Chronik: 24. Februar – 01. März 2022
Datum | Ereignis |
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24.02.2022 | In einer nächtlichen Fernsehansprache verkündet der russische Präsident Wladimir Putin seine Entscheidung für eine "militärische Sonderoperation" in der Ukraine, die de facto eine Kriegserklärung ist. Er reagiere damit auf die Bitte der Anführer der selbsternannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk um militärischen Beistand. Es gehe darum, die Ukraine zu "entmilitarisieren", zu "entnazifizieren" und einen "Genozid" zu verhindern. Putin fordert das ukrainische Militär auf, die Waffen niederzulegen und droht allen, die sich in den russischen Einsatz einmischen, mit Konsequenzen, die sie "in ihrer Geschichte noch nie erlebt haben". |
24.02.2022 | Unmittelbar nach der Erklärung des russischen Präsidenten über die "Sonderoperation" greift das russische Militär die Ukraine in einem Blitzangriff von Norden, Osten und Süden her an. In fünf ukrainische Regionen fallen die russischen Streitkräfte mit Panzern und anderen Militärfahrzeugen ein, berichtet der ukrainische Grenzschutz. In 12 weiteren Regionen, darunter auch Kyjiw, werden militärische, aber auch zivile Ziele wie z. B. Flughäfen, Kliniken und Wohngebäude, von Raketen getroffen. Die Zeitung Ukrainska Prawda berichtet, dass Russland vorhabe, die Hauptstadt Kyjiw einzunehmen und Präsident Selenskyj zu stürzen. |
24.02.2022 | Von Norden aus Belarus angreifend erlangen russische Truppen die Kontrolle über das Atomkraftwerk Tschernobyl, das nur wenige Kilometer von der ukrainisch-belarussischen Grenze und ca. 150 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kyjiw liegt. |
24.02.2022 | Zeitgleich mit dem militärischen Einmarsch Russlands finden massive Cyberangriffe gegen ukrainische Banken und Regierungswebseiten statt, berichtet der Minister für Digitale Transformation, Mychajlo Fedorow. |
24.02.2022 | Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ruft das Kriegsrecht aus. Das Parlament verhängt den Notstand im gesamten Land, zunächst für 30 Tage. Außerdem gibt das Parlament zusätzliche Mittel im Umfang von ca. 800 Millionen US-Dollar für Waffen und Verteidigung frei. |
24.02.2022 | Die Ukraine habe die diplomatischen Beziehungen zu Russland wegen der russischen Invasion offiziell abgebrochen, berichtet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. |
24.02.2022 | Präsident Wolodymyr Selenskyj ordnet eine allgemeine Mobilmachung an. Verteidigungsminister Oleksij Resnikow fordert alle Ukrainer:innen, die in der Lage sind zu kämpfen, dazu auf, die Armee und die Territorialen Selbstverteidigungseinheiten zu unterstützen. |
24.02.2022 | Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wendet sich einer Ansprache auf Russisch direkt an das russische Volk. Die Ukraine wolle nichts anderes als Frieden mit Russland, werde sich aber militärisch verteidigen, wenn Russland die Invasion weiter fortführt, so Selenskyj: "Wollen die Russen einen Krieg? Die Antwort hängt einzig von Euch ab, Bürger der Russischen Föderation". |
24.02.2022 | Die internationale Staatengemeinschaft verurteilt den Angriff Russlands auf die Ukraine auf das Schärfste. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigt in einem Statement an, die EU werde Russland für sein Handeln zur Rechenschaft ziehen, die Ukraine unterstützen und alle Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen. US-Präsident Joe Biden verurteilt den Angriff als "unprovoziert und ungerechtfertigt". Die USA würden gemeinsam mit ihren Verbündeten mit "harten Sanktionen" reagieren. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz nennt den Akt einen eklatanten Bruch des Völkerrechts und fordert Russland auf, den Krieg sofort zu stoppen. |
