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Analyse: Die geschwächte Immunität des Staates: Die Masernepidemie in der Ukraine | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Die geschwächte Immunität des Staates: Die Masernepidemie in der Ukraine

Krzysztof Nieczypor Zentrum für Osteuropastudien (Warschau) Von Krzysztof Nieczypor

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Seit 2017 stieg die Zahl der Masernerkrankungen in der Ukraine als Folge einer sinkenden Impfrate rapide an. Für die gesunkene Impfrate gab es mehrere Gründe, wobei neben Versäumnissen in der Gesundheitspolitik auch gezielte Desinformationenskampagnen von Impfgegnern eine wichtige Rolle spielen. Durch Aufklärungskampagnen und weitere Maßnahmen konnte die Regierung die Impfrate zuletzt wieder erhöhen. Dennoch steckt der ukrainische Staat vor einer großen gesundheitspolitischen und gesellschaftlichen Herausforderung.

Laut dem amtierenden Direktor des Staatlichen Zentrums für öffentliche Gesundheit ist die Masernepidemie dank der Bemühungen des ukrainischen Gesundheitssektors sowie internationaler Organisationen auf dem Rückzug. (© picture-alliance/dpa, Artyom Geodakyan)

Einleitung

Laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Ukraine seit 2018 die weltweit zweithöchste Zahl an Masernvirusinfektionen. Ein starker Anstieg der Verbreitung des Masernvirus wurde erstmals 2017 registriert, als 4.782 Infektionen nachgewiesen wurden – 2016 lag die Zahl der Masernfälle noch bei 90. 2018 gab es bereits 54.000 Masernfälle in der Ukraine, was mehr als 64 Prozent aller Masernfälle in Europa ausmacht. Im vorigen Jahr verschlechterte sich die Situation noch einmal leicht und das Gesundheitsministerium der Ukraine schätzte die Zahl der zwischen Januar und November 2019 an Masern erkrankten Personen auf mehr als 57.000. Somit haben sich zwischen 2017–2019 insgesamt mehr als 115.000 Menschen mit Masern infiziert, wobei die Krankheit bei 41 Personen tödlich verlief, darunter 25 Kinder.

Die Hauptursache für die schnelle Ausbreitung der Masern ist die niedrige Impfrate, die wiederum eine Folge der Krise des ukrainischen Gesundheitssektors ist, sowie die Verbreitung von Desinformationen über die angeblich schädlichen Auswirkungen von Impfstoffen oder ihre Unwirksamkeit. Dies hat dazu geführt, dass der Anteil der Kleinkinder, die gegen Masern geimpft sind, bis 2016 auf 42 Prozent fiel. Mit einer Impfrate von weniger als 31 Prozent bei Kindern unter 6 Jahren lag die Ukraine in dieser Altersgruppe im weltweiten Vergleich in der Schlussgruppe.

Ein großes Problem ist außerdem der illegale Handel mit gefälschten Impfpässen, der das Ergebnis einer einflussreichen Anti-Impfkampagne im Internet und des Misstrauens der Bürger gegenüber staatlichen Gesundheitseinrichtungen ist. Folglich sind Masern nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die Gesundheitspolitik des Staates.

Obwohl der Anstieg der Masernfälle einhergeht mit einer weltweit steigenden Verbreitung der Masern, hängt der rasche Anstieg in der Ukraine mit lokalen Umständen zusammen, die jedoch nicht einzigartig für die Ukraine sind: Vernachlässigung im Gesundheitssektor sowie die Anfälligkeit der Gesellschaft für Desinformation können überall auftreten – in jedem Land und in jeder sozialen Gruppe. Das macht den Anstieg der Masernfälle in der Ukraine zu einer interessanten Fallstudie, die im Detail analysiert werden muss.

