Das Monitoring des europäischen Integrationsprozesses ist keine einfache Aufgabe, denn der Fortschritt wird nicht allein an der Zahl der verabschiedeten Gesetze oder Verordnungen bemessen.
Die Qualität des Regelwerks und ihre Übereinstimmung mit den Anforderungen des Assoziierungsabkommens und des Acquis Communautaire
Daher hat das Institut für Wirtschaftsforschung und Politikberatung im September letzten Jahres gemeinsam mit dem Bendukidze Free Market Centre und führenden Expert:innen aus verschiedenen Bereichen das Projekt UAEUmeter
Mithilfe des UAEUmeter sollen die Fortschritte der Ukraine auf dem Weg in die EU sowohl allgemein als auch gesondert in sechs für die ukrainische Wirtschaft wichtigen Bereichen verfolgt werden können:
Verkehr
Digitale Transformation
Unternehmertum und Industriepolitik
Sozialpolitik und Beschäftigung
Freier Warenverkehr und Zoll
Rechtsstaatlichkeit
In jedem dieser Bereiche bewerten Expert:innen bestimmte Ereignisse auf einer Skala von −3 bis +3 (−3 bedeutet, ein Ereignis hat die denkbar negativsten Auswirkungen auf den Beitritt der Ukraine zur EU, 0 bedeutet keine negativen oder positiven Auswirkungen und +3 hat die positivsten Auswirkungen). Nach dieser Bewertung wird die Gesamtpunktzahl für jeden Bereich berechnet. Weitere Informationen über die Projektmethodik und die Bedeutung der Punktzahlen gibt es unter diesem Link:
Insgesamt besteht der Acquis communautaire
Ende 2023 gab es die größten Fortschritte
Im Zeitraum zwischen September 2023 und März 2024 lag der Gesamtwert des UAEUmeter am höchsten zum Jahresende: im November und Dezember (+1,31 bzw. +1,30). Zu dieser Zeit gab es in fast allen Bereichen des UAEUmeters gesetzliche und andere Entwicklungen, die von den Expert:innen sehr positiv bewertet wurden. Das ist darauf zurückzuführen, dass zum Jahresende viele Fristen anstanden, die eingehalten werden mussten. Die einzigen Bereiche, in denen in dieser Periode nur sehr wenig geschah, waren Sozial- und Arbeitsmarktpolitik.
Flaggschiffe der europäischen Integration
Die digitale Transformation zählt zu den Vorreitern bei der Annäherung an die EU. Von September 2023 bis März 2024 ist der Wert für diesen Bereich nicht unter +1 gefallen, und im November erreichte er +2, was ein sehr gutes Ergebnis ist.
Ursächlich dafür ist die Schaffung einer Reihe wirksamer digitaler Instrumente in den Bereichen Dokumentenmanagement, Unternehmensführung, Deklarationen, Einführung elektronischer Register und der Beginn der Harmonisierung der nationalen Cybersicherheitsvorschriften mit den europäischen Standards. Dem gingen die Verabschiedung entsprechender Vorschriften und die Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen voraus, die in strategischen Dokumenten festgelegt wurden, von denen viele ebenfalls zwischen September und März verabschiedet wurden.
Freier Warenverkehr und Zoll – in diesem Bereich hat die Ukraine gute Ergebnisse vorzuweisen, insbesondere bei der Zollreform. So hat sich die Ukraine an das Zollinformationssystem der EU angeschlossen und nutzt nun das neue EDV-gestützte gemeinsame Versandverfahren (NCTS).
Von September 2023 bis März 2024 wurden weitere wichtige Rechtsakte verabschiedet:
Änderungen des ukrainischen Steuergesetzbuchs, um einige Bestimmungen des Gesetzes "Über den Zolltarif der Ukraine" mit EU-Recht in Einklang zu bringen und einige Bestimmungen zu präzisieren;
Änderungen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung der Ukraine, um den Schmuggel von Waren unter Strafe zu stellen;
Nationale Einkommensstrategie bis 2030.
Die Gesamtbewertung des Fortschritts in diesem Bereich durch die Expert:innen schwankte während des Beobachtungszeitraums um +1 und erreichte im März einen Höchstwert von +1,35.
Ähnlich wie bei der digitalen Transformation war das Jahresende 2023 im Verkehrssektor sehr erfolgreich (+1,69). Insbesondere wurde im November die Vereinbarung über die "Connecting Europe Facility"
Bereiche ohne nennenswerte Fortschritte
Die Fortschritte der europäischen Integration im Bereich der Unternehmens- und Industriepolitik beruhen auf früheren Errungenschaften aus der Vorkriegszeit, und zwar durch die Digitalisierung von Dienstleistungen und Deregulierung. Die jüngsten Fortschritte in diesem Bereich sind jedoch eher bescheiden. Zwischen September und März wurden zwei Gesetze verabschiedet, und zwar zur
Verbesserung der rechtlichen Regelung der Preisgestaltung bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern während des Kriegsrechts
Vereinfachung des Verfahrens zur Änderung der Zweckbestimmung von Grundstücken, um Investitionen für den raschen Wiederaufbau der Ukraine anzuziehen.
