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Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Beziehungen zu Polen / Beziehungen zur Slowakei (26.06.2024) Analyse: Die Entwicklung der ukrainisch-polnischen Beziehungen seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Statistik: Handel der Ukraine mit ihren Nachbarländern Statistik: Ukrainische Geflüchtete in den Nachbarstaaten der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zu den Nachbarländern der Ukraine Umfragen: Die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu Geflüchteten aus der Ukraine Chronik: 21. bis 31. Mai 2024 Exekutiv-legislative Beziehungen und die Zentralisierung der Macht im Krieg (30.05.2024) Analyse: Das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in Zeiten des Krieges: Die Ukraine seit Beginn der russischen Vollinvasion Analyse: Wie schnell werden Gesetzentwürfe von der Werchowna Rada verabschiedet? Wie kann der Prozess effizienter gestaltet werden? Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. 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Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Pragmatisch, indifferent, gut? Über den Zustand der ukrainisch-slowakischen Beziehungen Ukraine-Analysen Nr. 301

Jurij Pantschenko

/ 10 Minuten zu lesen

Die bilateralen Beziehungen zwischen der Ukraine und der Slowakei sind komplex und haben in den vergangenen Jahren mehrere Stadien durchlaufen.

Die Körpersprache von Denys Schmyhal, Premierminister der Ukraine, und seinem slowakischen Amtskollegen Robert Fico, verdeutlicht die schwierigen Beziehungen der beiden Nachbarstaaten. (© picture-alliance, Anadolu | Robert Nemeti)

Zusammenfassung

Die bilateralen Beziehungen zwischen der Ukraine und der Slowakei wurden lange Zeit auf beiden Seiten vernachlässigt. Die Situation änderte sich jedoch mit der russischen Vollinvasion, und es kam zu einer Phase freundschaftlicher Beziehungen und konstruktiver Zusammenarbeit. Nach den slowakischen Parlamentswahlen 2023 und dem Regierungswechsel unter dem russlandfreundlichen Premierminister Robert Fico kühlten sich die Beziehungen wieder ab. Trotzdem arbeiten beide Seiten pragmatisch zusammen, wobei die Slowakei geleitet wird von wirtschaftlichen Interessen, während für die Ukraine sicherheitsrelevante Aspekte im Vordergrund stehen.

Lange Zeit wurden die bilateralen Beziehungen zwischen der Ukraine und der Slowakei in Kyjiw nicht als strategisch betrachtet. Mit dem Beginn der russischen Vollinvasion hat sich die Situation jedoch grundlegend geändert. Fast zwei Jahre lang konnten die politischen Beziehungen zwischen Kyjiw und Bratislava als eine Art "Flitterwochen" bezeichnet werden. Als jedoch Ende 2023 die euroskeptische Smer-SD-Partei die slowakischen Parlamentswahlen gewann und eine Regierung unter dem neuen pro-russischen Premierminister Robert Fico gebildet wurde, drehte sich die Situation wieder um 180 Grad. Fico macht aus seiner anti-ukrainischen Einstellung keinen Hehl. Er erklärte auch, dass die Slowakei die Militärhilfe für die Ukraine einstellen und den NATO-Beitritt des Landes nicht unterstützen werde.
Mit dem Ende der Amtszeit von Zuzana Čaputová als Präsidentin und dem Antritt von Peter Pellegrini zum neuen Präsidenten am 15. Juni 2024 wird die aktuelle slowakische Führung der Ukraine gegenüber noch weniger freundlich eingestellt sein. Gleichzeitig haben sich die Befürchtungen, dass die Slowakei zu einem prorussischen "zweiten Ungarn" werden könnte, indem sie die Gewährung von Finanzhilfen für die Ukraine blockiert und sich ihrer Integration in die EU widersetzt, (noch) nicht bewahrheitet. Welche Faktoren prägen die Beziehungen zwischen Kyjiw und Bratislava und was bewahrt diese davor, in eine Krise abzugleiten?

Desinteresse prägte bilaterale Beziehungen auf beiden Seiten

Viele Jahre lang waren die Beziehungen zwischen Kyjiw und Bratislava nicht von vorrangiger Bedeutung für beide Staaten. Obwohl die Slowakei an die Ukraine grenzt, war sie wirtschaftlich betrachtet kein wichtiger Markt für ukrainische Exportprodukte. Bis 2014 entfielen etwa 10 Prozent der ukrainischen Ausfuhren in die Slowakei, vorranging auf Rohstoffe, wie z. B. Holz. Es wird vermutet, dass ein erheblicher Teil des Holzhandels illegal war – ein Problem, das zu einem massiven Holzeinschlag in den ukrainischen Karpaten führte, was in der ukrainischen Gesellschaft äußerst negativ wahrgenommen wird.