24.02.2022 | Die NATO beruft als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine eine Sondersitzung ein. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gibt nach der Sitzung die Verstärkung der NATO-Streitkräfte zum Schutz der Bündnispartner im Osten bekannt. Auf Antrag der Militärführung wurden die Verteidigungspläne aktiviert. Stoltenberg bezeichnet den Einmarsch Russlands in die Ukraine als "brutalen kriegerischen Akt". Russland habe den Frieden auf dem europäischen Kontinent zerstört. |
25.02.2022 | Präsident Wolodymyr Selenskyj teilt mit, dass gestern, am ersten Tag des russischen Krieges in der Ukraine, mindestens 137 Ukrainer:innen ums Leben gekommen sind, 316 weitere Personen wurden verletzt. Es gibt teils heftige Gefechte bereits in Vororten von Kyjiw, im Norden bei Tschernihiw, im Osten bei Charkiw und im Süden bei Mykolajiw sowie in Dutzenden kleineren Städten und Ortschaften. Aus vielen Städten, darunter auch Kyjiw, wird von russischen Sabotage- und Spähtrupps berichtet. |
25.02.2022 | Der russische Präsident Wladimir Putin ruft die ukrainische Armee in einer Fernsehansprache dazu auf, sich gegen die ukrainische Regierung zu stellen und die Macht in Kiew zu übernehmen. Putin bezeichnet die ukrainische Regierung in seiner Rede als "Bande von Drogenabhängigen und Neonazis". |
25.02.2022 | Die NATO-Staaten kommen anlässlich des Einmarsches Russlands in die Ukraine zu einem Sondergipfel zusammen. Im Anschluss verkündet NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Verlegung von Einheiten der schnellen Einsatztruppe NRF. Er betont, die Maßnahmen seien "präventiv, verhältnismäßig und nicht eskalierend". Es ist das erste Mal, dass Teile der NRF im Zuge der Verteidigung des Bündnisgebiets verlegt werden. |
25.02.2022 | Das internationale Hacker-Kollektiv "Anonymous" erklärt Russland den Cyberkrieg. Zuvor hatte die ukrainische Regierung die ukrainische Cyber-Community um Unterstützung gebeten. "Anonymous" nennt den Einmarsch Russlands in die Ukraine einen Verstoß gegen das Völkerrecht. Kurze Zeit später sind mehrere staatliche Websites, darunter des Kremls, der Duma und des Verteidigungsministeriums, von Störungen betroffen. |
25.02.2022 | Ein Sprecher des ukrainischen Präsidenten teilt mit, dass die Ukraine zu Gesprächen mit Russland über die Beendigung des Krieges bereit sei, allerdings nicht wie von Russland vorgeschlagen in Minsk, wo Russland Teile seiner Angriffsarmee stationiert hat, sondern in Warschau. |
26.02.2022 | Eine Resolution im UN-Sicherheitsrat gegen den Einmarsch Russlands in die Ukraine scheitert am Veto Russlands. China enthält sich bei der Abstimmung. |
26.02.2022 | Am dritten Tag des Krieges führt Russland die Invasion an allen Kriegsfronten unvermindert fort. Es gelingt jedoch weder die Hauptstadt Kyjiw, noch andere Großstädte, wie das hart umkämpfte Charkiw oder Sumy, einzunehmen. |
26.02.2022 | Die Staatliche Eisenbahngesellschaft der Ukraine, Ukrsalisnyzja, teilt mit, dass die ukrainische Armee alle Eisenbahnverbindungen nach Russland gekappt habe, um den Nachschub für das russische Militär abzuschneiden. Außerdem evakuiert Ukrsalisnyzja Tausende Menschen aus den Kriegsgebieten in Sonderzügen. |
26.02.2022 | Das russische Militär sprengt einen von der Ukraine errichteten Staudamm, der seit der Krim-Annexion 2014 den Nord-Krim-Kanal vom Fluss Dnipro abgeschnitten hatte. Damit soll die Wasserversorgung der Krim wiederhergestellt worden sein, berichten staatliche russische Medien. |