Bei diesen Gesetzen handelt es sich jedoch nicht ausschließlich um Gesetze zur europäischen Integration, auch wenn sie für die Geschäfts- und Industriepolitik wichtig sind. Gleichzeitig wurden Bemühungen zur Digitalisierung fortgesetzt (Diia.Signature für juristische Personen, der Dienst E-Entrepreneur). Der November war der produktivste Monat für den Sektor mit einem Wert von +1,72. Die anderen Monate zwischen September 2023 und März 2024 wiesen jedoch eher niedrige Werte auf, meist unter +1. Die Ankündigung des Starts der neuen Wirtschaftsplattform "Made in Ukraine" (0,44 Punkte) und die Schaffung eines Rates für Unternehmertum im Kriegsrecht (−0,38 Punkte) haben die Expert:innen nicht begeistert. Noch negativer bewertet wurden die Auswirkungen der Nationalen Strategie für Einkommen bis 2030 (−1,27 Punkte).
Diese Ergebnisse zeigen sowohl eine gewisse Inkohärenz der Agenda mit dem europäischen Integrationsprozess als auch einen Mangel an Kommunikation zwischen der Regierung und der Wirtschaft. Gleichzeitig hatte die Veröffentlichung des Entwurfs der KMU-Konjunkturstrategie bis 2027, die sowohl von ukrainischen Akteur:innen als auch von internationalen Partner:innen seit langem erwartet worden war, eine deutlich positive Wirkung.
Im Bereich der Rechtsstaatlichkeit hat die Ukraine im Zeitraum 2022–2023 zwei Kriterien erfolgreich erfüllt: die Reform des Justizwesens und des Verfassungsgerichts. Diese Punkte waren in der Liste der Bedingungen enthalten, die die Europäische Kommission für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen festgelegt hatte.
Im November hatte die Europäische Kommission einen Bericht zur Ukraine veröffentlicht
Dies gilt insbesondere für die Erneuerung des Obersten Gerichtshofs, die Reform der juristischen Ausbildung und der Anwaltskammern. Die Ratifizierung des Abkommens zwischen der Ukraine und der Europäischen Union über die Teilnahme der Ukraine am EU-Justizprogramm steht ebenfalls noch aus, was jedoch kein Problem darstellen sollte.
Um die Situation zu verbessern, sollten die internationalen Partner:innen die finanzielle Unterstützung der Ukraine an wichtige rechtsstaatliche Reformen knüpfen. Tatsächlich sind einige Fortschritte bei der Verabschiedung des Gesetzes über die Schaffung eines spezialisierten Oberverwaltungsgerichts nur deshalb zu verzeichnen, weil der Internationale Währungsfonds (IWF) dies als strukturelle Benchmark für 2024 festgelegt hat.
Die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik ist ein Bereich, in dem die Anpassung der Regeln und Vorschriften an die EU-Gesetzgebung noch am Anfang steht. Seit September 2023 ist die Bewertung der Fortschritte in diesem Bereich meist kleiner als +1; einzig im Oktober bewerteten die Expert:innen die Ergebnisse der Änderungen mit +1,36. Die bisherigen Änderungen betrafen die Bereiche Regulierung der Sozialdienstleistungen, einschließlich der Pflege. Auch die Stellungnahme des Europarats zu den Rechten nationaler Minderheiten in bestimmten Bereichen wurde berücksichtigt.
Die Expert:innen sind zudem der Ansicht, dass die im Ukraine-Plan
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Abschließend noch ein paar Worte zur Projektmethodik. Jeden Monat sammelt das Projektteam folgende Ereignisse in einer Datenbank (zugänglich auf der Website des UAEUmeters), die dann von Expert:innen ausgewertet werden:
Tatsächliche Gesetzesänderungen: Gesetze und andere Vorschriften, die verabschiedet wurden.
Geplante Gesetzesänderungen: Gesetzgebungsakte, die zur Prüfung anstehen, einschließlich der der Werchowna Rada vorgelegten Gesetzesentwürfe, sowie Verordnungen, die zur öffentlichen Diskussion gestellt werden.
Agenden: offizielle Absichtserklärungen, angenommene Strategien usw. Dies gibt Aufschluss über die mögliche Richtung der Entwicklung und schafft einen institutionellen Rahmen für das Handeln der Regierung.
Stand der Umsetzung: Bewertung der Expert:innen, inwieweit sich ein bestimmter Bereich in die richtige oder falsche Richtung der europäischen Integration bewegt.
Weitere Informationen zur Methodik gibt es unter diesem Link: Externer Link: https://uaeumeter.com.ua/methodology/
Übersetzung: Dr. Eduard Klein
Der Text erschien am 10. Juni 2024 auf der Website der Jewropejska Prawda, Externer Link: https://www.eurointegration.com.ua/articles/2024/06/10/7187672/