Infolgedessen hatten ukrainische Unternehmen wenig Interesse an der Slowakei, sowohl als Absatzmarkt für ihre Produkte als auch als Investitionsstandort. Obwohl ukrainische Unternehmen häufig versuchten, Investitionen aus Mitteleuropa anzulocken (das der Ukraine nicht nur geografisch sondern auch kulturell und sprachlich näher ist als Westeuropa), fanden ukrainische Investitionskonferenzen in der Slowakei praktisch nie statt.

Auch auf politischer Ebene hat Kyjiw Bratislava nie als wichtigen Partner wahrgenommen. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Ansichten über die Russische Föderation. Im Gegensatz zu Polen, das ähnlich wie die Ukraine die Ansicht vertritt, dass Russland eine globale Bedrohung darstellt, gibt es in der Slowakei traditionell stark russophile Tendenzen. Dementsprechend orientierte sich ein bedeutender Teil der slowakischen Gesellschaft an der Russischen Föderation, in der sie eine Führungsmacht in der slawischen Welt sahen.

Das politische Desinteresse der Ukraine zeigte sich beispielsweise daran, dass bei der Überarbeitung der Liste der Partnerländer im Jahr 2021 solche Staaten wie Aserbaidschan und Brasilien als "strategische Partner" eingestuft wurden, die Slowakei allerdings nicht. Sie wurde nicht einmal in der erweiterten Liste der "potenziellen" strategischen Partner erwähnt.

Auch für die Slowakei haben die Beziehungen zur Ukraine lange Zeit keine Priorität gehabt. Der einzige Bereich, in dem die Ukraine für die Slowakei eine wichtige Rolle spielte, war die Energieversorgung. Der slowakische Gastransportkorridor ist im Grunde die Erweiterung des ukrainischen Korridors. Dementsprechend waren die Energiebeziehungen zwischen Kyjiw und Moskau für Bratislava immer äußerst wichtig – sowohl wegen der Gasversorgung des eigenen Landes als auch wegen der lukrativen Einnahmen durch den Transit des russischen Gases zu den westeuropäischen Märkten.

Deshalb war der russisch-ukrainische "Gaskrieg" von 2009 ein Schock für die Slowakei. Die Verluste der Slowakei wurden auf etwa 100 Millionen Euro pro Tag geschätzt. Die russisch-ukrainische Gaskrise ließ die Beziehungen zwischen der Slowakei und der Ukraine einfrieren. Die slowakische Regierung versuchte, von der Ukraine Garantien für die Aufrechterhaltung des Gastransits zu erhalten. Da Kyjiw diese jedoch nicht erhielt, kündigte Bratislava an, die europäischen Bestrebungen der Ukraine nicht mehr zu unterstützen.

Fünf Jahre später war es ironischerweise die Slowakei, die sich als Retterin der ukrainischen Energieversorgung erwies. Als Russland 2014 die Krim annektierte und den Donbas angriff, woraufhin der Gasliefervertrag mit Gazprom eingefroren wurde, waren es die "reverse gas" Lieferungen aus der Slowakei, die es der Ukraine ermöglichten, die Importverluste zu kompensieren. Es ist bezeichnend, dass die Slowakei sowohl in der Gaskrise von 2009 als auch in der von 2014 vom derzeitigen Premierminister Robert Fico regiert wurde. Der Unmut von 2009 wirkte sich nicht auf die Unterstützung der Slowakei durch Gaslieferungen in die Ukraine im Jahr 2014 und danach aus.

Diese Episode ist bezeichnend für die ukrainisch-slowakischen Beziehungen. Fico ist kein ideologischer Politiker, sondern lässt sich in erster Linie von wirtschaftspragmatischen Erwägungen leiten. Und da der umgekehrte Gasfluss für die Slowakei wirtschaftlich vorteilhaft war, hat sich Fico darauf eingelassen – und damit eher aus wirtschaftlichen denn politischen Interessen die Ukraine im Konflikt mit Russland unterstützt.