Reorganisation in Krisenzeiten

Der Hauptgrund für den rapiden Anstieg der Zahl der Masernfälle ist der schlechte Zustand des ukrainischen Gesundheitssektors. Dieser ist wiederum eine Folge der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Landes sowie einer Reihe politischer Fehlentscheidungen. 2014 gelang es der Regierung aufgrund der damals herrschenden politischen Krise nicht, eine ausreichende Menge an Masernimpfstoffen zu beschaffen, was sich negativ auf die Impfrate in der ukrainischen Gesellschaft auswirkte und in den Folgejahren zu einem Anstieg der an Masern erkrankten Personen beitrug. Ein Konflikt im Gesundheitsministerium führte zu Verzögerungen bei der Versorgung von Gesundheitseinrichtungen mit einer ausreichenden Menge an Impfstoffen. Auslöser war ein Vorwurf von Gesundheitsminister Oleh Musyj gegen seinen Stellvertreter, absichtlich öffentliche Ausschreibungen zum Erwerb von Impfstoffen sabotiert zu haben. Der Rücktritt des Ministers und seines Stellvertreters im Herbst 2014 wegen dieser Kontroverse führte zum Erliegen des staatlichen Impfstoffbeschaffungsprogramms. Ein weiterer wichtiger Grund war die starke Abwertung der Landeswährung Hrywnja. Das führte dazu, dass die zuvor veranschlagten Mittel für den Kauf von Impfstoffen bei Weitem nicht für die Anschaffung der erforderlichen Menge an Impfstoffen reichten. Als Folge wurden die Impfstoffe, die ursprünglich 2014 verwendet werden sollten, erst 2015 erworben.

2014 wurde aufgrund von Korruptionsskandalen die Entscheidung getroffen, den Staatlichen Dienst für Hygiene und Epidemiologie aufzulösen und Aufgaben zur Überwachung, Kontrolle und Prävention von Krankheiten an eine neu zu schaffende Institution zu übertragen. Wegen rechtlicher Zweifel an der Gültigkeit dieser Entscheidung dauerte der Reorganisationsprozess bis März 2017. Das löste ein Verwaltungschaos aus und führte zu einer unklaren Aufgabenteilung zwischen der alten und der neuen Institution, die im Mai 2016 gegründet worden war. Die schwierige Situation wurde noch verschärft durch die Tatsache, dass zwischen 2016 und 2019 der Ministerposten im Gesundheitsministerium vakant blieb – in dieser Zeit war Ulana Suprun amtierende Gesundheitsministerin.

Desinformation und Politik

Der Anstieg der Masernerkrankungen hängt ebenfalls zusammen mit zunehmenden Anti-Impfkampagnen, vor allem über das Internet. Informationen in sozialen Medien zweifeln die Wirksamkeit und den Nutzen der Immunisierung an und haben viele Eltern davon überzeugt, ihre Kinder nicht impfen zu lassen. Politiker hatten an der Verbreitung der Falschinformationen ihren Anteil und haben Fälle von verstorbenen Kindern genutzt, um sich selbst in Szene zu setzen und ihre politischen Gegner anzugreifen. In diesem Kontext sind insbesondere die Sitzungen und Ergebnisse eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der bereits 2008 zur Untersuchung der Todesursachen eines Jugendlichen in Kramatorsk gebildet wurde, zu erwähnen. Der Fall sorgte für landesweite Aufmerksamkeit und löste in der Ukraine eine große Debatte über die Sicherheit und Effektivität von Impfungen aus: Der Tod des 17-jährigen einen Tag nach einer Masern-Impfung wird als Beginn der Anti-Impfkampagne in der Ukraine gesehen. Die Ergebnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und die Entscheidung der Regierung, das Impfprogramm an Schulen bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse für mehrere Monate auszusetzen, beförderte die Verbreitung von Verschwörungstheorien. Der Untersuchungsausschuss kam letztlich zu dem Ergebnis, dass der Tod des Jungen eine direkte Folge der mangelhaften Qualität des aus Indien importierten Impfstoffs war. Dieses Ergebnis wurde jedoch angezweifelt von einer Untersuchung durch WHO-Experten, der zufolge die Todesursache ein septischer Schock war, ausgelöst durch eine Infektion – und nicht der Impfstoff. Obwohl das Gesundheitsministerium die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses zurückwies, entschied es 2010 unter großem öffentlichen Druck, den gesamten Bestand des indischen Impfstoffs, rund acht Millionen Einheiten, zu zerstören.

Ein anderes Beispiel ist ein Bericht über einen Pharmakonzern aus Charkiw, der potenziell lebensgefährliche Impfstoffe hergestellt haben soll. Obwohl in diesem wie auch im zuvor beschriebenen Fall letztlich keine Verbindung zwischen Impfung und Tod festgestellt werden konnte, lösten beide Fälle eine Welle von Spekulationen über die negativen Effekte von Impfstoffen aus und trugen zur Verunsicherung und zu Bedenken gegenüber Impfungen in der ukrainischen Gesellschaft bei.