26.02.2022 | Mychajlo Podoljak, außenpolitischer Berater von Präsident Selenskyj, teilt mit, dass die russische Armee bereits 3.500 Soldaten verloren und die Ukraine mindestens 200 russische Soldaten gefangengenommen habe. Russland bestätigt die Angaben nicht. |
26.02.2022 | Das Weiße Haus bittet den US-Kongress um die Freigabe von 6,4 Mrd. US-Dollar für die Ukraine, davon 2,9 Mrd. für humanitäre Zwecke und 3,5 Mrd. zur Verteidigung. |
26.02.2022 | Deutschland, Frankreich, die USA und andere Länder beschließen gemeinsam, russische Banken teilweise vom internationalen Zahlungsverkehrssystem SWIFT abzukoppeln, was Russland den internationalen Handel erschwert. Die Abkopplung vom SWIFT-System zählt zu den härtesten Sanktionsmaßnahmen und war daher lange umstritten, vor allem auch in Deutschland. |
26.02.2022 | Nachdem Deutschland lange Waffenlieferungen in die Ukraine verweigerte, erlaubt Berlin in einer Kehrtwende seiner bisherigen Rüstungspolitik, dass die Niederlande 400 Granatwerfer aus früheren deutschen Beständen an die Ukraine liefern dürfe. |
26.02.2022 | Das satellitengestützte mobile Internet-System "Starlink" von Elon Musk bietet nun auch in der Ukraine mobilen Internetzugang an. Mit gezielten Angriffen Russlands auf die Kommunikationsinfrastruktur war der Internetzugang in einigen Regionen der Ukraine eingeschränkt bzw. verhindert worden. |
27.02.2022 | Der russische Präsident Wladimir Putin versetzt die sogenannten "Abschreckungskräfte" des Landes in Alarmbereitschaft. Er begründet diesen Schritt mit "aggressiven Äußerungen" von NATO-Mitgliedsstaaten und die als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine gegen sein Land verhängten Sanktionen. Die "Abschreckungskräfte" umfassen auch Atomwaffen. |
27.02.2022 | Bei einer Sondersitzung im Deutschen Bundestag leitet Bundeskanzler Olaf Scholz per Regierungserklärung eine "Zeitenwende" in der deutschen Außenpolitik ein und sichert der Ukraine Waffenlieferungen zu, die bisher stets abgelehnt wurden mit der Begründung, den Konflikt mit Russland nicht weiter aufheizen zu wollen. Auch soll Deutschland sich von russischen Energielieferungen unabhängiger machen, z. B. durch den Bau von Flüssiggasterminals. |
28.02.2022 | Am fünften Tag der russischen Invasion treffen russische Raketen unter anderem Wohngebiete in Schytomyr und Tschernihiw; in einem Vorort von Kyjiw wird eine Geburtsklinik getroffen. Eine Rakete auf den Flughafen Schytomyr soll von belarussischem Territorium abgeschossen worden sein, so der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj. In Charkiw werden Gebäude im historischen Stadtzentrum schwer beschädigt. |
28.02.2022 | Satellitenbilder der US-Firma Maxar Technologies zeigen, dass ein russischer Militärkonvoi von 64 Kilometern Länge sich von Norden her Richtung Kyjiw nähert. |
28.02.2022 | Die ersten Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland, die an der ukrainisch-belarussischen Grenze stattfinden, enden nach sechs Stunden ohne Durchbruch. Die Gespräche sollen in den kommenden Tagen fortgeführt werden. |
28.02.2022 | Karim Khan, Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (ICC), gibt bekannt, mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit des russischen Krieges in der Ukraine zu untersuchen. Die Ukraine hat, wie auch Russland, das Römische Statut bisher nicht ratifiziert. Im Zusammenhang mit den Protesten auf dem Maidan, der Annexion der Krim und des Krieges im Donbas hat die Ukraine dem ICC 2014 jedoch die Zuständigkeit übertragen, wodurch der ICC berechtigt ist, Ermittlungen aufzunehmen. |