Kurze "Flitterwochen"

Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine war die Slowakei einer der Vorreiter bei der Unterstützung Kyjiws, einschließlich militärischer Hilfe. Natürlich waren die Möglichkeiten des kleinen Landes im Vergleich zu den Vereinigten Staaten oder Deutschland, aber auch zu Polen oder Tschechien, limitiert. Insgesamt belief sich das Volumen der von Bratislava an Kyjiw überwiesenen Militärhilfe jedoch auf 671 Millionen Euro, was gemessen am BIP wiederum Rang 7 unter den Unterstützern der Ukraine bedeutet (gemessen am BIP rangiert Deutschland auf Platz 15, die USA auf Platz 16).

Der eigentliche Wert der Hilfe aus Bratislava lag in ihrer Beispielhaftigkeit und ihrem raschen Handeln. Im April 2022, als die meisten Verbündeten der Ukraine nur Kleinwaffen und Panzerabwehrsysteme nach Kyjiw lieferten, übergab die Slowakei ihr einziges S-300-Luftabwehrsystem, wodurch sie selbst verwundbarer und abhängiger von der Unterstützung der Verbündeten wurde. 2023 übergab die Slowakei den ukrainischen Streitkräften alle ihre MiG-29-Kampfjets, insgesamt 13. Auf militärische Flugzeuge westlicher Bauart wartet Kyjiw hingegen bis heute. Darüber hinaus erhielt die Slowakei einen großen Zustrom ukrainischer Flüchtlinge. Mehr als 100.000 Ukrainer:innen fanden in dem Nachbarland vorübergehend Schutz.

Die "Flitterwochen" in den bilateralen Beziehungen der beiden Länder wurden ermöglicht durch den Machtwechsel in der Slowakei im Jahr 2020. Damals gingen die Partei von Ministerpräsident Robert Fico und seine Verbündeten von Andrej Dankos Slowakischer Nationalpartei in die Opposition. Die neue Regierung wurde von einer Koalition pro-europäischer Parteien unter Führung von Igor Matovičs OĽaNO (inzwischen "Slowakei") gebildet. Infolgedessen wurde die Außenpolitik der Slowakei gegenüber der Ukraine wohler gesinnt. Allerdings war dieser Effekt zunächst nicht besonders spürbar – nicht zuletzt wegen der Exzentrik des slowakischen Regierungschefs. Vor allem aber auch, weil Matovič mit einem öffentlichkeitswirksamen Skandal in Verbindung gebracht wird: Mitten in der COVID-19-Pandemie setzte er sich über die Position der gesamten Regierung hinweg, um den russischen Impfstoff Sputnik V zu kaufen (diese Entscheidung kostete ihn schließlich den Posten als Premierminister). Und als er in einem Interview von einem Journalisten gefragt wurde, was er Russland als Gegenleistung für den Impfstoff versprochen habe, antwortete er: "Die Karpaten-Ukraine" (wofür er sich später entschuldigte).

Eine glückliche Fügung für die Ukraine war die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der russischen Invasion die slowakische Regierung von Matovičs Partner, Eduard Heger, geführt wurde. Außerdem waren die wichtigsten Minister in Hegers Regierung (Verteidigungsminister Jaroslav Nagy und die Außenminister Ivan Korčok und Rastislav Káčer) eindeutig pro-ukrainisch eingestellt. Wie wichtig dies war, wurde erst nach der Koalitionskrise 2022 und der Ersetzung der Regierung Heger durch ein technisches Kabinett unter der Führung von Ľudovít Ódor deutlich.

Die Koalitionskrise führte zur Ankündigung vorgezogener Neuwahlen im September 2023, und der Konflikt zwischen den Koalitionspartnern ermöglichte die Revanche von Robert Fico. Seit der Ankündigung der vorgezogenen Neuwahlen lag Ficos Partei Smer-SD in den Umfragen vorn. Aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit eines Sieges von Fico beschleunigte die Regierung Ódor die slowakischen Waffenlieferungen nach Kyjiw. Am schwierigsten war der Transfer der erwähnten MiG-29-Kampfjets, da Fico alles daran setzte, diesen Transfer zu verhindern – bis hin zur Androhung strafrechtlicher Konsequenzen gegen die noch amtierende Regierung (es war rechtlich unklar, ob die technische Regierung zu einem solchen Schritt befugt war).

