwechseln und sich rasch verändernden Weltanschauungen. In den Romanen von Maria Stepanova ("Nach dem Gedächtnis") aus Russland und von Żanna Słoniowska ("Das Licht der Frauen") aus Polen geht es um fluide und fragile Identitäten, um Fragen nach Zugehörigkeit und dem Einfluss der Geschichte auf die Schicksale des Einzelnen in multikulturellen Schmelztiegeln. Wie geht man mit Selbstverleugnung und Anpassung um? Was machen das Recht auf Vergessen und das Recht auf Erinnern aus einer Person?
Lesung und Gespräch mit Żanna Słoniowska und Maria Stepanova
Moderation: Claudia Dathe
21:00 - 22:00 Uhr
Konzert mit SUTARI (Polen)
Ort: Schaubühne Lindenfels
SUTARI – das sind drei starke Frauen, Temperamente und Stimmen. Zofia Barańska, Katarzyna Kapela und Barbara Songin sind Sängerinnen, Instrumentalistinnen, Schauspielerinnen und Performerinnen. Sie spielen auf Geigen, Trommeln, Weingläsern, Flaschen, Messern, Reiben und sogar mit Wasser.
22:00 - 00.00 Uhr
DJ Session mit Katja Garmasch und Kompott-Team
Ort: Schaubühne Lindenfels
Die Party steht unter dem Motto, das dem Manifest des Kompott-Teams entstammt: "Es wird Zeit, dass man im Globalisierungszeitalter seinen Geist öffnet, nicht nur Richtung Westen."