28.02.2022 | Das Threat Intelligence Center des US-Softwarekonzerns Microsoft teilt mit, dass es bereits einige Stunden vor dem Beginn der russischen Invasion einen Cyberangriff auf die zivile digitale Infrastruktur der Ukraine entdeckt habe, und das dieser Angriff vermutlich gegen die Genfer Konvention verstoße. |
28.02.2022 | Die Europäische Kommission und der Verband der europäischen Stromnetze einigen sich darauf, die Ukraine bereits in den kommenden Wochen an das einheitliche Stromnetz der EU (ENTSO-E) anzuschließen. Dieser Schritt, auf den die Ukraine seit 2017 hinarbeitet, war eigentlich für 2023 geplant, wird wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nun jedoch vorgezogen. Im Zuge der Invasion hatte die Ukraine am 24. Februar ihr Stromnetz vom russischen Stromnetz abgekoppelt. |
01.03.2022 | Das US-Verteidigungsministerium schätzt, dass Russland inzwischen 80 Prozent seiner für die Invasion bereitgestellten Truppen in die Ukraine geschickt habe. Allerdings stocke der Angriff und es gebe Meldungen über die niedrige Moral bei den russischen Einheiten. So berichtet das ukrainische Center for Defense Strategies unter Berufung auf Quellen aus dem russischen Militär, dass russische Marinesoldaten von der Krim sich geweigert haben sollen, an der Invasion der Ukraine teilzunehmen. |
01.03.2022 | Polen und die Ukraine eröffnen zwei neue Grenzübergänge, um die langen Wartezeiten an den überfüllten Grenzübergängen zu verringern, wo die Menschen teils länger als einen Tag auf den Grenzübertritt warten müssen. In den ersten sechs Tagen seit Kriegsausbruch sind laut UN-Angaben fast eine Millionen Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, aus der Ukraine geflohen, der Großteil nach Polen. |
01.03.2022 | Im südukrainischen Cherson hat die russische Armee laut Angaben des Bürgermeisters weite Teile der Stadt bereits unter ihre Kontrolle gebracht, darunter den Bahnhof und den Hafen. Kritisch ist die Lage in Mariupol, wo infolge der Kämpfe und Raketenangriffe mehr als 100 Zivilisten in Krankenhäusern behandelt werden müssen, die Lebensmittelversorgung nicht sichergestellt sei und es zwischendurch keinen Strom gebe, berichtet der dortige Bürgermeister. |
01.03.2022 | Der ukrainische Gesundheitsminister Wiktor Ljaschko plant gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation WHO humanitäre Korridore in die besonders vom Krieg betroffenen Gebiete zu errichten, damit diese mit Medizin und Lebensmitteln versorgt werden können. Laut Ljaschko verweigern die russischen Besatzer die bisher privat erfolgten Hilfslieferungen. |
01.03.2022 | Der Internationale Währungsfonds IWF und die Weltbank geben in einem gemeinsamen Statement bekannt, ein Hilfspaket von 4,4 Mrd. US-Dollar für die Ukraine vorzubereiten. Davon will die Weltbank ab kommender Woche in mehreren Tranchen insgesamt 3 Mrd. US-Dollar zur Verfügung stellen und der IWF plant, sofern der Vorstand in einer Woche zustimmt, weitere 1,4 Mrd. US-Dollar bereitzustellen. |
Die Chronik wird zeitnah erstellt und basiert ausschließlich auf im Internet frei zugänglichen Quellen. Die Redaktion bemüht sich, bei jeder Meldung die ursprüngliche Quelle eindeutig zu nennen. Aufgrund der großen Zahl von manipulierten und falschen Meldungen kann die Redaktion der Ukraine-Analysen keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben übernehmen. Zusammengestellt von Alena Schwarz und Dr. Eduard Klein. Sie können die gesamte Chronik seit Februar 2006 auch auf Externer Link: http://www.laender-analysen.de/ukraine/ unter dem Link "Chronik" lesen.