Ficos einziger Erfolg war schließlich die Blockierung des letzten Militärpakets, das die Regierung Ódor zwischen den Parlamentswahlen und der Bildung der neuen Regierung übergeben wollte. Die Übergabe dieses Pakets wurde von der Präsidentin Zuzana Čaputová blockiert. Ihrer Meinung nach hätte ein solcher Schritt einen Präzedenzfall geschaffen, da der Gewinner der Parlamentswahlen die Übergabe der Militärhilfe an Kyjiw strikt ablehnt.

Kompromisse mit Fico

Nach dem Sieg der Smer-SD bei den Parlamentswahlen und der Bildung der neuen Regierungskoalition wurde eine neuerliche Frostperiode der ukrainisch-slowakischen Beziehungen erwartet. Für diese Annahme gab es gute Gründe. Es genügt, daran zu erinnern, dass die Smer-SD noch im Wahlkampf auf Kritik an der westlichen Hilfen für die Ukraine setzte und stattdessen vorschlug, den Druck auf Kyjiw zu erhöhen, um einen Friedensvertrag mit Russland zu schließen. Fico sprach sich auch entschieden gegen den Beitritt der Ukraine zur NATO aus. Letzteres, argumentierte er, würde zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO führen, an dem die Slowakei beteiligt wäre. Der Tiefpunkt war jedoch Ficos Aussage, in der er Kyjiw für den Beginn des Krieges verantwortlich machte: "Der Krieg in der Ukraine hat nicht gestern oder letztes Jahr begonnen. Er begann 2014, als ukrainische Nazis und Faschisten begannen, russische Bürger im Donbas [sic] und Luhansk zu töten". Vor diesem Hintergrund war die Befürchtung groß, dass der neue slowakische Regierungschef eine offen antiukrainische Politik verfolgen würde, ähnlich dem Kurs des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.

Das erste Treffen zwischen Fico und seinem ukrainischen Amtskollegen Denys Schmyhal fand am 24. Januar 2024 statt und sollte Aufschluss über den Status quo der Beziehungen liefern. Auf Wunsch der slowakischen Seite wurde das Treffen allerdings nicht in Kyjiw, sondern im westukrainischen Uschhorod nahe der slowakischen Grenze abgehalten. Laut ukrainischen Angaben hatte diese Wahl nicht nur logistische Gründe. Im Falle eines Treffens in Kyjiw hätte Fico die Orte russischer Kriegsverbrechen besuchen müssen, was in den letzten zwei Jahren zu einem obligatorischen Teil des ukrainischen Zeremonienprotokolls geworden ist. Dieser Schritt wiederum wäre von Ficos Wählerbasis negativ wahrgenommen worden.

Aus seiner prorussischen Position – und um seine Wählerschaft zu beruhigen – machte Fico am Vorabend des Treffens mit Schmyhal zudem eine Reihe antiukrainischer Bemerkungen. Insbesondere beschrieb er die Ukraine als einen Staat unter dem "absoluten Einfluss der USA" und deutete an, dass die Ukraine einen Teil ihres Territoriums an Russland abtreten müsse: "Es muss eine Art Kompromiss geben, der für beide Seiten sehr schmerzhaft sein wird. Was erwarten sie [die Ukrainer]? Dass die Russen die Krim, den Donbas [sic] und Luhansk verlassen? Das ist unrealistisch", so Fico .

Doch entgegen seinen öffentlichen Äußerungen fand das Treffen der Regierungschefs nicht in einer feindseligen Atmosphäre statt. Fico versicherte der ukrainischen Seite, dass seine Äußerungen sich nur an das heimische slowakische Publikum richteten und keinen Einfluss auf die tatsächlichen Beziehungen zur Ukraine haben würden. Im Ergebnis einigten sich die Parteien darauf, dass die Slowakei die direkten Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte einstellt, kommerzielle Aufträge für deren Produktion jedoch nicht storniert. Zu diesen Aufträgen gehören ein Vertrag über die Herstellung von 16 selbstfahrenden 155mm-Haubitzen des Typs Zuzana 2 (finanziert von Deutschland, Dänemark und Norwegen), Munition der ZVS Holding (deren Produktion fast ausschließlich an die Ukraine geliefert wird) sowie ein Reparaturstützpunkt des deutschen Rüstungskonzerns Krauss-Maffei Wegmann (KMW) in der Slowakei nahe der Grenze zur Ukraine, in dem westliche Panzerfahrzeuge der ukrainischen Streitkräfte gewartet und repariert werden und den Kyjiw sogar ausbauen will. Darüber hinaus, und das war für Kyjiw sehr wichtig, erklärte Fico öffentlich, dass er den Beitritt der Ukraine zur EU nicht blockieren werde.