Der Kampf gegen die Impfgegner wurde erschwert durch die inkonsistente Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen. Trotz der Tatsache, dass nach ukrainischem Recht alle Kinder an einem staatlichen Impfprogramm teilnehmen müssen und Bildungseinrichtungen nur besuchen dürfen, wenn ein Impfschutz nachgewiesen wird, wurde diese Bestimmung häufig nicht vollständig umgesetzt. 2016 entschied das Bezirksgericht in Slawuta in einem prominenten Fall, dass auch nicht geimpfte Kinder Kindergärten und Schulen besuchen dürfen. Eine Mutter hatte gegen einen Kindergarten geklagt, der wegen des fehlenden Impfschutzes ihres Kindes dessen Annahme verweigert hatte. Das Gericht entschied mit Verweis auf das Grundrecht auf Bildung als einem fundamentalen, von der ukrainischen Verfassung geschütztem Menschenrecht, dass die Ablehnung durch den Kindergarten nicht rechtens gewesen sei. Im April 2019 hob das Oberste Gericht der Ukraine die Entscheidung des Bezirksgerichts jedoch auf und erklärte, dass die von der Klägerin vorgebrachten Argumente bezüglich der Schädlichkeit von Impfstoffen nicht ausreichend belegt seien und die Verpflichtung zur Immunisierung in öffentlichem Interesse und damit rechtens sei.

Die Tatsache, dass die Zahl der Masernfälle im Verhältnis zur rückläufigen Impfrate der ukrainischen Gesellschaft zunimmt, lässt den Schluss zu, dass sich die zurückhaltende Haltung gegenüber Impfungen in den letzten Jahren direkt auf die steigenden Masernzahlen ausgewirkt hat: 2017 wurden die Masern in 86 Prozent der Fälle bei nicht geimpften Personen diagnostiziert. Der Handel mit gefälschten Impfpässen ist eine weitere Folge der Verbreitung von Fehlinformationen über Impfungen. Es gibt Schätzungen, denen zufolge in der Ukraine bis zu 30 Prozent der ärztlichen Impfbescheinigungen gefälscht sind. Laut ukrainischen Journalisten beträgt der Preis für solche Zertifikate etwa 350 Hrywnja, umgerechnet 11 Euro. Das ukrainische Ministerium für Bildung und Wissenschaft kündigte an, dass die Leitungen von Bildungseinrichtungen dafür verantwortlich gemacht werden sollen, wenn nicht geimpfte Kinder an ihre Einrichtungen zugelassen werden. Gegenwärtig arbeitet das Bildungsministerium zusammen mit dem Gesundheitsausschuss der Werchowna Rada an einem gesetzlichen Rahmen zur Regelung des Problems.

Folgen der Versäumnisse

In den Jahren 2014–2016 führten politische Fehlentscheidungen sowie die zunehmende Ablehnung gegenüber Impfungen zu einem Rückgang der Zahl der Impfungen bei Kindern, insbesondere bei Säuglingen. Lag die Impfrate bei Säuglingen 2007 noch bei 97 Prozent, sank sie bis 2016 auf 42 Prozent und zählt damit zu den weltweit niedrigsten Raten. Infolgedessen stieg 2017 die Zahl der diagnostizierten Masernfälle im Vergleich zu 2016 um das 46-Fache. Es sei darauf hingewiesen, dass die Personen, die an Masern erkrankten, hauptsächlich Kinder waren: 2017 betrafen 75 Prozent aller Masernfälle Kinder, 2018 lag der Anteil bei 63 Prozent. Die höchste Rate an Masernfällen gibt es in den westlichen Oblasten der Ukraine, insbesondere in den Gebieten Lwiw, Winnyzja, Riwne und Chmelnyzkyj sowie in Kiew.

Der Masernausbruch in der Ukraine hat auch Folgen für andere Länder. Im April 2019 wurde im Stadtbezirk Brooklyn von New York eine erhöhte Masernrate in orthodox-jüdischen Gemeinden verzeichnet und es wurde der Notstand im Bereich der öffentlichen Gesundheit ausgerufen. Das Virus war von chassidischen Juden, die jährlich zu Tausenden in die Ukraine pilgern, über Israel in die Vereinigten Staaten getragen worden.

2019 wurde die erhöhte Masern-Inzidenzrate in Europa hauptsächlich in Ländern der ehemaligen Sowjetrepubliken verzeichnet. Abgesehen von der Ukraine, die seit zwei Jahren an der Spitze dieser negativen Entwicklung steht, wurden die meisten Masernfälle in Georgien (4.389) und der Russischen Föderation (4.054) verzeichnet, gefolgt von der Türkei (2.811), Frankreich (2.657), Nord-Mazedonien (1.897) und Rumänien (1.746). In jedem dieser Länder ist die Ausbreitung des Masernvirus mit einem Rückgang der Impfrate in der Bevölkerung verbunden. Eine Datenanalyse zeigt, dass, obwohl in der Mehrheit der europäischen Länder die meisten Einwohner geimpft sind, die hohe Mobilität die Ausbreitung der Krankheit und die Entstehung von lokal isolierten Gebieten mit erhöhter Masern-Inzidenz erleichtert.

Die Reaktion der Behörden

Die erste Maßnahme, die von den ukrainischen Behörden als Reaktion auf die Verzögerung bei der Lieferung der Impfstoffe im Jahr 2014 ergriffen wurde, bestand in einer Änderung des Systems der Arzneimittelbeschaffung, einschließlich von Impfstoffen. Im März 2015 wurde ein Gesetz erlassen, das vorschrieb, dass bis Ende März 2020 der Erwerb von Arzneimitteln vollständig über internationale Organisationen wie UNICEF und UNDP sowie über die britische Firma Crown Agents abgewickelt werden sollte. Laut dem Gesundheitsministerium führte die Einführung des neuen Beschaffungssystems zu einer Senkung der Beschaffungskosten von Arzneimitteln um 40 Prozent und trug dazu bei, dass 2018 eine ausreichende Menge an Impfstoffen beschafft werden konnte. Im Januar 2019 führte die Regierung einen Drei-Jahres-Plan für den Einkauf von Impfstoffen ein, der zudem eine Beschaffung von 25 Prozent Reserve-Impfstoffen vorsah, die im Notfall eingesetzt werden können.

Trotz der alarmierenden Statistiken über den Anstieg der Masernfälle rief das Gesundheitsministerium keine Epidemie aus. Stattdessen entschied es sich für vorläufige Maßnahmen (vorübergehende Schließung von Schulen, Durchführung von Impfkampagnen, Einführung mobiler Impfstationen). Im Mai 2019 gab das Ministerium bekannt, von nun an allen Bürgern kostenlose Impfungen zur Verfügung zu stellen, unabhängig von Alter und Beruf (zuvor wurden nur Beschäftigte im Gesundheitswesen, Lehrkräfte, Soldaten, Studierende und Menschen unter 30 kostenlos geimpft). Auch wurde die Altersgrenze für die erste Masernimpfung bei Kleinkindern auf sechs Monate gesenkt. Darüber hinaus wurde eine Sensibilisierungskampagne gestartet, an der auch Premierminister Olexij Hontscharuk und das Kirchenoberhaupt der autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine, Metropolit Epiphanius, teilnahmen.

Diese Maßnahmen haben zu einer wesentlichen Verbesserung der Impfrate in der ukrainischen Bevölkerung beigetragen. 2017 lag die Impfrate bei Säuglingen bei 88 Prozent, 2019 stieg sie auf 91 Prozent und Ende November 2019 waren 85 Prozent aller Kleinkinder unter einem Jahr geimpft. Laut dem amtierenden Direktor des Staatlichen Zentrums für öffentliche Gesundheit ist die Masernepidemie dank der Bemühungen des ukrainischen Gesundheitssektors sowie internationaler Organisationen auf dem Rückzug. Die Erfahrungen mit der raschen Ausbreitung der Krankheit resultierten Ende November 2019 in einer von der ukrainischen Regierung verabschiedeten Strategie für die Entwicklung der immunologischen Prävention und zum Schutz der Bevölkerung vor Infektionskrankheiten bis 2022. Diese verpflichtet die Behörden beispielsweise dazu, eine ausreichende Finanzierung für Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten bereitzustellen; ein Programm umzusetzen, das den Bürgern Zugang zu verlässlichen und wissenschaftlich fundierten Informationen über die Bedeutung von Impfungen verschafft, sowie einen Krisenreaktionsplan auszuarbeiten für den Fall eines plötzlichen Anstiegs von Infektionskrankheiten.