Der slowakische Ministerpräsident pocht zudem darauf, den Transit russischen Gases durch die Ukraine zu verlängern. Der Gastransit wurde trotz des umfassenden Krieges nicht gestoppt; der aktuelle ukrainisch-russische Vertrag läuft jedoch Ende 2024 aus und Kyjiw hat wiederholt erklärt, dass es ihn nicht fortsetzen wird. Einer hochrangigen ukrainischen Regierungsquelle zufolge sind die Vorschläge aus Bratislava für Kyjiw allerdings nicht völlig inakzeptabel. Zwar werde es mit Sicherheit keine neuen direkten Gasabkommen zwischen der Ukraine und Russland mehr geben. Sollte aber z. B. die Slowakei mit Russland vereinbaren, Gas an der ukrainisch-russischen Grenze zu kaufen, könnte ein separater Gastransitvertrag mit der Slowakei geschlossen werden.

Auch das verdeutlicht die pragmatischen Beziehungen auf beiden Seiten, und es zeichnet sich eine Art informeller Übereinkunft ab, dass, solange Fico nicht (wie sein ungarischer Amtskollege Viktor Orban) versucht, für die Ukraine wichtige Themen zu blockieren, seine antiukrainischen Äußerungen von Kyjiw weitestgehend ignoriert werden.

Denn auch nach dem ersten Treffen zwischen Fico und Schmyhal äußerte sich der slowakische Regierungschef wiederholt unfreundlich gegenüber der Ukraine. Doch das zweite Treffen der beiden, das am 11. April in der slowakischen Grenzstadt Michalovce stattfand (in dem sich das oben erwähnte KMW-Reparaturzentrum befindet), war ebenfalls recht konstruktiv. Davon zeugt auch die Tatsache, dass der slowakische Verteidigungsminister Robert Kaliniak, der den inoffiziellen Status eines "Chefwaffenhändlers" hat, ebenfalls Teil der Delegation war. Am Ende wird wohl – trotz Ficos antiukrainischer Rhetorik – das kommerzielle Interesse an Waffenverkäufen an Kyjiw wahrscheinlich nur wachsen und zu neuen Verträgen führen.

Fazit

Die slowakisch-ukrainischen Beziehungen waren in den letzten Jahren einem starken Wandel unterzogen: Waren sie zunächst geprägt von relativer Gleichgültigkeit, näherten sich beide Staaten nach Beginn von Russlands Vollinvasion der Ukraine an. Die Siege von Robert Fico bei den slowakischen Parlamentswahlen 2023 sowie seines politischen Verbündeten Peter Pellegrini bei den Präsidentschaftswahlen 2024, die beide im Wahlkampf auf anti-ukrainische Botschaften setzten, erweckten den Eindruck, dass die Slowakei erneut einen antiukrainischen Kurs einschlägt und z. B. Kyjiw zu territorialen Zugeständnisse gegenüber Moskau auffordert. Dies ist jedoch nicht der Fall, und die Beziehungen werden aktuell geprägt von pragmatischen Lösungen und kommerziellen bzw. Sicherheitsinteressen.

Auch die slowakische Gesellschaft unterstützt – trotz der Wahl Ficos und Pellegrinis – weiterhin die Ukraine, wie eine im April 2024 gestartete öffentliche Fundraising-Kampagne zeigt. Einer der Initiatoren der Kampagne war der 99-jährige Otto Szymko, ein Holocaust-Überlebender, der 1944 am slowakischen Aufstand gegen die Nazis teilnahm. In nur 12 Tagen haben mehr als 60.000 Personen fast 3,9 Millionen Euro gespendet, um die tschechische Initiative zum Kauf von Artilleriemunition für die Ukraine zu finanzieren. Das Ergebnis überraschte sogar die Organisatoren der Aktion und gibt Anlass zur Hoffnung, dass selbst unter den gegenwärtig schwierigen politischen Umständen eine Normalisierung der Beziehungen zwischen der Ukraine und der Slowakei in Sicht ist.

Weitere Inhalte

Jurij Pantschenko ist Mitgründer und Redakteur der renommierten ukrainischen Online-Zeitung Ukrainska Prawda. Zu seinen journalistischen Themenschwerpunkten zählen neben innenpolitischen Themen die Beziehungen der Ukraine zur EU sowie zu den Staaten Ostmitteleuropas.