Die Glaubwürdigkeitskrise des Staates

Trotz der erfolgreichen staatlichen Maßnahmen zur Steigerung der Impfrate in der Bevölkerung stehen viele Menschen im Land dieser Art der Krankheitsprävention nach wie vor skeptisch gegenüber. Meinungsumfragen zeigen, dass in der Ukraine die Wirksamkeit der Argumente der Impfgegner eng mit dem gesellschaftlichen Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen verbunden ist. 2018 gaben in einer repräsentativen Umfrage mehr als ein Drittel der Befragten an, dass die Aktivitäten des Gesundheitsministeriums keine Auswirkungen auf ihre Gesundheit hätten, und mehr als die Hälfte von ihnen äußerte Zweifel an der Kompetenz der Mitarbeitenden öffentlicher Gesundheitseinrichtungen. 29 Prozent sahen Impfungen als gesundheitsschädlich, während etwa die Hälfte sie für effektiv hält (zum Vergleich dazu halten im benachbarten Polen 84 Prozent der Bevölkerung Impfungen für effektiv). Nur zwei Drittel der Befragten sind der Auffassung, dass Impfprogramme für Kinder obligatorisch sein sollten, während 27 Prozent dies ablehnen. Die große Mehrheit (73 Prozent) ist dafür, dass es hauptsächlich den Eltern überlassen werden sollte, ob ihr Kind geimpft wird – und nicht dem Staat.

Diese Zahlen zeigen die immense Herausforderung, vor der die Behörden stehen, wenn es um die Sensibilisierungspolitik im Bereich der Krankheitsprävention geht. Die ukrainische Gesellschaft ist nach wie vor anfällig für Fake News und Fehlinformationen über die Sicherheit und Effektivität von Impfungen. In dieser Situation besteht die einzige Möglichkeit, die Auswirkungen von Falschnachrichten zu begrenzen, in gezielten staatlichen Gegenmaßnahmen. Dies ist umso wichtiger vor dem Hintergrund des Medienrummels und der unklaren Verantwortung für die Veröffentlichung von Fake News im Internet und in den sozialen Medien. Dies macht Verschwörungstheorien zum größten Problem für die Verhinderung neuer Krankheitsausbrüche.

Dieser Text erschien ursprünglich als OSW Commentary 318 des Zentrums für Osteuropastudien in Warschau (OSW). Die Redaktion der Ukraine-Analysen dankt dem Autor und dem OSW für die Erlaubnis zum Nachdruck einer deutschsprachigen Übersetzung.

Übersetzung aus dem Englischen von Dr. Eduard Klein

Fussnoten

Fußnoten

  1. Eine Analyse von Posts in sozialen Netzwerken, die von der George-Washington-Universität durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass der Anstieg von Masernfällen 2014–17 mit der gestiegenen Aktivität von aus Russland stammenden Fake-Accounts korreliert. Der Inhalt der russischen Internet-Bots wurde auf verschiedenen Seiten gepostet und enthielt ähnliche Nachrichten über negative Folgen von Impfungen, mangelnde Qualität von Impfstoffen sowie über das Recht der Eltern, Impfungen ihrer Kinder zu verweigern, siehe D.A. Broniatowski et al., "Weaponized Health Communication: Twitter Bots and Russian Trolls Amplify the Vaccine Debate", American Journal of Public Health, October 2018, no. 108, Externer Link: https://ajph.aphapublications.org/doi/10.2105/AJPH.2018.304567.

Krzysztof Nieczypor ist Junior Fellow in der Abteilung für die Ukraine, Belarus und Moldau am Zentrum für Osteuropastudien (OSW) in Warschau. Er hat Internationale Beziehungen an der Marie-Curie-Skłodowska-Universität in Lublin und der Universität Warschau studiert und beschäftigt sich mit der politischen und sozialen Situation in der Ukraine.